TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/9 L518 2195202-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2018
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Entscheidungsdatum

09.08.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L518 2195202-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 31.01.2018, Zl. OB: XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden "BF" bzw. "bP" genannt) beantragte mit Schreiben vom 15.11.2017, am 21.11.2017 bei der belangten Behörde (folglich "bB" bezeichnet) die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und brachte zur Untermauerung seines Vorbringens ein Konvolut von ärztlichen Schreiben in Vorlage.

Zurückliegend wurde dem BF nach Erstellung eines unfallchirurgischen Fachgutachtens wegen Gonarthrose bds, Gesamtvertebragenes Schmerzsyndrom durch chron Fehlbelastung bei leichter skoliotischer WS-Verwerfung, Arterielle Hypertonie, chron. Gastritis, Refluxleiden trotz ständiger med. Einstellung und Varicositas re. Bein bei einem Gesamtgrad der Behinderung ein Behindertenpass ausgestellt.

Eine am 22.1.2018 durch Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, durchgeführte klinische Untersuchung und am 30.1.2018 erstelltes

Gutachten erbrachte im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:

Anamnese:

Vorgutachten 2008 50%; jetzt Ansuchen wegen Unz. ÖVM

1981 und 2008 Meniskusoperation links, 4/2017 Meniskus- und Knorpeloperation rechts,

Arthrosen

Hypertonie

Gastritis

?8/2017 Hallux rigidus Arthrose beidseits, kleiner Fersensporn links, geringe Arthrose linkes

oberes Sprunggelenk, 2015 Os metacarpale II Knochenmarksödem

Röntgen 2012 flache Diskushernie L1/2, L2/3, L5/S1

Derzeitige Beschwerden:

Er hat fallweise etwas Magenbeschwerden, hält leichte Diät, nimmt Pantoprazol.

Nach Meniskusoperation rechts 4/2017 geht das knien nicht mehr, die Beugung etwas

eingeschränkt, im rechten Knie ebenfalls etwas Beschwerden nach mehr Gehen und bei

längerem Sitzen oder Stehen, geringere Einschränkung, beidseits Krepitation.

Fallweise auch Kreuzschmerzen angegeben, derzeit Schmerzen links Grundgelenk 1. Zehe

mit leichter Schwellung, auch im linken Sprunggelenk etwas Schmerzen, leichte

Beschwerden rechts 1. Zehe, hat links derzeit hauptsächlich Pantoffel an, Schuheinlagen,

fährt Auto mit Automatik, benützt teilweise Krücken.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Valsacomp, Concor, Pantoprazol, bei Bedarf Dolgit, Parkemed; fallweise Krücken,

Schuheinlagen

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Vorgutachten 2008

2016 Röntgen: Meniskusruptur rechts, operiert, 2017 Hallux rigidus Arthrose beidseits

Röntgen 2012: flache Diskushernien LWS, 2015 Os metacarpale 2 Knochenmarksödem

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 176,00 cm Gewicht: 98,00 kg Blutdruck: 135/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Visus ausreichend mit Lesebrille, ausreichendes Hören, fährt Auto mit Automatik

Herz, Lunge: Herzaktion rhythmisch, Herztöne rein, normofrequent, VA, keine Dyspnoe

Abdomen: über Thoraxniveau

WIRBELSÄULE:

HWS:

gut beweglich

BWS/LWS:

Seitbeugen: 20-0-20

Rumpfdrehen: 30-0-30

Reklination: 30°

FBA: 50 cm schmerzhaft

Sensibilität und grobe Kraft Beine unauffällig

HÜFTGELENKE:

gut beweglich

KNIEGELENKE:

rechts etwas Stechen, Extension/Flexion 0-0-120°

links Extension/Flexion 5-0-115°, Krepitation

SPRUNGGELENKE:

rechts gut beweglich

links Sprunggelenk gering eingeschränkt

links Schmerzen Großzehengrundgelenk, rechts gering und ausreichend beweglich

OBERE EXTREMITÄTEN:

rechts Schmerzen 2. Finger Grundgelenksbereich bei guter Funktion aller Finger

Gesamtmobilität - Gangbild:

bei der Untersuchung ohne Hilfsmittel, ausreichend sicher, etwas hinkend links wegen

