TE Bvwg Beschluss 2019/1/7 W278 2211973-1

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Veröffentlicht am 07.01.2019
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Entscheidungsdatum

07.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §7 Abs2

Spruch

W278 2211973-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richter Mag. Dominik HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. China, vertreten durch Stieger Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018, Zl. 1202722507 - 180856139, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein. Dort wurde der Beschwerdeführer wegen des Verdachts des schweren Betruges festgenommen. Es wurde die Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer verhängt.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30.11.2018 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges (§§ 146, 147 Abs 2, 148 2. Fall StGB) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat mit anderen Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken Mitarbeiter eines Casinos durch das manipulieren von Spielkarten getäuscht und dazu gebracht den regelwidrig erlangten Gewinn auszuzahlen und das Casino in der Höhe von EUR 95.520,00 am Vermögen schädigte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach China zulässig sei. Es wurde dem Beschwerdeführer keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dieser Bescheid wurde der dem Beschwerdeführer am 10.12.2018 persönlich ausgefolgt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer als Rechtsberater ARGE- Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe zur Seite gestellt. Der Beschwerdeführer wurde darüber mittels Verfahrensanordnung informiert.

Der Beschwerdeführer wurde auch darüber informiert, dass er verpflichtet ist ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

Am 10.12. und am 13.12.2018 wurde der Beschwerdeführer von der ARGE Rechtsberatung auch während der Anhaltung in Schubhaft besucht und von dieser auch beraten.

Am 13.12.2018 unterschrieb der Beschwerdeführer nach erfolgter Beratung durch die ARGE Rechtsberatung folgenden Rechtsmittelverzicht:

"Hiermit verzichte ich nach einem Rechtsberatungsgespräch mit der ARGE Rechtsberatung, auf die Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur oben genannten Zahl."

In der Folge wurde vom Beschwerdeführer am 21.12.2018 die vorliegende Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10.12.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Ebenfalls am 10.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer als Rechtsberater die ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe zur Seite gestellt und der Beschwerdeführer wurde darüber mittels Verfahrensanordnung informiert.

Am 10.12.2018 wurde der Beschwerdeführer von der ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe beraten.

Am 13.12.2018 unterfertigte der Beschwerdeführer, nach Rechtsberatung durch die ARGE- Diakonie und Volkshilfe, einen ausdrücklichen schriftlichen Beschwerdeverzicht betreffend den am 10.12.2018 ergangenen Bescheid. Dem Beschwerdeführer waren bei Abgabe des Rechtsmittelverzichts die Folgen des Rechtsmittelverzichts, nämlich die Abschiebung nach China, bewusst. Der Spruch, sowie die Rechtsmittelbelehrung des gegenständlichen Bescheides sind in Mandarin ausgefertigt.

Gegen den angefochtenen Bescheid wurde am 21.12.2019 die vorliegende Beschwerde erhoben.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner psychischen Erkrankung und auch sonst lagen keine Willensmängel bei der Abgabe des Erklärungsverzichtes vor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie aus dem Gerichtsakt und wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keiner psychischen Erkrankung leidet, ergibt sich daraus, dass in der Beschwerde keine Gesundheitsprobleme vorgebracht wurden und es auch sonst keinerlei Hinweis darauf gibt.

Dass der Beschwerdeführer sich nicht über die Konsequenzen des abgegebenen Rechtsmittelverzichts bewusst gewesen sei, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird, ist nicht nachvollziehbar, da eine Rechtsberatung stattgefunden hat und der Beschwerdeführer auch von der ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe beraten wurde. Es ist bereits dem Spruch des Bescheides, der auch eine Übersetzung in der Sprache des Beschwerdeführers enthält, zu entnehmen, dass eine Abschiebung nach China zulässig ist. Zudem fand eine Beratung durch en zugewiesenen Rechtsberater, ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe statt.

Gemäß § 48 BFA-VG sind Rechtsberater unabhängig und diese haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und müssen dafür auch besonders geschult sein. Dass die Beratung durch die ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe unzureichend war oder zu Willensmängel beim Beschwerdeführer geführt habe, wird von diesem in seiner Beschwerde auch nicht behauptet. Es wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht vorgebracht, dass es bei der Beratung durch die ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe zu sprachlichen Schwierigkeiten gekommen sei, die eine Willensmangel oder einen Irrtum hervorgerufen hätten. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei Abgabe des Rechtsmittelverzichts über den Bescheid, seine Rechtsmittelmöglichkeiten sowie über die Folgen des Verzichts informiert war - selbst wenn der Rechtsmittelverzicht nicht in der Sprache des Beschwerdeführers verfasst ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

1. § 7 Abs. 2 VwGVG lautet: "Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Beschwerdeverzicht eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass eine von der Partei eingebrachte Beschwerde einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Beschwerdeverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichtes ist besonders streng zu prüfen, und es ist ein anlässlich der Abgabe eines Beschwerdeverzichtes vorliegender Willensmangel zu Gunsten der Partei zu beachten. Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht ist weiters, dass er ohne Druck und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wird (VwGH 12.05.2005, 2005/02/0049).

