Entscheidungsdatum
30.01.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W241 2192805-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.03.2018, Zahl 1108289705-160374644, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.01.2019 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXXgemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 12.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 12.03.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi im Wesentlichen Folgendes an:
Er habe den Iran am 22.01.2016 verlassen und sei über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er einerseits aufgrund seiner Musik, die er gemacht habe, Probleme mit den Behörden bekommen hätte, auch sei bei einer Hausdurchsuchung eine Bibel gefunden worden. Andererseits hätte er zum Christentum konvertieren wollen, was verboten sei.
1.3. Aufgrund eines EURODAC-Treffers zu Ungarn wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.08.2016 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen wird und seine Abschiebung nach Ungarn für zulässig erklärt.
Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 01.12.2016 wurde einer Beschwerde gegen obgenannten Bescheid aufgrund der Überschreitung der Überstellungsfrist nach Ungarn stattgegeben.
1.4. Bei seiner Einvernahme am 07.06.2017 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi, machte der BF Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen im Iran sowie zu seinen Fluchtgründen betreffend seine Tätigkeit als Musiker.
Ferner gab er an, in Österreich die römisch-katholische Kirche zu besuchen und bald getauft zu werden. Er versuchte hierauf, verschiedene Fragen betreffend seine Glaubensausübung und die katholische Religion zu beantworten.
Der BF legte im Verfahren folgende Dokumente vor:
* Nationaler Führerschein, ausgestellt am 07.11.2013
* Nationale Identitätskarte im Original
* Kopie eines Auszugs der Geburtsurkunde
* Empfehlungsschreiben von 50 Flüchtlingshelfern aus der GemeindeXXXX vom 22.07.2016
* Bescheinigung für die Absolvierung eines Deutschkurses beim Roten Kreuz in XXXX vom 11.10.2016 bis 17.02.2017
* Eingliederung in die katholische Kirche durch Kardinal Christoph Schönborn und Zulassung zur Taufe, ausgestellt am 02.03 2017
* Schreiben von Pfarrer Mag. XXXX (datiert mit 22.05.2017) über die Aufnahme des BF ins Katechumenat am 11.12.2016 und seine geplante Taufe im September 2017. Der Pfarrer bestätigt in diesem Schreiben auch die wöchentliche Teilnahme des BF am Religionsunterricht
* Empfehlungsschreiben der Flüchtlingshilfe in XXXX vom 22.05.2017
* CD mit dem Titel "XXXX" im Original vorgelegt - Aufnahme eines Partnerschaftskonzertes, an dem der BF mitgewirkt hat
* Einladung zu einem Partnerschaftskonzert mit dem Titel "XXXX"
* Kopie eines Zeitungsartikels über die Deutschkurse in XXXX
* Amtliche Bestätigung der Marktgemeinde XXXX über die stundenweisen Hilfstätigkeiten des BF in der Marktgemeinde zur Landschaftspflege vom 22.05.2017
* Taufzeugnis: Die Taufe des BF fand am 23.09.2017 in der katholischen Kirche der Gemeinde XXXX statt
* Kopie des ÖSD A1 Zertifikats vom 10.01.2018
1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 15.03.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF zwei Wochen (richtigerweise 14 Tage) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF in den Iran. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF in den Iran. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation im Iran wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Seine Fluchtgeschichte habe der BF angesichts mehrerer dargelegter Unstimmigkeiten und Widersprüche nicht glaubhaft machen können. Ferner hätte eine Änderung seiner inneren Überzeugung, sodass man von einer echten Konversion zum Christentum sprechen könnte, nicht festgestellt werden können.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage im Iran nicht drohe.
1.6. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines gewillkürten Vertreters vom 16.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein.
In der Beschwerdebegründung wurde erneut auf das Interesse des BF am christlichen Glauben und seine Konversion verwiesen.
1.7. Die Beschwerde samt Verwaltungsakten langte am 18.04.2018 beim BVwG ein.
1.8. Das BVwG führte am 28.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi durch, zu der der BF in Begleitung eines gewillkürten Vertreters und zweier Zeugen (Herr Mag. XXXX, Pfarrer in XXXX [Z1], und Herr XXXX MSC, Taufpate des BF [Z2]) persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei legte der BF folgende Schriftstücke vor:
* Teilnahmebestätigung B1
* Iranisches Maturazeugnis mit Übersetzung
* Berufsportfolio vor mit seinem Lebenslauf und der beruflichen Ausbildung (wurde wieder an den BF ausgehändigt)
Daraufhin gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"RI [Richter]: Sie sind röm-katholischer Christ. Wie sind Sie mit dem Christentum in Berührung gekommen, was hat Sie daran interessiert?