Schmerzen Fuß bzw. Zehe, trägt Pantoffel, auch Schuheinlagen vorhanden, benützt

fallweise Krücken

Status Psychicus:

unauffällig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

1 Zustand nach Knieoperation beidseits (Meniskus, Knorpel)

2 Hallux rigidus Arthrose beidseits, Fersensporn links, geringe Arthrose linkes oberes

Sprunggelenk

3 Flache Diskushernien Lendenwirbelsäule

4 Hypertonie

5 Gastritis

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten

Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und

Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und

warum?

nach Meniskusoperation rechts 4/2017und älterer Meniskusoperation links besteht in beiden Knien eine geringe Beugeeinschränkung, fallweise Stechen rechts, Krepitation beidseits, gut bewegliche Hüftgelenke, derzeit auch Schmerzen bei Hallux rigidus Arthrose Grundgelenk der Großzehe links, er trägt deshalb hier einen Pantoffel, mäßige Wirbelsäuleneinschränkung - bei der Untersuchung kommt er ohne Hilfsmittel, ausreichend sicherer Gang, etwas hinkend links wegen der Fuß- und Zehenbeschwerden, trägt links Pantoffel, fallweise würde er auch Krücken benützen, keine Lähmungen - es ist daher eine Gehstrecke von 300 - 400 m auch mit langsamerem Gehtempo möglich, auch Hilfsmittel wie Krücken oder Gehstock können verwendet werden, einige Stufen steigen ist ebenso möglich, auch Anhalten an Haltegriffen, der ausreichend sichere Stand und Transport sind möglich

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des

Immunsystems vor?

nein

Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag des BF abschlägig entschieden.

Dagegen erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen dahingehend, dass es ihm aufgrund der Behinderung kaum möglich sei einen Schuh zu tragen, aufgrund des Knochenmarködems in der re. Hand sei er wesentlich eingeschränkt und er könne Dinge des täglichen Bedarfs, wie etwa Einkäufe udgl. Nicht mehr erledigen. Zudem habe er sich ein Automatik betriebenes Fahrzeug anschaffen müssen und würde der li. Fuß öfter einknicken und sich verhärten, bedingt durch die Bandscheibenvorfälle. Dies sei zwar dem Gutachter kommuniziert, von diesem jedoch in Folge nicht berücksichtig worden.

Ein neuerlich durch die bB in Auftrag gegebenes Gutachten erbrachte nach am 22.3.2018 durch Dr. XXXX, FA für Orthopädie, im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:

Anamnese:

Letztgutachten vom 30. 01. 2018 - wegen der Prüfung der Unzumutbarkeit zur Benützung Öffentlicher Verkehrsmittel wurde Einspruch erhoben.

Operationen bisher:

1991 und 2008: Meniskusoperation links.

2015: Meniskusoperation rechts.

04. 2017: Varizenioperation bds.

Derzeitige Beschwerden:

Ich kann wegen meinem linken Großzehengrundgelenk im Jahr nur 2 Monate lang Schuhe anziehen, denn wenn ein Druck draufkommt, schwillt es an und schmerzt. Zusätzlich kommt dann noch ein Schmerz im Sprunggelenk und der Fersensporn. Durch die ständige einseitige Belastung wird jetzt auch schon der rechte Fuß rebellisch.

Auch durch das Krücken gehen zeitweilig Anschwellen des MCP-Gelenks des rechten Zeigefingers. Es schmerzen auch beide Kniegelenke, ich kann mich nicht niederhocken und längeres Sitzen schmerzt auch.

Schmerzen auch im Kreuz, das fängt rechtsseitig an und zieht dann in das linke Bein in die Wade und verhärtet die Wade.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Valsalcomb, Concor 10 mg, Dolgit 800, Parkemed und Tramal bei Bedarf.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

MRT linker Fuß vom 14. 04. 2017: Ausgeprägte Arthrose und floride Osteoarthritis des Großzehengrundgelenkes.

