TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/1 W133 2190122-1

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Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2190122-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 06.03.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 14.12.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin ein. In diesem Gutachten vom 03.03.2018 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Morbus Bechterew Unterer Rahmensatz bei mäßiger Funktionseinschränkung. Hilfsmittel werden keine verwendet, große Breite an therapeutischen Möglichkeiten offen. Derzeit geringe Krankheitsaktivität

02.02.02

30

2

Eisenmangel Anämie Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz da derzeit unter Eisentherapie, Müdigkeit und Fatigue im Vordergrund

10.01.01

20

3

Zustand nach Entfernung der Gallenblase Unterer Rahmensatz da annähernd beschwerdefrei, mit geringen Verdauungsstörungen zeitweise auftretend

07.06.01

10

4

Hormonelle Substitution nach Schilddrüsenentfernung Unterer Rahmensatz da unter Hormontherapie gut kontrollierbar

09.01.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, Leiden 1 werde aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz durch die übrigen Leiden 2-4 um keine weitere Stufe erhöht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.03.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mailnachricht vom 21.03.2018 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte sie lediglich aus, sie lege hiermit Berufung ein und bitte um eine neue Beurteilung.

Da diese Beschwerde Inhaltsmängel aufwies, erteilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30.04.2018 einen Mängelbehebungsauftrag, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren zu ergänzen.

Mit Schreiben vom 08.05.2018 erstattete die Beschwerdeführerin eine Beschwerdeergänzung, worin sei zusammengefasst auf die Beeinträchtigungen durch die Beschwerden aufgrund der Morbus Bechterew-Erkrankung eingeht und um neuerliche Untersuchung ersucht.

Am 10.01.2019 ersuchte die Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht um Entscheidung ihres Verfahrens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Sie brachte am 14.12.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Morbus Bechterew bei mäßiger Funktionseinschränkung, Hilfsmittel werden keine verwendet, eine große Breite an therapeutischen Möglichkeiten ist offen. Derzeit geringe Krankheitsaktivität;

2) Eisenmangel Anämie, derzeit unter Eisentherapie, Müdigkeit und Fatigue im Vordergrund;

3) Zustand nach Entfernung der Gallenblase, annähernd beschwerdefrei, mit geringen Verdauungsstörungen zeitweise auftretend;

4) Hormonelle Substitution nach Schilddrüsenentfernung, unter Hormontherapie gut kontrollierbar.

Leiden 1 wird aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz durch die übrigen Leiden 2-4 um keine weitere Stufe erhöht.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 30 v. H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten der Fachärztin für Innere Medizin vom 03.03.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten der Fachärztin für Innere Medizin vom 03.03.2018. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Führendes Leiden der Beschwerdeführerin sind die durch die Morbus Bechterew-Erkrankung bestehenden generalisierten Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades. Diese wurden von der Sachverständigen unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Befunde und vor allem des Untersuchungsbefundes korrekt der Positionsnummer 02.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades betrifft. Da bei der Beschwerdeführerin lediglich mäßige Funktionseinschränkungen dokumentiert werden konnten, keine Hilfsmittel verwendet werden müssen und auch eine große Breite an therapeutischen Möglichkeiten noch offensteht, erweist sich die Einstufung der Gutachterin zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung als nachvollziehbar und auch richtig. Die von der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Beschwerdeergänzung eingewandten Einschränkungen durch die Morbus Bechterew-Erkrankung wurden von der Gutachterin unter Leiden 1 bereits berücksichtigt und mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30% auch korrekt bewertet.

Eine Einstufung unter der nächsthöheren Positionsnummer 02.02.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung ist nicht möglich, zumal weder dauernde erhebliche Funktionseinschränkungen noch eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität objektiviert werden konnten. Im Gegenteil stellte die Gutachterin ausdrücklich fest, dass eine große Breite an therapeutischen Möglichkeiten noch offensteht. Diesen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.

Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt der Positionsnummer 10.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche therapierefraktäre Anämien mit leichten bis mäßigen Auswirkungen betrifft, zugeordnet. Die Sachverständige begründete die Einstufung eine Stufe über dem unteren Rahmensatz dieser Positionsnummer nachvollziehbar mit dem Vorliegen einer Eisenmangel Anämie und berücksichtige den Umstand, dass derzeit unter Eisentherapie, Müdigkeit und Fatigue im Vordergrund stehen. Diese Feststellung stimmt auch mit den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung überein. Die von der Gutachterin gewählte Einstufung erweist sich somit als nachvollziehbar und richtig.

Letzteres gilt auch für Leiden 3. Es ist unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes ebenfalls nachvollziehbar und richtig, dass die Sachverständige den Zustand nach Entfernung der Gallenblase dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 07.06.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet hat, welche funktionelle Störungen der Gallenblase betrifft, da annähernd Beschwerdefreiheit mit lediglich geringen Verdauungsstörungen zeitweise auftretend bestehen. Befunde, die eine höhere Schwere dieses Leidens belegen würden, liegen nicht vor.

Auch Leiden 4 wurde von der Sachverständigen nachvollziehbar und richtig dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 09.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche endokrine Störungen leichten Grades betrifft, da bei der Beschwerdeführerin der Zustand nach Schilddrüsenentfernung unter der Hormontherapie gut kontrollierbar ist.

Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde auch keine Befunde vor, welche dem Gutachten widersprechen würden. Sie ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 03.03.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige und widerspruchsfreie innerfachärztliche Sachverständigengutachten vom 03.03.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf nochmals hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2190122.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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