TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/22 98/06/0166

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Veröffentlicht am 22.04.1999
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art118 Abs2;
ROG Tir 1997 §119 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §15 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §16 idF 1997/028;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. des PA und

2. der RA, beide in M und beide vertreten durch D & Partner, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Jänner 1998, Zl. Ve1-554-58/1-6, betreffend Feststellung eines Freizeitwohnsitzes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Jochberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer stellten einen Antrag gemäß §§ 15 und 16 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 betreffend Feststellung eines Freizeitwohnsitzes. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde abgewiesen, auch die Berufung der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde abgewiesen. Die Beschwerdeführer erhoben Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis vom 28. November 1996, G 195/96 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993, in der Fassung der Kundmachungen LGBl. Nr. 6/1995 und 68/1995 insoweit als verfassungswidrig auf, als ihm nicht durch die erste Raumordnungsgesetznovelle, LGBl. Nr. 4/1996, derogiert wurde, und stellte fest, dass es insoweit verfassungswidrig gewesen sei, als ihm durch die erste Raumordnungsgesetznovelle, LGBl. Nr. 4/1996, derogiert worden sei. Der Verfassungsgerichtshof sprach aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Da der Beschwerdefall der Beschwerdeführer einen Anlassfall für die Aufhebung bzw. Feststellung, dass das Gesetz verfassungswidrig war, gebildet hatte, hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Juni 1997, B 1173/96 u.a., den bei ihm angefochtenen Berufungsbescheid auf.

Im fortgesetzten Verfahren erging sodann (aufgrund des in der Zwischenzeit in Kraft getretenen Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997) die Entscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde, mit welcher der Berufung neuerlich keine Folge gegeben wurde. Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der u.a. die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird. Auf Grund der Anlassfallwirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG hätte die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid nur mehr ersatzlos aufheben dürfen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Einwand der Beschwerde, dass die Berufungsbehörde im Falle der Aufhebung der Rechtsgrundlage für einen Bescheid durch den Verfassungsgerichtshof und Aufhebung eines Berufungsbescheides in einem Verfahren, welches einen Anlassfall zur Aufhebung des Gesetzes bildete, den bei ihr bekämpften Bescheid wegen des rückwirkenden Wegfalles seiner Rechtsgrundlage aufheben müsse, ist berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum vergleichbaren Fall der gänzlichen Aufhebung des Tiroler Naturschutzgesetzes im Erkenntnis vom 19. Oktober 1998, Zl. 98/10/0147, ausgesprochen, dass der mit Berufung bekämpfte erstinstanzliche Bescheid in einem solchen Fall ersatzlos aufzuheben sei, selbst wenn vor der Entscheidung der Berufungsbehörde die entsprechende Rechtsgrundlage bereits wieder neuerlich erlassen wurde.

Im Beschwerdefall muss man zu diesem Ergebnis schon deshalb kommen, weil im Falle des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 hinzukommt, dass die Zuständigkeitsvorschriften für Entscheidungen nach den §§ 15 und 16 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 insoweit geändert wurden, als nunmehr die Feststellungen betreffend Freizeitwohnsitze als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches zu vollziehen sind. Es hat sich damit auch der Instanzenzug in den Angelegenheiten der Feststellung betreffend Freizeitwohnsitze geändert.

Nach der Aufhebung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 durch den Verfassungsgerichtshof wurde vom Tiroler Landesgesetzgeber das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. für Tirol Nr. 10/1997, erlassen. Das Gesetz trat am 25. Februar 1997 in Kraft. Mit LGBl. Nr. 28/1997 wurde das Gesetz erstmals novelliert. Diese Novelle ist gemäß Art. II des Gesetzes mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft getreten (das war der 22. Mai 1997).

§§ 15, 16 und 16a Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1997 in der Fassung LGBl. Nr. 28/1997, lauten:

"§ 15

Beschränkungen für Freizeitwohnsitze

(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:

a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden;

b) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen);

entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitz, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat;

Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen;

c) Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen.

Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.

(2) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden, für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz nach § 16 Abs. 3 oder eine entsprechende Feststellung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 vorliegt. Darüberhinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze durch Vorhaben im Sinne des Abs. 4 erster Satz im Wohngebiet und in Mischgebieten geschaffen werden, wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hiebei ist für das betreffende Grundstück die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.

