Entscheidungsdatum
31.01.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W241 2191789-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde vonXXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zahl 1095233310-151899241, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.01.2019 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 14.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 14.11.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi im Wesentlichen Folgendes an:
Er habe den Iran vor ca. 17 Tagen verlassen und sei über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er mit einem Freund eine Hauskirche besucht hätte. Eines Tages hätte er beobachtet, wie der Freund beim Verlassen einer offiziellen Kirche verhaftet worden wäre. Danach hätte dieser Freund bei seinen Eltern angerufen und nach ihm gefragt. Dies wäre ein Anzeichen dafür, dass er wohl von der Polizei unter Druck gesetzt worden wäre, weshalb der BF den Iran verlassen hätte. Seine Eltern hätten ihm auch erzählt, dass dann verdächtige Männer zu Besuch gekommen wären, vermutlich Polizisten.
1.3. Bei seiner Einvernahme am 23.11.2017 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi, machte der BF Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen im Iran sowie der dort angeblich stattgefundenen Ereignissen, wobei er seine in der Erstbefragung getätigten Aussagen konkretisierte.
Ferner gab er an, in Österreich am 07.05.2016 getauft worden und Protestant zu sein. Er besuche die XXXX in XXXX. Er versuchte hierauf, verschiedene Fragen betreffend seine Glaubensausübung und die protestantische Religion zu beantworten.
Der BF legte im Verfahren folgende Dokumente vor:
* Iranischer Staatsbürgerschaftsnachweis
* Geburtsurkunde
* Empfehlungsschreiben
* Bestätigung über gemeinnützige Arbeit
* Iranischer Führerschein
* Bestätigung über Deutschkurs Level A1 und A2
* Teilnahmebestätigung über Integrationskurse
* Ausbildungsnachweise aus dem Iran zum Installateur
* Taufzeugnis der XXXX
* Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit
1.4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 06.03.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF zwei Wochen (richtigerweise 14 Tage) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF in den Iran. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF in den Iran. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation im Iran wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Seine Fluchtgeschichte habe der BF angesichts mehrerer dargelegter Unstimmigkeiten nicht glaubhaft machen können. Ferner hätte eine Änderung seiner inneren Überzeugung, sodass man von einer echten Konversion zum Christentum sprechen könnte, nicht festgestellt werden können.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage im Iran nicht drohe.
1.5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines gewillkürten Vertreters vom 02.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein.
In der Beschwerdebegründung wurde erneut auf das Interesse des BF am christlichen Glauben und seine Konversion verwiesen.
1.6. Die Beschwerde samt Verwaltungsakten langte am 09.04.2018 beim BVwG ein.
1.7. Das BVwG führte am 23.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi durch, zu der der BF in Begleitung eines gewillkürten Vertreters und eines Zeugen (Herr XXXX, XXXX der Vereinigten Pfingstkirche Österreichs) persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei legte der BF folgende Schriftstücke vor:
* Niederschrift über den Religionsaustritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 12.09.2018
* Sozialversicherungsauszüge und Verdienstnachweis betr. die Beschäftigung des BF
* Bestätigungsschreiben der XXXX vom 16.01.2019
* Anwesenheitsbestätigung der XXXX
Daraufhin gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"RI [Richter]: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Nehmen Sie sich dafür nun bitte ausreichend Zeit, alles vorzubringen.
