TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W166 2205849-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2205849-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.08.2018, wegen Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.11.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, und legte ein Konvolut an medizinischen Beweismittel vor.

Von der belangten Behörde wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.05.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, eingeholt.

In dem Gutachten wurden als Funktionseinschränkungen Leiden 1 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Pos.Nr. 02.01.02, 30%), Leiden 2 Gonarthrose links (02.05.20, 30%), Leiden 3 Periarthropathie beider Schultergelenke (02.06.02, 20%), Leiden 4 Diabetes mellitus II (09.02.01, 20%) und Leiden 5 Hypertonie (05.01.01, 10%) mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 40 v.H. festgestellt.

Zur Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass das klinisch führende Leiden 1 durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht wird, und keine Erhöhung durch die Leiden 3-5 vorliegt, da Leiden 1 und 2 dadurch nicht maßgeblich ungünstig beeinflusst werden und eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz fehlt.

Im Gutachten wurde weiters auszugsweise ausgeführt:

"Anamnese:

Auf die Vorgutachten - Letztuntersuchung 2015 -

1) Kniegelenksabnützung links (30%)

2) Mehrsegmental degenerativer Bandscheibenschaden in der HWS und LWS (20%)

3) Chronischer Weichteilreiz beider Schultergelenke (20%)

4) Diabetes mellitus II (20%)

5) Chronisch obstruktie Bronchitis (20%)

6) Hypertonie (10%) -

mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30% - wird eingangs verwiesen.

Seither keine Operationen und keine Kuraufenthalte.

Spitalsaufenthalte im Rudolfinerhaus - zuletzt im April 2017 - Befund dazu liegt vor.

Derzeitige Beschwerden:

Herr XXXX berichtet über seine Wirbelsäulenbeschwerden - vor allem lumbal - mit Ausstrahlung in beide Beine - links mehr als rechts. Beschwerden habe er auch im linken Kniegelenk - er kann angeblich wegen der schlechten BZ-Situation (schlecht eingestellt) nicht operiert werden. Beschwerden in beiden Schultergelenken werden auch erwähnt. Wegen Juckreiz in beiden Unterschenkeln werden Salben und kurze Stützstrümpfe verwendet.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Actos, Diamicron, Glucophage, Dronabinol 4-5-6 Tropfen, Aquaphoril bei Bedarf, Ferretab comp., Allostad, Atozet, Zyrtec bei Bedarf, Seractil bei Bedarf, Bisoprolol bei Bedarf, Magnesium, bei Bedarf, Seractil bei Bedarf, Salben.

Sozialanamnese:

Pensionist, verheiratet, 1 Kind, Pflegegeldstufe 2 wird bezogen. Will mehr als 50% Gesamtbehinderung und dazu den Parkausweis.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Neuropsychiatrischer Befund Dr. XXXX vom 14.11.2017: Es besteht ein chronisches Schmerzsyndrom im Rahmen einer Listhese L5/S1 mit polyradikulären Schmerzen L4 bis S1 beidseits. Eine chirurgische Therapie wurde einige Male diskutiert, steht aber zum derzeitigen Zeitpunkt nicht wirklich als Therapie der ersten Wahl zur Verfügung. Eine multimodale Schmerztherapie wurde in den letzten Jahren etabliert, zuletzt in Form von regelmäßigen physikalischen Therapien, zusätzlich erfolgte die Einstellung auf synthetisches Gannabis (Dronabinol). Insgesamt ist der Patient durch die

Schmerzsymptomatik gehbehindert, es kommen auch zusätzlich diverse orthopädische Erkrankungen hinzu (Knie, Hüfte beidseits). Der Patient ist nur mit Stock und Kniestrumpf gehfähig.

Befund Rudolfinerhaus vom 5.5.2017: Diabetes mellitus, Typ II, Übergewicht, Hyperuricämie, Hyperlipidämie.

Befund Rudolfinerhaus vom 20.4.2017: Lumboischialgie links, massive Gonarthrose links, V.

a. PNP. Kein hämodynamisch relevanten Strombahnhindernisse im Bereich der UE in Ruhe - Dopplerindex rechts 1,11 und links 1,0.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 182,00 cm Gewicht: 103,00 kg Blutdruck: 140/85

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, 40 Zig./Tag, keine Atemnot.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen.

Obere Extremitäten: demonstriert mäßiggradige Schultergelenksbeweglichkeitseinschränkungen beiderseits, Kraft unauffällig, kein Tremor.

Untere Extremitäten: Streckdefizit linkes Kniegelenk von etwa 25° - Beugung mehr als 90° möglich - trägt Kniestrumpf links - trägt beidseits auch kurze Kompressionsstrümpfe.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, HWS-Rotation mäßig eingeschränkt, FBA im Stehen: 25 cm werden demonstriert.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit einem Gehstock ins Untersuchungszimmer, der mehr mitgetragen, als funktionell eingesetzt wird; lässt sich teilweise von der Gattin aus- und ankleiden.