(3) Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze darf nur insoweit für zulässig erklärt werden, als die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde entsprechend den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

a)

die Siedlungsentwicklung;

b)

das Ausmaß des zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung erforderlichen sowie des hiefür verfügbaren Baulandes;

              c)              das Ausmaß der für Freizeitwohnsitze in Anspruch genommenen Grundflächen, insbesondere auch im Verhältnis zu dem zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung bebauten Bauland;

              d)              die Gegebenheiten am Grundstücks- und Wohnungsmarkt sowie die Auswirkungen der Freizeitwohnsitzentwicklung auf diesen Markt;

              e)              die Art, die Lage und die Anzahl der bestehenden Freizeitwohnsitze;

              f)              die Auslastung der Verkehrsinfrastruktur sowie der Einrichtungen zur Wasserversorgung, Energieversorgung und Abwasserbeseitigung, die Auswirkungen der Freizeitwohnsitze auf diese Infrastruktur und deren Finanzierung sowie allfällige mit der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze entstehende Erschließungserfordernisse. Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze darf nicht mehr für zulässig erklärt werden, wenn der Anteil der aus dem Verzeichnis der Freizeitwohnsitze nach § 16 Abs. 5 sich ergebenden Freizeitwohnsitze an der Gesamtzahl der Wohnungen entsprechend dem endgültigen Ergebnis der jeweils letzten Häuser- und Wohnungszählung 8 v. H. übersteigt.

(4) Die Baubewilligung für Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, sowie für Zubauten und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen werden sollen, darf unbeschadet der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück eine Festlegung nach Abs. 2 zweiter und dritter Satz vorliegt und die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf diesem Grundstück nicht überschritten wird. Maßgebend ist die Anzahl der Freizeitwohnsitze auf Grund rechtskräftig erteilter Baubewilligungen.

(5) Weiters dürfen Wohnsitze auf Grund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:

a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn die Voraussetzungen nach § 5 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient;

b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm auf Grund geänderter Lebensumstände, insbesondere auf Grund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat.

(6) Der Inhaber einer Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs. 5 erster Satz darf den Freizeitwohnsitz nur für sich, seine Familie und seine Gäste verwenden. Die entgeltliche Überlassung des Freizeitwohnsitzes ist nicht zulässig.

(7) Um die Erteilung der Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs. 5 erster Satz ist schriftlich anzusuchen. Der Antrag hat den betreffenden Wohnsitz zu bezeichnen und die zur Beurteilung des Vorliegens der Bewilligungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben zu enthalten. Die Richtigkeit dieser Angaben ist vom Antragsteller durch geeignete Unterlagen nachzuweisen oder, soweit ihm dies nicht möglich ist, anderweitig glaubhaft zu machen. Der Bürgermeister hat über den Antrag mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Der Bescheid, mit dem die Ausnahmebewilligung erteilt wird, ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr vorliegen.

(8) Wer einen Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überläßt, ohne daß eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des Abs. 2 erster Satz, eine Baubewilligung im Sinne des Abs. 4 erster Satz oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs. 5 erster Satz vorliegt, begeht eine Verwaltungsübertretung. Dies gilt nicht, wenn auf den betreffenden Wohnsitz eine der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 lit. a zutrifft und

a) die Frist für die nachträgliche Anmeldung nach § 16 Abs. 1 noch offen ist oder

b) eine rechtzeitige Anmeldung des Wohnsitzes nach § 16 Abs. 1 oder eine entsprechende Anmeldung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 erfolgt und das Verfahren darüber noch nicht abgeschlossen ist.

(9) Eine Verwaltungsübertretung begeht ferner, wer einen Freizeitwohnsitz, für den eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs. 5 erster Satz vorliegt, anderen als den im Abs. 6 genannten Personen oder Personen entgeltlich zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überläßt.

(10) Verwaltungsübertretungen nach den Abs. 8 und 9 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 500.000,-

Schilling zu ahnden.

