TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W135 2208806-1

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W135 2208806-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz TROMPISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 15.10.2018, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung wie folgt abgeändert:

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist seit 14.10.1993 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 %. Sie brachte am 26.09.2017 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in ihrem Behindertenpass beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) ein und legte dem Antrag ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln bei.

Die belangte Behörde führte ein medizinisches Ermittlungsverfahren durch und holte ärztliche Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der Augenheilkunde und der Orthopädie ein, welche der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurden. Die Beschwerdeführerin nahm zu den eingeholten Gutachten mit Schreiben vom 26.06.2018 Stellung.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sowie auf die - aufgrund der dagegen erhobenen Einwendungen - ergänzend eingeholte Stellungnahme vom 09.07.2018. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens, wonach der Grad der Behinderung 40 % betrage, seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt worden.

Mit weiterem Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000032, stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. Der Behindertenpass sei einzuziehen und unverzüglich dem Sozialministeriumservice vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin erhob jeweils mit Schreiben vom 17.08.2018 gegen die oben angeführten Bescheide vom 23.07.2018 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

Auf Grund des Beschwerdevorbringens zog die belangte Behörde die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung in Erwägung und holte eine weitere ärztliche Stellungnahme ein, welche der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und von ihr bestritten wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.10.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, mit welchem der Grad der Behinderung im Behindertenpass neu festgesetzt wurde, ab und stellte fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. Der Behindertenpass sei einzuziehen und unverzüglich dem Sozialministeriumservice vorzulegen.

Gleichzeitig wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.07.2018 zur Zl. 45832748000032, mit welchem der Behindertenpass eingezogen wurde, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Diese Beschwerde ist seit 15.10.2018 hiergerichtlich unter der Zl. W135 2207646-1, anhängig.

Mit E-Mail vom 30.10.2018 beantragte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage ihrer Beschwerde vom 17.08.2018 betreffend den gegenständlichen, den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 23.07.2018, Zl. 45832748000020, an das Bundesverwaltungsgericht.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht den Vorlageantrag, die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt am 05.11.2018 zur Entscheidung vor.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W135 2207646-1/4E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.07.2018 zur Zl. 45832748000032, mit welchem der Behindertenpass eingezogen wurde, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf Einziehung des Behindertenpasses zu lauten hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigen Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

..."

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde nach einem Antrag der Beschwerdeführerin auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass mit angefochtenem Bescheid spruchgemäß festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13.12.2018, Ra 2018/11/0204, in einem ähnlich gelagerten Fall ausgesprochen, dass im Falle des Wegfalls der Voraussetzungen für die Ausstellung des Behindertenpasses, der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 zweiter Satz BBG einzuziehen ist und die Einziehung gemäß § 45 Abs. 2 BBG durch Bescheid zu erfolgen hat. § 43 Abs. 1 zweiter Satz BBG enthält keine Ermächtigung für einen gesonderten Ausspruch der Behörde, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr vorliegen (anders als etwa § 14 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes - BEinstG) oder dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht.

Diesem Erkenntnis folgend ist der angefochtene Bescheid zu beheben, da dessen Spruch im BBG keine Deckung findet.

Da die belangte Behörde im gegenständlichen Fall bereits - in der vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. W135 2207646-1/4E, spruchgemäß bereinigten Form - mit weiterem Bescheid vom 23.07.2018, Zl. 45832748000032, ausgesprochen hat, dass der Behindertenpass einzuziehen ist, war in der gegenständlichen Fallkonstellation mit einer ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheides vorzugehen.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und die Beschwerdevorentscheidung spruchgemäß abzuändern.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Behindertenpass, Einziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W135.2208806.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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