BF: Drei Tage bevor ich das Land verlassen habe, nämlich drei Tage vor dem 25.10.2015, ist mir etwas passiert. Einer meiner Freunde, den ich in der Tischlereiwerkstatt kennengelernt habe. Seit 6 Monaten habe ich bemerkt, dass sich sein Verhalten geändert hat. Ich wollte von ihm wissen, wie er es geschafft hat, sein Verhalten derart zu ändern. Ich habe ihn um Hilfe gebeten, dass er mich auch so unterstützt, dass ich mein Verhalten ändern kann. Nach einiger Zeit bin ich draufgekommen, dass er eine Hauskirche besucht. Ich habe ihn gedrängt, mir über den Christentum zu erzählen. Ich war sehr neugierig mehr über das Christentum zu erfahren. Ein paar Tage danach, stellte er mich dem Pastor der Hauskirche vor. Ich traf den Pastor in einem Park. Eine Woche nach meinem Treffen mit dem Pastor und durch die Bestätigung meines Freundes, durfte ich auch die Hauskirche besuchen. Dann durfte ich regelmäßig diese Hauskirche weiter besuchen. Drei Tage vor meiner Ausreise aus dem Iran, in der Pause hat mich mein Freund gebeten, ihn mit meinem Auto in die Stadt zu fahren. Ich fuhr ihn in die Innenstadt, in die Straße Namens XXXX. 200-300 Meter vor einer Kirche bat er mich ihn aussteigen zu lassen. Er sagte, ich soll dort auf ihn warten. Er ist in die Kirche hineingegangen. Er war ein Freund des Kirchenwartes. Es handelte sich um eine offizielle Kirche in der XXXX. Es war die Kirche der Christen im Iran. Ich wartete auf ihn, dass er aus der Kirche hinauskommt, auf einmal sah ich, dass ein schwarzer 405er Peugeot vor seinem Fuß bremste. Er wurde gewaltsam in das Auto hineingezogen. Als ich diesen Vorfall sah, habe ich Angst bekommen und sofort den Ort verlassen. Da meine Angst sehr groß war, bin ich nicht zu meinem Elternhaus gefahren, sondern zum Haus meiner Schwester. Dort erzählte ich meiner Schwester alles was vorgefallen war, auch über die Hauskirche, die ich besuchte. Kein Familienmitglied wusste bis dato, dass ich eine Hauskirche besuche, nicht einmal meine Eltern wussten das. Danach rief meine Schwester meine Eltern an und erzählte ihnen von dem Vorfall. Meine Eltern waren schockiert. Meine Eltern sagten, es sei besser, wenn ich bei meiner Schwester bleibe und nicht nach Hause komme. Ca. 1 Tag nach dem Vorfall riefen meine Eltern bei meiner Schwester an und sagten, dass der XXXX - das ist der Freund, der vor der Kirche verschleppt wurde - bei ihnen zu Hause angerufen habe und nach mir fragte. Weiter fragte er, wo ich sei. Da meine Familie und ich wussten, dass der XXXX gefangen genommen wurde, empfahlen meine Eltern mir, das Land zu verlassen. Sie waren der Meinung, dass es für mich dort gefährlich sei. Am dritten Tag nach diesem Vorfall, riefen meine Eltern an und erzählten, dass ein paar Beamte in Zivil nach Hause gekommen seien und nach mir gefragt haben. Sie haben sich nicht vorgestellt und mit höchster Wahrscheinlichkeit, es sich um Beamte in Zivil gehandelt habe.
RI: Können Sie sagen, wie viele Personen das waren?
BF: Meine Mutter sagte, dass es vier Personen waren. Zu diesem Zeitpunkt war ich bei meiner Schwester.
BF: Am selben Tag am Nachmittag bin ich zum Busbahnhof in der Nähe des Hauses meiner Schwester gegangen. Von dort aus nahm ich einen Bus Richtung Tabriz. Von Tabriz aus bin ich mit einem Privatfahrzeug nach Maku gefahren. Meine Flucht hat ein Freund von mir organisiert. Von Maku aus Schlepperunterstützt bin ich in die Türkei geflohen. Zwei Monate nach meiner Ankunft in Österreich waren die Beamten noch einmal bei meinem Elternhaus und sie haben mein Elternhaus durchsucht. Bei der Durchsuchung fanden sie ein Handy und einen Laptop von mir, diese nahmen sie mit. Vor 6 Monaten - von heute gesehen - sind wieder irgendwelche Leute zu meinem Elternhaus gegangen und haben sich nach mir erkundigt. Das zeigt, dass bis Heute diese Leute nach mir suchen.
RI: Sie sagen, man hat ein Handy bei Ihnen zu Haus gefunden. Sind Sie ohne Handy nach Österreich geflüchtet?
BF: Ich hatte zwei Handy, einer meiner Handys war zu Hause, dieses haben sie mitgenommen. Bei der Flucht hatte ich ein Handy dabei.
RI: War auf diesem Handy bzw. Laptop irgendetwas abgespeichert, was Sie mit dem Christentum in Zusammenhang bringt?
BF: Auf meinem Handy gab es nichts. Aber auf meinem Laptop befand sich eine Datei für Neukonvertierte, die habe ich von XXXX bekommen.
RI: Hatten Sie noch christliche Unterlagen?
BF: Zu Hause hatten ich keine Bibel oder Schriften. Wir hatten diese Dinge in der Hauskirche. Die Hauskirche hat nicht immer am selben Platz stattgefunden, sondern der Ort hat sich immer geändert.
RI: Wie war ihr Elternhaus? Waren das alles gläubige Muslime?
BF: Meine Großmutter, die im selben Haus mit uns gelebt hat, ist in die Moschee gegangen. Meine Eltern haben die Moschee nicht besucht, aber sie waren Muslime. Gefastet hat nur meine Mutter.
RI: Haben Sie ihre Eltern informiert, dass Sie hier in Österreich getauft worden sind?
BF: Ja, ich habe es ihnen telefonisch mitgeteilt. Aus Angst, dass das Gespräch abgehört wird, haben sie nichts dazu gesagt.
RI: Sie waren shiitischer Moslem?
BF: Ja, früher schon.
