TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/26 98/10/0007

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Veröffentlicht am 26.04.1999
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

AMG 1983 §26 Abs1;
AMG 1983 §84 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde der Dr. S in 3100 St. Pölten, vertreten durch Dr. Hans Kaska, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 26, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. August 1993, Zl. VII/3-2/IX/16, betreffend Übertretung des Arzneimittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin einer Verwaltungsübertretung nach § 84 Z. 7 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes schuldig erkannt, weil sie am 18. September 1990 in St. Pölten, ..., den Impfstoff Leukozell 2 Norden, Charge Nr. B 3226/A, an die Katze der Frau W.-D. verimpft, also in Verkehr gebracht habe, welcher eine biogene Arzneispezialität im Sinne des § 1 Abs. 5 (richtig: Abs. 7) des Arzneimittelgesetzes darstelle und damit eine besondere Freigabe (Zulassung) für jede einzelne Charge durch den Bundeskanzler benötige, wobei diese Freigabe gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. für diesen Impfstoff jedoch noch nicht erteilt gewesen sei.

Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen) verhängt.

Die belangte Behörde folgte in ihrer Begründung nicht der Verantwortung der Beschwerdeführerin, bei der Impfung sei lediglich eine unrichtige Etikette, die die Beschwerdeführerin von Frau M. aus Deutschland mit entsprechendem Informationsmaterial erhalten habe, von der Ordinationshilfe in den Impfpass eingeklebt worden. Der belangten Behörde erschienen vielmehr die Angaben der Zeugin W.-D. schlüssig und nachvollziehbar, wonach ihr die Beschwerdeführerin gesagt habe, dass sie über die Verwendung des neuen Impfstoffes mit niemanden sprechen solle, weil der Impfstoff nur in Deutschland erhältlich sei und erst demnächst nach Österreich kommen werde. Die Aussage dieser Zeugin werde nach Auffassung der belangten Behörde entscheidend durch die Tatsache erhärtet, dass in verschiedenen Impfpässen von verschiedenen Katzen an verschiedenen Tagen insgesamt siebenmal die Impfung mit Leukozell 2 Norden, Charge Nr. B 3226/A, jeweils mit Stampiglie und Unterschrift der Beschwerdeführerin, bestätigt worden sei. Demgegenüber habe die von der Beschwerdeführerin geführte Zeugin M. in ihrem Schreiben vom 18. März 1993 nur sehr ungenaue Angaben gemacht. Danach habe sie der Beschwerdeführerin diverses Informationsmaterial übersandt, wobei sich nach ihrem Erinnerungsvermögen darunter auch die erwähnten Etiketten befunden hätten. Den genauen Zeitpunkt der Zusendung könne sie nicht mehr nennen. Sie glaube aber, dass dies im Laufe des Jahres 1990 gewesen sei. Von einer persönlichen Einvernahme dieser Zeugin sei daher abgesehen worden. Tatsache sei, dass der gegenständliche Impfstoff zum Tatzeitpunkt noch nicht nach Österreich geliefert worden und auch noch nicht zugelassen gewesen sei; er sei erst seit 1991 für den österreichischen Markt zugelassen. Er sei jedoch in Deutschland zugelassen und erhältlich gewesen. Dass der zuständige Amtstierarzt bei der veterinärbehördlichen Überprüfung der Tierklinik der Beschwerdeführerin keinerlei Wahrnehmungen bezüglich des gegenständlichen Impfstoffes gemacht habe, weise noch nicht nach, dass die Beschwerdeführerin über den Impfstoff zum Tatzeitpunkt nicht verfügt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1997, G 217/96 u.a., den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes, den Absatz 2 des VStG-Übergangsrechtes 1991, Anlage 2 der Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 52/1991, als verfassungswidrig aufzuheben bzw. auszusprechen, dass § 84 Z. 7 des Arzneimittelgesetzes bis zum 31. Dezember 1990 verfassungswidrig war (in eventu diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben), keine Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 84 Z. 7 des Arzneimittelgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, wer biogene Arzneimittelspezialitäten in Verkehr bringt, deren Charge nicht gemäß § 26 freigegeben ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes dürfen biogene Arzneimittelspezialitäten unbeschadet der Bestimmungen über die Zulassung von Arzneimittelspezialitäten nur in Verkehr gebracht werden, wenn deren Charge vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz freigegeben ist.

Nach § 1 Abs. 7 des Arzneimittelgesetzes sind biogene Arzneimittel unter anderem Impfstoffe.