BF: Es hat alles schon im Iran angefangen. Ich hatte eine Freundin mit der ich Musik gemacht habe. Sie war Armenierein und sie war Protestantin. Damals als ich mit ihr war, war ich Atheist.
RI: Sie sind aber als schiitischer Moslem erzogen worden?
BF: Ja, bis zum 16. Lebensjahr.
RI: Da sind Sie noch in die Moschee gegangen?
BF: Nein.
RI: Ab 16. Haben Sie sich gar nicht für die Religion mehr interessiert? Sie haben weder gefastet noch sind Sie zur Moschee gegangen?
BF: Nein, ich habe aber schon an einen Gott geglaubt.
RI: Wie ging es dann weiter?
BF: Diese Dame wollte mich gerne zum Christentum einladen, weil sie wusste, dass ich religionslos bin. Ich wollte diesem Gespräch aus dem Weg gehen, weil ich kein Interesse an Religionen hatte. Diese Dame hat mir zum Geburtstag eine Bibel geschenkt. Sie sagte mir, wenn ich schon nicht auf sie höre, dann soll ich wenigestens das Buch lesen. Es ist keine Religion, es sei der Weg zu Gott, sagte sie mir. Ich hatte kein Interesse, das Buch zu lesen, weil ich mit den alltäglichen Dingen meines Lebens beschäftigt war. Nachdem ich den Iran verlassen habe, habe ich unterwegs immer das Gefühl gehabt, dass mich eine Stimme ruft und mir helfen möchte. Ich bin weitergegangen, kam in Österreich an, lernte eine iranische Gruppe kennen, die alle zum Christentum übertreten wollten.
RI: Wo war das?
BF: Das war inXXXX.
RI: Von wann bis wann waren Sie in XXXX?
BF: Ich weiß es nicht genau. Am 13.03.2016 bin ich in Österreich in Salzburg angekommen.
1-2 Wochen war ich dort in Talham, danach wurde ich nach Klagenfurt überstellt, ca. 1-2 Wochen war ich auch dort dann wurde ich nach XXXX, XXXX, überstellt.
Ca. 1 Monat war ich dort. Danach wurde ich nicht XXXX überstellt. In XXXX war es sehr interessant für mich, dass die meistens Iraner die dort waren, am Konvertieren interessiert waren. Es war interessant, wie es dazu gekommen ist in meinem Leben, dass mir zuerst meine Freundin eine Bibel schenkt und hier die meistens Iraner zum Christentum übertreten wollen.
RI: Haben Sie sich schon eine Richtung in XXXXüberlegt?
BF: Ich hatte noch kein Interesse gehabt zu konvertieren. Als ich nach XXXX kam, war das Quartier gleich neben der Kirche und das hat die Sache für mich noch interessanter gemacht.
RI: Wann sind Sie dann zum ersten Mal in eine Kirche gegangen?
BF: Das war in XXXX, 1 Monat nach meiner Ankunft. Meine Freunde haben sehr viel davon gesprochen und mir auch sehr viel vorgelesen. Dann haben sie mir vorgeschlagen, sie in die Kirche zu begleiten.
RI: Welche Freunde meinen Sie?
BF: Die iranischen Freunde, die in Österreich leben. Es handelt sich um die gleiche Gruppe, die vom Priester getauft worden ist.
RI: Wie viele waren das?
BF. Anfangs waren wir 14 Leute.
RI: Wie viele sind dann wirklich getauft worden?
BF: Alle.
RI: Warum sagen Sie anfangs?
BF: Es sind noch welche dazugekommen.
RI: Wissen Sie deren Asylstatus?
BF: 13 haben einen positiven Bescheid bekommen, nur ich habe keinen.
RI: Haben Sie es in der ersten Instanz schon bekommen?
BF: Ja.
RI: Sie haben alle mit Ihnen die Taufvorbereitung gemacht, wurden mit Ihnen getauft und besuchen noch weiterhin die Kirche?
BF: Ja.
RI: Was hatten Sie für einen Eindruck als Sie das erste Mal in der Kirche waren?
