TE Bvwg Beschluss 2019/2/19 I419 2199200-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I419 2199200-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. NIGERIA alias Sudan alias Südsudan, gegen den Bescheid des Bundeamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13.02.2019, Zl. XXXX:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal ein und beantragte unter einer Aliasidentität und als angeblicher Südsudanese am 28.06.2014 internationalen Schutz. Er sei wegen des Bürgerkriegs dort ausgereist und über Libyen und Italien soeben angekommen.

Über Vorhalt eines auf eine andere Identität lautenden französischen Visums räumte er am 24.05.2018 ein, einen anderen Namen zu haben sowie 15 Jahre älter und aus Nigeria zu sein, wo er von einer geheimen Gesellschaft verfolgt werde.

2. Den abweisenden Bescheid des BFA samt Rückkehrentscheidung, Erklärung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria und Einreiseverbot bestätigte dieses Gericht am 30.07.2018, wobei es die Dauer des Einreiseverbots von acht auf zehn Jahre änderte.

3. In Schubhaft genommen und am 03.02.2019 ins Anhaltezentrum verbracht, stellte der Beschwerdeführer am nächsten Morgen einen Folgeantrag, wonach es mehrere geheime Gruppen im Herkunftsstaat gebe, und in einer davon einen Mann, der ihn bereits bedroht habe. Dies vermutlich deshalb, weil dessen Schwester die Freundin des Beschwerdeführers gewesen sei. Durch Glück habe er überlebt, aber wenn er zurückkehre und entdeckt werde, sei er tot.

Seine mit Vornamen genannte nunmehrige Freundin in Wien sei schwanger, ihre Adresse wisse er nicht.

Nach Rechtsberatung ergänzte er am 13.02.2019, nach der ersten Attacke des genannten Bruders sei er ca. ein Monat im Koma gelegen, was der Grund für seinen Ausreiseentschluss gewesen sei. Seine jetzige Freundin, deren Geburtsdatum und vollen Namen er nun angab, kenne er seit 2017. Sie sei im 5. Monat von ihm schwanger und habe bis zu seiner zweiten Strafhaft mit ihm im Haushalt gewohnt.

4. Anschließend an diese Einvernahme hob das BFA am 02.10.2018 gegenüber dem Beschwerdeführer den faktischen Abschiebe-schutz auf und begründete das damit, dass der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein werde, da keine wesentliche Änderung des Sachverhalts erkennbar sei. Die Rückkehrentscheidung sei aufrecht und würde keinen Eingriff in die durch Art. 2, 3 und 8 EMRK geschützten Rechte bedeuten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Übermittlung des Akts gilt nach § 22 Abs. 10 AsylG 2005 als Beschwerde gegen die Aufhebung des Abschiebeschutzes, der Fremde somit als Beschwerdeführer im gerichtlichen Überprüfungsverfahren.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Fremden

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, Christ und Angehöriger der Volksgruppe der Agbor, arbeitsfähig und gesund. Er hatte ein zu Geschäftszwecken ausgestelltes Schengenvisum, das bis 06.09.2014 galt, und spricht Agbor, Englisch sowie ein wenig Deutsch, ohne eine Sprachprüfung nachgewiesen zu haben. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer hat Berufserfahrung im Herkunftsland und dort in der Landwirtschaft und in einem Schlachthof gearbeitet. In der österreichischen Strafhaft war er als Autowäscher eingesetzt.

Eine rund 18 Jahre jüngere, ledige Staatangehörige desselben Herkunftsstaats war 2018 für sechs Wochen an des Beschwerdeführers Wohnsitz gemeldet, während er in Strafhaft war. Er war anschließend noch über fünf Monate dort gemeldet, während die Frau in ein anderes, nicht angrenzendes Bundesland zog, wo sie als Asylwerberin lebt. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese mit dem Beschwerdeführer eine Beziehung führte oder führt. Ferner kann nicht festgestellt werden, dass sie vom Beschwerdeführer schwanger wäre. Dieser verfügt in Österreich über keine anderen maßgeblichen privaten und über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Das LG Klagenfurt hat den Beschwerdeführer zweimal wegen Suchtgifthandels verurteilt, und zwar

-

am 29.12.2015 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, weil er von Herbst 2014 bis 02.10.2015 zusammen 862 Gramm Kokain, also eine die Grenzmenge des § 28b SMG mehr als 13-fach übersteigende Menge verkaufte, wobei das angebliche Alter von unter 21 als mildernd gewertet wurde, und

-

am 20.02.2018 zu einer Freiheitsstrafe von sechzehn Monaten, weil er von Jänner 2017 bis zumindest 15.01.2018 zusammen 338,5 Gramm Kokain, also mehr als die achtfache genannte Grenzmenge verkaufte, wobei das unrichtig angenommene Alter wieder als mildernd berücksichtigt wurde.

Er verbrachte deshalb folgende Zeiten in Untersuchungs- oder Strafhaft: 02.12.2015 bis 01.04.2016 und 16.01.2018 bis 03.02.2019. Seither befindet er sich im Anhaltezentrum und weist - bereits seit 20.11.2018 - keinen anderen Wohnsitz auf.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers ist seit der Rückkehrentscheidung nicht eingetreten.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Nigeria zitiert. Im Beschwerdeverfahren sind keine Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehör-de (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

1.3 Zu den Fluchtmotiven

Die geltend gemachte Verfolgung war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens. Daran ändert weder die Spezifizierung eines Mitglieds der angeblichen Geheimgesellschaft Entscheidendes, noch das gesteigerte Vorbringen, nach eine Verletzung im Koma gelegen zu sein.

