TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/14 W207 1423895-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.01.2019
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Entscheidungsdatum

14.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W207 1423895-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1990, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018, Zl. 810345506 - 180970475/BMI-EAST_OST, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG sowie § 15b AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 11.04.2011 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Am selben Tag fand durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei der er angab, sunnitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Als Geburtsdatum gab der Beschwerdeführer den 25.06.1994 an. Er habe 8 Jahre die Grundschule besucht und danach als Verkäufer gearbeitet. Er habe neben seinen Eltern zwei Schwestern und zwei Brüder in Afghanistan, die in Jalalabad leben würden. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme bekommen habe, weil er ein Mädchen kennengelernt habe, das er heiraten habe wollen. Das Mädchen sei nach einiger Zeit verschollen. Die Familie des Mädchens habe ihn für ihr Verschwinden verantwortlich gemacht und wolle ihn deshalb umbringen. Er sei deshalb von seinem Vater von Jalalabad nach Pakistan zu seinem Onkel geschickt worden. Von dort sei er nach Österreich geschleppt worden.

Am 15.04.2011 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch als BFA oder als belangte Behörde bezeichnet) einvernommen. Bei dieser Einvernahme wurde u.a. das Alter des Beschwerdeführers und eine allfällige Altersverschleierung thematisiert. Das Bundesasylamt zweifelte aufgrund der Befragungen das Alter des Beschwerdeführers an. Aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer am 29.04.2011 untersucht. Das gerichtsmedizinische Gutachten kam zum Schluss, dass zum Untersuchungszeitpunkt von einem Mindestalter des Beschwerdeführers von 21 Jahren auszugehen sei.

Der Beschwerdeführer wurde schließlich am 21.06.2011 neuerlich von der belangten Behörde einvernommen. Neben den allfälligen Falschangaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinem Geburtsdatum wurde er neuerlich zu seinem Fluchtgrund befragt. Diesbezüglich gab er an, er habe vor circa 8,5 Monaten in Jalalabad ein Mädchen namens Anita kennengelernt. Sie hätten sich gemocht und geliebt. Ein Cousin von Anita habe mitbekommen, dass die beiden befreundet gewesen seien und habe die Familie von Anita informiert. Anita habe ihm dies telefonisch berichtet. Sein Vater sei ursprünglich dagegen gewesen, dass seine Mutter um die Hand von Anita anhalten wollte, weil der Beschwerdeführer für eine Heirat mit einer Cousine vorgesehen gewesen sei. Bevor seine Mutter jedoch um die Hand von Anita anhalten habe können, seien zwei Brüder von ihr mit weiteren bewaffneten Männern zu ihm nachhause gekommen. Seine Mutter hätte nicht geöffnet, weil weder der Vater, noch er daheim gewesen seien. Die Nachbarn des Beschwerdeführers hätten von den Brüdern von Anita erfahren, dass diese ihn nicht am Leben lassen wollen würden, da er eine Beziehung mit ihrer Schwester habe. Sein Vater habe eine Jirga zusammengerufen, da er die Heirat zwischen ihm und Anita schließlich doch gewollt habe. Die Familie von Anita habe jedoch gegenüber den Weißbärtigen die Hochzeit abgelehnt, sie hätten den Weißbärtigen gesagt, dass sie den Beschwerdeführer umbringen wollten. Neben weiteren Befragungen zu dem - dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt angeblich nicht bekannten - Familiennamen von Anita und zu weiteren Details zum Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und Anita stellte der Beschwerdeführer in dieser Einvernahme dar, dass die Ehre der paschtunischen Familie von Anita der Grund für das Vorhaben ihm gegenüber sei.

Mit Schreiben vom 05.12.2011 legte der Beschwerdeführer ein handschriftliches Schreiben, Fotos, die seinen verletzten Bruder zeigen sollen, und weiteres Anschauungsmaterial mit der Vermutung vor, dass die auch für ihn gefährlichen Personen seinen Bruder verletzt hätten.

Mit Bescheid vom 02.01.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und die Ausweisung des Beschwerdeführers aus Österreich verfügt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den damals noch zuständigen Asylgerichtshof. Die Zuständigkeit für das Verfahren ging am 01.01.2014 auf das Bundesverwaltungsgericht über. Vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 03.07.2014 eine mündliche Verhandlung statt.