§ 16

Nachträgliche Anmeldung von Freizeitwohnsitzen,

Freizeitwohnsitzverzeichnis

(1) Wohnsitze,

a) die am 31. Dezember 1993 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze verwendet worden sind oder bei denen sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt und

b) die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, können vom Eigentümer oder vom sonst hierüber Verfügungsberechtigten noch bis zum 31. Dezember 1998 beim Bürgermeister angemeldet werden, wenn er glaubhaft macht, daß er von der Anmeldepflicht nach § 16 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 nicht oder erst innerhalb von sechs Monaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Kenntnis erlangt hat. Der betreffende Wohnsitz ist innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis der Anmeldepflicht anzumelden.

(2) In der Anmeldung ist außer im Falle, daß sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt, durch geeignete Unterlagen oder sonstige Beweismittel glaubhaft zu machen, daß der Wohnsitz bereits am 31. Dezember 1993 als Freizeitwohnsitz verwendet worden ist. Die Anmeldung hat weiters zu enthalten:

a) Name, Geburtsdatum und Adresse des Eigentümers des Wohnsitzes und des allenfalls sonst hierüber Verfügungsberechtigten;

b) die Bezeichnung des Grundstückes, auf dem sich der Wohnsitz befindet;

c)

die Adresse des Wohnsitzes;

d)

die Baumasse (§ 61 Abs. 3 zweiter Satz) und die Wohnnutzfläche des Wohnsitzes, bei Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen weiters die genaue Bezeichnung und erforderlichenfalls eine planliche Darstellung der betreffenden Räumlichkeiten.

(3) Der Bürgermeister hat auf Grund der Anmeldung eines Freizeitwohnsitzes mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf. Die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz ist festzustellen, wenn die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist und eine der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. a vorliegt. Andernfalls ist die Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz festzustellen. Bescheide über die Zulässigkeit der Verwendung eines Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz haben die Angaben nach Abs. 2 lit. a bis d zu enthalten. Parteien des Verfahrens sind der Eigentümer des Wohnsitzes und der sonst hierüber Verfügungsberechtigte.

(4) Die Landesregierung kann durch Verordnung die bei der Anmeldung von Wohnsitzen zu verwendenden Formulare festlegen.

(5) Der Bürgermeister hat ein Verzeichnis der Wohnsitze, die auf Grund einer Feststellung im Sinne des § 15 Abs. 2 erster Satz,

einer Baubewilligung im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz oder

einer Ausnahmebewilligung im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz als Freizeitwohnsitze verwendet werden dürfen, zu führen. Das Verzeichnis hat hinsichtlich der einzelnen Freizeitwohnsitze die Angaben nach Abs. 2 lit. a bis d und die Widmung des Grundstückes, auf dem sich der betreffende Freizeitwohnsitz befindet, zu enthalten. Freizeitwohnsitze, für die eine Baubewilligung im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz vorliegt, sind nach dem Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung in das Verzeichnis aufzunehmen. Freizeitwohnsitze, für die eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz vorliegt, sind als solche kenntlich zu machen. Sie sind im Falle der Aufhebung der Ausnahmebewilligung nach § 15 Abs. 7 fünfter Satz aus dem Verzeichnis zu streichen. In den Fällen des § 16a Abs. 1 und 2 sind nach dem Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung das Datum und die Geschäftszahl des betreffenden Baubewilligungsbescheides in das Verzeichnis aufzunehmen und die Angaben nach Abs. 2 lit. d im Verzeichnis richtigzustellen.

(6) Die Gemeinde darf zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes über Freizeitwohnsitze folgende Daten ermitteln und automationsunterstützt verarbeiten:

a)

die Daten nach Abs. 2 lit. a bis d;

b)

die Widmung der Grundstücke, auf denen sich Freizeitwohnsitze befinden, und

              c)              die Bescheide über Feststellungen im Sinne des § 15 Abs. 2 erster Satz, über Baubewilligungen im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz und über Ausnahmebewilligungen im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz.

(7) Die Gemeinde darf die Daten nach Abs. 6 weiters den mit der Vollziehung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 und des Aufenthaltsabgabegesetzes 1991, LGBl. Nr. 35, in der jeweils geltenden Fassung betrauten Behörden zum Zweck der Wahrnehmung der ihnen nach diesen Gesetzen jeweils übertragenen Aufgaben sowie den Tourismusverbänden zum Zweck der Überwachung der Entrichtung der Aufenthaltsabgabe übermitteln. Die Gemeinde darf die Daten nach Abs. 6 weiters in anonymisierter Form zu statistischen Zwecken benützen und der Landesregierung übermitteln.