BF: Ich liebe Musik, der erste Eindruck war, mit welcher Liebe die Anwesenden ihren Gott ansingen. Das hat mir ein gutes Gefühl vermittelt. Nachdem die Anwesenden in der Kirche fertig waren, haben sie sich vor der Kirche versammelt und haben sich unterhalten, haben gelacht und waren fröhlich.
RI: Wie ging es dann weiter?
BF: Vom Roten Kreuz wurde ein Deutschkurs veranstaltet. Die Tochter meines Taufpaten war auch gleichzeitig meine Lehrerin. Ich habe mein Interesse an die Lehrer weitergegeben. Sie sagten, dass sie dann mit dem Pfarrer darüber reden können und uns helfen können. Nachdem ich auch musikinteressiert bin und die Lehrerin (Tochter vom Taufpaten) im Gesangchor der Kirche ist, hatten wir eine enge Beziehung. Sie war nicht meine feste Freundin, sie hat mich sehr unterstützt, sie war eine gute Freundin. Ich habe ihre Mutter im Chor kennengelernt. Sie sprachen mit dem Pfarrer, er hat dann für uns einen Taufvorbereitungskurs veranstaltet. Da ist auch eine Dolmetscherin anwesend. Ungefähr 1 Jahr lang hat dieser Vorbereitungskurs gedauert. Ich bin täglich an interessante Sachen gestoßen. Was im Christentum sehr oft erwähnt wird, ist die Liebe. Ich fand, das was in der Bibel steht, wird auch durch Christen ausgelebt. Sie sind froh, sie helfen sich gegenseitig. Ein weiterer Grund war, dass ich Interesse am Christentum fand, die Familie (Taufpatenfamilie), die mich sehr unterstützt hat.
Einige Sachen sind in den letzten Niederschriften nicht richtig. Es gibt Fehler. Bei der Einvernahme haben sie alles zusammengefasst und da wurden einige Dinge vertauscht.
RI: Besitzen Sie jetzt eine Bibel so wie im Iran?
BF: Ja, ich habe sie auch mit, weil ich Ihnen etwas zeigen möchte. Das erste Mal, als ich die Bibel aufgeschlagen habe, fiel mir auf, dass das Buch einen Fehler hatte, dass ein Blatt nicht richtig geschnitten war. Auf der Seite steht das Versprechen der Rückkehr des Jesus. Das hat mich alles beeindruckt, dass der Fehler genau auf dieser Seite ist.
BF zeigt RI die Bibel.
BF: Ich lese nicht so oft in dieser Bibel, ich bekomme jeden Tag einen Vers in einer App.
RI: Sie sind in die katholische Kirche geagngen, weil Sie in XXXX waren, wäre es eine protestantische Kirche gewesen, wären Sie dann zu den Protestanten gegangen?
BF: Ich bin ein Mensch, der an unerwartete Ereignisse glaubt. Ich bin der Meinung, dass es keine Zufälle waren, die mich zum Christentum geführt haben. Ich habe mir gedacht, das, was ich auf dem Weg finde, werde ich auch besuchen. Nachdem ich die Kurse auch besucht habe, ist mir klargeworden, dass Katholismus der umfangsreichste Zweig der christlichen Kirche ist.
RI: Kennen Sie Unterschiede zwischen der katholischen Richtung und der protestantischen?
BF: Ich lehne Protestantismus nicht ab. Ich kenne Unterschiede. Ein Hauptunterschied ist die Eucharestiefeier. Ich habe auch gehört, dass die Protestanten sich nicht bekreuzigen beim Betreten der Kirche. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Protestanten die Jungfrau Maria nicht für heilighalten.
RI: Gehen Sie jeden Sonntag in die Kirche?
BF: Ja, sonntags.
RI: Gehen Sie auch an den Feiertagen in die Kirche?
BF: Ja. Bei den Hauptfeiertagen bin ich fast immer dabei.
RI: Ostern, Weihnachten, Pfingsten, ist bekannt. Nennen Sie mir andere Feiertage.
BF: Maria Empfängnis, an dem Tag an dem ich geboren bin. Allerheiligen, Aschermittwoch.
RI: Was ist der Aschermittwoch?
BF: Das ist ein Tag, nach Dienstag, wenn man zur Beichte geht, man macht ein Kreuz mit der Asche.
