TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/6 W133 2189027-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2019
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Entscheidungsdatum

06.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2191475-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 29.01.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer war seit 23.08.2012 Inhaber eines Behindertenpasses. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen stellte dem Beschwerdeführer zuletzt auf der Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 11.01.2016 einen Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60% aus. Aufgrund einer zu erwartenden Besserung der Leiden "Mitralklappeninsuffizienz" und "infrarenales Bauchaortenaneurysma" wurde die Gültigkeit des Passes bis 31.01.2018 befristet.

Der Beschwerdeführer stellte am 08.11.2017 im Wege seiner rechtlichen Vertretung einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses samt Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß §29b StVO beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten ein. In diesem Gutachten vom 29.01.2018 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen sechs Leidenspositionen zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) medizinisch eingeschätzt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

Mit weiterem Bescheid vom 01.02.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO ab.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben der rechtlichen Vertretung vom 07.03.2018 fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 29.01.2018 an das Bundesverwaltungsgericht.

Darin wendet er sich zusammengefasst gegen den festgestellten Einzelgrad der Behinderung der Leiden 1 - 3 und gegen die Feststellung, dass keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe. Die nunmehrige Herabsetzung des Grades der Behinderung sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerde wurden keine medizinischen Befunde beigelegt.

Aufgrund der erhobenen Einwendungen veranlasste das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 16.07.2018 eine neuerliche medizinische Begutachtung des Beschwerdeführers.

Im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.10.2018 wurden folgende Funktionseinschränkungen festgestellt, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, und nach der Einschätzungsverordnung wie folgt medizinisch beurteilt:

"STELLUNGNAHME:

ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung

1) Morbus Crohn 07.04.05 30%

Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei langjähriger Anamnese und Zustand nach Anastomositis ohne relevante Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes.

2) Koronare Herzkrankheit 05.05.02 30 %

Unterer Rahmensatz, da Zustand nach erfolgreich durchgeführter Bypassoperation ohne relevante Einschränkung der Herzleistung.

3) Mitralklappeninsuffizienz - erfolgreich operiertes Vitium 05.07.08 30%

Fixer Richtsatzwert.

4) Infrarenales Bauchaortenaneurysma, Zustand nach

Stentimplantation 05.03.02 20%

Unterer Rahmensatz, da guter Zustand nach Operation.

5) Zustand nach Larynxcarcinom (2010) 13.01.01 10%

Da kein Hinweis für Rezidiv. Geringgradige Heiserkeit ist berücksichtigt.

6) Zustand nach Blasenhalsresektion bei oberflächlicher Neubildung

13.01.01 10%

Unterer Rahmensatz, da kein Fortschreiten der Grunderkrankung dokumentiert."

In diesem Gutachten kam die Sachverständige zum medizinischen Ergebnis, dass Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 6 nicht erhöht werde, und ging somit von einem Gesamtgrad der Behinderung von nur mehr 30% aus. Die Sachverständige begründete ihre medizinische Beurteilung.

Mit Schreiben vom 08.11.2018 informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Schreiben der rechtlichen Vertretung vom 23.11.2018 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, worin er sich gegen die nunmehrige Beurteilung des Grades der Behinderung von nur mehr 30% wendet. Gleichzeitig mit der Stellungnahme legte er einen Röntgenbefund vom 16.05.2018 betreffend die Hände und die Daumengrundgelenke beidseits vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Er brachte am 08.11.2017 einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses samt Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß §29b StVO bei der belangten Behörde ein.

Da die Gültigkeit des Behindertenpasses des Beschwerdeführers am 31.01.2018 endete, behandelte die belangte Behörde diesen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses zu Recht als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Morbus Crohn, mit rezidivierenden Beschwerden bei langjähriger Anamnese und Zustand nach Anastomositis ohne relevante Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes;

2) Koronare Herzkrankheit, Zustand nach erfolgreich durchgeführter Bypassoperation ohne relevante Einschränkung der Herzleistung;

3) erfolgreich operiertes Vitium wegen Mitralklappeninsuffizienz;

4) Infrarenales Bauchaortenaneurysma, Zustand nach Stentimplantation;

5) Zustand nach Larynxcarcinom (2010, kein Hinweis für Rezidiv, geringgradige Heiserkeit ist mitberücksichtigt;

6) Zustand nach Blasenhalsresektion bei oberflächlicher Neubildung, kein Fortschreiten der Grunderkrankung dokumentiert.

Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 um insgesamt eine Stufe erhöht, da die Leiden 2 und 3 wesentliche Zusatzleiden aus dem internistischen Bereich darstellen, welche in Gesamtbetrachtung mit dem Leiden 1 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40% rechtfertigen.

Die übrigen Leiden weisen aufgrund der geringen Ausprägung der Funktionseinschränkung keine weitere wesentliche negative Leidensbeeinflussung auf und erhöhen daher nicht weiter.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt somit aktuell 40 v. H.

Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.10.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen. Hinsichtlich der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung nimmt das Bundesverwaltungsgericht eine, vom jüngsten Gutachten abweichende rechtliche Beurteilung vor und beurteilt diesen mit 40%. Diese Beurteilung entspricht im Ergebnis der Beurteilung des Gutachtens, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden war, und berücksichtigt die Einwendungen des Beschwerdeführers; diesbezüglich wird auch auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Einzelgrad der Behinderung der vorliegenden Funktionseinschränkungen basiert auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.10.2018. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft. Das Bundesverwaltungsgericht weicht in der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung jedoch von der medizinischen Beurteilung in diesem Gutachten ab. Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 um insgesamt eine Stufe erhöht, weil die Leiden 2 und 3 wesentliche Zusatzleiden aus dem internistischen Bereich darstellen, welche in Gesamtbetrachtung mit dem Leiden 1 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40% rechtfertigen.