RI: Wie haben Sie selbst diesen shiitischen Glauben gelebt?
BF: Ich hatte keinen festen Glauben an den Islam. Ich bin ein geborener Moslem. Als Kinder wurde uns aufgetragen, dass wir beten. Als Erwachsener habe ich nicht gebetet, habe auch nicht die Moschee besucht und habe auch nicht gefastet. Ich war nicht religiös.
RI: Haben Sie an Gott geglaubt?
BF: Ich hatte schon an einen Gott geglaubt.
RI: Sie sagten, dieser Freund hat sich plötzlich verändert. Wie war dieser Freund vorher und wie nachher?
BF: Vor dem Wandel war er sehr aggresiv, er hat niemanden respektiert, dann habe ich bemerkt, dass er andere respektiert und sehr liebsam mit anderen umgeht. Davor hat er sehr viel Alkohol getrunken, danach ist aber ein ganz ruhiger Mensch aus ihm geworden.
RI: In wie weit glauben Sie, dass das ausgerechnet mit der Religion zu tun hat? Nur weil er Moslem war, war er aggresiv? Meinen Sie das damit?
BF: Er hat es mir so erzählt, dass seitdem er die Hauskirche besucht und das heilige Buch liest, ist diese innerliche Ruhe in ihm entstanden.
RI: War dieser Mann schon vorher ihr Freund, bevor Sie erfahren haben, dass er Christ ist?
BF: Ich kannte ihn schon seit 1,5 bis 2 Jahren, wir waren Kollegen.
RI: Haben Sie gegenüber ihm geäußert, dass Sie am Islam kein Interesse mehr haben?
BF: Über solche Sachen haben wir nicht gesprochen.
RI: Wie erklären Sie sich dann, dass dieser Freund Ihnen gegenüber zugibt, dass er Christ geworden ist, obwohl er ja garnicht wissen kann, ob Sie jetzt gläubiger Moslem sind oder diese Religion nicht ausüben. Das ist ja gefährlich darüber zu sprechen, da es ja im Iran verboten ist.
BF: Ich war sehr neugierig und ich wollte unbedingt von ihm erfahren, warum er sich derart geändert hat. Zuerst habe ich vermutet, dass er bei NA (Anm. von D: So eine Art Selbsthilfegruppe gegen Süchte) dabei ist. Dann hat er mir erzählt, dass er die Hauskirche besucht und Christ ist.
RI: Haben Sie selbst auch Alkohol getrunken wie er oder haben Sie ein normales Leben geführt?
BF: Nein, nur bei Festen habe ich Alkohol konsumiert.
RI: Was war ihre persönliche Motivation, dass Sie so weit gehen, vom Islam zum Christentum zu wechseln?
BF: Anfänglich als ich diese Änderungen bei meinem Freund sah, war ich sehr neugierig und wollte unbedingt auch an dieser Hauskirche teilnehmen. Schrittweise als ich die christlichen Schriften gelesen habe und über das Heilige Buch gehört habe, empfand ich auch diese innere Ruhe und dann bin ich total aus dem Islam ausgetreten und zum Christentum konvertiert.
RI: Dieser Freund, dass war auch vorher ein Moslem, der sich dem Christentum zugewandt hat?
BF: Ja.
RI: Können Sie mir erklären, weshalb dann der Freund diese öffentliche Kirche betreten hat? In der Beschwerde schreiben Sie ja, dass es Moslems verboten ist eine christliche Kirche zu besuchen.
BF: Er war ein Freund des Kirchenwartes. Er erzählte mir, dass er früher auch bei ihm in der Kirche gewesen sei. Er zeigte sogar Bilder, die er im Kircheninneren gemacht hatte. Wenn das Gericht wünscht, kann ich auch Fotos vorlegen, die zeigen würden, dass auch Nichtchristen die Kirche besuchen dürfen. Es stimmt, dass die Moslems nicht die Kirche betreten dürfen, aber das wird ja heimlich gemacht.
RI: Hat es sonst ein ausschlaggebendes Ereignis gegeben, dass Sie sich mit dem Christentum intensiver auseinandergesetzt haben?
BF: Bei den Tischlerarbeiten hatte ich einen Unfall, bei dem fast mein rechter Zeigefinger amputiert hätte werden müssen. Ich habe den Jesus Christus gebeten und ich habe ihn auch bei mir gefühlt. Am nächsten Tag, nach der OP, habe ich erwartet, dass mein Zeigefinger amputiert ist, was nicht der Fall war, er ist dann geheilt.
RI: Beim BFA wurde eine Unplausibilität festgestellt, dass Sie im Krankenhaus waren, danach aber wieder nach Hause geschickt worden sind und am nächsten Tag erneut in das Krankenhaus gefahren sind. Das wäre laut BFA nicht glaubwürdig, dass jemand mit einem fast amputierten Finger, von den Ärzten nach Hause geschickt werden würde. Erklären Sie mir bitte dieses Ereignis.