Mit Beschluss vom 05.03.2015 wurde der damals angefochtene Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurückverwiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab aufgrund dieser Zurückverweisung Erhebungen in Afghanistan in Auftrag. Das diesbezügliche Gutachten wurde am 23.08.2015 erstattet.

Mit Urteil (gekürzte Urteilsausfertigung) des Landesgerichts St. Pölten vom 11.05.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 28 Abs. 1 1.Satz SMG und den §§ 27 Abs. 1 Z. 1

8. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Mit Fax vom 12.05.2016 langte beim BFA eine Säumnisbeschwerde ein, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbrachte, dass die Entscheidungsfrist abgelaufen sei. Unter einem beantragte er über den Antrag auf internationalen Schutz innerhalb einer Frist von 3 Monaten gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG zu entscheiden oder die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen. Die Säumnisbeschwerde wurde mit Beschluss vom 15.03.2017 vom Bundesverwaltungsgericht als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 25.08.2017 wies die belangte Behörde diesen ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnis vom 18.07.2018, zugestellt am 23.07.2018, wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.04.2018 - die gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen erhobene Beschwerde in allen Spruchpunkten gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und den §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, 55 Abs. 1 bis 3 FPG rechtskräftig als unbegründet ab.

Begründend wurde - hier zusammengefasst und verkürzt wiedergegeben - in diesem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, ihm drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr durch die Familie eines näher genannten Mädchens, mit dem er in Afghanistan befreundet gewesen sei, wegen der zahlreichen im Vorbringen des Beschwerdeführers aufgetretenen erheblichen Widersprüche insbesondere im Vergleich der Angaben vor dem BFA und der Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Glaubwürdigkeit zukommt. Da sohin keine Umstände vorlägen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt und in asylrelevanter Weise bedroht wäre, sei die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das BFA nicht zu beanstanden.

Bezüglich der Abweisung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, hinsichtlich der Sicherheits- und der Versorgungslage in Afghanistan, die sich in Teilen Afghanistans als derart prekär darstellen könne, dass sie relevant sein könnte, sei festzuhalten, dass eine derartige Gefährdung nicht für das gesamte Gebiet Afghanistans festzustellen ist.

Zwar stamme der Beschwerdeführer aus der Stadt Jalalabad in der Provinz Nangarhar, wohin er, da es sich um eine der volatilen Provinzen handle, nicht zurückkehren könne. Dem Beschwerdeführer sei es aber zumutbar, in einer anderen Region des Landes, insbesondere in der Hauptstadt Kabul, in Mazar-e Shrif oder in Herat Aufenthalt zu nehmen.

Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergebe sich hinsichtlich urbaner Zentren wie Kabul, Mazar-e Shrarif oder Herat zwar eine schwierige Sicherheitssituation, die aber vor allem geprägt sei durch Anschläge auf sogenannte "High Profile Ziele", wogegen der Beschwerdeführer jedenfalls kein derartiges Ziel darstelle. Es könne aus den Feststellungen zu Kabul, Mazar-e Shrarif oder Herat jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass bereits jeder, der dort lebt, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in relevanter Weise bedroht wäre. Hinsichtlich der Versorgungslage in Kabul, Mazar-e Shrarif oder Herat sei festzuhalten, dass sich nach den allgemeinen Feststellungen zur Situation von Rückkehrern zwar eine schwierige Situation erkennen lasse, die jedoch nicht ein Ausmaß erreiche, dass der Beschwerdeführer dort in eine lebensbedrohliche Notlage geriete, dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass den Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zukomme.