Er hat auch keinen Folgeantrag gestellt, bis er in Schubhaft genommen wurde. Betreffend sein Privatleben hat dieses Gericht bereits das Fehlen maßgeblicher privater oder familiärer Anknüpfungspunkte im Inland verneint. Er ist danach nicht ausgereist, hat sich allerdings auch abgesehen von Ausgängen nicht mehr außerhalb von Haftanstalten aufgehalten.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Rückkehrentscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden.

Nach all dem wird das BFA aller Voraussicht nach feststellen, dass keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist. Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich vom BFA zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergaben sich überwiegend aus dem Inhalt der Verwaltungsakten des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes und den Feststellungen im ersten Asylverfahren I409 2199200-1. Ergänzend wurden das Register der Sozialversicherungen, das ZMR und das Strafregister abgefragt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines Reisepasses fest, von dem das BFA eine Kopie erlangte. Die Vorstrafen ergaben sich aus dem Strafregister. Er hat am 13.02.2019 angegeben, er sei gesund gut, und in er Strafhaft habe er Autos gewaschen (AS 67 f). Daraus und aus dem Alter folgten Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Bei gleicher Gelegenheit hat er angegeben, er verstehe "ein bisschen" Deutsch.

Der Beschwerdeführer hat am 13.02.2019 angegeben, er habe eine namentlich genannte Freundin im Inland, die von ihm schwanger sei. Wie dem ZMR zu entnehmen war, gab es für sehr kurze Zeit Mitte 2018 eine gemeinsame Meldeadresse mit dem Beschwerdeführer, der selbst allerdings haftbedingt nicht dort wohnte.

In der - zehn Tage nach Abmeldung der angeblichen Freundin eingebrachten - Beschwerdeschrift findet diese keine Erwähnung, obwohl er sie seit 2017 kennen und 2018 bei seinen Ausgängen getroffen und geschwängert haben will. Dort wurde nur die Feststellung moniert, der Beschwerdeführer "habe bereits große Anstrengungen hinsichtlich der Integration unternommen" und ein Schützens würdiges Privat- und Familienleben. Unerwähnt blieb sie auch in den Vernehmungen am 27.02.2018 und am 24.05.2018. Der der Beschwerdeführer gab dabei lediglich an, sich im Gefängnis nicht integrieren zu können, aber in Europa bleiben und Arbeit finden zu wollen, obwohl die Genannte sich nur 19 Tage nach dem 24.05.2018 in seiner Wohnung anmeldete.

Der Beschwerdeführer konnte zunächst nur den Vornamen der angeblichen Freundin nennen, später wusste er immer noch nicht deren Anschrift. Diese selbst kannte einvernommen am 28.11.2018 weder seinen Vor- noch seinen Nachnamen, obwohl sei angab, von ihm etwa im

2. Monat schwanger zu sein und 2- bis 3-mal wöchentlich mit ihm Kontakt zu haben. Der Beschwerdeführer hat zudem am 23.02.2019 angegeben, er "habe sie überredet, sich ebenfalls an dieser Adresse zu melden". Auch dies lässt nicht auf eine tatsächliche Liaison schließen.

Die Kontakte zu Mithäftlingen und Justizpersonal lagen schon zur Zeit des vorigen Erkenntnisses vor, welches sie nicht als maßgebliches Privatleben unter dem Aspekt Integration eingestuft hat.

Unter diesen Umständen kann keine über die des vorigen Verfahrens hinausgehende Feststellung zum Privat- und Familienleben getroffen werden.

Betreffend die jeweiligen Vorbringen fällt dabei auch auf, dass weder der Beschwerdeführer, der angibt, sie habe ihn in der Haft besucht, noch die angebliche Freundin einen Nachweis für die Schwangerschaft beibrachten, sodass es auch in diesem Punkt derzeit nicht möglich ist, eine positive Feststellung zu treffen.

2.2 Zur Lage im Herkunftsland

Die oben wiedergegebenen Länderfeststellungen sind bereits im Bescheid vom 24.05.2018 enthalten und haben keine Aktualisierung erfahren. Daher konnte eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat verneint werden.

2.3 Zu den Fluchtmotiven des Fremden

Der Beschwerdeführer brachte kein relevantes neues Fluchtvorbringen vor. Bereits im vorigen Verfahren wären die vom Beschwerdeführer nun - teils als Steigerung des Vorbringens -geltend gemachten Umstände diesem längst bekannt gewesen.

Angesichts dessen wird das BFA mit großer Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus Konventionsgründen nicht erkennen und keine neue inhaltliche Entscheidung über den Folgeantrag erlassen, sondern diesen wegen Nichtvorliegens entscheidungswesentlicher Änderungen im Sachverhalt zurückweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Die angeführte Rückkehrentscheidung ist rechtskräftig. Wie auch bereits dargetan, ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung anstelle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um plausible nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Im Verfahren sind keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer neuerdings ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung oder der Todesstrafe besteht.

Betreffend die Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK ist festzuhalten, dass sich betreffend das Bedrohungsszenario (Art. 2 oder 3 EMRK) voraussichtlich keine Änderung gegenüber dem Asylbescheid für den Beschwerdeführer ergeben wird, zumal die Länderfeststellungen unverändert sind, und auch betreffend das Privat- und Familienleben die maßgeblichen Aspekte gegenüber dem Zeitpunkt der Rückkehrentscheidung (Erkenntnis zugestellt vor fünf Monaten) soweit unverändert sind, dass auch diesbezüglich keine andere Rechtsfolge eintreten wird.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden. Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz und den Voraussetzungen seiner Aufhebung in Folgeverfahren oder zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache und zur Beurteilung gesteigerten Vorbringens in Folgeverfahren. Weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2199200.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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