BF: Das stimmt nicht, dass ich aus dem Krankenhaus nach Hause gegangen bin. Es war so, dass erste Krankenhaus hatte gesagt, dass der Finger amputiert werden soll. Wir gingen dann in ein privates Krankenhaus und dort wurde ich dann operiert.
BF zeigt die Narbe am rechten Zeigefinger.
RI unterbricht die Verhandlung um 14:57 Uhr.
Die Verhandlung wird um 15:10 fortgesetzt.
RI: Hat Sie jemand vor dieser öffentlichen Kirche gesehen?
BF: Nein, ich wurde nicht gesehen.
RI: In dieser Hauskirche, wie viele Leute waren da immer so anwesend?
BF: Mit dem Pastor waren wir insgesamt 9 Personen.
RI: Sind Sie mit einer dieser anderen Personen auch in Kontakt gestanden?
BF: Es waren drei Ehepaare, mein Freund XXXX, ich und der Pastor. Weil die anderen verheiratet waren, haben sie mir ihre Telefonnummern nicht gegeben. Ich hatte nur über XXXX kontaktmöglichkeiten gehabt. Auch für die Sitzungen bei der Hauskirche bin ich erst 1 Stunde zuvor informiert worden, wo das stattfindet.
RI: Haben Sie irgendetwas gehört, was ihrem Freund passiert sein könnte?
BF: Nein.
RI: Vermuten Sie, dass Sie ihr Freund an die Behörden verraten hat?
BF: Meine Vermutung liegt so, dass er mich entweder verraten hat oder die Behörde durch seine Telefonliste meine Daten entnommen haben.
RI: Haben sich diese Beamten gegenüber ihren Eltern geäußert, warum sie Sie suchen?
BF: Nein, sie haben keine Angaben gemacht warum sie mich suchen, obwohl meine Eltern darauf bestanden haben.
RI: Jetzt halte ich Ihnen vor, dass Sie vor dem BFA nur den zweiten Besuch bei den Behörden erwähnt haben, bei dem Sie schon in Österreich waren und den ersten Besuch, wo Sie gesucht worden sind, wo Sie bei ihrer Schwester waren, haben Sie beim BFA bei keinem Wort erwähnt. Können Sie mir erklären, warum Sie das beim BFA nicht gesagt haben?
BF: In meiner Erstbefragung in Salzburg habe ich mit Nachdruck gesagt, dass drei Tage nach dem Vorfall die Beamten in Zivil zu meinem Elternhaus gekommen sind und das am Vormittag. Meine Eltern riefen mich bei meiner Schwester an. Am Nachmittag des selben Tages, habe ich mich entschieden, mich nach Tabriz auf den Weg zu machen. Meiner Meinung nach hat der Dolmetscher diesen Teil nicht übersetzt. Wenn ich in meinen ersten Interview das gesagt habe, muss ich das sicherlich auch in meinem zweiten Interview erwähnt haben. Zusätzlich möchte ich erwähnen, dass mein Dolmetscher bei der Einvernahme beim BFA ein Kurde war, der Farsi sprach. Der nicht in der Lage war, die Inhalte der Fragen des Beamten mir zu übermitteln. Sogar mein Rechtsvertreter hat diesbezüglich bei der Einvernahme sich beschwert.
RI: Können Sie noch sagen, wie XXXX mit Familiennamen heißt?
BF: Er hieß XXXX.
RI: Woher hatten Sie so viel Geld für die Ausreise zur Verfügung? Vorallem in so kurzer Zeit, wie es bei Ihnen der Fall war.
BF: Insgesamt habe ich 2.500 € für meine Flucht ausgegeben. Damals kostete eine Ausreise Schlepperunterstützt aus dem Iran nur 3 Millionen Toman. Für den Rest des Fluchtweges brauchte ich 7 Millionen Toman, nämlich von der Türkei nach Österreich. Die meiste Strecke des Fluchtweges habe ich mit dem Bus, Zug und teilweise mit dem Boot zurückgelegt. Seinerzeit waren die Grenzen fast offen.
RI an RV: Haben Sie Fragen an den BF?
RV: Ja.
RV: Können Sie besser erklären, warum jemand plötzlich sagt, ok, ich will meine Religion wechseln?
BF: Anfangs als ich das heilige Buch studierte, las ich in der Verse Johannes, 3-16, dass der Jesus Christus sagt, wer an mich glaubt, wird gerettet werden und seine Sünden werden gereinigt oder verziehen. Ich bin deswegen konvertiert, weil ich mir eine neue Geburt wünschte, damit ich gerettet werde.
RV: Haben Sie konkrete Personen misioniert?
