TE Vwgh Beschluss 2019/3/14 Ra 2019/18/0079

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des J J, vertreten durch Mag. Helmut Kröpfl, Rechtsanwalt in 8380 Jennersdorf, Eisenstädter Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2019, Zl. W252 2148535- 1/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus der Provinz Bamyan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 22. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, sein Vater habe sich gegen die Unterdrückung der Hazara politisch engagiert und sei deshalb im Jahr 2011 ermordet worden. Seine Mutter habe den Revisionswerber aus diesem Grund außer Landes geschickt. Bei Rückkehr würde auch er getötet werden.

2 Mit Bescheid vom 10. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Begründend legte das BVwG ausführlich dar, dass im Beweisverfahren weder eine dem Revisionswerber drohende individuell-konkrete Verfolgung noch eine Gruppenverfolgung habe festgestellt werden können. Zum subsidiären Schutz führte das BVwG aus, die Herkunftsprovinz des Revisionswerbers sei zwar nicht volatil, jedoch nur über volatile Provinzen zu erreichen, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin nicht möglich sei. Der Revisionswerber könne aber auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Mazar-e Sharif verwiesen werden. In diesem Zusammenhang traf das BVwG umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage in Mazar-e Sharif und es setzte diese - auch unter Bedachtnahme auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 (im Folgenden: UNHCR-Richtlinien) - zu den individuellen Umständen des Revisionswerbers in Bezug. Auf dieser Grundlage gelangte das BVwG zu dem Ergebnis, dass es dem Revisionswerber möglich sei, sich in Mazar-e Sharif eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Revisionswerber dort in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dem Revisionswerber sei deshalb die Ansiedlung in der - über einen internationalen Flughafen auch sicher und legal erreichbaren - Stadt Mazar-e Sharif möglich und zumutbar.

5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbegründung macht die Revision zusammengefasst geltend, das BVwG habe sich auf Länderberichte gestützt, die im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung überholt gewesen seien. Ein - näher umschriebener - aktueller Medienbericht dokumentiere nämlich systematische Angriffe des Islamischen Staates (IS) gegen Hazara, vor denen die afghanischen Sicherheitskräfte keinen Schutz bieten könnten. In Bezug auf den subsidiären Schutz lasse das BVwG die aktuellen UNHCR-Richtlinien außer Acht, wonach der Zugang zur Grundversorgung auch in größeren Städten wie Mazar-e Sharif nicht gewährleistet sei.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

7 Im vorliegenden Fall hat das BVwG eine asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Revisionswerber bei Rückkehr nach Afghanistan insbesondere auch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit (Hazara) verneint. Wenn die Revision dagegen einen einzelnen Medienbericht vom 12. Oktober 2018 (The Jamestown Foundation, Terrorism Monitor, How Islamic State-Khurasan is Driving Afghanistan Toward Sectarian Conflict) ins Treffen führt, wonach der afghanische Präsident selbst von gezielten Massentötungen von Hazara durch den IS gesprochen habe, zeigt sie damit nicht auf, dass dem Revisionswerber bei Rückkehr in den Herkunftsstaat in ganz Afghanistan - mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit - eine Gruppenverfolgung drohen könnte, zumal das BVwG in seinen Länderfeststellungen auch dargelegt hat, dass der Einfluss des IS räumlich begrenzt ist (vgl. insbesondere Seite 9 des angefochtenen Erkenntnisses). Schon deshalb vermag die Revision nicht darzulegen, dass dem BVwG mangels Bedachtnahme auf den zitierten Bericht ein relevanter Ermittlungsmangel unterlaufen wäre.

8 Zum subsidiären Schutz hat das BVwG aktuelle Berichte zur Lage in Afghanistan sowie die persönlichen Umstände des Revisionswerbers berücksichtigt. Es hat sich weiters mit den UNHCR-Richtlinien in gebotener Weise auseinander gesetzt (vgl. dazu etwa VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533). Ausgehend davon ist die Einschätzung des BVwG, dem Revisionswerber stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung, am Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden.

9 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 14. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180079.L00

Im RIS seit

03.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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