Status Psychicus:

voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, bei der körperlichen Untersuchung nur sehr eingeschränkt kooperativ.

(...)

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 5 des Vorgutachtens entfällt - beweisende aktuelle Befunde wurden dazu nicht vorgelegt. Leiden 2 des Vorgutachtens - nun als Leiden 1 gelistet - hat sich verschlechtert."

Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband (KOBV), hat im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme zum Ermittlungsergebnis eingebracht, worauf die belangte Behörde nachfolgende ergänzende allgemeinärztliche Stellungnahme vom 03.08.2018 einholte:

"Neurologischer Befund Dr. XXXX - vom 22.6.2018:

L5 Läsion links bei Listhese L5/S1 und ausgeprägter Foramenstenose L5/S1 links mit

Parese des Musculus glutaeus medius und Fußheberschwäche links. Sensomotorische Polyneuropathie der UE (diabetogen). Chronifiziertes Schmerzsyndrom. Chronifiziertdepressive Episode, derzeit mittelgradig.

MRT LWS - Rudolfinerhaus - 12.6.2018:

Anterolisthese L5/S1 um 6 mm, Osteochondrose L5/S1 - Einengung beider Neuroforamina - keine Befunddynamik seit 2015.

Hautfacharztbefund - XXXX - vom 5.6.2018: Herr XXXX ist seit 2015 in unserer Praxis in Behandlung, letzter Ordinationsbesuch war am 18.1.2018 - folgende Befunde haben wir erhoben: Beinödeme, Stauungsdermatitis bei CVI, Xerosis cutis und gen. Pruritus bei bek. Diabetes.

Internistische Befund - Dr. XXXX - vom 6.6.2018: Bei Herr XXXX bestehen folgende Diagnosen: Koronare Herzkrankheit, Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, unter oraler Therapie nicht optimal einstellbar, Metabolisches Syndrom,

Diabetische Polyneuropathie, Hochgradige Aufbrauchserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates mit statischer Insuffizienz (Stockhilfe bzw. für längere Streckten elektr. Rollstuhl erforderlich), COPD II.

Aus gutachterlicher Sicht ist dazu anzumerken, dass sämtliche Diagnoselisten / Befundnachreichungen - separat für dieses Parteiengehör zusammengetragen - keine wesentlichen neuen Aspekte enthalten. Das gilt auch für das Pflegegeldgutachten - vor allem fehlen die zweifelsfrei nachvollziehbaren objektiven Befunde zu den diversen Behauptungen. Der objektive elektroneurodiagnostische Befund vom 21.2.2018 - sensomotorisches, linksseitig betontes Neuropathiesyndrom an den UE; im Vergleich zur Voruntersuchung geringe Befundprogredienz links - ist in der Beurteilung unter den Punkten 1 und 4 mitberücksichtigt und bedarf damit keiner separaten Auflistung.

Im Rahmen der Untersuchung im SMS wurden sehr wohl alle wirklich relevanten Fakten, betreffend Einzelgrade der Gesundheitsschädigungen, Gesamtgrad der Behinderung und Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel berücksichtigt.

Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilung betreffend Einzelgrade der Gesundheitsschädigungen, Gesamtgrad der Behinderung und beantragter Zusatzeintragungen nicht vorgeschlagen wird, da die wirklich relevanten objektivierbaren (und auch durch objektive Befunde untermauerte) Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen inklusive ihrer Auswirkungen auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in der Beurteilung nach dem BBG entsprechend berücksichtigt und bewertet wurden."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.08.2018 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen und einen Grad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt.

Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei und nach diesem Gutachten der Grad der Behinderung 40 v. H. betrage. Gemäß § 40 Abs. 1 BBG sei behinderten Menschen erst ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Das Sachverständigengutachten und die ärztliche Stellungnahme wurden dem Beschwerdeführer als Beilage mit dem Bescheid übermittelt.

Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den KOBV fristgerecht Beschwerde und brachte vor, er leide an schweren Aufbrauchserscheinungen des gesamten Bewegungs- und Stützapparates, einem chronischen Schmerzsyndrom - welches vom Sachverständigen nicht berücksichtigt worden sei -, einer diabetisch sensomotorischen Polyneuropathie, einer koronaren Herzerkrankung und einer COPD II. Auf Grund der zahlreichen Beschwerden und der gegenseitigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung hätte mindestens ein Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. festgestellt werden müssen. Mit der Beschwerde legte der Beschwerdeführer weitere medizinische Beweismittel vor, und beantragte die Einholung fachärztlicher Sachverständigengutachten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 18.09.2018 vorgelegt.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin - welcher den Beschwerdeführer bereits untersucht hat - basierend auf der Aktenlage, eingeholt.

