Entscheidungsdatum
19.09.2018Norm
BBG §40Spruch
L518 2202445-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 14.02.2018, Zl. OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1 und 2, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 bis 3, § 54 Abs 12, § 55 Abs 4, § 55 Abs 5 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH beträgt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "BF" bzw. "BP" genannt) beantragte mit Schreiben vom 23.6.2017, am 4.12.2017 bei der belangten Behörde (folglich "bB" bezeichnet) die Verlängerung eines befristet ausgestellten Behindertenpasses.
Nach am 29.1.2018 durch Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, und Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, erfolgter klinischer Untersuchung und Begutachtung erbrachte eine durch Dr. XXXX vorgenommene Gesamtbeurteilung wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, PTBS, Pos. Nr. 03.06.01, 40%; Wirbelsäule, Funktionseinschränkung geringen Grades, Pos. Nr. 02.01.01, 20 %; Tinitus, Pos. Nr. 12.02.02, 10 % und Hüftgelenk, Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig, Pos. Nr. 02.05.07, 10 % einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.
Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.
Dagegen erhob die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen dahingehend, dass die Behörde die mit 20 v.H. bemessene Funktionseinschränkung (Wirbelsäule) zu Unrecht bei der Beurteilung nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Zudem seien die wechselseitigen Beeinflussungen der Funktionsbeeinträchtigungen nicht ausreichend beurteilt worden.
Am 30.5.2018 wurde die BF durch Dr.in XXXX , FÄ für Psychiatrie, neuerlich einer klinischen Untersuchung unterzogen und erbrachte diese im Vergleich zum vorherigen fachärztlichen Gutachten eine übereinstimmende Beurteilung, wenn neuerlich bei Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung, Entsprechend dem Schweregrad der Problematik, in laufender medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung einen Grad der Behinderung von 40 v. H. erbrachte.
Eine am 12.6.2018 durch Dr.in XXXX , Ärztin für Allgemeinmdizin, erbrachte in Abweichung zum allgemeinärztlichen Vorgutachten im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:
Anamnese:
Seit Jahren rezidivierende depressive Störung und seit der Jugendzeit posttraumatische Belastungsstörung.
2011 und 2012 Rehaaufenthalt in XXXX .
2002 schwere depressive Episode und SMV.
Seit 2010 Hochtonschwerhörigkeit und Tinnitus beidseits.
2012 Sturz über die Stiege und Verletzung der Halswirbelsäule, Nasenbeintrümmerbruch und Commotio cerebri. Es wurde eine Fissur an der vorderen Grundplatte des 6. Halswirbelkörpers festgestellt. Seit dieser Verletzung Verschlechterung des Tinnitus beidseits.
Bekannte angeborene Hüftdysplasie links.
Seit Jahren auch Hautprobleme mit Juckreiz im Bereich der Oberschenkel. Es hört nicht auf, es wird schwächer, dann tritt der Juckreiz an einer anderen Stelle wieder auf.
Derzeitige Beschwerden:
Kreuzschmerzen, Verspannungen, Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Hautveränderungen, Juckreiz, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Wetterfühligkeit, Tinnitus beidseits und Depressionen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Physiotherapie, Psychotherapie
Medikamente:
Venlafab ret. 75 mg, Venlafab ret. 150 mg
Fenistil-Tropfen bei Bedarf, Salbe lokal
Ansonsten keine Dauertherapie
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
-
FA f. Dermatologie, Befundbericht vom 16.10.2017:
(Chron. Dermatitis, atopische Dermatitis Typ 1, rez. Herpes labialis)
-
Gutachten Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, vom 29.01.2018:
(Gesamtgrad der Behinderung: 20 %)
-
Gutachten, FA f. Psychiatrie, vom 29.01.2018:
(Gesamtgrad der Behinderung: 40 %)
-
Gesamtgutachten vom 13.02.2018:
(Gesamtgrad der Behinderung: 40 %)
-
Gutachten, FA f. Psychiatrie, vom 30.05.2018:
(Gesamtgrad der Behinderung: 40 %
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Altersentsprechend unauffällig
Ernährungszustand:
Normal
HAUT:
Im Bereich beider Oberschenkel und auch ventral im Bereich der Unterschenkel, bis ins mittlere Drittel, diffuse fleckige Hautveränderungen mit Juckreiz, dorsal kaum Hautveränderungen.