RI: Was beginnt mit dem Aschermittwoch?
BF: Fastenzeit.
RI: Haben Sie gefastet?
BF: Ja.
RI: Wie haben Sie gefastet?
BF: Normalerweise rauche ich 10-15 Zigaretten am Tag, in der Fastenzeit habe ich 1 Zigarette geraucht.
RI: Fallen Ihnen noch weitere Feiertag ein?
BF: Christi Himmelfahrt, Maria Himmelfahrt.
RI: Welche Gebete kennen Sie denn?
BF: Vater Unser, in der Kirche habe ich alle Gebete gelernt.
RI: Können Sie mir das Gegrüßet seist du Maria ansagen?
BF sagt das Gebet auf Deutsch auf.
RI: Kennen Sie auch das Glaubensbekenntnis?
BF sagt teilweise das Gebet auf Farsi auf.
Da es ein langes Gebet ist, lese ich es meistens auf Deutsch mit.
RI: Sind Sie schon gefirmt worden?
BF: Ja.
RI: Wissen Sie auch um was es da geht?
BF: Um den Heiligen Geist.
RI: Wann wird der Heilige Geist gefeiert?
BF: Ich habe noch nicht gehört, dass er gefeiert wird, zu Allerheiligen?
RI: Wann steht der Heilige Geist im Mittelpunkt?
BF: Zu Pfingsten.
RI: Wie bekommen Sie das in der Kirche mit, können Sie dem Gottesdienst schon folgen?
BF: Im Großen und Ganzen verstehe ich alles, was vor sich geht, aber wortwörtlich verstehe ich nicht alles.
RI: Nennen Sie mir den Ablauf der Messe und was das für Sie bedeuetet.
BF: Als erstes, wenn wir die Kirche betreten, bekreuzigen wir uns mit dem heiligen Wasser, nehmen Platz und warten bis der Pfarrer mit seinen Begleitern reinkommt. Danach singen wir alle gemeinsam. Der Pfarrer begrüßt die Anwesenden. Dann wird gebetet.
RI: Wenn die ersten Gebete passieren, dann kommen wichtige Sachen. Jemand aus der Pfarrgemeinde geht dann rauf zum Ambo z.B., was macht er da?
BF: Einige helfen dem Pfarrer, einer sammelt Spenden. Zuerst gibt es die Eröffnung.
RI: Worum geht es im ersten Teil? Was ist das wichtigste im ersten Teil?
BF: Es geht um Jesus Christus, er ist an diesem Tag auferstanden.
RI: Nein, das ist zu Ostern.
BF: Die Lesung.
RI: Dann kommt der Pfarrer, hebt das Buch, was ist das?
BF: Ich kann Ihnen die Bezeichnung nicht sagen.
RI: Das ist ein zentraler Aspekt des Gottesdienstes.
BF: Ich weiß die Bezeichnung nicht.
RI: Das Evangelium. Welcher Teil wird dabei vorgelesen?
BF: Aus dem Neuen Testament.
RI: Um was geht es im Neuen Testament?
BF: Ich weiß, dass das neue Testament von 4 Evangelisten verfasst ist und es geht um Jesus Christus.
RI: wie heißen diese Evangelisten?
BF: Matthäus, Lukas, Johannes und Markus.
RI: Um was geht es im alten Testament?
BF: Einige Sachen weiß ich, ich habe mich aber nicht sehr damit beschäftigt.
RI: Worum geht es im Alten Testament?
BF: Es gab Versprechungen, dass nach uns ein Jesus Christus kommt.
RI: Wissen Sie welcher Religion Jesus angehört hat?
BF: Er war Jude.
RI: Was kommt nach dem Evangelium?
BF: Ich weiß es nicht.
RI: Sie gehen doch zur Messe, Sie können es mir auch umschreiben.
BF: Es wird Brot gegessen und Wein getrunken.
RI: Nach dem Evangelium setzen sich alle nieder und was kommt dann?
BF: Normalerweise liest der Pfarrer vor, die Pfarrgemeinde steht auf und dann setzen sie sich hin.
RI: Ja und was passiert dann, das dauert 5-6 Min., manchmal auch länger? Er redet zu den Leuten. Er erklärt die Schriftstellen. Sagt Ihnen die Predigt nichts?
BF: Ich bin sehr gestresst und jetzt bin ich noch gestresster.