Geringgradige Arthrose im oberen Sprunggelenk.

MRT rechtes Kniegelenk vom 03. 02. 2016: Meniskusriss, Chondropathie des medialen Femurkondyls, Grad II.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut.

Ernährungszustand:

Gut.

Größe: 178,00 cm Gewicht: 94,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

HWS: Rotation: 70-0-70°, in Reklination: 30° bds.,

Kinn-Sternumabstand: 2 cm.

Obere Extremität: Schultern bds.: Außenrotation: 50-0-70°,

Anteversion: 170°, Abduktion: 160 bds. möglich, endlagig schmerzhaftig linksseitig vorderseitig.

Ellbogen: Extension-Flexion: 0-0-140°.

Handgelenke: Ohne Arthrosezeichen, Dorsalextension-Palmarflexion:

40-0-50°.

Fingergelenke: Altersgemäß unauffällig, keine wesentlichen Arthrosezeichen.

BWS: Kein Klopfschmerz, Rotation bds.: 60°.

LWS: Kein Beckenschiefstand, keine Skoliose.

Fingerkuppen-Bodenabstand: 20 cm, Schober: 10-14.

Untere Extremität: Hüften bds.: Extension-Flexion: 0-100°,

Innen-Außenrotation: 10-0-30°, Abduktion: 30° möglich.

Beide Kniegelenke: Keine Schwellung, kein Erguss, keine

Entzündungszeichen. Extension- Flexion: 0-0-120°, patellafemurale Krepitationen bds., Lachmann und Schublade neg., Seitenbänder stabil.

Sprunggelenke bds.: Keine Schwellung, keine Entzündungszeichen.

Dorsalextension- Plantarflexion: 10-0-30°.

Unteres Sprunggelenk seitengleich.

Beide Großzehengrundgelenke: Arthrotische Veränderungen sichtbar, derzeit keine Schwellung, keine Entzündungszeichen, keine

Überwärmung oder Erguss. Dorsalextension- Plantarflexion: 20-0-30° bds.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Mit 2 Unterarmstützkrücken hinkend wegen berichteter Schmerzen im Großzehengrundgelenk links.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Knorpelschäden in beiden Kniegelenken

2 Knorpelschäden im Großzehengrundgelenk beidseits, geringer Knorpelschaden im linken

Sprunggelenk, Fersensporn links

3 degenerative Wirbelsäulenveränderungen

4 Hypertonie

5 Gastritis

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten

Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und

Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und

warum?

Es werden bei der heutigen Untersuchung starke Schmerzen im Bereich des linken Großzehengrundgelenks angegeben. Diese kann aber gut bewegt werden, es bestehen insbesondere keinerlei Zeichen einer akuten Entzündung oder Schwellung, welche die Schmerzen belegen könnten. Auch die Kniegelenke sind beide ohne Entzündungszeichen. Die Wirbelsäule zeigt sich mit degenerativen Veränderungen. Aus diesem Grund ist aus orthopädischer Sicht eine kurze Wegstrecke, auch unter Zuhilfenahme eines Stockes bewältigbar. Auch das sichere Ein- und Aussteigen ist gegeben. Aufgrund der guten Funktion der oberen Extremität ist auch die Beförderung möglich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

derzeit nicht

Gutachterliche Stellungnahme:

Das Fuß- Knie- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke ( 300- 400m ) kann aber zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.

Das letztgenannte Gutachten wurde dem BF mit ho. Schreiben vom 23.5.2018 gem. § 45 Abs.3 AVG mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt.

Mit Schreiben vom 6.6.2018 bezog der BF dahingehend Stellung, dass trotz zweimaligen Hinweisen wieder auf wesentliche Einschränkungen nicht eingegangen worden sei, so seien zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Entzündungen oder Schwellungen ersichtlich gewesen, andernfalls er den Untersuchungstermin nicht wahrnehmen hätte können. Der BF wies noch einmal darauf hin, dass er insgesamt 2 Monate im Jahr nicht einmal ansatzweise in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, weshalb er abschließend um neuerliche Überprüfung seines Falles ersucht, da er der Meinung sei, dass ihm der Behindertenpass zustehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung vorliegen.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. XXXX, FA für Orthopädie, vom 2.5.2018 schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).

