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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des W in Z, vertreten durch Dr. Fritz Leon, Rechtsanwalt in Wien I, Reichratsstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII, vom 12. Juni 1997, Zl. 17-96/4567/09, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 die Anerkennung von Werbungskosten in Höhe von S 81.540,--. Diese seien für die Dienstwohnung in Z im Zeitraum vom 1. März 1994 bis 31. Dezember 1994 angefallen (der Betrag setze sich aus einer monatlich zu bezahlenden Vergütung zuzüglich des Sachbezugswertes zusammen). Der in K wohnhafte Beschwerdeführer sei am 1. April 1992 zum Bezirkshauptmann in Z bestellt worden. Nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften habe der Bezirkshauptmann binnen sechs Monaten ab Wirksamkeit der Bestellung am Sitz der Bezirkshauptmannschaft seinen ordentlichen Wohnsitz zu begründen. Die seinem Vorgänger zugewiesene Dienstwohnung sei nicht mehr zur Verfügung gestanden, weil diese für Büroräume benötigt worden sei. Das Dienstwohnhaus sei erst errichtet und am 1. März 1994 bezugsfertig geworden. Ohne sein Ansuchen sei die Dienstwohnung dem Beschwerdeführer mit diesem Tag zugewiesen worden (er habe hier dem Gesetz entsprechend seinen ordentlichen Wohnsitz begründet). Die Zuweisung der Wohnung sei mit Dienstrechtsmandat erfolgt, wobei die Verpflichtung bestehe, bei Bedarf die Dienstwohnung innerhalb von drei Monaten zu räumen. Währenddessen er sich selbst am Dienstort ständig aufhalte und nur seine Freizeit in K verbringe, kämen seine Frau und seine Kinder regelmäßig nur zu Veranstaltungen etc. nach Z. Aus diesem Grund und auch für den Fall der Räumungspflicht seiner Dienstwohnung sei er gezwungen, die Eigentumswohnung in K beizubehalten. Wegen des erwähnten Gesetzesauftrages im Zusammenhalt mit dem Dienstrechtsmandat erwachse ihm eine ausschließlich berufsbedingte Mehrfachbelastung.
Das Finanzamt trug dem Ansuchen des Beschwerdeführers nicht Rechnung und berücksichtigte die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nicht. Nach der Begründung zum erstinstanzlichen Bescheid ging das Finanzamt im Wesentlichen davon aus, dass ein genereller Werbungskostenabzug unter Hinweis auf die berufliche Veranlassung der Inanspruchnahme der Wohnung nicht möglich sei. Die Voraussetzungen für eine berufsbedingte doppelte Haushaltsführung lägen nicht vor. Die Ehegattin des Beschwerdeführers beziehe am Familienwohnsitz in K keine Einkünfte.
In der Berufung betonte der Beschwerdeführer, dass sich der Familienwohnsitz in K befinde, und seine Tochter dort auch das Gymnasium besuche. Er habe kein weiteres Wohnbedürfnis gehabt und benütze deshalb das zugewiesene Dienstwohnhaus ausschließlich im Interesse des Dienstgebers. Bestünde nicht die gesetzliche Verpflichtung zur Wohnsitzbegründung bzw. wäre nicht die Zuweisung der Dienstwohnung erfolgt, hätte er niemals einen zweiten Wohnsitz am Dienstort begründet. Die Aufgabe des Familienwohnsitzes sei nicht zumutbar, weil ihm im Dienstwohnhaus kein wie immer geartetes Mietrecht zustünde und die Wohnung bei Versetzung, Pensionierung oder Tod unverzüglich innerhalb von drei Monaten geräumt werden müsse.
Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Im angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde u. a. den Inhalt der mündlichen Berufungsverhandlung (in der auch beantragt worden war, die strittigen Kosten als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG unter dem Titel der "Renten und dauernden Lasten" zu berücksichtigen) wieder. Begründend führte die belangte Behörde aus, Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes privat veranlasst sei. Die Zuordnung der geltend gemachten Kosten zur beruflichen oder privaten Sphäre sei nicht davon abhängig, ob sich die Beibehaltung des Familienwohnsitzes als zweckmäßig darstelle. So sei eine private Veranlassung anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz wegen des Schulbesuches der Kinder beibehalten werde. Die Ehegattin beziehe unbestritten keine Einkünfte. Lägen die Voraussetzungen für die berufliche Veranlassung einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung nicht vor, könne eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst sein. Dies deshalb, weil die Beschaffung einer Wohnung am Beschäftigungsort üblicherweise eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, wobei hier als Richtschnur ein Zeitraum von rund zwei Jahren angenommen werden könne. Der Beschwerdeführer sei am 1. April 1992 zum Bezirkshauptmann bestellt worden. Da er bis jetzt die Wohnung in K beibehalten habe, könne nicht von einer vorübergehenden doppelten Haushaltsführung gesprochen werden. Dauernde Lasten seien Aufwendungen, die u.a. erforderten, dass sie eine längere Zeit hindurch andauerten (als Untergrenze sei ein Zeitraum von zehn Jahren anzunehmen).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Dies gilt unabhängig davon , ob der Haushalt in einer frei gewählten oder in einer vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Wohnung geführt wird. Hätte daher der Beschwerdeführer mit 1. März 1994 seinen Familienwohnsitz in die ihm mit diesem Datum mit Dienstrechtsmandat zugewiesene Dienstwohnung in Z verlegt, könnten die dafür auflaufenden Kosten bereits unter dem Titel der Haushaltsaufwendungen als Werbungskosten keine Berücksichtigung finden. Der Beschwerdeführer hat auch nicht behauptet, dass das ihm zur Verfügung gestellte Dienstwohnhaus mit einer Nutzfläche von 155, 49 m2 an sich nicht geeignet gewesen wäre, die Wohnbedürfnisse seiner Familie zu befriedigen. Das Beibehalten (oder allenfalls auch Schaffen) einer weiteren Wohnungsmöglichkeit für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses kann unter dem Gesichtspunkt der Aufwendungen für die Lebensführung keine steuerliche Berücksichtigung finden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1995, 93/15/0244).
Die vom Beschwerdeführer beibehaltene doppelte Haushaltsführung könnte nur dann zu Werbungskosten führen, wenn im Sinn der dazu entwickelten Judikatur die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Z nicht zumutbar gewesen wäre. Bei dieser Beurteilung ist nicht von Relevanz, ob die Wohnungsnahme am neuen Dienstort deshalb zu erfolgen hat, weil wegen großer Entfernung ein tägliches Pendeln nicht möglich ist, oder ob auf Grund anderer besonderer Umstände ein (weiterer) Wohnsitz erforderlich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1995, 91/14/0227). Es lässt sich daher für den Beschwerdeführer in rechtlicher Hinsicht nichts daraus gewinnen, wenn er in der Beschwerde wiederum darauf verweist, er habe den zweiten Wohnsitz in Z nicht aus Gründen der Entfernung (Z liege nur rd. 50 km von K entfernt), sondern nur deshalb begründet, weil dies der Wunsch seines Dienstgebers gewesen sei.
Gründe, welche die Verlegung des Familienwohnsitzes von K nach Z im Sinne der Rechtsprechung unzumutbar erscheinen ließen (vgl. die bei Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Tz 3 zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zitierte Judikatur), hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. So ist unbestritten, dass weder der Beschwerdeführer noch seine Ehegattin am bisherigen Wohnort in K (weitere) Einkünfte erzielt haben. Betreffend des Schulbesuches seiner Tochter hat der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eingeräumt, dass auch in Z ein Bundesgymnasium bestünde. Die abstrakte Möglichkeit allein, vom derzeitigen Arbeitsort abberufen zu werden, ist noch keine ausreichende Begründung für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes an einem anderen Ort (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1993, 90/14/0212). Dass seine Tätigkeit als Bezirkshauptmann in Z von vornherein zeitlich befristet gewesen wäre, oder er ansonsten der konkreten Möglichkeit jederzeitiger Verwendung an einem anderen Beschäftigungsort ausgesetzt gewesen wäre (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1987, 86/14/0165, vom 3. März 1992, 88/14/0081, und vom 22. Oktober 1997, 97/13/0062, 0063), geht auch aus der Beschwerde nicht hervor. Der belangten Behörde ist damit auch kein relevanter Verfahrensmangel anzulasten, wenn diese bei "entsprechender Befragung des Beschwerdeführers" die Feststellung hätte treffen müssen, dass dieser als Bezirkshauptmann keinen "besonderen Versetzungsschutz" genießt.