Klinischer Status - Fachstatus:
CAPUT u. COLLUM:
Augen seitengleich, Visus mit Brille korrigiert, keine Doppelbilder, kein Nystagmus, Hörvermögen: Hochtonschwerhörigkeit beidseits und Tinnitus beidseits, links mehr als rechts, keine Kommunikationsprobleme.
THORAX:
Symmetrisch, beidseits beatmet.
COR:
Herzgröße normal, Herztöne mittellaut, Herzaktion rhythmisch, tachycard.
PULMO:
Vesiculäres Atmen, sonorer Klopfschall, keine Rasselgeräusche, Lungenbasen gut verschieblich.
ABDOMEN:
Bauchdecke weich, keine Druckschmerzen, Milz und Leber nicht vergrößert, Nierenlager beidseits frei, Harn und Miktion unauffällig, Stuhl wechselhaft.
WIRBELSÄULE
Fehlhaltung der Wirbelsäule und starke paravertebrale Verspannung, Druckschmerzen im BWS- und LWS-Bereich, Seitenneigen und Rotation leicht eingeschränkt, endlagig schmerzhaft. FBA: 10 cm, Lasegue beidseits negativ.
? HWS: Auch hier deutliche Fehlhaltung, Dorsalflexion hochgradig blockiert, kaum prüfbar, mindestens um 1/2 eingeschränkt. Rotation und Seitenneigen endlagig eingeschränkt. Kinn-Jugulumabstand: 2 cm, über ständige Beschwerden und Verspannungen seit dem Unfall wird berichtet.
Obere Extremitäten:
Schultermuskulatur normal, kein Schulterschiefstand, die Beweglichkeit in der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenken frei, Faustschluss beidseits durchführbar, intermittierende Hypästhesien im Bereich der Finger.
Untere Extremitäten:
Kein wesentlicher Beckenschiefstand, die Beweglichkeit in der Hüfte endlagig eingeschränkt, bekannte Hüftdysplasie links mit Belastungsbeschwerden. Heben des ausgestreckten Beines von der Untersuchungsunterlage gelingt beidseits bis 60 Grad, keine Muskelatrophie.
Kniegelenke äußerlich unauffällig, Bänder fest, kein Erguss, keine Bewegungseinschränkung, angedeutete Hypästhesien entlang des linken Beines, keine Kraftverminderung, keine neurologischen Ausfälle, Fußpulse beidseits + tastbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Normales Gangbild, kein Hinken, keine Gehhilfe, Zehen- und Fersengang wird beidseits durchgeführt
Status Psychicus:
Bewusstseinsklar, orientiert, Stimmungslage grobklinisch subdepressiv, über Schlafstörungen, massivste Verspannungen und Kopfschmerzen wird berichtet, regelmäßige medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. -Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: -Pos.Nr. -Gdb %
1 -Degenerative und posttraumatische Wirbelsäulenveränderungen
Derzeit, bei Zustand nach Verletzung der Halswirbelsäule, ständige massive Verspannungen und bei der Untersuchung hochgradige Fehlhaltung und Einschränkung, vor allem der Dorsalflexion. Wegen den wechselnden Beschwerden wird unterer Wert gegeben -02.01.02 -30
2 -Rezidivierende Hautausschläge
Derzeit mittelgradige bis starke Ausdehnung im Bereich der Ober- und zum Teil der Unterschenkel, begleitet mit Juckreiz. -01.01.02 -30
3 -Hüftdysplasie links
Das linke Bein ist weniger belastbar als rechts, die Beweglichkeit leicht eingeschränkt, jedoch deutlich erschwert -02.05.07 -20
4 -Ohrgeräusche beidseits
Tinnitus beidseits, links mehr als rechts, und Hochtonschwerhörigkeit, keine Verständigungsprobleme -12.02.02 -10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Pkt. 1 ist führend wegen der Fehlhaltung, ständigen Verspannung und derzeitiger Funktionseinschränkung.
Pkt. 2 erhöht, entsprechend der Ausdehnung und lang bestehendem Leiden um 1 Stufe.
