Entscheidungsdatum
22.02.2019Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
W164 2125921-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Heinz Wolfbauer, Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 15.06.2015, Zl. 11-2015-BE-VER10-000CE, nach Beschwerdevorentscheidung vom 17.03.2016, BE11812581/Mag. Kü, zu Recht erkannt:
A)
I.
Die Beschwerdevorentscheidung vom 17.03.2016, BE11812581/Mag. Kü, wird gemäß § 28 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben.
II.
Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs 1 und Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Wiener Gebietskrankenkasse (im folgenden WGKK) übermittelte dem Beschwerdeführer (im folgenden BF) mit Schreiben vom 13.05.2015 einen Rückstandsausweis vom 01.05.2015, in dem unberichtigte Beitragsforderungen gegen die XXXX GmbH (im Folgenden Primärschuldnerin) für den Zeitraum 12/2013 bis 03/2015 ausgewiesen wurden. Die WGKK forderte den BF, der in diesem Zeitraum Geschäftsführer und Vertreter der genannten Primärschuldnerin war, auf, den aushaftenden Betrag unter Beachtung des § 67 Abs 10 ASVG bis 10.06.2015 zu bezahlen oder sämtliche Tatsachen vorzubringen, die seiner Ansicht nach gegen eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG sprechen würden. Der BF brachte keine entsprechende Stellungnahme ein.
Mit Bescheid vom 15.06.2015 sprach die WGKK aus, der BF hafte als Geschäftsführer der Primärschuldnerin gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG für von dieser Firma zu entrichten gewesene Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Dezember 2013 bis April 2015 iHv von EUR 10.921,63 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das sind ab 01.06.2015 7,88% p.a. aus EUR 10.074,88. Begründend wurde ausgeführt, die Primärschuldnerin schulde aus den im Spruch genannten Zeiträumen EUR 10.921,63 und weitere Verzugszinsen. Sämtliche Einbringungsmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Die WGKK schloss dieser Feststellung einen Rückstandsausweis vom 01.06.2015 an.
Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene BF durch seinen Vertreter Beschwerde und führte aus, im Bescheid sei nicht konkretisiert worden, welche "schuldhafte Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten" dem BF angelastet werde bzw. aus welchen konkreten Gründen er für diese Beiträge hafte. Im Dezember 2014 seien EUR 5.500,- an den Gerichtsvollzieher geleistet worden. Dieser Betrag scheine im Rückstandsnachweis nicht auf. Die ausgewiesene Summe sei überhöht. Der BF beantragte die Beischaffung der Exekutionsakten. Der BF sei außerdem keine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten vorzuwerfen, da er seit etwa 4 bis 5 Jahren an einer Augenkrankheit leide, die sein Sehvermögen erheblich beeinträchtige und seine Tätigkeit als Geschäftsführer massiv behindert habe. Zum Beweis wurde die Beischaffung des bezughabenden Aktes der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft beantragt. Der angefochtene Bescheid lasse offen, ob dem BF eine Pflichtverletzung in Bezug auf sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen angelastet werde oder eine Haftung für den Ausfall infolge Konkursverschleppung. Der BF hätte aufgrund der Gleichbehandlung der Gläubiger nicht ausschießlich an die Gebietskrankenkasse Zahlungen leisten dürfen. Die Gesellschaft habe nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel verfügt. Soweit die Haftung des BF mit einem Meldeverstoß zu begründen wäre, hätte die Behörde feststellen müssen, welche Umstände zu welchem Zeitpunkt gemeldet hätten werden müssen. Da der BF schon lange vor April 2015 sämtliche Zahlungen eingestellt habe, sei er von der Haftung befreit. Da dem BF keine Mittel zur Begleichung der Beitragsschulden oder anderer Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden seien, könne keine Pflichtverletzung vorliegen. Der BF stellte den Antrag auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.
Mit Schreiben vom 21.07.2015 forderte die WGKK den BF auf, eine Aufstellung vorzulegen, aus der sowohl sämtliche Verbindlichkeiten als auch sämtliche Zahlungen der Primärschuldnerin (mit Ausnahme jener der WGKK) für die Fälligkeitszeiträume der Beiträge 12/2013 bis einschließlich 04/2015 hervorgehen. Bezüglich der vorgebrachten Augenerkrankung entgegnete die WGKK, dass der Geschäftsführer seine Agenden sofort niederlegen und zurücktreten hätte müssen, wenn er an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert gewesen wäre. Die vom BF eingewendete Zahlung von € 5.500,-- von Dezember 2014 sei im verfahrensgegenständlichen Rückstandsausweises berücksichtigt worden.
Mit Schreiben vom 20.08.2015 und 15.09.2015 ersuchte der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter jeweils um Fristerstreckung. Mit einem Schreiben, das der rechtsfreundlichen Vertretung des BF am 27.01.2016 zugestellt wurde, setzte die WGKK eine letztmalige Frist bis zum 20.02.2016.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.03.2016 wies die WGKK die Beschwerde des BF ab und hielt an ihrer bisherigen Begründung fest. Sämtliche Zahlungen bis zur Erlassung des Bescheides vom 15.06.2015 seien berücksichtigt worden und hätten bereits den in diesem Bescheid angeführten Haftungsbetrag reduziert. Der BF habe trotz Aufforderung und gewährter Fristerstreckung keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Nach herrschender Judikatur sei die WGKK zur Annahme berechtigt gewesen, dass der BF seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.
Mit Schreiben vom 06.04.2016 beantragte der BF die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
8. Mit einem an den BF zu Handen seines Rechtsvertreters gerichteten Schreiben vom 08.01.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht nach Darlegung der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur klargestellt, dass dem BF zur Last gelegt werde, die (unter Berücksichtigung des im Dezember 2014 bezahlten Betrages von €
5.500,-) ausgewiesene Beitragsverbindlichkeiten der Primärschuldnerin nicht zeitgerecht entrichtet zu haben. Maßgebend sei, ob und inwieweit der BF im Beurteilungszeitraum Dezember 2013 bis April 2015 seiner Pflicht zur Gläubigergleichbehandlung nachgekommen sei. Da der BF behauptet habe, bereits vor April 2015 sämtliche Zahlungen eingestellt zu haben erhielt er Gelegenheit dies unter Nennung des konkreten Zeitpunktes der Zahlungseinstellung nachzuweisen. Da der BF behauptete, als Geschäftsführer der Primärschuldnerin die Gläubigergleichbehandlung beachtet zu haben, erhielt er Gelegenheit, nachvollziehbar darzulegen und nachzuweisen, dass er als Geschäftsführer der Primärschuldnerin (vor der Einstellung sämtlicher Zahlungen, also im restlichen Beurteilungszeitraum) der Gläubigergleichbehandlung nachkam. Dem BF wurde dargelegt, dass das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Beitragsschulden (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsschulden (Beitragszahlungsquote) darzulegen und nachzuweisen wäre und dass bei Unterbleiben dieser erweiterten Mitwirkungspflicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung iSd § 67 Abs. 10 ASVG auszugehen wäre.
Der BF hat dieses Schreiben nicht beantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war im verfahrensgegenständlichen Beurteilungszeitraum Zeitraum Dezember 2013 bis April 2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Er vertritt diese seit 11.07.2008 selbstständig. Das Insolvenzverfahren über die Primärschuldnerin wurde laut Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 06.05.2015, Zl. XXXX , mangels Kostendeckung nicht eröffnet. Es wurde festgestellt, dass die Primärschuldnerin zahlungsunfähig sei.
Die unberichtigten Beitragsforderungen der WGKK gegen die Primärschuldnerin für den Beobachtungszeitraum Dezember 2013 bis April 2015 betragen EUR 10.921,63 plus Verzugszinsen ab 01.06.2015 iHv 7,88% p.a. aus EUR 10.074,88.