In dem ergänzenden ärztlichen Sachverständigengutachten vom 19.12.2018 wurde Nachfolgendes ausgeführt:

"Fragestellungen:

1) der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Beschwerde Einwendungen erhoben, Abl. 132-134 und vorgebracht, es seien nicht alle Gesundheitsschädigungen berücksichtigt worden. Es wird um Stellungnahme zu den Einwendungen ersucht.

2) Weiters wird ersucht, insbesondere zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers

Stellung zu nehmen, "er leide an einer koronaren Herzerkrankung und einer COPD

3) Bedingen die Einwendungen des Beschwerdeführers eine abweichende Beurteilung vom bisherigen Ergebnis?

Ergebnis:

1 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.02 30%

Unterer Rahmensatz, da nachvollziehbare Beschwerden (chronisches Schmerzsyndrom) im Rahmen der vorliegenden Listhese L5/S1.

2 Gonarthrose links 02.05.02 30%

3 Periarthropathie beider Schultergelenke 02.06.02 20%

4 Diabetes mellitus II 09.02.01 20%

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da orale medikamentöse Einstellung durchgeführt wird.

5 Hypertonie 05.01.01 10

Gesamtgrad der Behinderung: 40 v.H.

Das klinisch führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Keine Erhöhung durch die Leiden 3-5, da Leiden 1 und 2 dadurch nicht maßgeblich ungünstig beeinflusst werden und wegen fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz.

Es wurden sehr wohl das Wirbelsäulenleiden (Punkt 1), das chronische Schmerzsyndrom (siehe Rahmensatzbegründung Punkt 1) und auch das Kniegelenksleiden (Leiden 2) korrekt beurteilt:

Es wird dazu auch noch einmal auf die ausführlichen Ausführungen in der Stellungnahme vom 3.8.2018 verwiesen - insbesondere was die Berücksichtigung des sensomotorischen, linksseitig betonten Polyneuropathiesyndroms an den unteren Extremitäten und dessen Berücksichtigung unter Punkt 1 und 4 der Beurteilung - verwiesen.

Es wurden bis dato keine weiteren aktuellen Befunde vorgelegt, die zweifelsfrei eine einschätzungsrelevante koronare Herzkrankheit und eine COPD Il beweisen.

Zusammenfassung:

Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Berücksichtigung des vorliegenden Aktenmaterials keine Änderung und damit auch keine abweichende Beurteilung der bisherigen Einschätzung möglich ist."

Mit Schreiben vom 09.01.2019 wurden der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers, nachweislich zugestellt am 15.01.2019, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Bis dato langten keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.11.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkung vor:

1 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (02.01.02, 30%)

2 Gonarthrose links (02.05.02, 30%)

3 Periarthropathie beider Schultergelenke (02.06.02, 20%)

4 Diabetes mellitus II (09.02.01, 20%)

5 Hypertonie (05.01.01, 10%)

Das klinisch führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Lei-densbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Es erfolgt keine Erhöhung durch die Leiden 3-5, da Leiden 1 und 2 dadurch nicht maßgeblich ungünstig beeinflusst werden und eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz fehlt.

Das Wirbelsäulenleiden, das chronische Schmerzsyndrom, das Kniegelenksleiden und das sensomotorisch, linksseitig betonte Polyneuropathiesyndrom an den unteren Extremitäten wurden berücksichtigt.

Eine einschätzungsrelevante koronare Herzkrankheit und eine COPD Il konnten nicht objektiviert werden.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Datum der Einbringung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den behindertenrelevanten Funktionseinschränkungen und zum Grad der Behinderung ergeben sich aus dem eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 06.05.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, sowie der ärztlichen Stellungnahme vom 03.08.2018, und des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 19.12.2018, jeweils basierend auf der Aktenlage.

In den ärztlichen Gutachten und der ärztlichen Stellungnahme wurde auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen, und setzen sich die Gutachten umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und den erhobenen Einwendungen auseinander.

Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde vor, er leide an schweren Aufbrauchserscheinungen des gesamten Bewegungs- und Stützapparates, einem chronischen Schmerzsyndrom - welches vom Sachverständigen nicht berücksichtigt worden sei -, einer diabetisch sensomotorischen Polyneuropathie, einer koronaren Herzerkrankung und einer COPD II. Auf Grund der zahlreichen Beschwerden und der gegenseitigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung hätte mindestens ein Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. festgestellt werden müssen.