Der Beschwerdeführer beherrsche Dari in Wort und Schrift. Er habe in Afghanistan acht Jahre lang die Grundschule besucht, danach habe er im Geschäft seines Vaters als Verkäufer gearbeitet. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen alleinstehenden, gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf. Der Beschwerdeführer leide an keinen körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Der Beschwerdeführer sei daher gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan geboren, habe dort bis zum Alter von 21 Jahren gelebt und sei mit den kulturellen Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut. Auch wenn eine Rückführung zu einer schwierigen Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht führen könne, werde damit aber entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK im Sinne der obigen Rechtsgrundsätze in Bezug auf Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat dargetan. Es müsse maßgeblich berücksichtigt werden, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, erwachsenen und arbeitsfähigen Mann handle, der Arbeitserfahrung vorweisen könne und bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Außerdem könne der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Kabul, in Herat oder Mazar-e Sharif, die allesamt mit dem Flugzeug gefahrlos erreichbar seien, das Auslangen finden. Deshalb sei auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Seine Existenz könne er dort mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Es gebe somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Unabhängig davon sei darauf hinzuweisen, dass der Vater, seine zwei Schwestern und seine zwei Brüder würden nach wie vor in Jalalabad in Afghanistan leben würden, auch ein Cousin des Beschwerdeführers lebe noch dort. Die Mutter des Beschwerdeführers sei (Anmerkung: an einem Herzinfarkt, wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.04.2018 angab) verstorben. Ein Onkel des Beschwerdeführers, welcher früher in Pakistan gelebt hat, lebe nunmehr in Kanada. Der Beschwerdeführer stehe mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit, seine in der Provinz Nangarhar lebenden Familie um finanzielle Unterstützung zu bitten, dies insbesondere deshalb, da der Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach ausgesagt habe, dass seine Familie reich sei.

Zu den Fragen einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", zur gegen den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sowie hinsichtlich der Frist zur freiwilligen Ausreise binnen zwei Wochen ab Rechtskraft (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wurde im in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Verwandten in Österreich und verfüge in Österreich über keine sonstigen engen sozialen Bindungen. Zwar habe er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, eine Freundin in Österreich zu haben, er lebe jedoch nicht mit dieser zusammen und habe angegeben, sie bloß etwa alle zwei Wochen zu sehen, insofern könne auch in Bezug auf diese Freundin nicht von einer engen familienähnlichen Bindungen und nicht vom Vorliegen einer schützenswerten Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet ausgegangen werden, sodass ein Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK nicht erkannt werden könne. In Zusammenschau bestehe beim Beschwerdeführer in Österreich auch ein Privatleben von nur geringer Intensität. Die Rückkehrentscheidung bilde daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.

Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 11.04.2011 werde dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig gewesen sei. Dies habe dem Beschwerdeführer bewusst sein müssen, weswegen eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht schwer wiegen könnten. Überdies sei der Aufenthalt auch keineswegs als derart lang zu bezeichnen, dass dieser ausreichend ins Gewicht fallen könnte.

Der Beschwerdeführer habe zwar ein Zeugnis zur Integrationsprüfung vorgelegt und verfüge über Deutschkenntnisse auf B1 Niveau. Er engagiere sich in Österreich aber nicht ehrenamtlich und gehe auch keiner Erwerbstätigkeit nach. Er sei nicht selbsterhaltungsfähig, lebe von der Grundversorgung. Auch habe Beschwerdeführer, obwohl er dafür 2014 teilweise Prüfungen abgelegt hat, den Pflichtschulabschluss nicht positiv absolviert. Auch wenn dem Beschwerdeführer in vorgelegten Empfehlungsschreiben Hilfsbereitschaft, Fleiß, Freundlichkeit und Verlässlichkeit attestiert werde, sei dies jedenfalls noch nicht ausreichend, um beim Beschwerdeführer eine derart fortgeschrittene Integration festzustellen, die bereits für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechen würde. Zudem habe der Beschwerdeführer auch nichts vorgebracht, woraus geschlossen werden könnte, dass er bereits zahlreiche soziale Kontakte in Österreich geknüpft hat.

Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Österreich straffällig geworden sei: Mit Urteil des Landesgericht St. Pölten vom 11.05.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 28 Abs. 1 1.Satz SMG und den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8.Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Gemäß der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berühre die aus der Begehung eines Suchtgiftdeliktes abzuleitende Gefahr eines Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter) wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtmittelkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0115). In Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" habe auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck gebracht (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97).

Schließlich sei nochmals darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer zwar schon einige Zeit im Bundesgebiet aufhält, den größten Teil seines Lebens jedoch in seiner Heimat verbracht habe, sodass nicht davon auszugehen sei, dass er im Bundesgebiet derart verwurzelt wäre bzw. er in seiner Heimat derart entwurzelt wäre, dass ihm eine Rückkehr in seine Heimat auch vor dem Hintergrund der dort herrschenden schwierigen Verhältnisse nicht mehr zugemutet werden könne. Die Familie des Beschwerdeführers halte sich zudem noch in Afghanistan auf.

