TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/21 W216 2131749-1

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Veröffentlicht am 21.02.2019
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Entscheidungsdatum

21.02.2019

Norm

AlVG §38
AlVG §49
AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §8a

Spruch

W216 2131749-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichter Dr. Kurt SCHEBESTA sowie die fachkundige Laienrichterin Petra SANDNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , SVNR: XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Dresdner Straße vom 04.07.2016, Zl. XXXX , betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe im Zeitraum vom 20.06.2016 bis 26.06.2016, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.10.2018,

1. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. den Beschluss gefasst:

A) Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.07.2016 stellte das Arbeitsmarktservice Wien Dresdner Straße (im Folgenden: belangte Behörde) auf Ersuchen des Beschwerdeführers fest, dass dieser für den Zeitraum vom 20.06.2016 bis 26.06.2016 keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalte. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Kontrolltermine der Betreuung von Arbeitslosen dienen würden. Diese umfasse die Feststellung von Vermittlungshindernissen sowie eines Schulungs- oder sonstigen Unterstützungsbedarfes. Der Kontrolltermin diene auch der Feststellung der Gebührlichkeit von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Damit das AMS diesen umfangreichen Aufgaben nachgehen könne, bedürfe es der Mitwirkung des Arbeitslosen.

Der Beschwerdeführer habe zwar am Tag des vorgeschriebenen Kontrollmeldetermins am 20.06.2016 beim Casemanagement vorgesprochen, sei aber nicht bereit gewesen, aktiv an einem Beratungsgespräch mitzuwirken. So sei der Beschwerdeführer mit einer Filmkamera zum Kontrollmeldetermin erschienen, in der Absicht, Tonaufnahmen während des Beratungsgespräches zu machen, und sei, als er sich geweigert habe, die Kamera auszuschalten, des Hauses verwiesen worden. Er habe trotz der Aufforderung und des Hinweises, dass die Nichtmitwirkung als Kontrollmeldeversäumnis gewertet werde, nicht aktiv am Gespräch mitgewirkt und sich erst am 27.06.2016 wieder zum Arbeitsmarktservice begeben, so dass seine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung vom 20.06.2016 bis zum 26.06.2016 einzustellen gewesen seien.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher er im Wesentlichen der Feststellung der belangten Behörde, er habe nicht aktiv am Gespräch mitgewirkt, widersprach und die Gewährung von Verfahrenshilfe beantragte.

3. Am 04.08.2016 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Im Laufe des Verfahrens stellte der Beschwerdeführer mehrere Anfragen zur "Klärung seiner Situation" und wies unter anderem mit E-Mail vom 25.11.2016 darauf hin, dass er sich gegenüber dem AMS immer kooperativ verhalten habe. Er habe die Video- und Tonaufnahmen ausschließlich deshalb vorgenommen, um dies zu beweisen. Er ersuche seine Kooperationsbereitschaft unter Beweis stellen zu dürfen.

5. Mit Schreiben vom 01.10.2018 erteilte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer einen Mängelbehebungsauftrag betreffend seinen Verfahrenshilfeantrag, mit welchem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, binnen einer Woche nach Zustellung des Schreibens ein eigenhändig unterfertigtes, vollständig ausgefülltes, nicht mehr als vier Wochen altes Vermögensbekenntnis unter Anschluss der darin genannten erforderlichen Belege (Einkommens- und Vermögensnachweise) und einen Mietvertrag vorzulegen. Weiters wurde ihm ein Merkblatt zur Verfahrenshilfe übermittelt. Der Beschwerdeführer kam dem Mängelbehebungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist (und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung) nicht nach.

6. Am 24.10.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, zu welcher der Beschwerdeführer, ein Vertreter der belangten Behörde und der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für den Beschwerdeführer zuständige Betreuer des AMS Casemanagements als Zeuge ladungsgemäß erschienen sind. In der Verhandlung wurden der Beschwerdeführer sowie der Zeuge zum gegenständlichen Fall eingehend befragt.