BF: Ja, hier schon. Meine Mitbewohner im Flüchtlingsquartier namens XXXX, sein Rufname ist XXXX, aber in der Geburtsurkunde mit dem Vornamen heißt er XXXX, und den XXXX, die zwei Personen wurden von mir zum Christentum eingeladen, beide sind bei der gleichen Kirche wie ich. Ich bin mir nicht sicher, ob der Pastor beide beim Namen kennt, XXXX ist getauft aber besucht die Kirche derzeit nicht,XXXX besucht die Kirche regelmäßig. Beide sind Iraner.
RI: Haben sich die beiden auch im Iran für das Christentum interessiert oder sind die beiden durch Sie zum Christentum gekommen?
BF: Sie haben bereits im Iran die bekanntschaft mit dem Christentum gemacht, aber fester Überzeugung waren sie es nicht. Erst durch meine Einladung, sind die beiden zum Christentum übergetreten.
RI: Haben Sie in der Flüchtlingsunterkunft in der Sie gelebt haben, den anderen gegenüber erwähnt, dass Sie konvertiert sind oder haben Sie es aus Angst Probleme zu bekommen es nicht erwähnt?
BF: Ich habe mich dazu bekannt.
RI: Wie sind Sie zu der Kirche XXXX gekommen?
BF: Anfangs als ich in Österreich angekommen bin, habe ich einige Kirchen besucht. Da ich der deutschen Sprache nicht mächtig war, konnte ich die Messen nicht verstehen. Dann bin ich durch einen Freund darauf aufmerksam geworden bin, dass es eine Kirche namens XXXX mit Dolmetschern auf Farsi gibt. Diese Kirche gehört dem protestantischen Zweig der Kirche an. Da ich auch im Iran Protestant war, so habe ich die Bekanntschaft mit dieser Kirche gemacht.
RI: Diese Liste, die Sie vorgelegt haben, sind das Ihre Anwesenheiten am Gottesdienst?
BF: Ja, jedes Mal wenn wir an einem Gottesdienst teilnehmen, müssen wir unseren Namen eintragen. Es gab auch Zeiten, wo man sich nicht eintragen musste, nämlich Mittwochs als ich die Kirche besuchte. Nur die Farsimesse, die an Sonntagen stattfindet, wird eine Anwesenheitsliste angefertigt.
RI: Bei den Protestanten ist der Sonntag auch ein Heiliger Tag. Man sollte am Sonntag in die Kirche gehen oder?
BF: Das stimmt, früher hatten wir Samstags eine Messe für Farsisprechende. Derzeit ist es so, dass wir sonntags nach der Messe dort bleiben, danach wird in Farsi unterrichtet.
RI: Wurden die Samstagsmessen auch dokumentiert?
BF: Nein.
RI: Sie haben z.B. am 10.12.2017 die Sonntagsmesse besucht und dann das nächste Mal erst am 13.05.2018. Das heißt, Sie haben 5 Monate nicht die Sonntagsmesse besucht, bitte erklären Sie mir das.
BF: Da ich Strafen zu zahlen hatte, habe ich in dieser Zeit sonntags im Flüchtlingsheim gearbeitet. Statt Sonntagsmessen habe ich mittwochs die Kirche besucht. Wie gesagt, diese Liste wird nur Sonntags angefertigt.
RI: Wird man da drinnen nicht vermerkt, wenn man an einem hohen Feiertag, wie Weihnachten oder Ostern die Kirche besucht?
BF: Nein.
RI: Wann gingen Sie zum ersten Mal in die Kirche XXXX?
BF: Anfang Mai 2016 habe ich zum ersten Mal die Kirche besucht. Am 7. Mai 2016 wurde ich in der Kirche getauft.
RI: Das heißt, Sie wurden sofort getauft, ohne irgendeine Taufvorbereitung?
BF: Seinerzeit der Pastor der Kirche hieß XXXX. In der zweiten Woche meines Kirchenbesuches kündigte er an, wer an einer Wiedergeburt interessiert sei, wir waren 6 Personen, die uns dafür bereit erklärt haben. Der Dolmetscher hat uns die grundlegenden Erklärungen gegeben. Danach wurden wir getauft. Die Taufe wurde gefilmt und fotographiert. Die Filme und die Fotos von der Taufe sind vorhanden. Erst nach der Taufe haben wir Vorbereitungskurse besucht.
RI: Wissen Sie was die protestantische Kirche von einer katholischen Kirche unterscheidet?
BF: Protestantismus im allgemeinen bedeutet Beschwerer zu sein. Die protestantische Kirche wird von einem Rat verwaltet. Die Mitglieder des Rates entscheiden für die Kirchenmitglieder und Jesus Christus wird angebetet. Aber in der katholischen Kirche trifft der Papst die Entscheidungen. Was der Papst entscheidet und urteilt, wird auch von den Mitgliedern der Kirche befolgt. Katholismus bedeutet Allgemeinheit. Anhänger der orthodoxischen Kirche beten zu der heiligen Maria.