Insgesamt betrachtet sei daher davon auszugehen, dass die Interessen des illegal eingereisten, nur aufgrund des gestellten Antrages auf internationalen Schutz aufenthaltsberechtigten Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund träten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten und sei auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023). Auch sei die Abschiebung nach Afghanistan zulässig.

Statt seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, brachte der Beschwerdeführer beim BFA am 27.08.2018 einen mit 24.08.2018 datierten schriftlichen "Folgeantrag gemäß § 71 AsylG" - seinem Inhalt nach ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz - ein, der - da er nicht vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gestellt wurde - nicht als gestellt im Sinne des § 17 Abs. 1 AsylG galt.

In diesem schriftlichen Folgeantrag vom 24.08.2018 wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 sei die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen worden. Die Sachlage in Afghanistan habe sich gegenüber dem ersten Verfahren gravierend geändert. Nach der Verletzung seines Bruders und der Ermordung seiner Mutter von Seiten des IS drohe nun auch der Tod seines Vaters. Sein Vater sei mit seinen Geschwistern in den Iran geflogen, wobei auch dort die Sicherheitslage gefährdet sei. Die Rückkehr nach Afghanistan würde einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Beschwerdeführers und weitere schwerwiegende Verletzungen seiner grundlegenden Menschenrechte darstellen, wobei es unerheblich sei, in welcher Stadt sich der Beschwerdeführer in Afghanistan befände. Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sei angeführt worden, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Kabul zumutbar sei. Laut den Medien sei Kabul nun eine der gefährlichsten Städte Afghanistans geworden. In allen Teilen des Landes fänden Angriffe auf die Zivilbevölkerung statt. Der Beschwerdeführer sei weiterhin einer Verfolgungshandlung aufgrund seiner politischen Überzeugung ausgesetzt, weshalb sein Vater und seine Verwandten ihn davor gewarnt hätten, nicht nach Afghanistan zurückzukehren. Die Ursache der Verfolgung erfolge aufgrund seiner Rasse und politischen Überzeugung, weshalb die drohende Verfolgungshandlung auch asylrelevant sei.

Am 11.10.2018 stellt der Beschwerdeführer schließlich vor einem Organ der öffentlichen Sicherheit neuerlich einen - den nunmehr gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der am 11.10.2018 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für die neuerliche Antragstellung Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - an:

"Die alten Asylgründe bleiben aufrecht. In der Zwischenzeit ist aufgrund des Stresses, welcher meine Mutter ausgesetzt war, meine Mutter verstorben. Vor ca. 3 Monaten ist mein Vater mit meinen anderen Geschwistern in den Iran geflüchtet, bevor meinen Geschwistern noch was passiert. Mein Vater sagte mir am Telefon, dass ich auf keinen Fall nach Afghanistan zurückkehren solle. Ich habe niemanden mehr in Afghanistan. Das sind meine ganzen

Fluchtgründe. Weitere Fluchtgründe habe ich keine. .... Ich habe

Angst in Afghanistan zu sterben, weil ich noch immer Angst habe vor den selben Leuten wie ich schon im ersten Asylverfahren in Österreich angab. .... ‚Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situationen/Ihrer Fluchtgründe bekannt?' ‚Schon immer, es gibt keine Änderungen' ".

Aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses wurde dem Beschwerdeführer am 18.10.2018 eine schriftliche Mitteilung gemäß §29 Abs 3 Zi 4 AsylG 2005 ausgefolgt, mit welcher ihm die Absicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Kenntnis gebracht wurde, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein des Dolmetschers für die Sprache Dari am 15.11.2018 gab der Beschwerdeführer Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - an:

"L: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja.

L: Sind Sie aktuell in medizinischer Behandlung, nehmen Sie Medikamente oder sind medizinische Behandlungen geplant?

A: Nein.

L: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Ja, ich habe Länderinformationen von Afghanistan mit. Die möchte ich vorlegen. Und ich

habe Unterlagen von meinem Bruder. Das eine ist eine Tazkira von meinem Bruder und

Dokumente von Department of Air Force. Die Unterlagen habe ich per Mail vor 3 Wochen

bekommen.

L: Bitte geben Sie Ihre Personaldaten, Ihre Staatsangehörigkeit, Ihre Schulbildung und Ihren Beruf bekannt!