7. Mit E-Mail vom 25.10.2018 legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor: Zwei Hausordnungen des AMS, E-Mail-Verkehr zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer sowie eine nicht unterfertigte, den Beschwerdeführer betreffende Unterlassungserklärung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Zur Sache des gegenständlichen Verfahrens:

Der Beschwerdeführer bezieht seit 25.07.2009 mit Unterbrechungen Notstandshilfe.

Ihm wurde am 15.06.2016 ein Kontrollmeldetermin für den 20.06.2016 in den Räumlichkeiten des AMS-Casemanagements (für Personen mit besonderem Betreuungsbedarf) vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erschien zu diesem Termin, versuchte jedoch, mit einer mitgebrachten Filmkamera zumindest Tonaufnahmen vom Gespräch zu machen.

Dies wurde dem Beschwerdeführer von seinem Betreuer unter Hinweis auf die Hausordnung sowie seiner Persönlichkeitsrechte ausdrücklich untersagt. Da der Beschwerdeführer nicht gewillt war, von seinem Vorhaben abzulassen und die Aufnahme zu löschen, wurde er von seinem Berater unter Hinweis, dass die Nichtmitwirkung als Kontrollmeldeversäumnis gewertet werde, des Büros verwiesen. Der Beschwerdeführer begab sich daraufhin zum Infopoint um dort seine Bewerbungsliste abzugeben und eine Anwesenheitsbestätigung zu erhalten. Der Beschwerdeführer verließ daraufhin das Haus.

Der Beschwerdeführer wurde sowohl schriftlich als auch mündlich auf die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung des Kontrollmeldetermins hingewiesen.

Zum Verfahrenshilfeantrag:

Der Beschwerdeführer stellte in seiner Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid unter einem den gegenständlichen Antrag auf Verfahrenshilfe. Dem Antrag waren keinerlei - für einen Antrag auf Verfahrenshilfe erforderliche - Unterlagen beigelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer daher mit Schreiben vom 01.10.2018 zur Vorlage eines Vermögensbekenntnisses und eines Mietvertrags innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert, der Beschwerdeführer ist diesem Auftrag nicht nachgekommen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und den Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts, beinhaltend sämtliche vorgelegte Unterlagen und eingebrachte Stellungnahmen, sowie insbesondere aus den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum tatsächlichen Ablauf des gegenständlichen Kontrollmeldetermins konnten aus den im Kern übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers mit jenen, des als Zeugen geladenen Betreuers des Beschwerdeführers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum getroffen werden. So räumte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung den Versuch, vom Gespräch Tonaufnahmen zu machen, selbst ein und kam es diesbezüglich zu keinen Widersprüchen zu dem Vorbringen des Zeugen. Der Ablauf des Kontrollmeldetermins am 20.06.2016 steht somit im Kern außer Streit. Der Beschwerdeführer bestreitet weiters auch nicht, über die möglichen Konsequenzen seines Verhaltens, nämlich einen Anspruchsverlust, belehrt worden zu sein.

Es ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass die Anfertigung von Tonaufnahmen gegen den Willen des Gesprächspartners der allgemeinen Lebenserfahrung nach nicht auf die Bereitschaft schließen lässt, aktiv an einem Beratungsgespräch mitzuwirken.

Soweit der Beschwerdeführer - unter die Berufung auf die zum damaligen Zeitpunkt geltende Hausordnung des AMS - darauf hinweist, dass Tonaufnahmen im AMS "nicht verboten" seien, ist ihm zu entgegnen, dass Tonaufnahmen grundsätzlich in das Persönlichkeitsrecht von Betroffenen, nämlich das Recht am eigenen Wort, eingreifen. Unabhängig von möglichen strafrechtlichen Folgen und einem potentiellen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz, verletzen Personen, welche Tonaufnahmen von ihrem Gesprächspartner ohne dessen Zustimmung anfertigen, in der Regel das durch § 16 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) normierte, jedermann angeborene, allgemeine Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereiches sowie § 1328a ABGB (Recht auf Wahrung der Privatsphäre). Wenn also die Hausordnung des AMS - nach Genehmigung - die Möglichkeit von Tonaufnahmen vorsieht, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Genehmigungsinhaber berechtigt ist, jedwede Gespräche auch gegen den ausdrücklichen Willen des Gesprächspartners aufzuzeichnen. Ein derartiges Vorgehen ist, wie bereist festgehalten, neben seiner Rechtswidrigkeit, nicht geeignet, einen kooperativen Gesprächsverlauf zu bewirken und es kann dem Betreuer des Beschwerdeführers als Gesprächspartner auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn er zum Schutze seiner Persönlichkeitsrechte, das Gespräch - nach vorangehender Belehrung, ob der Folgen bei Fortführung der Aufzeichnungen - nicht zustande hat kommen lassen.

