Entscheidungsdatum
28.02.2019Norm
BBG §42Spruch
W115 2208799-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in Verbindung mit dem Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird die Beschwerdevorentscheidung behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat der Beschwerdeführerin am XXXX einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH ausgestellt.
2. Am XXXX hat die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Vertreter bei der belangten Behörde unter Vorlage der erteilten Vollmacht und eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) gestellt.
2.1. Zur Überprüfung der Anträge wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
In diesem Gutachten wurden folgende Funktionseinschränkungen angeführt:
? Funktionseinschränkungen mittleren Grades im gesamten Wirbelsäulenverlauf, degenerativ bedingt, Zustand nach Blockadebehandlung caudal XXXX , Laminotomie mit Neurolyse L3-L5 XXXX , laufende Rehabilitation, einfache Schmerztherapie
? Hüftgelenksersatz beidseits, Wechseloperationen beidseits, Psoastenotomie XXXX
? Fußdeformitäten beidseits mit Abrollstörung ohne funktionelle Beeinträchtigung der Sprunggelenke
? Venöses lymphatisches System mittelgradige Insuffizienz beidseits
? Rezidivierende Synovialiscysten (Ganglien) im Bereich der rechten Hand streckseitig
Zu den Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass wurde Folgendes angeführt (Auszug aus dem eingeholten Sachverständigengutachten):
"[...]
Funktionelle und Belastbarkeitseinschränkungen bei laufender Rehabilitation nach Wirbelsäulenoperation, aber keine relevanten neurologischen Defizite, keine erheblichen, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichenden Einschränkungen der Mobilität oder körperlichen Leistungsfähigkeit vorliegend.
Ausreichend gute Beweglichkeit der Gelenke beider Arme und Beine, es kann eine kurze Wegstrecke ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden, die üblichen Niveauunterschiede können überwunden werden, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport sind unter Verwendung von Haltegriffen möglich.
[...]"
2.2. Mit Schreiben vom XXXX wurde dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen nach Zustellung zu äußern.
2.3. Mit Schreiben vom XXXX , eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, wurde vom bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass aus den bereits vorliegenden Befunden hervorgehen würde, dass bei der Beschwerdeführerin breitbasige dorsomediane Diskusprotrusionen und schwere Osteochondrosen C4-C7 vorliegen würden. Diese schwerwiegenden Schädigungen würden zu Sensibilitätsstörungen und Schmerzen im Bereich der Hände führen. Erschwerend komme hinzu, dass die rechte Hand aufgrund rezidivierender Ganglien in der Manipulationsfähigkeit eingeschränkt und kraftlos sei. Weiters würden aufgrund der hochgradigen Schädigung der Lendenwirbelsäule massive Schmerzen im Bereich der unteren Extremitäten bestehen. Schon nach einer kurzen Wegstrecke komme es zu Schwellungen im Bereich der Füße und zu starken stechenden Schmerzen, welche die Beschwerdeführerin zum Stehenbleiben und - wenn möglich - zum Hochlagern der Beine zwingen würden. Auch würden die Fußdeformitäten beidseits mit Abrollstörung die Fortbewegung erschweren. In Zusammenschau der massiven Schädigungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, der Fußdeformitäten beidseits mit Abrollstörung, der Insuffizienz des venösen und lymphatischen Systems sowie der rezidivierenden Ganglien im Bereich der rechten Hand, sei es der Beschwerdeführerin keinesfalls möglich, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Das eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten sei nicht ausreichend zur Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden orthopädischen Beschwerdebildes.
3. Ohne die vorgebrachten Einwendungen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen, hat die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren ergeben habe, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG sowie Auszüge der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).
Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.