A:

J., geb. XX.XX.1990 in der Stadt J. Der AW ist afghanischer Staatsangehöriger. Der AW hat 8 Jahre die Gesamtschule absolviert und war zuletzt bei meinem Vater in einem Lebensmittelgeschäft beschäftigt.

L: Haben Sie in Österreich Verwandte?

A: Nein.

L: Leben Sie in Österreich mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?

A: Nein.

L: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

A: Ich bin glaube ich Ende April 2011 eingereist.

L: Sind Sie seither durchgehend in Österreich aufhältig?

A: Ja, durchgehend.

L: Sie haben bereits am 11.04.2011, unter der Zahl 810345506/1880009 einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurden. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Vor drei Monaten ist meine gesamte Familie von Dahesh bedroht worden. Sie mussten Afghanistan verlassen und in den Iran ziehen. Sie konnten nicht viel mit mir reden, sie sind gerade in einem Schlepperquartier und sind gerade auf dem Weg in die Türkei. Dort stellen sie einen Asylantrag. Sie sagten, ich darf nicht zurückkommen, denn ich werde dort getötet.

L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Ich werde getötet. Meine Familie wurde bedroht und das betrifft auch mich. Außerdem bestehen auch noch meine alten Probleme.

L: Wer befindet sich jetzt im Iran von ihrer Familie?

A: Mein Vater, meine zwei Brüder und meine zwei Schwestern. Meine Mutter ist verstorben. Nachgefragt gibt AW an, dass die Mutter am 31.01.2018 verstorben ist.

L: Woran ist Ihre Mutter verstorben?

A: Sie ist an einem Herzinfarkt verstorben. Meine Familie war unter Druck wegen den verschiedenen Problemen und deswegen ist sie gestorben.

L: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?

Anmerkung: Die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen für Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.

A: Ich habe mich in Österreich integriert, habe die Sprache gelernt, habe viele Freunde.

L: Welchen Glauben haben Sie?

A:. Ich bin Moslem Sunnit.

L: Sind Sie in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen oder waren Sie in Österreich berufstätig?

A: Ich habe keine Arbeitserlaubnis gehabt.

L: Wie bestreiten Sie derzeit Ihren Lebensunterhalt?

A: Von der Grundversorgung.

L: Sind Sie oder waren Sie in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig?

A: Nein.

L: Wie gut sprechen Sie Deutsch? Haben Sie schon Kurse besucht?

A:. Ich habe B1 und einen Hauptschulabschluss absolviert.

L: Welche Sprache sprechen Sie am besten?

A: Dari und etwas Pashtu und Urdu und etwas Deutsch.

L: Welche Angehörigen befinden sich in Afghanistan?

A: Ich habe niemanden mehr in Afghanistan.

L: Zu wem von Ihrer Familie haben sie noch Kontakt?

A: Mit niemanden. Nur mit meinem Onkel, der in Kanada lebt.

L: Wann haben sie das letzte Mal etwas von ihrem Vater und ihren Geschwistern gehört?

A: Vor ca. drei Monaten habe ich mit meinem Vater gesprochen.

L: Was hat er da gesagt?

A: Mein Vater sagte, sie sind aus Afghanistan geflüchtet und dass sie im Iran sind. Ich darf nicht nach Afghanistan zurückkommen. Er sagte, sie werden dich umbringen, wenn du nach Afghanistan kommst. Er sagte, sie melden sich, wenn sie in der Türkei sind.

L: Haben Sie jemals erwogen, Ihren Wohnort in Afghanistan zu wechseln, damit sie ihren Problemen entgehen?

A: Ich habe damals Afghanistan verlassen und bin nach Pakistan zu meinem Onkel gezogen. Dort haben sie mich auch gefunden und mein Onkel hat mich dann nach Österreich geschickt.

L: Die vom BVwG eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.08.2015 ergab, dass es keinen Konflikt und keine Auseinandersetzungen bezüglich einer Heirat gab. Ihre angebliche Freundin konnte nicht ausfindig gemacht werden und auch konnten keinerlei Hinweise auf den behaupteten Angriff auf Ihren Bruder gefunden werden. Ebenso konnten keine Hinweise in Polizeiberichten gefunden werden, dass Ihr Bruder oder Sie angegriffen worden wären.