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie hätte übersehen, dass ihm die Dienstwohnung erst ab dem 1. März 1994 zur Verfügung gestanden sei und die Kosten für das Dienstwohnhaus zumindest vorübergehend für einen Zeitraum von zwei Jahren zu berücksichtigen gewesen wären, könnte dieses Vorbringen dem Beschwerdeführer nur allenfalls dann zu einem Erfolg verhelfen, wenn die doppelte Haushaltsführung von vornherein lediglich für eine vorübergehende Zeit beabsichtigt gewesen wäre (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juli 1993, 91/13/0240, und vom 8. Oktober 1998, 97/15/0114). Bestrebungen zur Verlegung des Familienwohnsitzes nach Z zeigt aber der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht auf. Dass der Beschwerdeführer deshalb keine Veranlassung zur Verlegung des Familienwohnsitzes nach Z gefunden hätte, weil er auf Grund einer Besprechung im Finanzamt für Körperschaften vom 8. Februar 1995 davon ausgegangen sei, er könne die Dienstwohnungsvergütung und den Sachbezug beim Wohnsitzfinanzamt als Werbungskosten geltend machen, vermag schon vom zeitlichen Ablauf her (Auskunft Februar 1995, Bestellung zum Bezirkshauptmann bereits 1992, Zuweisung der Dienstwohnung am 1. März 1994) eine von vornherein bestehende Absicht zur Aufgabe der doppelten Haushaltsführung nicht glaubhaft zu machen.
Es ist Aufgabe des Beschwerdeführers, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren die Gründe, die ihn zur Beibehaltung des Familienwohnsitzes veranlassten, vollständig offen zu legen. Die belangte Behörde hat ihre Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsermittlung nicht dadurch verletzt, wenn sie sich darauf beschränkte, die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1993, 92/15/0054). Die in der Beschwerde erstmals vorgebrachten Umstände, ein Verkauf oder eine Vermietung der Wohnung in K wäre wegen der Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes oder des Entstehens eines allfälligen Spekulationsgewinnes nicht bzw. nur erschwert möglich gewesen, sind deshalb bereits wegen des Neuerungsverbotes nach § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich. Außerdem lässt auch dieses Vorbringen nicht erkennen, warum die aufgezeigten Schwierigkeiten die Verlegung der gemeinsamen Haushaltsführung (und damit des Familienwohnsitzes) nach Z nicht zumutbar gemacht hätten. Die Zweckmäßigkeit der Beibehaltung einer weiteren Wohnung allein kann - wie erwähnt - den Werbungskostenabzug der Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung nicht rechtfertigen (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 18. Mai 1995, 93/15/0244).
Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 sind Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.
Als auf besonderen Verpflichungsgründen beruhende "dauernde Lasten" (die als Oberbegriff auch die Renten umfassen) sind nur solche Geld- oder Sachleistungen zu verstehen, die einem anderen gegenüber auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung geleistet werden und zu Vermögensminderungen führen (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz 17 und 41, sowie etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1982, 3864/80, und vom 6. Mai 1980, 3371/79). Keine Renten sind wiederkehrende Leistungen, die auf einem laufenden Leistungsaustausch beruhen (vgl. Stoll, a. a.O., Rz 18). Eine Vermögensumschichtung schließt eine dauernde Last aus (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1989, 86/14/0129). Den Aufwendungen des Beschwerdeführers für die Dienstwohnung stand deren Nutzungsmöglichkeit als Vermögenswert gegenüber. Den geltend gemachten Aufwendungen konnte daher schon deshalb nicht der Charakter einer dauernden Last nach § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 zukommen. Dem Sachbezugswert selbst (Naturalbezug) fehlte außerdem der Ausgaben- und damit Leistungscharakter iSd zitierten Bestimmung. Inwieweit der Nutzung einer Dienstwohnung ein aleatorisches Moment innewohnt oder die Kosten lt. Beschwerde "für längere Zeit" anfallen werden, kann somit dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150137.X00Im RIS seit
21.02.2002