In der Beschwerde wird zunächst die Auffassung vertreten, aus dem Akteninhalt könne nicht verlässlich beurteilt werden, ob der Impfstoff Leukozell 2 zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt (18. September 1990) in Österreich zugelassen gewesen sei oder nicht. Die Feststellung der belangten Behörde, aus dem Schreiben der Plantadrog DrogenhandelsgmbH vom 22. Juli 1991 ergebe sich, dass der Impfstoff "erst seit 1991" für den österreichischen Markt zugelassen sei, sei aktenkwidrig. Die Plantadrog habe in ihrem Schreiben nämlich darauf hingewiesen, dass der gegenständliche Impfstoff "seit einiger Zeit" für den österreichischen Markt zugelassen sei, jedoch noch keine Lieferungen nach Österreich erfolgt seien. Leukozell 2 mit einer anderen Chargennummer sei seit ca. einer Woche im Handel. Aus dem Schreiben ergebe sich ferner ein Widerspruch zu den Ausführungen des Amtstierarztes vom 25. März 1992, wonach zum Stichtag 1. Juli 1992 der genannte Impfstoff nicht zugelassen sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsstrafverfahren, dem die Verwendung eines Impfstoffes aus einer nicht vom zuständigen Bundesminister gemäß § 26 Abs. 1 AMG freigegebenen Charge zugrunde lag, niemals behauptet, dass eine Freigabe vorgelegen wäre; sie hat sich vielmehr ausschließlich darauf berufen, dass sie einen anderen Impfstoff verwendet habe. Bei dieser Sachlage bestand für die belangte Behörde, die sich auf den Erlass des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 4. Juli 1991 bezieht, aus dem hervorgeht, dass bis zum 1. Juli 1991 keine Freigabe einer Charge des in Rede stehenden Impfstoffes erfolgt war, keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen, zumal auch aus den von der Beschwerde angeführten Beweisergebnissen kein Anhaltspunkt für die Freigabe einer Charge des Impfstoffes hervorgeht.

Die Beschwerdeführerin rügt ferner, dass ihrem Antrag auf Einvernahme der Zeugin M. im Rechtshilfeweg nicht Folge gegeben worden sei; damit hätte die von der Behörde nicht geglaubte Darstellung wahrscheinlich gemacht werden können, es sei sehr wohl möglich, dass entsprechende Etiketten bei der Verwendung übrig blieben, welche ihr die Zeugin dann übersandt habe.

Mit diesem Vorbringen wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan; es handelt sich dabei nämlich um einen unwesentlichen Umstand des Verwaltungsverfahrens.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin ferner geltend, die belangte Behörde hätte ihren Antrag auf Einvernahme des Amtstierarztes nicht abweisen dürfen. Dieser habe "im unmittelbaren zeitlichen Naheverhältnis" zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Tat eine Inspektion ihrer Tierklinik einschließlich der Arzneimittelvorräte vorgenommen. Er hätte daher befragt werden müssen, in welchem Umfang er die Überprüfung der Ordination durchgeführt habe, insbesondere ob eine Überprüfung des Kühlschrankes durchgeführt worden sei.

Auch damit wird eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan. Aus dem etwaigen Nichtvorhandensein des Impfstoffes im Medikamentenkühlschrank zum Zeitpunkt der Inspektion (16. November 1990) können keinerlei Rückschlüsse für den Tatzeitpunkt am 18. September 1990 gezogen werden.

Was schließlich das Vorbringen der Beschwerdeführerin anlangt, die belangte Behörde sei nicht auf ihre Argumentation eingegangen, wonach die Zeugin W.-D. schon aufgrund der Nennung eines falschen Namens und einer falschen Adresse bei der Behandlung ihres Tieres in der Ordination in ihrer Aussage bedenklich sei, so ist auf die Niederschrift über die Vernehmung dieser Zeugin zu verweisen. Danach hat sich diese mit ihrem Reisepass ausgewiesen, aus dem ersichtlich sei, dass ihr Name Martha D., geborene W., ist.

Wenn daher die belangte Behörde - insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin in verschiedenen Impfpässen von verschiedenen Katzen an verschiedenen Tagen insgesamt siebenmal die Impfung mit dem streitgegenständlichen Impfstoff jeweils mit Stampiglie und Unterschrift bestätigt hat - die Darstellung dieser Zeugin als "eher lebensnah" als die Rechtfertigung der Beschwerdeführerin, ihre Etiketten seien vermischt und dadurch die Impfung unrichtig dokumentiert worden, gewürdigt hat, so kann dies im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der Beweiswürdigung nicht als unschlüssig erkannt werden.

Aufgrund dieser Erwägungen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998100007.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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