RI: Wenn man jeden Sonntag zur Messe geht, dann sollte man das wissen. Wenn die Predigt zu Ende ist, dann kommen Leute rauf und lesen etwas vor, was ist das?
BF: Fürbitten, das habe ich auch manchmal gemacht.
RI: Was passiert mit dem Brot und dem Wein?
BF: Es geht zurück auf das letzte Mahl mit Jesu und seinen Jüngern, das Brot als Zeichen seines Leibes und Wein als Zeichen seines Blutes.
RI: Was kommt nach der Wandlung?
BF: Dann nimmt jeder Brot zu sich, damit der Heilige Geist ihn..., die Kommunion.
RI: Was passiert vor der Kommunion?
BF: Das Vater unser wird gebetet.
RI: Warum sagen Sie das nicht gleich?
BF: Ich bin vorsichtig bei meinen Anworten, ich will nichts Falsches sagen.
RI: Was passiert dann gleich nach dem Vater Unser?
BF: Wir geben einander die Hand.
RI: Und warum?
BF: Es ist ein Zeichen der Liebe, man sagt Friede sei mit dir.
RI: Gehen Sie auch zur Kommunion?
BF: Ja.
RI: Wie geht es dann weiter?
BF: Die Pfarrgemeinde kniet wieder, bis alle gegessen haben. Dann wir gebetet und verkündet was in der kommenden Woche passieren wird. Zum Schluss betet der Pfarrer für alle, dann gehen alle nachhause und dann wird wieder gesungen.
RI: Was macht der Pfarrer zum Schluss?
BF: Er betet für alle und sagt, geht nach Hause in Ruhe, in Frieden und macht ein Kreuz für alle.
RI: Was ist das?
BF: Das weiß ich nicht.
RI: Segen.
BF: Ja, Segen.
RI: Sie haben einen Taufnamen?
BF: Ja, XXXX.
RI: Wer ist das?
BF: Ein Gottes Engel, der die Jugend unterstützt.
RI: Kennen Sie noch ein paar Heilige der katholischen Kirche?
BF: Josef und Maria, Eltern von Jesus Christus, die 12 Jünger, Heiliger Nikolaus, Heiliger Stefanus, Heilige 3 Könige.
RI: Haben Sie auch etwas über die Leidensgeschichte gehört?
BF: Ja.
RI: Wer hat Jesus verraten?
BF: Judas um 30 Silbermünzen.
RI: Wer hat die christliche Kirche gegründet?
BF: Der Papst.
RI: Wer war der Gründer?
BF: Das weiß ich nicht. Der Pfarrer hat uns unterrichtet, ich habe aber den Namen vergessen.
RI: Wer hat Jesus vor der Kreuzigung verleumdet?
BF: Petrus.
RI: Das wäre auch der Gründer der Kirche gewesen. Wie war die Geschichte mit der Verleumdung, erzählen Sie darüber.
BF: Er hat 3 Mal Jesus Christus verleugnet, dass er Jesus Christus nicht kennt. 1 Mal als Jesus gepeitscht wurde, wurde Petrus gefragt, ob er Jesus kennt, er sagte nein. Sogar Jesus hat vorausgesagt, dass er bis zum Abend ihn 3 Mal verleugnen wird.
RI: Wissen Sie, was dann beim 3. Mal passiert ist?
BF: Nein, ich kann mich nicht daran erinnern.
RI: Da ist aber was Wichtigste, was dann passiert.
BF: Das war dieses Hahnkrähen.
RI: Was hat Jesus so getan?
BF: Wegen seinen Wundern und der Heilkräfte an Kranken ist er bekannt worden.
RI: Welches Wunder hat er zuerst bewirkt?
BF: An einer Hochzeit wandelte er Wasser zu Wein für alle Gäste.
RI: Was hat er sonst noch so gemacht?
BF: In der Wüste fütterte er 5.000 Menschen mit Fisch und Brot.
RI: Das wichtigste was er getan hat?
BF: Er hat die Tote wieder erweckt, und Blinde konnten wieder sehen.
RI: Wenn Sie ein Kreuz sehen, an was denken Sie?
BF: Im Buch steht, das Kreuz ist ein Zeichen dafür, dass Jesus sich für uns und für die Bergebung unserer Sünden geopfert hat. Das Kreuz vermittelt für mich senkrecht die Verbindung mit Gott und der Erde und waagrecht die Verbindung zwischen den Menschen.