4. Gegen diesen Bescheid wurde vom bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.
Unter Vorlage einer Kopie der im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen sowie medizinischer Beweismittel wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass das Schreiben vom XXXX mit dem der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis gebracht worden sei, dem bevollmächtigten Vertreter erst am XXXX zugestellt worden sei und somit die mit Schreiben vom XXXX erhobenen Einwendungen, welche am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangt seien, fristgerecht erfolgt seien. Da auf die Einwendungen nicht eingegangen worden sei, sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt und der maßgebliche Sachverhalt durch die belangte Behörde nicht festgestellt worden. Ergänzend zu dem bereits im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Vorbringens wurde vom bevollmächtigten Vertreter ausgeführt, dass die bei der Beschwerdeführerin an der rechten Hand neu aufgetretenen ausgeprägten entzündlichen Veränderungen zusätzlich die Manipulationsfähigkeit einschränken würden. Weiters bestünden aufgrund einer deutlichen Epikondylitis am linken Ellbogen deutliche Einschränkungen. Das eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten gehe keinesfalls hinreichend auf die gravierenden Leiden der Beschwerdeführerin ein, sondern erschöpfe sich im Wesentlichen in der unzutreffenden Feststellung, dass keine relevanten neurologischen Defizite und keine erheblichen, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichenden Einschränkungen der Mobilität oder der körperlichen Leistungsfähigkeit vorliegen würden. Auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, werde so gut wie gar nicht eingegangen. Die Beschwerdeführerin sei keinesfalls in der Lage, größere Entfernungen zurückzulegen, die Niveauunterschiede beim Ein- und Aussteigen zu überwinden oder auch die Schwierigkeiten beim Stehen und bei der Sitzplatzsuche in öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen. Aufgrund des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden komplexen Beschwerdebildes sei die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Neurologie und Orthopädie erforderlich.
4.1. Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens wurde von der belangten Behörde eine mit XXXX datierte ergänzende medizinische Stellungnahme von der bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.
Zu den Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung wurde unter auszugsweiser Zitierung der im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen und vorgelegten Befunde Folgendes angeführt (Auszug aus dem eingeholten Sachverständigengutachten):
"[...]
Nach neuerlicher Durchsicht der Aktenunterlagen und unter Berücksichtigung des nachgereichten Befundes von Dr. XXXX wird keine Änderung der Beurteilung vorgeschlagen.
Unverändert liegen im Extremitätenbereich weder maßgebliche funktionelle Einschränkungen noch Lähmungen vor; die Belastungseinschränkungen sind nicht von einem, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichendem Ausmaß; die Fortbewegung ist für kurze Wegstrecken frei möglich, es sind auch das Bewältigen weniger Stufen unter Verwendung eines Handlaufes, das Aufstehen und Niedersetzen ohne fremde Hilfe möglich.
Im Vergleich zum Begutachtungszeitpunkt liegt ein unverändertes, rein konservatives Therapieregime mit physikalischen Therapiemaßnahmen vor, eine Änderung der Schmerzmedikation ist nicht dokumentiert; der Befund des Halswirbelsäulen-MRT ( XXXX ) lag zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bereits vor und wurde berücksichtigt. Der aktuelle neurochirurgische Befundbericht ergibt keine neuen Erkenntnisse, es liegt unverändert keine dringende Operationsindikation vor, die Fortsetzung des bisherigen Therapieregimes wird empfohlen.
Die Gewährung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ist unverändert nicht möglich.
[...]"
5. Ohne der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnis zu bringen, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX gemäß § 41, § 42 und § 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen.
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen zitierend wurde begründend im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.
Als Beilage zum Bescheid wurde nochmals das Sachverständigengutachten Dris. XXXX sowie deren ergänzende medizinische Stellungnahme vom XXXX der Beschwerdeführerin übermittelt.
6. Unter neuerlicher Vorlage der bereits mit der Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel wurde vom bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und unter Wiederholung des Beschwerdevorbringens zusammengefasst vorgebracht, dass es der Beschwerdeführerin aufgrund der vorliegenden Gesundheitsschädigungen und den ungünstigen Wechselwirkungen der bestehenden Leiden nicht möglich sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Das eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten sei zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht geeignet und würde auch nicht den in der Judikatur festgelegten Anforderungen dazu entsprechen. Zur Prüfung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin werde daher die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Neurologie beantragt.
7. Mit Schreiben vom XXXX , eingelangt im Bundesverwaltungsgericht am XXXX , hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde in Verbindung mit dem Vorlageantrag vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014,
Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch
Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der/die Antragsteller/in dauernd an seiner/ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem/der Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; 27.01.2015, 2012/11/0186).