Der sachkundig vertretene BF hat weder eine im Beobachtungszeitraum erfolgte Einstellung sämtlicher Zahlungen noch die Gläubigergleichbehandlung wie eingangs (Pkt 1. Verfahrensgang) dargelegt für den genannten Beobachtungszeitraum konkret nachgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der vorliegende Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Verfahrensakt, insbesondere aus dem einliegenden Firmenbuchauszug vom 12.05.2015, dem Rückstandsausweis vom 15.06.2015, sowie durch Einsicht in die Insolvenzdatei des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, weiters aus dem im Beschwerdeverfahren durchgeführten nachweislich zugestellten Schriftverkehr (Aufforderung zur Stellungnahme vom 08.01.2019).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von dieser Bestimmung erfasst. Gegenständlich liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A I.)
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde, (Anmerkung nach Beschwerdeerhebung) den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufheben, abändern oder die Beschwerde zurückweisen oder abweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Im vorliegenden Fall langte die Beschwerde am 16.07.2015 bei der WGKK ein. Die zweimonatige Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endete am 16.09.2015.
Die belangte Behörde war daher am 17.03.2016 nicht mehr zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zuständig: Die Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung geht mit Ablauf der Frist zur Erlassung der Vorentscheidung unter (VwGH 04.11.1996, 96/10/0109; Hengstschläger/Leeb, AVG § 64a Rz 8). Die Beschwerdevorentscheidung vom 17.03.2016 wurde von einer unzuständigen Behörde erlassen. Die Unzuständigkeit ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (VwGH 21.01.1992, 91/11/0076). Die Beschwerdevorentscheidung war daher von Amts wegen ersatzlos zu beheben. Folglich lebt der ursprüngliche Bescheid, nämlich jener vom 15.06.2015, wieder auf (VwGH 17.11.2014, 2013/17/0113) und die dagegen erhobene Beschwerde war inhaltlich zu behandeln.
Die Beschwerdevorentscheidung war im weiteren Verfahren als Stellungnahme der belangten Behörde zu werten.
Zu A II.)
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Da über die Primärschuldnerin mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist Uneinbringlichkeit der verfahrensgegenständlichen Beitragsverbindlichkeiten gegeben.
Der BF war im Zeitraum Dezember 2013 bis April 2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Er gehört zum Kreis der nach § 67 Abs. 10 ASVG haftenden Personen. Dem BF wird die nicht rechtzeitige Entrichtung der im Beobachtungszeitraum Dezember 2013 bis April 2015 fällig gewesenen Beiträge zur Last gelegt. Diese war kausal für deren spätere Uneinbringlichkeit.
Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehende gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin bestehen, dass er die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt. (vgl. VwGH 2017/08/0070 vom 12.10.2017).
Wie ein Vertreter, dem gemessen an der Gesamtsumme aller Forderungen nur unzureichende Mittel zur Verfügung stehen, seiner Gleichbehandlungspflicht gegenüber dem Sozialversicherungsträger konkret nachzukommen hat, ist nach der Zahlungstheorie zu beurteilen. Demnach ist der Vertreter nur dann exkulpiert, wenn er nachweist, im Beurteilungszeitraum entweder über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung die Versicherungsbeiträge ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger nicht oder nur zum Teil entrichtet zu haben, die Beiträge also nicht in Benachteiligung der Sozialversicherung in einem geringeren Ausmaß entrichtet zu haben als die Forderungen der anderen Gläubiger (vgl. VwGH 2017/08/0070 vom 12.10.2017).