RI: Können Sie mir ein paar Gebote ansagen?
BF: Außer mir keinen weiteren Gott anbeten, nicht meinen Namen ausnützen und bei meinem Namen schwören, keine Statue anbeten, nicht stehlen, nicht lügen, nicht Ehebrechen, nicht vom Nachbarn seine Sachen beehren.
RI: Was ist das wichtigste, du sollst nicht...?
BF: Töten.
RI: Was sehen Sie so wenn Sie in die Kirche gehen?
BF: Altar hinter dem der Pfarrer predigt, Ambo, Tabernakel, Orgel, Kreuzweg, Maria, Jesus Christus.
RI: Welche Statuen werden oft dargestellt?
BF: Jünger z.B. Es gibt auch einen Behälter mit Heiligem Wasser.
RI: Können Sie mir eine Stelle in der Bibel sagen, die Ihnen wichtig ist?
BF: Das verlorene Schaf. Ich wurde beim ersten Interview auch danach gefragt, ich wusste es nicht, dann habe ich den Pfarrer danach gefragt und dann war es sehr interesant für mich. Es war ein Hirte der 100 Schafe hatte, 1 Schaf verirrte sich und er macht sich auf die Suche nach dem Schaf. Die Freude daran das 1 Schaf zu finden und zum Rest zu bringen, ist viel höher, als die 99 zu behalten. Das spüre ich in meinem Leben, dass ich das verloren Schaf bin und ich werde zu meiner Herde zurückgegebracht.
RI: Können Sie mir noch etwas über den verloreren Sohn erzählen. Beim BFA wussten Sie es nicht.
BF: Es ist ähnlich wie bei den Schafen. Es geht um den Sohn, der von seinem Vater sein Erbe verlangt. Er geht mit seinem Erbe und verliert alles, was sein Vater ihm gab. Der Vater nimmt ihn trotzdem zurück.
RI: Können Sie mir die Sakramente ansagen?
BF: Taufe, Firmung, Beichte, Ehe, Krankensalbung, Erstkommunion, Priesterweihe.
RI: Waren Sie schon mal bei der Beichte?
BF: Ja.
RI: Was bedeutet für Sie persönlich, dass Jesus gekreuzigt worden ist und gestorben ist?
BF: Das war ein mutiges Tun von ihm, dass er sich für die Menschen, die gesündigt haben, geopfert hat.
RI: Warum ist er gestorben und hat sich nicht befreit, er hat ja Wunder bewirken können.
BF: Er hat auf Gott gewartet und musste auch lange leiden, damit die Sünden vergeben werden.
RI: Ist Jesus alleine gekreuzigt worden?
BF: 2 weitere, die gegen das Gesetz verstoßen haben, Räuber, die neben ihn gekreuzigt wurden.
RI: Ist Jesus getauft?
BF: Ja.
RI: Von wem?
BF: Johannes dem Täufer.
R: Wenn Sie jetzt in den Iran zurück müssten, was würde das für Sie und Ihren Glauben bedeuten?
BF: Das erste Probleme, das ich bekommen würde, wäre, dass ich keine Kirche besuchen darf. Nur diejenigen, die Armenier sind und als Christen dort anerkannt sind, können sie besuchen, ich nicht. Ich wäre in Lebensgefahr, weil die Konvertiten werden als "Mortad" bezeichnet, Leute die vom Islam abgefallen sind.
RI: Was würde das für Sie bedeuten, wenn Sie nicht mehr in eine Kirche gehen könnten?
BF: Dieses Brot, was ich in der Kirche esse, gibt mir ein gutes Gefühl und ich möchte das jede Woche machen.
RI: Würden Sie im Iran auch mit anderen über das Christentum reden?
BF: Ja. Ich habe einige Freunde dort, die so wie ich religionslos sind und nur an Gott glauben.
RI: Mit den Eltern haben Sie schon darüber gesprochen?
BF: Ja, mein Vater hat kein Problem damit. Mit meiner Mutter spreche ich darüber nicht so viel.
RV: Keine Fragen.
Belehrung der Zeugen
Der RI belehrt die Zeugen gemäß § 49 AVG und weist auf das Recht auf Verweigerung der Aussage hin.
