Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 2019 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nue O***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten David Z***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 31. August 2018, GZ 144 Hv 77/18a-36, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe, GZ 144 Hv 77/18a-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten David Z***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – David Z***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 25. November 2017 in W***** mit Gewalt Jürgen W***** fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, indem er den Genannten an der Kleidung packte, ihm einen kräftigen Stoß versetzte und Geld forderte, ihm anschließend mehrere „Watschen“ ins Gesicht versetzte und ihn durchsuchte, wobei es beim Versuch blieb, weil er kein Bargeld fand.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z „5 lit a“ und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten David Z*****.
Entgegen dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter, die ihre Annahme der Täterschaft des Beschwerdeführers vor allem auf dessen eindeutige Identifizierung durch die Zeugen Jürgen W***** und Manuel S***** anlässlich der polizeilichen Lichtbildvorlage stützten, auch die Bekundungen der Genannten vor Gericht einer zusammenfassenden Würdigung mit dem Ergebnis unterzogen, dass die Zeugen ihre ersten (unmittelbar nach dem Vorfall getätigten) Angaben in der Hauptverhandlung weitgehend inhaltsgleich aufrecht hielten (US 7 ff). Davon ausgehend bestand dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend keine Verpflichtung des Erstgerichts, jedes Detail der vor Gericht getätigten Aussagen dieser Zeugen einer gesonderten Erörterung zu unterziehen (RIS-Justiz RS0098778, RS0106642, RS0106295; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
In den Entscheidungsgründen haben die Tatrichter unmissverständlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinem Opfer keine Faustschläge, sondern „Watschen“ ins Gesicht versetzte (siehe insbesondere US 13). Der einen inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall) sowie eine „völlig unzureichende Begründung zur Vorgehensweise“ (Z 5 vierter Fall) behauptende Beschwerdeeinwand geht daher schon aus diesem Grund ins Leere.
Im Übrigen wird mit der (hier angesprochenen) Frage der Intensität der Schläge ins Gesicht kein entscheidender (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 21 ff, 398 f; RIS-Justiz RS0117264, RS0117499) – nämlich für den deliktsspezifischen Begriff der „Gewalt“ im Sinn des § 142 StGB (vgl dazu Eder-Rieder in WK² StGB § 142 Rz 19 ff; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 142 Rz 6 ff; RIS-Justiz RS0093609, RS0095260, RS0093617, RS0095666 [T3]) essentieller – Umstand angesprochen.
Das weitere Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) beschränkt sich darauf, mit eigenen Beweiswerterwägungen zu den Aussagen des Angeklagten Nue O***** sowie der Zeugen Daniel Si*****, Jürgen W***** und Manuel S***** die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung zu bekämpfen.
Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), die mit dem neuerlichen Hinweis auf (isolierte) Aussagepassagen der Zeugen Jürgen W***** und Manuel S***** in der Hauptverhandlung keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS-Justiz RS0118780) weckt.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt – unter Hinweis auf fehlende Verletzungen des Jürgen W***** – eine rechtliche Beurteilung der Tat als bloß minderschweren Raub nach § 142 Abs 2 StGB an. Sie verabsäumt es jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116569), weshalb vorliegend – der Angeklagte hat nach den Urteilsfestellungen das Opfer an der Kleidung erfasst, ihm einen kräftigen Stoß und mehrere Schläge mit der flachen Hand („Watschen“) ins Gesicht versetzt (US 4) – keine (§ 142 Abs 2 StGB zuwiderlaufende) erhebliche Gewaltanwendung anzunehmen wäre. Zudem unterlässt sie es (in der Hauptverhandlung vorgekommene) Anhaltspunkte für die Annahme eines „nur geringen“ Werts (vgl dazu Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 59 mwN; Salimi in WK2 StGB § 141 Rz 21 ff; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 142 Rz 31; Fabrizy, StGB12 § 141 Rz 6, § 142 Rz 14; RIS-Justiz RS0120079, RS0099085 [T9, T11]) der vom Angeklagten angestrebten Raubbeute (RIS-Justiz RS0090551) aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0118580, RS0116735).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung und die implizit erhobene Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Über eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO in Ansehung eines Rechtsfehlers (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) in Betreff des Strafausspruchs zum Angeklagten Nue O***** entscheidet der Oberste Gerichtshof gesondert in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung (§ 285d Abs 2 StPO; vgl Ratz, WK-StPO § 296 Rz 1).
Textnummer
E124469European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00141.18D.0304.000Im RIS seit
04.04.2019Zuletzt aktualisiert am
04.04.2019