§ 16a

Wiederaufbau und Erweiterung bestehender Freizeitwohnsitze

(1) Im Falle des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung eines Freizeitwohnsitzes, für den eine Feststellung im Sinne des § 15 Abs. 2 erster Satz, eine Baubewilligung im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz vorliegt, darf jedoch, soweit dies baurechtlich sonst zulässig ist, statt dessen ein Neubau errichtet werden. Dabei darf die Baumasse des neuen Freizeitwohnsitzes jene des früheren Freizeitwohnsitzes um nicht mehr als 25 v. H. überschreiten. Maßgebend ist die Baumasse des auf Grund der Feststellung im Sinne des § 15 Abs. 2 erster Satz, der Baubewilligung im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz oder der Ausnahmebewilligung im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz rechtmäßig bestandenen Freizeitwohnsitzes.

(2) Zubauten und Änderungen des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden oder Gebäudeteilen, durch die bestehende Freizeitwohnsitze vergrößert werden sollen, sind nur mehr insoweit zulässig, als dadurch die Baumasse bzw. die Wohnnutzfläche des betreffenden Freizeitwohnsitzes um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. vergrößert wird. Maßgebend ist die Baumasse bzw. die Wohnnutzfläche des auf Grund der Feststellung im Sinne des § 15 Abs. 2 erster Satz, der Baubewilligung im Sinne des § 15 Abs. 4 erster Satz oder der Ausnahmebewilligung im Sinne des § 15 Abs. 5 erster Satz rechtmäßig bestehenden bzw. bei einem Neubau nach Abs. 1 des danach rechtmäßig bestandenen Freizeitwohnsitzes.

(3) Für Freizeitwohnsitze im Freiland gelten die Abs. 1 und 2 nur insoweit, als sich auf Grund des § 42 nicht weitergehende Beschränkungen ergeben."

§ 119 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1997,

lautet:

"§ 119

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Die Aufgaben der Gemeinde nach diesem Gesetz - mit Ausnahme jener nach § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 26 Abs. 5, § 73 Abs. 6, § 75 Abs. 2, § 76 Abs. 4, § 81 Abs. 3, § 84 Abs. 5, § 85 Abs. 2, 3 und 4, § 87 Abs. 3 und § 90 Abs. 1 lit. b - sind solche des eigenen Wirkungsbereiches."

Die Angelegenheiten der §§ 15 und 16 TROG 1997 sind somit nunmehr im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen. Eine ausdrückliche Übergangsregelung für bereits anhängige Verfahren enthält das TROG 1997 nicht.

Dieser Änderung suchte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde offenbar dadurch zu entsprechen, dass er (an Stelle der belangten Behörde, die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 zur Entscheidung über Berufungen zuständig war) über die Berufung gegen die Entscheidung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde, die auf Grund des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 ergangen war, entschieden hat.

Nun trifft es zwar zu, dass auch Zuständigkeitsvorschriften stets in der Fassung anzuwenden sind, wie sie zum Zeitpunkt der Entscheidung einer Behörde, auch einer Berufungsbehörde, gelten (vgl. allgemein das Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 4. Mai 1977, Slg. 9315 A, zum Entfall eines Instanzenzuges während des anhängigen Berufungsverfahrens das hg. Erkenntnis vom 28. März 1985, Slg. 11.734 A, oder zur Möglichkeit, den Instanzenzug auch für anhängige Verfahren zu ändern das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 6301/1970). Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass sich auch Änderungen der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz, wodurch sich auch die Zuständigkeit der Berufungsbehörde in der Angelegenheit ändert, derart auswirken, dass über Berufungen gegen Entscheidungen der vor der Gesetzesänderung zuständigen Behörde erster Instanz die nach der neuen Regelung zuständige Berufungsbehörde zu entscheiden hätte. Dies führte nämlich auch dazu, dass über Entscheidungen von Behörden eines Wirkungsbereiches nach Änderung der Rechtslage jene Behörde zu entscheiden hätte, die nicht im selben Vollzugsbereich wie die Behörde erster Instanz zu entscheiden hat.