Für den Beschwerdeverzicht bestehen keine besonderen Formvorschriften, jedoch muss dieser ausdrücklich und zweifelsfrei erklärt werden und frei von Willensmängeln sein; liegt ein Willensmangel vor, ist der Verzicht unwirksam. Die Rechtsprechung wendet dabei sinngemäß die Regeln des Zivilrechts über den Irrtum, insbesondere § 871 ABGB, an. Demnach kommt eine rechtsverbindliche Willenserklärung der verzichtenden Partei unter anderem dann nicht zustande, wenn sie in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser "durch den anderen Teil", d. h. durch den Organwalter der Behörde, "veranlasst war". "Veranlassen" umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des Organwalters, wobei nicht gefordert ist, dass die Irreführung schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, herbeigeführt wurde. Ein Willensmangel liegt aber beispielsweise auch dann vor, wenn die Partei durch eine irreführende oder unvollständige Rechtsbelehrung falsche Vorstellungen über die Folgen und Möglichkeiten einer Beschwerde bekommen hat. Neben der Kenntnis seiner Rechtsfolgen ist Voraussetzung für einen gültigen Beschwerdeverzicht auch, dass die Partei nicht von der Behörde in rechtswidriger Weise durch Druck, Zwang oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde. Abgesehen davon kommt es aber auf die Absichten, Motive und Beweggründe, welche die Partei zum Verzicht veranlasst haben, nicht an (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63, Rz. 75-76).

Ein Beschwerdeverzicht eines Fremden ist ohne Beiziehung eines Dolmetschers nur dann wirksam, wenn feststeht, dass der Fremde im Zeitpunkt der Abgabe des Beschwerdeverzichtes der deutschen Sprache hinlänglich mächtig war, um sich der Tragweite des Verzichtes bewusst zu sein, und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).

Ein Beschwerdeverzicht kann - und zwar durch ausdrückliche Erklärung - erst nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides und während der Rechtsmittelfrist erfolgen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/02/0227).

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind an einen wirksamen Beschwerdeverzicht strenge Maßstäbe anzulegen, um einen Willensmangel bei seiner Abgabe ausschließen zu können. Dieser strenge Beurteilungsmaßstab erfordert eine hinreichende Ermittlung der Umstände, unter welchen der Verzicht abgegeben wurde, um dessen Wirksamkeit beurteilen zu können. Die Rückkehrvorbereitung durch einen Rechtsberater kann die gesetzlich zwingend vorgesehene Rechtsberatung durch den dazu bestellten Rechtsberater nicht ersetzen. Zweck der Rechtsberatung ist es, den Asylwerber im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beraten, was die Beratung darüber einschließt, ob eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden soll. Damit hat sich die Rechtsberatung aber jedenfalls auf all jene Rechtshandlungen zu beziehen, die diese Fragen in irgendeiner Weise endgültig entscheiden. Die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes zählt jedenfalls dazu (VfGH 12.03.2014, U 1286/2013; 26.02.2014, U 489/2013).

2. Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde vor, dass der Rechtsmittelverzicht in der Sprache Mandarin überreicht hätte werden sollen. Da der Beschwerdeführer jedoch eine Rechtsberatung in Anspruch genommen hat, wurde dieser innerhalb der Rechtsberatung entsprechend über seine Rechtsmittelmöglichkeiten sowie über die Konsequenzen eines Rechtsmittelverzichts belehrt. Dass keine Beratung durch die ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe stattgefunden hätte oder diese unzureichend gewesen sei, wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht behauptet oder substantiiert vorgebracht.

Der Beschwerdeführer führt unsubstantiiert aus, dass kein Aktenvermerkt darüber bestehen würde, dass der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Mandarin über die Folgen eines Rechtsmittelverzichts aufgeklärt worden sei. Der Beschwerdeführer moniert somit nur das Fehlen eines Aktenvermerks, dass er jedoch von der ARGE - Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe unvollständig oder unrichtig über die den Bescheid, seine Rechtsmittelmöglichkeiten oder die Folgen eines Rechtsmittelverzichts aufgeklärt worden sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Ebenso wenig wird in der Beschwerde ausgeführt, dass bei der Rechtsberatung ein Dolmetscher für die Sprache Mandarin nicht anwesend gewesen sei, oder, dass es hier zu Verständigungsproblemen gekommen sei.

Das Gericht geht daher jedenfalls davon aus, dass der Beschwerdeführer bei der Abgabe der Rechtsmittelerklärungen sich über die Folgen eines Rechtsmittelverzichts bewusst war und daher kein Willensmangel im Zeitpunkt der Abgabe des Rechtsmittelverzichts vorlag.

Im vorliegenden Beschwerdefall erklärte der Beschwerdeführer nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides und nach Beratung durch die ARGE - Diakonie und Volkhilfe schriftlich, dass er auf die Einbringung einer Beschwerde verzichte.

Da somit nach Zustellung des angefochtenen Bescheides ein wirksamer Beschwerdeverzicht abgegeben wurde, welcher auch nicht widerrufen werden kann, ist dieser Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen, weshalb die am 21.12.2018 dennoch erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Beschwerdeverzicht, Rechtskraft, Rechtsmittelverzicht,
Unzulässigkeit der Beschwerde, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W278.2211973.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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