RI: Die Katholiken nicht?
BF: Heilige Maria wird von allen Kirchen als Heilige angesehen.
RI: Auch von der protestantischen Kirche?
BF: Ja, sie wird auch von der protestantischen Kirche als heilige Maria verehrt und Jesus Christus wird angebetet.
RI: Dann sagen Sie mir das Gegrüßet seist du Maria auf.
BF: Das kann ich nicht.
RI: Sie können es nicht, weil man ja bei den Protestanten die Maria nicht so verehrt wie bei den Katholiken, dass ist ein Unterschied, denn Sie mir nicht nennen konnten.
BF: Ich meinte damit, dass auch die Protestanten die heilige Maria ehren, aber nicht anbeten.
RI: Sagen Sie mir bitte das Vater unser auf.
BF spricht auf Farsi das Vater unser, D übersetzt und sagt, dass es korrekt aufgesagt wurde.
RI: Können Sie sonst noch Gebete auf Farsi?
BF: Außer das Gebet Vater unser wird kein weiteres Gebet bei uns gebetet. Es werden religiöse Lieder und Verse vorgespielt oder vorgelesen.
RI: Können Sie mir sagen, wer der Begründer dieser Glaubensrichtung ist?
BF: Der Martin Luther.
RI: Wann war das alles und was ist da so passiert?
BF: Der Gründer der protestantischen Kirche ist Martin Luther, das war vor ca. 500 Jahren. Er hat 95 Grundsätze bzw. Thesen gemacht. Einer seiner wichtigsten Werke den Katoliken gegenüber war es, dass er die Grundstücke der Hölle gekauft hat, trug den Katholiken auf, dass niemand mehr in die Hölle kommt, weil er alle Grundstücke gekauft hat.
RI: Können Sie mir Feiertage sagen, die Sie als Protestant begehen?
BF: Ostern, Christi Himmelfahrt, Weihnachten, Pfingsten.
RI: Können Sie mir zu Ostern diesen einen Tag erklären, wo Jesus gestorben ist?
BF: Das war am Freitag, Karfreitag.
RI: Ein Tag der nur für Protestanten wichtig ist fehlt mir noch. Können Sie mir diesen nennen?
BF denkt nach.
RI: Das ist der Reformationstag. Ein ganz wichtiger Tag für die Protestanten.
RI: Können Sie mir sagen, was zu Pfingsten gefeiert wird?
BF: 7 Wochen nach der Auferstehung des Jesus Christus kommt der Heilige Geist zu den Jesusjüngern, die in verschiedenen Sprachen miteinander sprachen.
RI: Wer ist der Heilige Geist?
BF: Heilige Geist ist der Geist des Gottes, der dazu geführt hat, dass die Jungfrau Maria schwanger wurde.
RI: Es gibt den Heiligen Geist und dann gibt es noch etwas. Wie heißt das?
BF: Dreifaltigkeit.
RI: Können Sie mir sagen, wie die Bibel aufgebaut ist?
BF: Altes und neues Testament. Das das alte Testament aus 39 Büchern und das neue aus 27 Büchern bestehen, die insgesamt 66 Bücher ausmachen.
RI: Wissen Sie um was es im alten Testament geht und um was im neuen, grob zusammengefasst?
BF: Der Gründer des alten Testamentes ist der Moses gewesen, das aus 5 Büchern besteht.
RI: Um was geht es beim alten Testament?
BF: Tora.
RI: Mit was hat das zu tun?
BF: Das alte Testament ist eines, das den Weg für das neue Testament vorbereitet.
RI: Um was geht es bei diesem Testament?
BF: Es geht darum, dass der Moses sagt, dass ein Messias kommen wird, der unsere Sünden dann vergeben kann.
RI: Um was geht es dann im neuen Testament?
BF: Es geht über das Volk Israel, dass ihren Sünden verziehen wird und sie gerettet werden. Einige von ihnen glauben daran und werden auch gerettet und ein Teil nicht.
RI: Können Sie mir die Evangelisten nennen?
BF: Matteo, Lukas, Markus und Johannes.
RI: Können Sie mir etwas erzählen über Petrus, was da passiert ist, wie er während der Gerichtsverhandlung von Jesus am Feuer gestanden ist mit anderen Leuten?