Pkt. 3 und 4 wirken sich nicht ausreichend leistungsmindernd aus und steigern nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Zustand nach Nasenbeinbruch
Zustand nach Gehirnerschütterung
Zustand nach Darmpolyp und Magenulcus
Zustand nach Cataractoperation
Hypercholesterinämie
Atmungseinschränkungen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-
Anhaltende wechselnde Hautausschläge, chronische Dermatitis und Juckreiz
-
Seit dem HWS-Unfall ständige Verspannungen und Beschwerden in der Halswirbelsäule bei Fehlhaltung und Funktionseinschränkung
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
-
Erhöhung des GdB durch ständige Beschwerden im Bereich der HWS nach Unfall
-
Erhöhung des GdB durch Hautveränderungen um 1 Stufe.
Eine durch Dr.in XXXX vorgenommene Gesamtbeurteilung erbrachte einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.
Begründend wurde nachstehendes dargelegt:
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Pkt. 1 steht, entsprechend dem schweren Grad der Problematik, im Vordergrund.
Die degenerativen und posttraumatischen Wirbelsäulenveränderungen im HWS-Bereich und rezidivierende Hautausschläge erhöhen gemeinsam um 1 Stufe auf 50 %. Die Hautveränderungen steigern mit, weil es sich um massive Beeinträchtigung und starke Ausdehnung, sowie lang dauernde Erkrankung handelt.
Pkt. 4 wirkt sich zwar bei Belastung ungünstig aus, ist jedoch zu gering, und steigert nicht.
Pkt. 5 erhöht wegen der Geringfügigkeit nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Zustand nach Nasenbeinbruch
Zustand nach Gehirnerschütterung
Zustand nach Magenulcus und Darmpolyp
Zustand nach Cataractoperation
Hypercholesterinämie
Einschränkung der Atmung
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-
Anhaltende Verspannungen und Kopfschmerzen bei deutlicher Fehlhaltung, degenerativen Veränderungen und Zustand nach HWS-Verletzung
-
Lang anhaltende Hautausschläge mit stärkerer Ausdehnung und Juckreiz
-
Einschränkung der Beweglichkeit in der linken Hüfte mit ständigen Beschwerden
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
-
Erhöhung der MdE bei degenerativen und posttraumatischen Wirbelsäulenbeschwerden und bei Belastungsbeschwerden in der linken Hüfte
-
Unveränderte Einschätzung der depressiven Störung
-
Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung auf 50 %
Da eine wesentliche Besserung der psychischen Symptomatik möglich ist, wurde eine Nachuntersuchung für 5/2021 anberaumt.
Die drei letztgenannten Gutachten wurden der BF mit ho. Schreiben mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gem. § 45 Abs. 3 AVG übermittelt.
Eine Stellungnahme langte bis zur Entscheidungsfindung nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Es war festzustellen, dass die BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basieren auf den im Rahmen der wiederholt erfolgten persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.
Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.
Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten der, der Entscheidung erster Instanz zu Grunde liegenden Sachverständigenbeweise), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall - bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren - durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (vgl. VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).
Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).
Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).
Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter "neuen Tatsachen" jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP "neue Tatsachen" vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.
Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.
Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.
Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.
Im gegenständlichen Fall wurden der bP die der Entscheidung erster Instanz zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis gebracht. Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG vorgebrachte "neue Tatsachen" sind nicht zu berücksichtigen) jedwede Möglichkeit eines Vorbringens genommen, was in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führt. Da die bB jedoch nach Rechtsmittelerhebung oben bezeichnete (drei) letztgenannte Begutachtungen durchführen ließ und diese mit ho. Schreiben der BF mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt wurde, war die Verletzung des Parteiengehörs in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt und hat nach Form und Inhalt dem Muster der Anlage A zu entsprechen. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß Abs 2 leg cit hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß Abs 3 leg cit haben die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Behindertenpasses der ISO/IEC-Norm 7810 zu entsprechen. Das Trägermaterial hat folgende Fälschungssicherheitsmerkmale zu enthalten:
1. Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
2. UV-Lack;
3. Brailleschrift;
4. Guillochenraster und
5. Mikroschrift auf der Rückseite.
Der Behindertenpass darf nur von einem vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumenten-schutz bestimmten Dienstleister hergestellt werden.
Gemäß Abs 4 leg cit ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebe