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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des F in E, vertreten durch D und E, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Mai 1997, Zl. Ve1-550-2583/1-4, betreffend Bewilligung für die Änderung von Grundstücksgrenzen gemäß § 12 ff Tiroler Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Ellmau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag des Beschwerdeführers vom 12. September 1995 (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 14. September 1995) wurde die Änderung von Grundstücksgrenzen auf der Grundlage der Vermessungsurkunde des DI Dr. tech. B.B. vom 28. Juni 1995 gemäß § 12 Tiroler Bauordnung beantragt. Nach dem Lageplan wurde das östlich zum Grundstück des Beschwerdeführers gelegene, im Eigentum des J.F. stehende, als Weg genutzte Grundstück geteilt und soll eine trompetenförmige Fläche mit der Bezeichnung "1" im Ausmaß von 84 m2 zu dem Grundstück des Beschwerdeführers hinzugefügt werden. Die östlich dem Grundstück des Beschwerdeführers gelegene Grundparzelle ist im geltenden Flächenwidmungplan aus dem Jahre 1981 als Verkehrsfläche gewidmet.
Der raumplanerische Sachverständige nahm zu diesem Antrag in der Weise Stellung, dass durch die beabsichtigte Grundteilung der Weg bis auf eine Breite von vier Meter verschmälert würde. Dieser Weg sei planlich im nördlichen Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers mit ca. 4 m Breite und im südlichen Bereich mit ca. 6,20 m Breite vorhanden. Die Fahrbahn in der Natur weise diese Breite nicht auf. Aus verkehrstechnischer Sicht sei zu sagen, dass eine Wegbreite von 4 m in diesem Siedlungsgebiet und in dieser verkehrsmäßigen Situation als nicht ausreichend breit bezeichnet werden müsse. Um die Verkehrstauglichkeit dieses Straßenstückes gewährleisten zu können, müsste eine Mindestbreite von durchgehend 4,50 m vorhanden sein. Wie im derzeitigen Teilungsplan ausgewiesen, müsste auch in Hinkunft der Trompetenradius der Straße bei der Einmündung in den H-Weg mindestens 5 m betragen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Februar 1996 wurde das angeführte Ansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Februar 1997 als unbegründet abgewiesen.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für die belangte Behörde jene Sach- und Rechtslage maßgeblich sei, die zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides bestanden habe. Der Berufungsbescheid sei am 26. Februar 1997 ergangen. Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 sei am 25. Februar 1997 in Kraft getreten. Es sei daher das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 anzuwenden. Nach dem durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren stehe fest, dass das zum Grundstück des Beschwerdeführers östlich gelegene Grundstück, das geteilt werden soll, im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Verkehrsfläche gewidmet sei. Diese Widmung habe bereits "vor dem 16. Februar 1997" (gemeint offenbar: 26. Februar 1997) bestanden. Es liege daher ein Anwendungsfall des § 116 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 vor. Danach dürfe die Bewilligung für die Teilung, Vereinigung und jede sonstige Änderung der Grenzen von Grundstücken nach § 14 Abs. 2 Tiroler Bauordnung bei Grundstücken nach Abs. 1 bis zur Erlassung des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nur erteilt werden, wenn dadurch die Interessen nach § 115 Abs. 2 lit. a und b nicht beeinträchtigt würden. Diese Interessen seien jene der geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung sowie der zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen von Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes. Die Gemeindebehörden hätten daher ihre Entscheidung zu Recht auf das Gutachten des örtlichen Raumplaners gestützt. Darin komme zum Ausdruck, dass durch die beabsichtigte Grundteilung der Weg bis auf eine Breite von 4 m verschmälert würde. Dieser Weg sei bisher planlich im nördlichen Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers mit ca. 4 m und im südlichen Bereich mit ca. 6,20 m Breite vorhanden. Die Fahrbahn in der Natur weise diese Breite nicht auf. Aus verkehrstechnischer Sicht sei zu sagen, dass eine Wegbreite von 4 m in diesem Siedlungsgebiet und in dieser verkehrsmäßigen Situation als nicht ausreichend breit bezeichnet werden müsse. Um die Verkehrstauglichkeit dieses Straßenstückes gewährleisten zu können, müsste eine Mindestbreite von durchgehend 4,5 m vorhanden sein. Diesem Gutachten sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet worden und sei es als schlüssig und nachvollziehbar zu beurteilen.
Die Behandlung der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 1997, B 1926/97-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der nach Aufforderung des Beschwerdeführers ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), bedürfen die Teilung, die Vereinigung und jede sonstige Änderung der Grenzen von Grundstücken im Bauland der Bewilligung der Behörde. Die in diesem Absatz weiters angeführten Ausnahmen sind im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung.
Gemäß § 14 Abs. 1 TBO ist ein Ansuchen um die Erteilung der Bewilligung nach § 12 Abs. 1 abzuweisen, wenn
a) die vorgesehene Grundstücksänderung eine dem Bebauungsplan entsprechende Bebauung verhindert oder erschwert,
b) die vorgesehene Grundstücksänderung Grundstücke entstehen lässt, die für eine zweckmäßige Bebauung nicht geeignet sind, außer es handelt sich um Verkehrsflächen,
c) die vorgesehene Grundstücksänderung ein bebautes Grundstück oder ein Grundstück, für das eine wirksame Baubewilligung vorliegt, betrifft und das bestehende bzw. geplante Gebäude auf dem geänderten Grundstück nicht mehr errichtet werden dürfte.
Liegen keine Gründe für eine Abweisung vor, so hat die Behörde gemäß § 14 Abs. 2 TBO die Bewilligung mit schriftlichem Bescheid zu erteilen.
In § 116 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993 (im folgenden: TROG 1994), wie auch im Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10 (TROG 1997), ist vorgesehen, dass die Bewilligung für die Teilung, die Vereinigung und jede sonstige Änderung der Grenzen von Grundstücken nach § 14 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung bei Grundstücken nach Abs. 1 (das sind Grundstücke, die als Bauland oder als Sonderflächen gewidmet worden sind bzw. für die Bebauungspläne bestehen) bis zur Erlassung des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nur erteilt werden darf, wenn dadurch die Interessen nach § 115 Abs. 2 lit. a und b nicht beeinträchtigt werden. Soweit diese Bebauungspläne noch nicht bestehen, findet § 14 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung keine Anwendung.
Im § 115 Abs. 2 lit. a TROG 1994 bzw. TROG 1997 waren bzw. sind folgende Interessen angeführt:
"a)die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung nicht zuwiderläuft;
b) unbeschadet des Abs. 1 zweiter Satz die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht."
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 angewendet habe. Die Sitzung des Gemeinderates habe am 9. Mai 1996 stattgefunden. Mit der Abfertigung des Bescheides sei bis am 26. Februar 1997 gewartet worden. Diese Vorgangsweise sei als willkürlich zu bezeichnen.
Zunächst ist zu ergänzen, dass sich auf der von der Teilung erfassten östlich gelegenen Grundparzelle ein Güterweg im Sinne des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (ursprünglich jenes Landesgesetz aus dem Jahre 1933, nunmehr aus dem Jahre 1970) im Rahmen der "Güterweggenossenschaft Ö..." befindet. Mit Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 18. Oktober 1966 wurde die Bildung der angeführten Güterweggenossenschaft anerkannt, der Bau des geplanten Genossenschafts- bzw. Güterweges bewilligt und zugunsten der Genossenschaft ein näher beschriebenes landwirtschaftliches Bringungsrecht im Sinne des damals geltenden Güter- und Seilwege-Landesgesetzes als Grunddienstbarkeit im Sinne des § 473 ABGB auf näher angeführten Grundstücken, u.a. der vorliegenden Wegparzelle, eingeräumt.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob im Falle der Entscheidung eines Kollegialorganes für die anzuwendende Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgeblich ist, weil selbst wenn man auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abstellte, in dem noch das TROG 1994 in Geltung stand, die Anwendung der zum TROG 1994 inhaltsgleichen Regelungen des § 116 Abs. 2 und § 115 Abs. 2 lit. a und b TROG 1997 keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellte, auf Grund dessen die Behörde bei seiner Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1995, Zl. 93/06/0205, und vom heutigen Tag, Zl. 98/06/0017, und die in letzterem zitierte weitere Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer macht weiters aber auch geltend, dass kein Versagungsgrund für die Abweisung der beantragten Grundteilung vorgelegen sei.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Zunächst ist klarzustellen, dass die vorliegende Teilung, die ein Grundstück im Bauland und einen Teil eines als Verkehrsfläche gewidmeten Grundstückes betrifft, in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 erster Satz TBO fällt, weil es auch im vorliegenden Fall im Sinne dieser Bestimmung um die Änderung der Grenzen eines Grundstückes im Bauland geht. Dafür spricht auch der Umstand, dass in den Kriterien des § 14 Abs. 2 leg. cit. (nämlich in lit. b) Verkehrsflächen mit erwähnt sind, was voraussetzt, dass als Verkehrsflächen gewidmete Grundstücke oder Grundstücksteile Teil einer Grundstücksänderung im Sinne dieser Bestimmung sein können. Auch Güterwege im Sinne des Güter- und Seilwege-Landesgesetz, LGBl. Nr. 40/1970, sind gemäß § 2 Abs. 20 TBO Verkehrsflächen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das von der belangten Behörde, gestützt auf das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Gutachten, herangezogene Argument, die Verkehrstauglichkeit des benachbarten Straßengrundstückes erfordere eine Mindestbreite von 4,5 m, ein Kriterium darstellt, das unter § 14 Abs. 2 lit. b und c TBO (lit. a kommt im Hinblick auf § 116 Abs. 2 leg. cit. nicht in Betracht) oder § 115 Abs. 2 lit. a und b TROG 1994 bzw. 1997 subsumiert werden kann. Der vorliegenden Grundteilung steht aber entgegen, dass gemäß § 3 Abs. 9 TBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1995 ein Bauplatz ein Grundstück im Bauland oder in einer Sonderfläche im Freiland ist, auf dem die Errichtung eines Gebäudes nach diesem Gesetz zulässig ist. Das gegenständliche zur Grundstücksänderung beantragte Grundstück würde somit keinen Bauplatz im Sinne des § 3 Abs. 9 TBO darstellen. Im systematischen Zusammenhang der Regelungen über die Grundstücksänderungen im Zusammenhalt mit § 3 Abs. 9 TBO kann nun nicht davon ausgegangen werden, dass eine Grundstücksänderung mit dem Ergebnis, dass das geänderte Grundstück teils Bauland und teils Verkehrsfläche ist, gemäß der TBO zulässig sein soll. Die vorliegende Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ist daher zu Recht erfolgt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. April 1999
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998060031.X00Im RIS seit
20.11.2000