Der Beschwerdeführer bringt zur Rechtfertigung seines Handelns vor, sich in einer "eindeutigen Notwehrsituation" befunden zu haben. Es sei ihm keine andere Möglichkeit offen gestanden, um seine Kooperationsbereitschaft zu beweisen. Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass sich die bereits über längere Zeit hinziehende Situation der Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers und den damit einhergehenden wiederkehrenden Terminen bei der belangten Behörde, für den Beschwerdeführer eine Belastung darzustellen vermag, der Beschwerdeführer ist jedoch ein, wie er selbst unter Berufung auf eingeholte Gutachten festhält, grundsätzlich gesunder Mann, dem zugesonnen werden kann, seine Kooperationsbereitschaft mit anderen - gesetzeskonformen - Mitteln wie bspw. der Beiziehung von Vertrauenspersonen zu den Gesprächen, zu belegen.

Zusammengefasst ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, einen triftigen Grund für die "Vereitelung" des Kontrollmeldetermins darzulegen und konnte dem Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers daher nicht gefolgt werden.

Hinsichtlich des Verfahrenshilfeantrags ergibt sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt. Der Beschwerdeführer ist dem Mängelbehebungsauftrag - auch nach Nachfrage der vorsitzenden Richterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung - nicht nachgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS Wien Dresdner Straße.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde im dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest (vgl. Feststellungen, Punkt II.1.). Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich hinsichtlich der Sanktion des Notstandshilfebezugs in der Sache selbst zu entscheiden.

Verfahrenshilfeantrag:

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Gemäß § 8a Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen nicht zur Zurückweisung. Es ist vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Beschwerdegegenstand:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Gemäß § 38 AlVG sind die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld grundsätzlich auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Zu 1. A) Abweisung der Beschwerde:

Nach § 49 Abs. 2 AlVG erhält ein Arbeitsloser, der trotz Kenntnis der Rechtsfolgen einen Kontrollmeldetermin des Arbeitsmarktservice ohne triftigen Grund versäumt, bis zu seiner persönlichen Wiedermeldung beim Arbeitsmarktservice keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Aufgrund unterschiedlichen Betreuungsbedarfs können auch längere Zeiträume für Kontrolltermine vorgesehen werden.

Kontrollmeldetermine dienen einerseits dazu eine durchgehende Betreuung zu gewährleisten, jedoch auch zur Feststellung ob der Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu Recht besteht.

Unter einem triftigen Grund ist ein äußeres, vom Willen des Arbeitslosen unabhängiges unabwendbares Ereignis zu verstehen, welches es dem Arbeitslosen objektiv gesehen unmöglich macht, den ihm vom Arbeitsmarktservice gesetzten Termin einzuhalten.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, die belangte Behörde habe seinen Leistungsbezug nicht wegen eines Kontrollmeldeversäumnisses einstellen dürfen, weil er zu dem vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin persönlich erschienen ist. Sein Versuch, vom Gespräch mit seinem Berater Tonaufnahmen zu machen, habe nur dazu gedient, seine Kooperationsbereitschaft unter Beweis zu stellen.