BF: Also der Petrus hat 3 Mal geleugnet, dass er der Jünger Jesus Christus gewesen ist. Ein Mann am Feuer und in Anwesenheit der Soldaten, als die Soldaten ihm vorwarfen Jünger Christus zu sein, sagte er, nein ich bin nicht der Jünger Jesus. Das zweite Mal hat ein alter Mann zu Petrus gesagt, dass er aus Nazaret stammt und Jünger Jesus Christus ist. Zum zweiten Mal hat er es geleugnet. Ein drittes Mal wurde er von einer Frau als Jünger Jesus Christus wegen seines nazaretischen Dialektes als Jünger Jesus Christus bezeichnet, wobei er es zum dritten Mal geleugnet hat. Der Hahn hat gekräht.
RI: Wer hat eigentlich Jesus verraten?
BF: Der Juda, der dafür 30 Silbermünzen bekommen hat. Er hat seine Tat bereut, dann ging er zu einem Tempel, hat die 30 Silbermünzen dort hingeworfen. Sie sagten ihm, dass das mit Blut erhalten wurde, mit diesen Silbermünzen haben sie ein Feld gekauft. Juda selbst hat sich dann hingerichtet.
RI: Hat eigentlich Jesus einer Religionsgemeinschaft angehört?
BF: Jesus war Jude.
RI: Wurde Jesus getauft?
BF: Ja. Er wurde von dem Johannes der Täufer, das ist im Jordanfluss passiert.
RI: Haben Sie eine Bibel bei sich?
BF: Eine Bibel nicht aber heilige Schriften. Ich habe mir selbst Notizen gemacht.
RI: Wo machen Sie sich immer diese Notizen?
BF: In der Kirche mache ich meine Notizen, auch wenn ich das heilige Buch lese und mich etwas sehr interessiert, dann schreibe ich es in mein Heft auf.
Belehrung des Zeugen
Der RI belehrt den Zeugen gemäß § 49 AVG und weist auf das Recht auf Verweigerung der Aussage hin.
Der RI macht den Zeugen nach §§ 50 und 49 Abs. 5 AVG auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung (Ersatz der dadurch verursachten Kosten, Verhängung einer Ordnungsstrafe) und einer falschen Beweisaussage vor dem Bundesverwaltungsgericht (gerichtliche Strafbarkeit gemäß § 288 StGB) aufmerksam.
RI: Können Sie mir erklären, was die XXXX ist?
Z: Das ist ein Teil der Vereinigten Pfingstkirche. Wir kommen aus der protestantischen Bewegung sind aber von der Lutherarischen Bewegung sehr weit weg.
RI: Wird bei ihnen der Reformationstag gefeiert?
Z: Nein.
RI: Sind Sie eine anerkannte Freikirche?
Z: Nein, wir sind eine staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft im Kultusamt im Bundeskanzleramt. Vermerkt im 19. Bundesgesetzblatt von 1998. Das ist eine Vorstufe der Anerkennung. Uns fehlt nur noch die Mindestmitgliederanzahl.
RI: Ist es üblich, dass jemand nach zwei Wochen, also so schnell wie der BF schon getauft wird?
Z: Im Prinzip gibt es die Regelung in der Apostelgeschichte, dass Bekenntis der Sünden und die Anerkenntnis des Erlösers ist, dann kann man niemanden das Wasser der Taufe verweigern. Es ist so, dass früher 2016 gleich getauft wurde, allerdings hat sich aufgrund der Flüchtlingswelle gezeigt, dass sich viele nur taufen haben lassen, um dann ein Taufzeugnis vorlegen zu können. Viele sind dann einfach verschwunden. Meine Kirche hat dagegen Maßnahmen ergriffen, es wird jetzt, obwohl es nicht unsere Ansicht ist, erst später getauft und es wird auch darauf geachtet, dass die Konverditen regelmäßig anwesend sind, die Gottesdienste besuchen und an Bibelstunden teilnehmen. So sehen wir, dass sie nicht nur wegen dem Blatt Papier gekommen sind. Auch der BF befindet sich bei uns unter Beobachtung und wir schauen uns genau an, ob er noch die Gottesdienste und die Veranstaltungen besucht. Wir haben auch BF, die dann Asyl bekommen haben und einfach verschwunden sind, dem BFA oder dem Bundesverwaltungsgericht gemeldet.
RI: Mir ist bei der Anwesenheitsliste aufgefallen, dass der BF ein paar Monate nicht beim Gottesdienst war.
Z: Ja, das ist mir bekannt, ich habe ihn dazu befragt, er gab an, dass er eine Strafe bekommen hätte und diese bezahlen hätte müssen und dafür Geld bei der CARITAS verdient hätte. Ob es der Wahrheit entspricht, weiß ich nicht. Auch kann ich nicht genau sagen, ob er jetzt am Mittwoch beim Gottesdienst gewesen ist, weil ich immer ganz weit vorne sitze.
RI: Wissen Sie sonst noch etwas, wo der BF an Aktivitäten der Kirche teilnimmt?
