Entscheidungsdatum
22.02.2019Norm
AlVG §25Spruch
W121 2015377-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Günter KRAPF (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und KommR Raimund WIDHALM (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen das Schreiben des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX , nach Bescheid vom XXXX , GZ: XXXX , betreffend den Wiedereinsetzungsantrag und die Ratenbewilligung, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde der nunmehrige Beschwerdeführer zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Notstandshilfe in Höhe von € XXXX verpflichtet.
Mit Schreiben vom XXXX stellte der Beschwerdeführer einen näher begründeten Antrag auf Ratenzahlung.
Mit Schreiben vom XXXX teilte das AMS dem Beschwerdeführer Folgendes mit:
"...
Service für Arbeitskräfte;
Offener Rückforderungsbetrag € XXXX
Ihr Ansuchen um Zahlungserleichterung vom XXXX
Sehr geehrter Herr XXXX ,
aufgrund Ihres Ansuchens vom XXXX um Zahlungserleichterung gestattet das Arbeitsmarktservice XXXX , den noch aushaftenden Rückforderungsbetrag in der Höhe von € XXXX in I Monatsraten von je € XXXX und einer Restrate von € XXXX beginnend ab XXXX zu begleichen.
Die Zahlungen sind jeweils zum Ersten des Monats fällig. Bei Versäumnis von nur einer Ratenzahlung wird nach Setzung einer vierzehntägigen Nachfrist die gesamte aushaftende Schuld fällig und eine zwangsweise Eintreibung muss in Erwägung gezogen werden. Um Ihnen Unannehmlichkeiten und zusätzliche Kosten zu ersparen, ersuchen wir Sie, Ihrer Zahlungsverpflichtung pünktlich mittels beiliegenden Zahlungsanweisungen auf das Konto XXXX , des Arbeitsmarktservice XXXX nachzukommen.
Zur Sicherstellung einer zeitgerechten Verrechnung und eindeutigen Zuordnung Ihrer Einzahlung, führen Sie bei einer Überweisung, die nicht mit der angefügten Zahlungsanweisung erfolgt, als Verwendungszweck Ihre Sozialversicherungsnummer an. Bei Durchführung Ihrer Zahlung mittels Telebanking tragen Sie bitte Ihre Sozialversicherungsnummer im Feld Zahlungsreferenz ein.
Wesentliche Änderungen Ihrer wirtschaftlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind unverzüglich dem Arbeitsmarktservice XXXX zu melden.
Dem Arbeitsmarktservice bleibt das Recht auf Änderung oder Aufhebung dieser Zahlungserleichterung vorbehalten.
Mit freundlichen Grüßen
XXXX
Service für Arbeitskräfte
..."
Mit Schreiben vom XXXX brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung sowie eine Beschwerde gegen das oa. Schreiben des AMS vom XXXX ein. Er führte zunächst aus, dass auch ein formloses Schreiben des AMS betreffend eines Ratenansuchens einen Bescheid darstellen könne und verwies unter anderem auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX . Zudem führte er aus, dass gemäß § 71 Abs. 1 Z 2 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei die Erhebung eines Rechtsmittels aufgrund der nicht vorhandenen Rechtsmittelbelehrung in einem Bescheid verabsäumt habe. Weiters führte er aus, dass das AMS seine wirtschaftlichen Verhältnisse und seine Zahlungswilligkeit nicht ermittelt habe, sondern lediglich auf die Zahlungsmöglichkeit aufgrund seiner Arbeitsaufnahme abgestellt habe.
Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zur Qualifikation des Schreibens mit welchem das Ratenansuchen entschieden worden sei und stellte gleichzeitig einen Vorlageantrag.
Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung sowie die Beschwerde vom XXXX gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte das AMS aus, dass es sich beim Schreiben vom XXXX um die Mitteilung über die Ratengewährung handle, welcher kein Bescheidcharakter zukomme. Die gegen dieses Schreiben gerichtete Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen den Bescheid vom XXXX erhob der Beschwerdeführer am XXXX Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Beschwerdevorbringen. Zudem beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Am XXXX langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Notstandshilfe in Höhe von € XXXX verpflichtet.
Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf Ratenzahlung beim AMS.
Mit Schreiben vom XXXX teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass sein Ansuchen auf Zahlungserleichterung bewilligt wird und er den noch aushaftenden Rückforderungsbetrag in der Höhe von € XXXX in einer Monatsrate von € XXXX und einer Restrate von € XXXX beginnend ab XXXX zu begleichen hat.