Damit gelingt es ihm nicht, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Kontrollmeldetermine dienen der Betreuung von Arbeitslosen. Diese umfasst die Feststellung von Vermittlungshindernissen, Schulungs- und sonstigem Unterstützungsbedarf aber auch der Kontrolle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. VwGH 20.11.2002, 2002/08/0136). Damit das AMS diesen umfangreichen Aufgaben nachgehen kann, bedarf es der Mitwirkung des Arbeitslosen (vgl. VwGH 21.12.2011, 2008/08/0196, mHa VwGH 20.10.1992, 92/08/0019, 19.01.2011, 2008/08/0020, und 25.05.2011, 2008/08/0236).

Den Feststellungen zufolge hat der Beschwerdeführer versucht, gegen den Willen seines Betreuers mit einer mitgebrachten Kamera Tonaufnahmen von dem Gespräch zu machen. Dies stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betreuers dar, weswegen er berechtigt war, die Aufnahme des Gesprächs in jeder Form zu verweigern. Die Persönlichkeitsrechte des Betreuers gehen auf jeden Fall vor, weshalb es irrelevant ist, dass in der vom Beschwerdeführer vorgelegten Hausordnung der belangten Behörde nur von einer Genehmigungspflicht für Film-, Video- und Fotoaufnahmen die Rede ist, während in einer (aktualisierten) Version, welche die belangte Behörde in der Verhandlung vorgelegt hat, auch Tonaufnahmen erwähnt sind. Die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, die Aufnahmen zu unterlassen bzw. die bereits getätigte Aufnahme zu löschen, verunmöglichte jedes weitere sachliche Beratungsgespräch. Das Verhalten des Beschwerdeführers ist daher als Nichtmitwirkung im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu qualifizieren und der Kontrollmeldetermin somit als nicht eingehalten ("vereitelt") zu beurteilen.

Die vom Beschwerdeführer behauptete "unzureichende Betreuung durch das AMS" stellt keinen triftigen Grund dar, das Gespräch mit seinem Betreuer zu verweigern.

Da der Beschwerdeführer sowohl schriftlich als auch mündlich auf die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung des Kontrolltermins hingewiesen wurde, war der Leistungsbezug des Beschwerdeführers bis zu seiner neuerlichen Vorsprache am 27.06.2016 gemäß § 49 Abs. 2 AlVG einzustellen. Im Übrigen wird auf das zum selben Beschwerdeführer zu einem nahezu identen Sachverhalt (lediglich zeitlich etwas früher) ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2018, W209 2131747-1/12E hingewiesen.

Zu den vom Beschwerdeführer gestellten "Auskunftsersuchen", ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Behandlung dieser Ersuchen nicht zuständig ist. Die Ersuchen sind nicht als Anträge zu qualifizieren, über die formal abzusprechen wäre.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu 2. A) Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags:

Dem Beschwerdeführer wurde zur Verbesserung seines, nach § 8a VwGVG zulässigen Verfahrenshilfeantrags, welchen er in der Beschwerde gestellt hat, ein Mängelbehebungsauftrag unter Setzung einer angemessenen Frist erteilt. Diesem Auftrag ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen und er hat weder ein eigenhändig unterschriebenes, den weiteren Anforderungen entsprechendes, Vermögensbekenntnis, noch einen Mietvertrag vorgelegt. Aus diesem Grund war nach der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbaren Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG mit Zurückweisung des Antrags vorzugehen, zumal der Beschwerdeführer im Mängelbehebungsauftrag, der ihm nachweislich zugestellt wurde, auf die Rechtsfolgen hingewiesen wurde.

Zu 1. Und 2. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zu sämtlichen Spruchteilen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann ein triftiger Grund für die Versäumung eines Kontrollmeldetermins vorliegt, ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu einer der hier aufgeworfenen Rechtsfragen; auch hinsichtlich der Frage, wie bei einem mangelhaften Verfahrenshilfeantrag, der innerhalb der gesetzten Frist nicht verbessert wurde, vorzugehen ist, weicht die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof hab, noch fehlt es weder an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu allen gegenständlich aufgeworfenen Rechtsfragen auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage sind nicht ersichtlich.

Schlagworte

Frist, Kontrollmeldetermin, Mängelbehebung, Mitwirkungspflicht,
Notstandshilfe, Verbesserungsauftrag, Verfahrenshilfe, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W216.2131749.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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