Zur Ermittlung des Haftungsumfangs ist in einem ersten Schritt der Beurteilungszeitraum zu ermitteln, der mit der Fälligkeit der ältesten am Ende jenes Zeitraums noch offenen Beitragsverbindlichkeit beginnt und der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (sofern keine Hinweise auf eine frühere allgemeine Zahlungseinstellung oder Beendigung der Vertreterstellung gegeben sind) endet. In einem zweiten Schritt sind einerseits das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen fälligen Verbindlichkeiten einschließlich der Beitragsschulden (allgemeine Zahlungsquote) sowie andererseits das Verhältnis der im selben Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsschulden (Beitragszahlungsquote) zu ermitteln. Das Produkt aus der Differenz der beiden Quoten und den insgesamt fälligen Beitragsschulden ergibt letztlich den Haftungsbetrag. (vgl. VwGH 2017/08/0070 vom 12.10.2017).
Die Haftung erstreckt sich im Fall der Ungleichbehandlung auf jenen Betrag um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger der Sozialversicherungsträger mehr erlangt hätte, als er (infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des nun Haftenden tatsächlich bekommen hat (vgl. Derntl in Sonntag, ASVG, 9. Auflage, § 67 Rz 99a mit Verweis auf VwGH 2003/14/0040).
Bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes erfolgte Beitragszahlungen sind ungeachtet allfälliger Widmungen auf die jeweils älteste Forderung zu beziehen sind (vgl. VwGH 2012/08/0227 vom 29.01.2014).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2014/08/0028 vom 12.01.2016 ausgeführt hat, entspricht die Aufschlüsselung des Haftungsbetrages nach dem rückständigen Betrag, der Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren den Vorgaben des § 64 Abs 2 ASVG.Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld. Durch Zugrundelegung des Rückstandsausweises bringt die Behörde zum Ausdruck, auf welchen Sachverhalt sie die Vorschreibung gründet, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.
Es ist Sache des als Verantwortlicher herangezogenen Vertreters der juristischen Person, jene Gründe darzulegen und entsprechende Beweisanbote zu erstatten, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls seine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. (vgl. VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028).
Dabei hat der zur Haftung herangezogene nicht nur allgemein darzutun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen habe. Vielmehr hat dieser die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darzulegen. Den zur Haftung herangezogenen trifft insoweit eine erweiterte Mitwirkungspflicht (vgl. VwGH 2015/08/0038 vom 11.04.2018).
Der Umstand, auf Grund von rechtlichen oder faktischen Einschränkungen daran gehindert gewesen zu sein, der Gleichbehandlungspflicht nachzukommen, kann den Geschäftsführer nicht von vornherein exkulpieren. Dieser wäre im Falle der Behinderung seiner Vertretungsfunktion vielmehr verpflichtet gewesen, sofort entweder im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden. Bleibt der Geschäftsführer aber weiterhin tätig, obwohl er sich in seiner Pflichterfüllung behindert sieht, verletzt er (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Beiträge. Der Geschäftsführer hat es in der Hand, im Rechtsweg die Ausübung seiner Rechte zu erzwingen oder die Geschäftsführungsbefugnis zurückzulegen. Er muss es sich als Verschulden anrechnen lassen, wenn er sich an der Erfüllung der Aufgaben behindern ließ (vgl. VwGH 2012/08/0227 vom 29.01.2014).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 67 Abs 10 ASVG ausgesprochen hat, ist ein allenfalls gegebener schlechter Gesundheitszustand, der die Leistungsfähigkeit erheblich einschränkt, kein Grund, eine Pflichtverletzung zu rechtfertigen, zumal sich der Beschwerdeführer bei seinen Aufgaben auch hätte vertreten oder unterstützen lassen können (vgl. VwGH 22. 09. 2004, Zl. 2001/08/0072).
Im vorliegenden Fall war die Gläubigergleichbehandlung durch den BF iSd obigen Judikatur im Beobachtungszeitraum Dezember 2013 bis April 2015 zu prüfen. Der BF hatte Gelegenheit, bezogen auf den strittigen Zeitraum darzulegen und entsprechend unter Beweis zu stellen, welche Verbindlichkeiten der GmbH aushafteten, welche Mittel ihr an sich zur Verfügung standen und welche Zahlungen für sie jeweils geleistet wurden. (vgl. VwGH 21.05.1996, 93/08/0221). Der sachkundig vertretene BF ist seiner diesbezüglichen Nachweispflicht aber nicht nachgekommen. Es ist daher von einer schuldhaften Pflichtverletzung iSd § 67 Abs 10 ASVG auszugehen.