Maßgebend für die Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass ist die Feststellung der Art, des Ausmaßes und der Auswirkungen der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080; 22.10.2002, 2001/11/0242).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren nur ansatzweise Ermittlungen geführt:
Der belangten Behörde war aufgrund der vorgenommenen Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH bereits bei Antragstellung der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass bekannt, dass diese an vielfältigen Gesundheitsschädigungen betreffend den Stütz- und Bewegungsapparat leidet und werden diese Leiden auch in den im Zuge der Antragstellung vorgelegten Befunden dokumentiert.
Die belangte Behörde hat vor diesem Hintergrund zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung ein auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendes allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Zwar werden darin die Art und die Schwere der objektivierten dauernden Gesundheitsschädigungen beschrieben, zur Frage der beschwerdegegenständlichen Zusatzeintragung erfolgt jedoch keine ausreichende individualisierte Beurteilung (siehe in diesem Zusammenhang den unter Punkt I.2.1. wiedergegebenen Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens). Auch die der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegte ergänzende medizinische Stellungnahme vom XXXX der bereits befassten Sachverständigen stellt keine taugliche Grundlage zur Beurteilung des Ausmaßes der vorliegenden Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar, zumal die medizinische Stellungnahme lediglich auf der Aktenlage basiert und eine - wie in der oben dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargestellte - ausreichende individualisierte Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erfolgt ist (siehe in diesem Zusammenhang den unter Punkt I.4.1. wiedergegebenen Inhalt der eingeholten ergänzenden medizinischen Stellungnahme). So ist eine schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden nicht im ausreichenden Maße erfolgt, da lediglich die Inhalte der Befunde zitiert, aber keine hinreichende Aussage über die Auswirkungen und den Einfluss der darin angeführten Gesundheitsschädigungen auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel getroffen worden sind. Dies wiegt umso schwerer, als im Sachverständigengutachten Dris. XXXX u. a. angeführt wird, dass die Beschwerdeführerin sich in Schmerztherapie befindet. Eine Stellungnahme zur Art und dem Ausmaß dieser Schmerzen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist von der befassten Sachverständigen nicht abgegeben worden. Dies wäre aber vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; 20.10.2011, 2009/11/0032; 27.01.2015, 2012/11/0186) im gegenständlichen Fall unbedingt erforderlich gewesen um beurteilen zu können, inwieweit die Beschwerdeführerin dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (insbesondere beim Gehen, Stehen, Sitzen sowie Ein- und Aussteigen) gehindert wird. Zudem ist dem Untersuchungsbefund kein neurologischer Status zu entnehmen.
Es kann somit nicht von einer Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigenbeweises gesprochen werden. Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Auch hat die belangte Behörde zur Überprüfung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen lediglich ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, obwohl bereits bei Antragstellung bekannt war, dass bei der Beschwerdeführerin ein komplexes orthopädisch/neurologisches Beschwerdebild vorliegt. Zwar besteht kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, jedoch ist im vorliegenden Fall das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden orthopädisch/neurologischen Beschwerdebildes nicht geeignet. Vielmehr liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Neurologie unbedingt erforderlich sind, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung der vorliegenden Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates der Beschwerdeführerin und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu gewährleisten. Die alleinige Heranziehung einer Sachverständigen der Fachrichtung Allgemeinmedizin durch die belangte Behörde ist somit offensichtlich sachwidrig erfolgt.
Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern ärztliche Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Neurologie einzuholen. Es liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Einholung von Sachverständigengutachten dieser Fachrichtungen unbedingt erforderlich ist um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin (auch im Hinblick auf eine mögliche wechselseitige Leidensbeeinflussung der festgestellten Gesundheitsschädigungen) zu gewährleisten. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag daher die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde ärztliche Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, zu den oben dargelegten Fragestellungen einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben. Anschließend hat sich die belangte Behörde mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre", ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG zweckmäßig. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung keine Möglichkeit gegeben wurde, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hatte sohin keine Gelegenheit, der sachverständigen Beurteilung konkret und substantiiert entgegenzutreten und auszuführen ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, ausgeführt, dass im verwaltungsbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W115.2208799.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019