Das Schreiben des AMS vom XXXX ist nicht als Bescheid zu qualifizieren.
Am XXXX erhob der Beschwerdeführer gegen das Schreiben des AMS vom XXXX einen Wiedereinsetzungsantrag sowie Beschwerde.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung, dass das Schreiben der belangten Behörde vom XXXX nicht als Bescheid zu qualifizieren ist, wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung (Pkt. 3.2.) verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.1. Voraussetzung für die Qualifikation eines Verwaltungsaktes als Bescheid ist, dass es im Willen des Organs liegt, den Akt in Ausübung der hoheitlichen Gewalt zu setzen, und das Organ diesen Willen entsprechend zum Ausdruck bringt (vgl. VwGH 06.09.1995, 95/12/0195, mwN).
Aus § 58 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist und einen Spruch und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten halt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hierzu in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden kann, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch normativ rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der Erledigung, also in dem Sinn auch aus deren Form ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge im Verfahren, Rechtsbelehrungen und dergleichen reichen hierbei nicht aus (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033 ua. mwN).
Weist eine Erledigung nicht die für einen Bescheid vorgesehene Form auf, muss aus dieser deutlich hervorgehen, dass die Verwaltungsbehörde den objektiven Willen hatte gegenüber einer individuellen Person eine normative Regelung hinsichtlich einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. VwGH 19.12.2001, 2001/12/0053).
Mangelt es einer Erledigung an der für Bescheide vorgesehenen Form, so muss deutlich hervorgehen, dass die Behörde dennoch den objektiv erkennbaren Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. VwGH 19.12.2001, 2001/12/0053).
An eine nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH 18.10.2000, 95/17/0180). Bei Zweifeln über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form der Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (vgl. VwGH 22.02.2007, 2006/09/0216; 13.09.2006, 2006/12/0085).
3.2. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung, insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0033 ua., ist das Schreiben des AMS vom XXXX - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers - nicht als Bescheid zu qualifizieren.
Die Erledigung des AMS vom XXXX enthält keine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, keinen als Spruch gekennzeichneten Teil und keine Rechtsmittelbelehrung. Weiters ist dem Verwaltungsakt keine Genehmigung des Schreibens des AMS im Sinne des § 18 Abs. 3 AVG zu entnehmen. Die Erledigung ist ferner nicht durch die gemäß § 25 Abs. 4 AlVG zur Entscheidung über Ratenansuchen berufene regionale Geschäftsstelle ergangen, sodass auch nicht gesagt werden kann, sie sei im Zweifel als Bescheid zu deuten, weil diese Erledigungsform gesetzlich geboten gewesen wäre (vgl. VwGH 09.10.2013, 2013/08/0034, mwN).
Auch aus der Textierung des Schreibens geht nicht deutlich hervor, dass über den Antrag des Beschwerdeführers rechtsverbindlich abgesprochen worden wäre. Selbst wenn einige Formulierungen ("gestattet das Arbeitsmarktservice [...] zu begleichen", "Bei Versäumnis [...] eine zwangsweise Eintreibung muss in Erwägung gezogen werden.") einen normativen Inhalt andeuten, sprechen andere ("um ihnen Unannehmlichkeiten und zusätzliche Kosten zu ersparen, ersuchen wir sie [...]") sowie die sonstigen Höflichkeitsfloskeln in der Anrede ("Sehr geehrter Herr [...]) und in der Grußformel ("Mit freundlichen Grüßen") gegen einen normativen Charakter (siehe hierzu auch VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033 ua.).
3.3. Insgesamt war daher dem Schreiben des AMS vom XXXX vor dem Hintergrund des von der Rechtsprechung geforderten strengen Maßstabes nach Form und Inhalt keine Bescheidqualität beizumessen. Es handelt sich vielmehr um eine unverbindliche Mitteilung bzw. Information.
Hinsichtlich des vorliegenden Wiedereinsetzungsantrages ist der Beschwerdeführer darauf hinzuwiesen, dass es sich beim Schreiben vom XXXX , welches der Beschwerdeführer irrtümlich als Bescheid wertete, wie oben bereits ausgeführt um keinen Bescheid handelt und somit auch kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden konnte, zumal dieses Schreiben auch keine Frist in Gang gesetzt hat.
Insofern war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde - trotz Antrag des Beschwerdeführers - gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt schien. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor, die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033, -0047 und -0048) eindeutig geklärt ist. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0033, -0047 und -0048); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheidqualität, Ratenzahlung, Wiedereinsetzung, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W121.2015377.2.00Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019