Wenngleich sowohl nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 als auch nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 die erstinstanzliche Zuständigkeit zu Entscheidungen betreffend Freizeitwohnsitze beim Bürgermeister jener Gemeinde gelegen ist, in deren Gebiet sich der Freizeitwohnsitz befindet, ist zu beachten, dass die Entscheidung nach TROG 1994 im übertragenen Wirkungsbereich zu treffen war, während sie nunmehr in den eigenen Wirkungsbereich fällt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 95/18/0120, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 11. April 1984, Zl. 82/11/0358, ausgesprochen hat, ist mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Zuständigkeit der Berufungsbehörde fixiert. Wenngleich nach den oben genannten Erkenntnissen zur Änderung der Rechtslage hinsichtlich des Instanzenzuges grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber den Instanzenzug auch für bereits anhängige Verfahren ändern kann und im Falle der Änderung der Rechtslage ohne ausdrückliche Übergangsbestimmungen auch eine Änderung des Instanzenzuges von der Berufungsbehörde zu beachten wäre, ist in Fällen wie dem vorliegenden, in dem sich nicht nur der Instanzenzug bei gleichbleibender Zuständigkeit der Behörde erster Instanz, sondern der Vollzugsbereich, in dem die Angelegenheit zu vollziehen ist, geändert hat, davon auszugehen, dass mit der Entscheidung der Behörde erster Instanz nach der alten Rechtslage die Zuständigkeit der Berufungsbehörde fixiert wurde. Diese Berufungsbehörde hat, nachdem sich die Rechtslage hinsichtlich des Vollzugsbereiches geändert hat, den bei ihr bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Dies entspricht auch dem Grundsatz, dass dann, wenn in erster Instanz eine unzuständige Behörde entschieden hat, sich der Instanzenzug danach richtet, welche Behörde entschieden hat und nicht danach, welche Behörde hätte entscheiden sollen. Für die Beurteilung des Instanzenzuges ist nach ständiger Rechtsprechung nicht entscheidend, in welchem Behördenbereich der unterinstanzliche Bescheid gesetzmäßigerweise hätte erlassen werden sollen, sondern in welchem Behördenbereich er tatsächlich erlassen worden ist (vgl. die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 43 zu § 63 AVG).

Es liegt somit auch im vorliegenden Fall die Zuständigkeit zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters im übertragenen Wirkungsbereich, die nach dem TROG 1994 ergangen sind, nicht beim Gemeindevorstand (der nach der nunmehr geltenden Rechtslage bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Bürgermeisters im eigenen Wirkungsbereich zuständig wäre), sondern bei der Landesregierung, als jener Behörde, welche in dem Vollzugsbereich, in dem die erstinstanzliche Entscheidung ergangen ist, als Berufungsbehörde vorgesehen ist.

Die belangte Behörde hätte die Unzuständigkeit des Gemeindevorstands der mitbeteiligten Gemeinde durch die Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes wahrzunehmen gehabt.

Da sie dies unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben (die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Vorstellung war gegeben, sodass - entgegen dem Antrag in der Beschwerde - eine Aufhebung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht in Betracht kommt). Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde den bei ihr bekämpften Bescheid des Gemeindevorstandes wegen Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes aufzuheben haben und in der Folge entsprechend der oben dargestellten Rechtslage selbst neuerlich über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid (ebenfalls durch Aufhebung) zu entscheiden haben. In der Folge wird sodann über den Antrag nach §§ 15f TROG 1994, sofern dieser als Antrag nach § 16 Abs. 3 TROG 1997 aufrechterhalten wird, vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich nach der nunmehr geltenden Rechtslage neuerlich zu entscheiden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 414/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den angesprochenen Schriftsatzaufwand für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die diesbezüglich verzeichneten Bundesstempel bzw. den Streitgenossenzuschlag, da ein Ersatz des Aufwandes für die Verfassungsgerichtshofbeschwerde im Verwaltungsgerichtshofgesetz nicht vorgesehen ist, sowie den angesprochenen Streitgenossenzuschlag zum Ersatz des Schriftsatzaufwands im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, der ebenfalls gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Mit der Entscheidung in der Sache erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. April 1999

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Änderung der Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998060166.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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