Soweit der BF in seiner Beschwerde vorbringt, er hätte bereits vor April 2015 sämtliche Zahlungen eingestellt, so wäre dieser Umstand bei entsprechendem Nachweis geeignet, den Beobachtungszeitraum zu verkürzen. Der BF hat er die ihm gewährte Gelegenheit, seine diesbezügliche Behauptung zu konkretisieren und entsprechend nachzuweisen, aber nicht wahrgenommen.
Soweit der BF einwendet, ihm sei nicht eindeutig kommuniziert worden, welche Pflichtverletzung ihm zur Last gelegt werde, so ist dem zu entgegnen, dass dem BF im Rahmen des gesamten Verfahrens unmissverständlich die Nichtbeachtung der Gläubigergleichbehandlung im festgestellten Beobachtungszeitraum in Bezug auf nun uneinbringlich gewordene offene Beitragsforderungen und daraus resultierend eine Haftung gemäß § 67 Abs 10 ASVG zu Last gelegt wurde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2014/08/0028 vom 12.01.2016 ausgesprochen hat, entspricht die Aufschlüsselung des Haftungsbetrages nach dem rückständigen Betrag, der Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren den Vorgaben des § 64 Abs 2 ASVG. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Beitragsschuld. Durch Zugrundelegung des Rückstandsausweises bringt die Behörde zum Ausdruck, auf welchen Sachverhalt sie die Vorschreibung gründet, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt. Dem BF wurde unzweifelhaft die nicht rechtzeitige Entrichtung der im Zeitraum Dezember 2013 bis April 2015 fällig gewordenen Beiträge zur Last gelegt. Die diesbezügliche Argumentation des BF geht somit ins Leere.
Eine im Beobachtungszeitraum getätigte Meldepflichtverletzung wird dem BF im angefochtenen Bescheid nicht zur Last gelegt. Auf seinen diesbezüglicher Einwand, die Behörde hätte feststellen müssen, welche Umstände zu welchem Zeitpunkt gemeldet hätten werden müssen ist daher nicht einzugehen.
Soweit der BF einwendet, sein schlechter Gesundheitszustand hätte seine Leistungsfähigkeit erheblich einschränkt, so ist darin kein Grund zu erkennen, eine Pflichtverletzung im hier zu beurteilenden Sinn rechtfertigen würde, zumal sich der Beschwerdeführer bei seinen Aufgaben auch hätte vertreten oder unterstützen lassen können (vgl.VwGH 20.04.2005, 2003/08/0277).
Die Höhe des festgestellten Haftungsbetrages ergibt sich aus dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Rückstandsausweis vom 01.06.2015. Soweit der BF diesbezüglich eingewendet hat, er hätte im Dezember 2013 € 5.000,-- bezahlt, so hat die WGKK dem nachvollziehbar entgegengehalten, dass diese Zahlung im genannten Rückstandsausweis bereits berücksichtigt wurde. Weitere konkrete Vorbringen bezüglich der Höhe der im Rückstandsausweis hat der BF nicht gemacht.
Zusammenfassend ist von einer schuldhaften Verletzung der den BF als Geschäftsführer der eingangs genannten Primärschuldnerin treffenden Pflicht zur rechtzeitigen Entrichtung der fälligen Beiträge auszugehen, die für die nunmehrige Uneinbringlichkeit dieser Forderungen kausal war. Die angefochtene Entscheidung der WGKK erfolgte zu Recht. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (s. die oben angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdevorentscheidung, ersatzlose Behebung, Fristablauf,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W164.2125921.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019