Der RI macht die Zeugen nach §§ 50 und 49 Abs. 5 AVG auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung (Ersatz der dadurch verursachten Kosten, Verhängung einer Ordnungsstrafe) und einer falschen Beweisaussage vor dem Bundesverwaltungsgericht (gerichtliche Strafbarkeit gemäß § 288 StGB) aufmerksam.
RI: Wie sind Sie zum BF gekommen? Wie hat sich das ganze entwickelt?
Z1: Das war 2016, im September oder Oktober, sind 14 Männer zu mir gekommen und XXXX war dabei. Ich fragte was sie wollen. Sie haben alle gesagt, dass sie zur Taufe gehen wollen. Mich hat das überrascht, weil es so viele waren. 1 von ihnen konnte gut Deutsch. Dann habe ich mit der Diözese es ausgemacht und mit der Taufvorbereitung begonnen, in der Woche ca. 1 Stunde bis 1,5 Stunden. Wir haben dann auch mit Unterstützung von anderen die Vorbereitung gemacht. Das Ganze hat 1 Jahr gedauert. Das muss so lange dauert. Dazwischen haben wir verschiedene Schritte gemacht. Alle mussten in die Kirche kommen. Im Jänner war dann der nächste Schritt, aber auch, dass sie schon sonntags am Gottesdienst teilnehmen. Vom Kardinal Schönborn haben sie dann die Zulassung der Taufe bekommen. Mit einem Bischof fand dann die Taufe statt. 2018 haben wir uns alle 2 Monate getroffen. Jetzt im Dezember vor Weihnachten habe ich wieder alle 15 eingeladen. Von ihnen sind 10 gekommen. Sie kommen ganz brav muss ich sagen, wir plaudern dann, aber auch religiöse Sachen.
RI: Der BF hat gesagt, dass alle schon Asyl bekommen hätten in der ersten Instanz?
Z1: Ja, ich habe gehört, dass die anderen keine Probleme hatten, obwohl er in der Pfarre eigentlich mehr aktiver ist als die anderen. Mit den anderen habe ich schon 1 Jahr keinen Kontakt. Er wohnt noch inXXXX, wenn wir Veranstaltungen haben und Hilfe benötigen, dann sage ich ihm das und er ist dann sofort da. Er war auch beim Chor dabei, das war sicher für ihn nicht so leicht, er hat es aber gemacht.
RI: Von den anderen sind welche weggezogen?
Z1: Einer ist in der Nähe geblieben und die anderen sind weiterweggezogen.
RI: Haben Sie etwas von Ihnen gehört, ob sie noch Kontakt mit der Kirche haben?
Z1: Ich denke, sie interessieren sich weiter, einige haben in WhatsApp z.B. Fotos geschickt., dass sie bei einer Kirche sind.
RI: Wenn eine Gruppe mit 14 Leuten hinkommt und sagt, dass sie sich taufen lassen wollen, muss man das hinterfragen, wie war Ihr Eindruck?
Z1: Sie mussten einen Brief schreiben, warum sie sich taufen lassen wollen. Ich denke, dass 70 % wirklich etwas Neues machen wollten von den anderen etwas weniger. Ich sagte ihnen, dass dass eine Pflicht ist und wenn man unentschuldigt nicht erscheint, dann fällt die Taufe weg, dann ist man aus dem Vorbereitungskurs draußen.
RI: Ihr Eindruck vom BF?
Z1: Er war von Anfang an schon immer dabei und hat sich interessiert. Nach dem Treffen haben wir auch gesprochen. Als ich merkte, dass er beim Chor ist (2 von 15 haben gesungen), zeigt das auch die Offenheit von ihm. Bei den Festen, die wir hatten, war er dabei und hat uns geholfen. Er zeigt, dass er das wirklich will, hierbleiben, und dass es schon für ihn wichtig ist. Ich bin überzeugt, dass das keine Spielerei ist, sondern wirklich stimmt.
RI: Wie viele sind noch in XXXX von den 15?
Z1: Es sind noch 2, der Rest ist in Wien oder St. Pölten. Ich schaue, dass wir uns alle 2-3 Monate sehen. Sie zeigen, dass die Gemeinschaft ihnen wichtig ist.
RI: Bei den anderen Asylwerbern, haben Sie auch schon für sie ausgesagt oder etwas geschrieben?
Z1: Nein, wir haben bei einem 1 Brief geschrieben, aber so wie heute nicht.