Was sagen Sie dazu?

A: Die Recherche wurde nicht in Afghanistan durchgeführt, sondern in Pakistan. Auch die österreichische Botschaft hat bestätigt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan extrem schlecht ist.

L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ich kann auf keinen Fall nach Afghanistan zurückkehren. Mein Leben ist dort in Gefahr,

ich werde dort getötet. Ich wohne seit 7 Jahren in Österreich und habe mich integriert. Ich

möchte nicht zurück. Meine Familie ist von Dahesh bedroht und das betrifft mich auch. Und

die alten Gründe gibt es natürlich auch noch.

RB: Fragen oder Anträge?

F: Welche Probleme hat ihre Familie genau mit den Dahesh?

A: Mein Bruder arbeitete für die Amerikaner, Air Force. Aus diesem Grund haben die Dahesh

meine Familie bedroht. Mein Onkel sagte, mein Bruder wurde von Dahesh Kämpfern

geschlagen. Sie sagten ihm, er darf nicht mehr für die Amerikaner arbeiten, er soll aufhören

zu arbeiten. Da gibt's eine E-Mail Adresse, da können sie eine Anfrage schicken, ob er

tatsächlich dort gearbeitet hat oder nicht.

F: Von wem haben sie von diesen Problemen erfahren?

A: Von meinem Vater und meinem Onkel, der in Kanada lebt.

Antrag: Ich beantrage die Zulassung, da dem AW mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie. Sein Bruder hat bei der Air Force gearbeitet und ist der AW als Familienangehöriger auch bedroht. Ferner möchte ich auf die schlechte Sicherheitsversorgungslage in Afghanistan hinweisen.

Korrektur nach Rückübersetzung:

AW gibt nun an, dass meine Familie von Dahesh bedroht wurde und vor drei Monaten

Afghanistan verlassen hat aufgrund dieser Bedrohungen."

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen dieser Einvernahme Unterlagen vor, bei denen es sich - seinen Angaben zu Folge - handelt um:

-

ein Empfehlungsschreiben betreffend den Bruder (Department of the Air Force)

-

eine Kopie der Tazkira des Bruders

-

eine Sterbeurkunde der Mutter

Am 15.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung aufgetragen, gemäß § 15b Absatz 1 Asylgesetz 2005 ab 15.11.2018 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen, ab 15.11.2018 in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.)

In der Begründung dieses Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegeben Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Afghanistan getroffen. Es wurde weiters festgestellt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens im Wesentlichen nicht geändert hat. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass seine alten Gründe noch aufrecht wären. Über diese sei bereits im Vorverfahren rechtskräftig negativ abgesprochen worden. Daher habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Freundschaft mit einem näher genannten Mädchen bei einer Rücken Afghanistan von deren Familie verfolgt würde. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten oder wie immer gearteten sonstigen Verfolgung ausgesetzt wäre. Nicht festgestellt werden könne, dass sich die Familie des Beschwerdeführers nicht mehr in Afghanistan aufhalte. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide.

Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 09.01.2019 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, gibt an, den im Spruch angeführten Namen zu führen. Er ist am 29.04.1990 geboren und stammt aus der Stadt Jalalabad in der Provinz Nangarhar. Sein Vater ist Paschtune, seine Mutter ist Tadschikin. Seine Muttersprache ist Dari. Seine Identität steht nicht fest.

Der unter I. beschriebene Verfahrensgang steht fest.

Festgestellt wird, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 24.08.2018 bzw. vom 11.10.2018, soweit es sich auf eine behauptete Verfolgung durch die Familie eines näher genannten Mädchens, mit dem er in Afghanistan befreundet gewesen sei, bezieht, bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war und rechtskräftig als unglaubwürdig erkannt wurde.

Festgestellt wird, dass dem nunmehrigen, im Rahmen der zweiten Antragstellung auf internationalen Schutz zusätzlich - zumindest ja nach Darstellungsvariante - getätigten Vorbringen, der Familie des Beschwerdeführers und dem Beschwerdeführer selbst drohe nun auch eine Gefährdung durch Daesh (den Islamischer Staat IS), kein glaubwürdiger Kern zukommt. Eine diesbezügliche konkret und gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Gefährdung kann daher nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden kann in diesem Zusammenhang, dass die in Afghanistan lebende Familie des Beschwerdeführers nunmehr wegen der Verfolgung durch Daesh (IS) in den Iran verzogen sei.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und seiner familiären und privaten Beziehungen in Österreich und im Herkunftsstaat sind gegenüber den im mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018, zugestellt am 23.07.2018, rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen (zu Gunsten der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet) eingetreten.