Bei Beurteilung der Frage, ob eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist, war vor allem auch zu prüfen, wie sich die bei der bP gegebene dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0242).

In den angeführten Gutachten wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Das eingeholten Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

So diagnostizierte der Sachverständige im Einklang mit den in Vorlage gebrachten Bescheinigungsmittel nach Darlegung der Beschwerden durch den BF und eingehender klinischer Untersuchung Knorpelschäden in beiden Kniegelenken, Knorpelschäden im Großzehengrundgelenk bds., geringer Knorpelschaden im li. Sprunggelenk, Fersensporn li, degen. Wirbelsäulenveränderungen, Hypertonie und Gastritis. In Zusammenschau mit dem klinischen Fachstatus, welche die aus den Leiden einhergehende Funktionsbeeinträchtigungen erbrachte, erstellte der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar das Gutachten im engeren Sinne.

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es werden bei der heutigen Untersuchung starke Schmerzen im Bereich des linken Großzehengrundgelenks angegeben. Diese kann aber gut bewegt werden, es bestehen insbesondere keinerlei Zeichen einer akuten Entzündung oder Schwellung, welche die Schmerzen belegen könnten. Auch die Kniegelenke sind beide ohne Entzündungszeichen. Die Wirbelsäule zeigt sich mit degenerativen Veränderungen. Aus diesem Grund ist aus orthiopädischer Sicht eine kurze Wegstrecke, auch unter Zuhilfenahme eines Stockes bewältigbar. Auch das sichere Ein- und Aussteigen ist gegeben. Aufgrund der guten Funktion der oberen Extremität ist auch die Beförderung möglich.

Gutachterliche Stellungnahme:

Das Fuß- Knie- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke ( 300- 400m ) kann aber zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.

In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwände waren nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der begehrten Zusatzeintragung nicht vorliegen, zu entkräften. Neue fachärztliche Aspekte wurden nicht vorgebracht. Es war festzustellen, dass durch das Vorbringen, dass zum Untersuchungszeitpunkt keine Schwellungs- und Entzündungszeichen zu ersehen waren, dem Gutachten weder auf gleichem fachlichen Niveau noch substantiiert entgegengetreten wurde.

Auch war dem Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollzieh-baren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.

Die Sachverständigengutachten und die Stellungnahmen wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten des der Entscheidung erster Instanz zu Grunde liegende Gutachtens), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall - bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren - durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (vgl. VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).

Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).

Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).

Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter "neuen Tatsachen" jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP "neue Tatsachen" vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.

Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.

Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.

Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.

Im gegenständlichen Fall wurde der bP das der Entscheidung erster Instanz zu Grunde liegende Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis gebracht. Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG vorgebrachte "neue Tatsachen" sind nicht zu berücksichtigen) jedwede Möglichkeit eines Vorbringens genommen, was in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führt. Da die bB aber nach Beschwerdeerhebung ein neues Gutachten in Auftrag gab und dieses dem BF nachweislich mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht wurde, war die Verletzung des Parteiengehörs als saniert anzusehen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt und hat nach Form und Inhalt dem Muster der Anlage A zu entsprechen. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:

1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;

2. den Familien- oder Nachnamen, Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;

3. das Geburtsdatum;

4. den Verfahrensordnungsbegriff;

5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

6. das Antragsdatum;

7. das Ausstellungsdatum;

8. die ausstellende Behörde;

9. eine allfällige Befristung;

10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";

11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;

12. das Logo des Sozialministeriumservice;

13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie

14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.

Gemäß Abs 3 leg cit haben die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Behindertenpasses der ISO/IEC-Norm 7810 zu entsprechen. Das Trägermaterial hat folgende Fälschungssicherheitsmerkmale zu enthalten:

1. Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hin

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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