Zum Einzelgrad der Behinderung der festgestellten Funktionseinschränkungen:

Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist die Morbus Crohn-Erkrankung mit rezidivierenden Beschwerden bei langjähriger Anamnese und Zustand nach Anastomositis, jedoch ohne relevante Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes. Die durch diese Erkrankung vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von der Sachverständigen unter Berücksichtigung des im Rahmen der Untersuchung erhobenen vorliegenden guten Allgemein- und Ernährungszustandes korrekt dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 07.04.05 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen betrifft, und mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30% bewertet ist. Da im Rahmen der Untersuchung ein guter Allgemein- und Ernährungszustand objektiviert werden konnte und auch dem vorliegenden Ambulanzbefund vom 07.07.2017 zu entnehmen ist, dass der subjektive Zustand des Beschwerdeführers als gut beurteilt wurde, ist die Zuordnung zum oberen Rahmensatz der Positionsnummer 07.04.05 nicht möglich, zumal diese eine mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes durch die Funktionseinschränkung voraussetzen würde, welche nicht objektiviert ist.

Auch das Leiden Nr. 2 "Koronare Herzkrankheit" wurde korrekt dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 05.05.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche eine Koronare Herzkrankheit mit keinen bis geringen Einschränkungen der Herzleistung betrifft, zugeordnet. Die Sachverständige begründete die Einstufung im unteren Rahmensatz dieser Positionsnummer mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30% nachvollziehbar mit dem Umstand, dass ein Zustand nach erfolgreich durchgeführter Bypassoperation ohne relevante Einschränkung der Herzleistung vorliegt. Aus den Untersuchungsergebnissen und den vorliegenden Befunden ergeben sich auch keine Hinweise auf einen abgelaufenen Myocardinfarkt, was jedoch die Voraussetzung für eine Einstufung im nächsthöheren Rahmensatz wäre. Die von dem Gutachter gewählte Einstufung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes als nachvollziehbar und richtig.

Letzteres gilt auch für Leiden 3. Es ist unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde nachvollziehbar und richtig, dass die Sachverständige bei der Beurteilung der Mitralklappeninsuffizienz aufgrund des erfolgreich operierten Vitiums eine Zuordnung zur Positionsnummer 05.07.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorgenommen hat. Diese Positionsnummer hat einen fixen Richtsatz von 30%.

Unter Leiden Nr. 4 berücksichtigte die Sachverständige auch den Zustand nach Stentimplantation aufgrund eines Infrarenalen Bauchaortenaneurysmas. Aufgrund des erhobenen guten Zustandes nach erfolgter Operation erweist sich auch in Bezug auf diesen Leidenszustand die Zuordnung zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 05.03.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen mittleren Grades bei arteriellen Verschlusskrankheiten im Stadium IIa betrifft, als nachvollziehbar und richtig.

Auch die Leiden Nrn. 5 und 6 wurden nach dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkung vollständig und richtig eingestuft und mit einem Einzelgrad der Behinderung von jeweils 10% bewertet. Die Beurteilung dieser Leidenszustände wurde nicht bestritten.

Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.

Der vom Beschwerdeführer mit der Stellungnahme vom 23.11.2018 nachgereichte Röntgenbefund vom 16.05.2018 betreffend die Hände und die Daumengrundgelenke beidseits unterliegt der Neuerungsbeschränkung und dokumentiert auch kein Ausmaß einer Funktionseinschränkung, welches entscheidungsmaßgeblichen Einfluss auf die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung haben könnte.

Hinsichtlich der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung trifft das Bundesverwaltungsgericht jedoch - wie oben bereits ausgeführt wurde - eine vom jüngsten Gutachten abweichende Beurteilung und beurteilt diesen mit 40%; vgl. dazu die rechtliche Beurteilung.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 28.10.2018 insoweit dieses die Beurteilung des jeweiligen Einzelgrades der Behinderung der Funktionseinschränkungen betrifft. Dieses wird daher in diesem Umfang in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 59/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung insoweit dieses die Beurteilung des jeweiligen Einzelgrades der Behinderung der Funktionseinschränkungen betrifft das vollständige, schlüssige und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.10.2018 zu Grunde gelegt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht weicht jedoch in rechtlicher Hinsicht betreffend die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung von diesem Gutachten ab und beurteilt diesen mit 40%, weil nach der Rechtsmeinung des beurteilenden Verwaltungsgerichtes Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 um insgesamt eine Stufe erhöht wird, da die Leiden 2 und 3 wesentliche Zusatzleiden aus dem internistischen Bereich darstellen, welche in Gesamtbetrachtung mit dem Leiden 1 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40% rechtfertigen.

Der vom Beschwerdeführer mit der Stellungnahme vom 23.11.2018 nachgereichte Röntgenbefund vom 16.05.2018 betreffend die Hände und die Daumengrundgelenke beidseits unterliegt der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG und dokumentiert im Übrigen auch kein Ausmaß einer Funktionseinschränkung, welches entscheidungsmaßgeblichen Einfluss auf die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung haben könnte.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf nochmals hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2189027.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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