RI: Bei der Taufvorbereitung, sind Sie auch Details des Gottessdienstes durchgegangen, er wusste nicht so ganz die Begriffe.
Z1: Der Ablauf der Heiligen Messe ist dabei. Wir haben von der Diözese Themen, die wir durchmachen müssen und das machen wir dann. Für sie ist alles neu. Ich habe mich bemüht, dass sie das Wichtigste verstehen. Den Ablauf haben wir auch auf Farsi und Deutsch durchgemacht. Dieses Jahr sollte das tiefer gehen. Wenn sie dann in Wien sind, gebe ich ihnen Adressen, wo sie hingehen soll.
RI: Auch, wenn er jetzt Asyl bekommen würde, würde noch Kontakt mit dem BF bestehen, glauben Sie?
Z1: Wir sollen immer wieder die Kontakte pflegen und uns treffen, alle 2 Monate, ich denke, das ist ein guter Rhythmus.
RI: Sehen Sie den BF regelmäßig in der Kirche?
Z1: Ich bin nicht jeden Sonntag in XXXX, ich habe 6 Pfarren, wenn ich da bin, dann sehe ich ihn.
Z2: Ich gehe nicht regelmäßig in die Kirche, für mich sich die Feiertage entscheidend, seitdem ich den BF kenne, hat das für mich auch eine andere Bedeutung bekommen, wenn ich in die Kirche gehe, sehe ich ihn auch. Meine Tochter und meine Frau sind im Kirchenchor, ich kenne den BF von Anfang an. Meine Damen kamen nachhause und erzählten, dass sie davon gehört haben, dass diese 15 Männer sich taufen lassen wollen und Unterstützung benötigt wird und ich sehe es als Pflicht, ihn zu unterstützen, ich war selbst Ministrant. XXXX war auch bei uns zu Weihnachten. XXXX ist als einziger noch in XXXX und wir versuchen ihn zu unterstützen.
RV: Keine Fragen."
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 12.03.2016 und der Einvernahme vor dem BFA am 07.06.2017 sowie die Beschwerde vom 15.03.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)
* Einvernahme des BF und von zwei Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 28.01.2018
* Einsicht in die vom BF vorgelegten Schriftstücke.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist Staatsangehöriger des Iran und ledig. Die Muttersprache des BF ist Farsi, er spricht bereits auch Deutsch.
Er verließ im Jänner 2016 den Iran und reiste über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich.
3.1.2. Der BF wurde als schiitischer Moslem im Iran geboren, hat sich aber, seit er in Österreich aufhältig ist, zunehmend dem römisch-katholischen Christentum zugewandt. Er wurde am 23.09.2017 in der katholischen Kirche XXXX getauft und ist damit förmlich dem Christentum beigetreten und vom Islam abgefallen.
Der BF ist praktizierender Angehöriger der römisch-katholischen Religionsgemeinschaft und aktiv am christlichen Leben beteiligt. Er besucht regelmäßig den Gottesdienst und nimmt auch an sonstigen Aktivitäten in der Pfarrgemeinde teil.
Bei einer Rückkehr in den Iran würde der BF nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christ bleiben.
3.2. Im Entscheidungszeitpunkt kann im Hinblick auf die aktuelle Lage im Iran für konvertierte Christen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in den Iran auf Grund seiner nunmehr christlichen Religion keiner asylrelevanten Verfolgung unterliegt.
Dem BF steht als vom Islam zum Christentum Konvertierten keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
3.3. Es liegen keine Gründe vor, nach denen der BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen ist oder nach denen ein Ausschluss des BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über den Iran vom 03.07.2018):
Politische Lage
Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6.2018a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).
Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).
Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 6.2018a, FH 1.2018, BTI 2018).
Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind
Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).
Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6.2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6.2018a).
Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).
Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB Teheran 9.2017).
Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (6.2018a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450, Zugriff 20.6.2018
-
AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
Islamischen Republik Iran
-
BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 22.3.2018
-
FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html, Zugriff 21.3.2018
-
Kurier (9.5.2018): Trump kündigt Iran-Abkommen: So reagiert die Weltgemeinschaft,
https://kurier.at/politik/ausland/trump-kuendigt-iran-abkommen-so-reagiert-die-weltgemeinschaft/400033003, Zugriff 25.6.2018
-
GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a):
Geschichte und Staat Iran,
https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 25.4.2018