Z: Bei Bibelstunden oder Freizeitaktivitäten. Die Bibelstunden halte ich selbst, da ist er regelmäßig da. 2018 war er auch ab Oktober wieder regelmäßig da.
RI: Würden Sie, wenn der BF Asyl bekommen würde, würden Sie auch ein Auge auf den BF werfen?
Z: Ja. Ich würde das so wie bei den anderen BF handhaben. Ich würde mich dann auch ausgenützt und enttäuscht fühlen.
RI: Wie ist ihr persönlicher Eindruck vom BF?
Z: Mein persönlicher Eindruck vom BF ist, dass er es ernst meint mit dem Glauben. Es stimmt, dass es einen gewissen durchhänger gegeben hat, aber er kommt jetzt wieder in die Bibelstunden und das kann man dann auch wieder aufholen. Mir ist auch klar, dass man nicht jeden Sonntag in der Kirche sein kann. Es kann auch sein, dass es mit dem Pastorenwechsel zu tun gehabt hat. Einige sind dann vorerst nicht gekommen, weil sich der Pastor erst eingewöhnen musste, aber nach und nach sind die Leute wieder zurückgekehrt.
RI: Ist Ihnen etwas bekannt, dass der BF in seiner damaligen Unterkunft zwei Iraner ihre Kirche vorgeschlagen hat?
Z: Dazu kommt es ab und zu. Ob es jetzt der BF persönlich getan hat, kann ich leider nicht sagen.
RI an RV: Haben Sie Fragen an den Z?
RV: Ja.
RI: Wie kann man sicher sein, dass ein Glaubenswechsel nicht nur vorgetäuscht ist?
Z: Man merkt das sich ein Mensch verändert, ruhiger, offener wird. Ich erkenne einfach die Änderung bei einem Menschen, es ist eine Verwandlung. Der BF ist generell einer der ruhigsten beim Gottesdienst, zurückhaltend. Er hört viel und ich weiß auch, dass er was mitkriegt. Im Gegensatz zu anderen bin ich mir eher sicher, dass der BF einer der aufmerksamen und interessierten ist.
Der Z wird um 17:32 Uhr entlassen.
RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten? Würden Sie über Ihren Glauben sprechen und andere versuchen von Ihrem Glauben zu überzeugen?
BF: Auch wenn ich in den Iran zurückkehren müsste, würde ich versuchen, Leute für das Christentum zu überzeugen."
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 14.11.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 23.11.2017 sowie die Beschwerde vom 02.04.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)
* Einvernahme des BF eines Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 23.01.2019
* Einsicht in die vom BF vorgelegten Schriftstücke.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist Staatsangehöriger des Iran und ledig. Die Muttersprache des BF ist Farsi, er spricht bereits auch gebrochen Deutsch.
Er verließ am 25.10.2015 den Iran und reiste über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich.
3.1.2. Der BF wurde als schiitischer Moslem im Iran geboren, hat sich aber, seit er in Österreich aufhältig ist, zunehmend dem protestantischen Christentum zugewandt. Er wurde am 07.05.2016 in der XXXX in Wien getauft und ist damit förmlich dem Christentum beigetreten und vom Islam abgefallen.
Der BF ist praktizierender Angehöriger der XXXX, welche Teil der staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft Vereinigte Pfingstkirche Österreichs (VPKÖ) ist, und aktiv am christlichen Leben beteiligt. Er besucht den Gottesdienst und nimmt auch an sonstigen Aktivitäten - wie Bibelrunden - in der Pfarrgemeinde teil.
Bei einer Rückkehr in den Iran würde der BF nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christ bleiben.
3.2. Im Entscheidungszeitpunkt kann im Hinblick auf die aktuelle Lage im Iran für konvertierte Christen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in den Iran auf Grund seiner nunmehr christlichen Religion keiner asylrelevanten Verfolgung unterliegt.
Dem BF steht als vom Islam zum Christentum Konvertierten keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
3.3. Es liegen keine Gründe vor, nach denen der BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen ist oder nach denen ein Ausschluss des BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über den Iran vom 03.07.2018):
Politische Lage
Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6.2018a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).
Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).
Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 6.2018a, FH 1.2018, BTI 2018).
Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind
Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).
Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6.2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6.2018a).
Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).
Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB Teheran 9.2017).
Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.2018a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450, Zugriff 20.6.2018
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AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
Islamischen Republik Iran
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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 22.3.2018
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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html, Zugriff 21.3.2018
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Kurier (9.5.2018): Trump kündigt Iran-Abkommen: So reagiert die Weltgemeinschaft,
https://kurier.at/politik/ausland/trump-kuendigt-iran-abkommen-so-reagiert-die-weltgemeinschaft/400033003, Zugriff 25.6.2018
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GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a):
Geschichte und Staat Iran,
https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 25.4.2018