Festgestellt wird, dass die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers - der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 11.05.2016 wegen der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 28 Abs. 1 1.Satz SMG und den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8.Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt - bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren berücksichtigt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Person des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen Angaben im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahrensakt.

Die Feststellung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 24.08.2018 bzw. vom 11.10.2018, soweit es sich auf eine behauptete Verfolgung durch die Familie eines näher genannten Mädchens, mit dem er in Afghanistan befreundet gewesen sei, bezieht, bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war, dies mit dem Ergebnis, dass dieses Vorbringen als unglaubwürdig erkannt wurde, gründet sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers, dass seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien, im Zusammenhang mit dem Inhalt des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018.

Die Feststellung, dass dem nunmehrigen, im Rahmen der zweiten Antragstellung auf internationalen Schutz - zumindest ja nach Darstellungsvariante - zusätzlich getätigten Vorbringen, der Familie und dem Beschwerdeführer selbst drohe nun auch eine Gefährdung durch Daesh (den Islamischer Staat IS), kein glaubwürdiger Kern zukommt, gründet sich auf die bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getätigten beweiswürdigenden Ausführungen, denen auch das Bundesverwaltungsgericht folgt.

Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, behauptete der Beschwerdeführer in seinem schriftlichen, mit 24.08.2018 datierten und von ihm unterfertigten Antrag, nach der Verletzung seines Bruders und der Ermordung seiner Mutter von Seiten des IS drohe nun auch der Tod des Vaters, deshalb sei dieser nun mit den Geschwistern des Beschwerdeführers in den Iran geflohen. Abgesehen davon nun, dass diese Behauptung einer Ermordung der Mutter durch den IS im Widerspruch steht zu den Angaben des Beschwerdeführers, die er bereits im ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.04.2018 tätigte, als er schon damals auf Nachfrage angab, seine Mutter sei bereits verstorben, der Grund für ihren Tod sei Stress im Leben gewesen, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben, gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung zu seinem Folgeantrag am 11.10.2018 ebenfalls abweichend von den Behauptungen im schriftlichen Folgeantrag an, in der Zwischenzeit sei seine Mutter aufgrund des Stresses, welcher sie ausgesetzt gewesen sei, verstorben; die Ermordung der Mutter durch Daesh (den IS) und eine damit verbundene anschließende Flucht der restlichen Familie in den Iran kann daher schon deshalb nicht als glaubwürdig angesehen werden.

Abgesehen davon wurde, was nun das neue Vorbringenselement selbst betrifft, der Familie und dem Beschwerdeführer drohe nun auch eine Gefährdung durch Daesh (den Islamischer Staat IS), dieses Vorbringen zum einen in keinster Weise näher konkretisiert und ist schon in dieser Unkonkretheit nicht geeignet, eine konkret und gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr ausreichend konkret und plausibel glaubhaft zu machen. Zum anderen aber erwähnte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.10.2018 eine solche Verfolgung durch den IS mit keinem Wort, vielmehr gab er im Wesentlichen an, die alten Asylgründe blieben aufrecht, er habe Angst in Afghanistan zu sterben, weil er noch immer Angst habe vor denselben Leuten wie schon im ersten Asylverfahren. Auf die Frage, seit wann ihm die Änderungen der Situation/seiner Fluchtgründe bekannt sei, gab er an, schon immer, es gebe keine Änderungen. Einen Bezug einer Verfolgung durch den Islamischen Staat IS stellte der Beschwerdeführer im Rahmen dieser Einvernahme hingegen nicht her.