Diesbezüglich führte der medizinische Sachverständige im Gutachten vom 19.12.2018 aus, das Wirbelsäulenleiden (Leiden 1), das chronische Schmerzsyndrom (siehe Rahmensatzbegründung von Leiden 1 "chronisches Schmerzsyndrom") und auch das Kniegelenksleiden (Leiden 2) wurden im Gutachten vom 06.05.2018 beurteilt und korrekt eingestuft. In der Stellungnahme vom 3.8.2018 wurde - unter Zugrundelegung der Diagnose "sensomotorisches, linksseitig betontes Neuropathiesyndrom an den unteren Extremitäten" im elekroneurodiagnostischen Befund vom 21.02.2018 - aus ärztlicher Sicht festgehalten, dass im Vergleich zur Voruntersuchung die geringe Befundprogredienz links in der Beurteilung unter den Leiden 1 und 4 mitberücksichtigt ist, und keiner separaten Auflistung bedarf.

Der ärztliche Sachverständige stellte gutachterlich weiters fest, dass bis dato keine weiteren aktuellen Befunde vorgelegt wurden, aus welchen sich zweifelsfrei eine einschätzungsrelevante koronare Herzkrankheit und eine COPD Il objektivieren lassen.

Zusammenfassend wurden die Leiden des Beschwerdeführers aus ärztlicher Sicht entsprechend der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 40 v.H. korrekt eingestuft. Eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung liegt insofern vor, als dadurch das klinisch führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird. Keine Erhöhung ergibt sich durch die Leiden 3-5, da Leiden 1 und 2 dadurch nicht maßgeblich ungünstig beeinflusst werden und eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz fehlt.

Betreffend den Antrag des Beschwerdeführers in der Beschwerde, es mögen medizinische Gutachten aus den Fachgebieten der Orthopädie/Chirurgie sowie der Neurologie eingeholt werden, ist festzuhalten, dass grundsätzlich kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes besteht, und es vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten ankommt (siehe auch Pkt. 3. Rechtliche Beurteilung).

Der Beschwerdeführer ist den ärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachten.

Die ärztlichen Sachverständigengutachten vom 06.05.2018 und vom 19.12.2018 sowie die ärztliche Stellungnahme vom 03.08.2018 wurden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Antragstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§9 Abs. 1 Z3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. 2r. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers /§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorgesehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 (Einschätzungsverordnung), lauten auszugsweise:

....

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Wie bereits in der Beweiswürdigung umfassend ausgeführt, wurden die Leiden des Beschwerdeführers entsprechend der Anlage zur Einschätzungsverordnung von einem ärztlichen Sachverständigen mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 40 v.H. eingestuft, und der Gesamtgrad der Behinderung damit begründet, dass eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung dadurch vorliegt, dass das klinisch führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird. Keine Erhöhung ergibt sich durch die Leiden 3-5, da Leiden 1 und 2 dadurch nicht maßgeblich ungünstig beeinflusst werden und eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz fehlt.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Betreffend die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung Nachfolgendes zu entnehmen:

"02.01 Wirbelsäule

02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30-40 %

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauern, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:

Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30%:

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika.

02.05 Untere Extremitäten

Kniegelenk

02.05.20 Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig 30 %

Streckung/Beugung 0-10-90°

02.06 Obere Extremitäten

Schultergelenk, Schultergürtel

02.06.02 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 %

Abduktion und Elevation bis maximal 120° mit entsprechender Einschränkung der Außen- und Innenrotation

05.01 Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen. Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.

05.01.01 Leichte Hypertonie 10 %

09.02 Diabetes mellitus

Eine Unterscheidung in insulinpflichtigen und nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist wegen der unterschiedlichen Handhabung notwendig. Die Insulinapplikation beeinträchtigt den Tagesablauf (insbesondere im Erwerbsleben) mehr als eine rein orale Einstellung mit Antidiabetika.

09.02.01 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 10 - 30 %

10 %: Bei Kostbeschränkung ohne Medikation 20 - 30 %: Je nach Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c Wertes"

Da in dem gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachten vom 06.05.2018, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, ein Grad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt wurde, und mit Gutachten vom 19.12.2018 diese Einstufung bekräftigt wurde, sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt.

Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Beurteilung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).

Auf das Vorbringen betreffend die Zuziehung von Fachärzten wurde in der Beweiswürdigung bereits eingegangen und ist nochmals festzuhalten, dass die Behörden verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen, das Gesetz enthält aber keine Regelung aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Vielmehr kommt es auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarere verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs.4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen und nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung nach den Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen und die vorgelegten medizinischen Beweismittel waren nicht geeignet, die Sachverständigengutachten zu entkräften. Der Beschwerdeführer, vertreten durch den KOBV, hat zu dem ihm im Rahmen des Parteiengehörs vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 19.12.2018 keine Stellungnahme abgegeben und dieses nicht bestritten. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine weiteren Fragen an den Beschwerdeführer oder an den befassten Sachverständigen. Die Sachverständigengutachten sind schlüssig und der Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entgegen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W166.2205849.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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