Entscheidungsdatum
06.02.2019Norm
BBG §40Spruch
W133 2181137-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 06.12.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführerin war am 11.05.2015 ein bis 30.09.2017 befristeter Behindertenpass mit einem damals festgestellten Grad der Behinderung von 70% ausgestellt worden. Der damaligen Einschätzung lagen Funktionseinschränkungen der Hüfte beidseits, der Wirbelsäule und des Nervus peroneus zugrunde. Aufgrund einer medizinisch zu erwartenden Besserung der Funktionseinschränkungen der Hüfte beidseits und des Nervus peronaeus wurde der Pass bis 30.09.2017 befristet ausgestellt.
Die Beschwerdeführerin stellte aufgrund des Ablaufes der Gültigkeit ihres alten Behindertenpasses am 08.09.2017 einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie ein. In diesem Gutachten vom 05.12.2017 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Hüftgelenkstotalersatz beidseits, Zustand nach mehrfacher Operation wegen Luxation links Mittlerer Rahmensatz, da nur eine endlagige funktionelle Einschränkung vorliegt
02.05.08
30
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßige Funktionsbehinderung
02.01.02
30
3
Teillähmung des Nervus peronaeus Wahl dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da mäßiges motorisches Defizit
04.05.13
20
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da dieses maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweise. Leiden 3 erhöhe nicht weiter, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken bestehe. Im Vergleich zum Vorgutachten hätten sich die Leiden 1 und 3 gebessert, weshalb Leiden 1 um 2 Stufen und Leiden 3 um eine Stufe herabgesetzt werde. Aus diesem Grund sinke der Gesamtgrad der Behinderung um 3 Stufen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.12.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.12.2017 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt sie aus, im Jahr 2005 sei ihr aufgrund ihrer gesundheitlichen Leiden ein Bescheid mit 50% Behinderung ausgestellt worden, mit Bescheid von 2016 sei ihr eine 70%-ige Behinderung befristet zugesprochen worden. Da sich ihr Gesundheitszustand nicht wesentlich verbessert habe und sie nun aber weniger Gesamtgrade dauerhaft zugesprochen erhalte, lege sie Einspruch gegen den neuen Bescheid ein. Der Beschwerde legte sie keine medizinischen Befunde bei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.
Sie brachte zuletzt am 08.09.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Hüftgelenkstotalersatz beidseits, Zustand nach mehrfacher Operation wegen Luxation links, bei nur endlagiger funktioneller Einschränkung;
2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bei mäßiger Funktionsbehinderung;
3) Teillähmung des Nervus peronaeus bei mäßigem motorischen Defizit.
Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da dieses maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist. Leiden 3 erhöht nicht weiter, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken besteht. Im Vergleich zum Vorgutachten haben sich die Leiden 1 und 3 gebessert, weshalb Leiden 1 um 2 Stufen und Leiden 3 um eine Stufe herabgesetzt wird. Aus diesem Grund sinkt der Gesamtgrad der Behinderung um insgesamt 3 Stufen.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v. H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 05.12.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Das von der Beschwerdeführerin erstattete Beschwerdevorbringen, dass sich ihr Gesundheitszustand seit 2016 nicht wesentlich gebessert habe, findet in den Ergebnissen des vorliegenden Gutachtens keine Deckung und wurde im Verfahren auch nicht befundmäßig untermauert. Die bestehenden Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten vom 05.12.2017 durch die vorgenommene medizinische Beurteilung korrekt berücksichtigt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen.
Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 05.12.2017. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.
Führendes Leiden der Beschwerdeführerin ist die Funktionseinschränkung nach Hüftgelenkstotalersatz beidseits, Zustand nach mehrfacher Operation wegen Luxation links bei nur endlagiger funktioneller Einschränkung. Dieses wurde von der Sachverständigen unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung erhobenen vorliegenden endlagig eingeschränkten Beweglichkeit korrekt der Positionsnummer 02.05.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche Funktionseinschränkungen geringen Grades der Hüftgelenke beidseits betrifft. Diesbezüglich wurde im Gutachten folgender Status erhoben:
"Klinischer Status - Fachstatus:
Wirbelsäule - Beweglichkeit:
HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 2 cm, alle übrigen Ebenen: frei beweglich
BWS: gerade
LWS: Seitneigen nach links bis 40° möglich, nach rechts bis 40° möglich
FBA: 30 cm
Obere Extremitäten: Rechtshänderin
Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich,
Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Links: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk:
frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Kraft- und Faustschluss: bds. frei Kreuz- und Nackengriff: bds.
Möglich
Untere Extremitäten:
Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-100, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguß, bandstabil OSG: frei
Links: Hüftgelenk: S 0-0-95, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguß, bandstabil OSG: frei
Füße: bds. o.B.
Zehen- und Fersenstand: re. möglich, li. nicht möglich."
Aus dem Untersuchungsergebnis im Gutachten ergibt sich somit eine geringgradige Funktionseinschränkung der Hüftgelenke entsprechend der getroffenen Einschätzung mit dem mittleren Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bewertet mit 30%.
Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades betrifft, zugeordnet. Die Sachverständige begründete die Einstufung im unteren Rahmensatz dieser Positionsnummer nachvollziehbar mit der im Rahmen der Begutachtung festgestellten mäßigen Funktionsbehinderung. Aus den Untersuchungsergebnissen und den vorliegenden Befunden ergeben sich auch keine Hinweise auf höhere funktionelle Auswirkungen als eingeschätzt. Die von der Gutachterin gewählte Einstufung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes betreffend die Wirbelsäule als nachvollziehbar und richtig.
Letzteres gilt auch für Leiden 3. Es ist unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde nachvollziehbar und richtig, dass die Sachverständige bei der Beurteilung der Funktionseinschränkung durch eine Teillähmung des Nervus peronaeus eine Zuordnung mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 04.05.13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorgenommen hat, da im Rahmen der Begutachtung nur ein mäßiges motorisches Defizit objektiviert werden konnte und keine Stürze durch diese Einschränkung befundmäßig dokumentiert sind.
Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.
Das unsubstantiierte Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 05.12.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45.
(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
....
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vollständige, schlüssige und widerspruchsfreie orthopädische Sachverständigengutachten vom 05.12.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2181137.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.04.2019