Den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, dass die gesteigerten Angaben im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde am 15.11.2018, wonach der Vater des Beschwerdeführers und seine Geschwister - aufgrund einer Anstellung des Bruders im Jahr 2017 bei einem näher genannten amerikanischen Unternehmen, wobei der Bruder aufgefordert worden sei, er solle aufhören, für die Amerikaner zu arbeiten - vor drei Monaten vom IS bedroht worden und deshalb in den Iran gezogen seien, nicht glaubhaft sind, dies ganz abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer eine Tätigkeit eines seiner beiden Brüder für ein amerikanisches Unternehmen im Jahr 2017 (beginnend offenbar mit dem Jahr 2012) im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.04.2018 im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht erwähnte und der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters im Rahmen dieser Verhandlung im Gegenteil angab, die in Afghanistan lebende Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus Vater, zwei Brüdern und zwei Schwestern, habe derzeit kein Einkommen.

Was die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer (allerdings lediglich in Kopie) vorgelegten Unterlagen betrifft, so wird mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten undatierten Empfehlungsschreiben (AS 99, 103 des Aktes der belangten Behörde) betreffend eine Person namens XXXX kein ausreichend nachvollziehbarer Bezug zum Beschwerdeführer selbst oder zu einem Bruder des Beschwerdeführers hergestellt, noch weniger aber wird mit diesem Dokument (bzw. dessen Kopie) ein nachvollziehbarer Bezug zu einer konkret und gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichteten Verfolgung durch den IS dargetan und belegt, und dies im Übrigen unabhängig von der Frage von dessen Echtheit und inhaltlicher Richtigkeit. Selbiges gilt im Ergebnis auch für ein Empfehlungsschreiben vom 01.01.2017 (AS 101, 105 des Aktes der belangten Behörde).

Da nach dem oben Gesagten dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers, auch soweit es neue Vorbringenselemente beinhaltet, keine Glaubwürdigkeit zukommt, ist es auch nicht glaubhaft, dass die in Afghanistan lebende Familie des Beschwerdeführers nunmehr wegen der Verfolgung durch Daesh (durch den IS) in den Iran verzogen sei.

Die Feststellung, dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat gegenüber den im mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgebliche Änderung eingetreten ist, ergibt sich aus einem Vergleich des im ersten Asylverfahren vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Länderberichtsmaterial mit dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Länderberichtsmaterial. Auch im nunmehrigen, auf einem Folgeantrag basierenden Verfahren wurden dem Beschwerdeführer vom BFA umfassende Länderberichte zur Kenntnis gebracht, die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde nicht substantiiert bestritten wurden und die keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zur Lage, die bereits im Rahmen des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einer Beurteilung unterzogen wurde, zeigen, dies auch unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich sich weiter verschärft habenden Sicherheits-und Versorgungslage in Afghanistan, auch in urbanen Bereichen wie in der Hauptstadt Kabul oder in Mazar-e Sharif und in Herat.

Die Feststellung, dass hinsichtlich der privaten Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich und im Herkunftsstaat gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderung eingetreten ist, gründet sich auf den Umstand, dass im Zusammenhang mit der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 gegen den Beschwerdeführer getroffenen Rückkehrentscheidung letztmalig über die Frage eines Eingriffes in das Privat- bzw. Familienleben des Fremden rechtskräftig abgesprochen wurde und eine maßgebliche Änderung des diesbezüglichen Sachverhaltes - jedenfalls zu Gunsten der privaten Interessen an einem Verbleib des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet - im zwischenzeitlich vergangenen Zeitraum von sechs Monaten nicht erkennbar ist. Wie der Beschwerdeführer selbst vorbrachte, führte er seinen eigenen Angaben zu Folge in diesem Zeitraum weder im österreichischen Bundesgebiet ein Familienleben noch vermochte er im Hinblick auf einen Eingriff in das Privatleben integrative Aspekte im österreichischen Bundesgebiet voranzutreiben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Falle desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung solcher während des ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens bereits existent gewesener Sachverhaltselemente kommt daher im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung auf internationalen Schutz nicht in Betracht.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 11.10.2018 zum einen ausgeführt, dass sich seine Fluchtgründe seit der ersten Antragstellung nicht geändert hätten, sondern dass diese aufrecht seien. Über die im ersten Asylverfahren erstatteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurde aber bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2017 und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.07.2018 rechtskräftig abgesprochen und eine gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Bedrohung bzw. Verfolgung als nicht glaubhaft erachtet. Diesem rechtskräftig bereits als nicht glaubhaft erkannten Vorbringen kann daher kein glaubhafter Kern zukommen und ist dieses abgesehen davon per se nicht geeignet, eine zulässige neue Sachentsche

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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