TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 W137 2210474-2

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Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W137 2210474-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter Hammer als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 488877207 / 181019260, über die weitere Anhaltung von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (BF) ist nigerianischer Staatsangehöriger, seine Identität steht nicht fest. Er reiste am 19.05.2009 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde einer Betreuungstelle zugewiesen, von der er sich jedoch eigenmächtig entfernte und untertauchte.

Mit Bescheid der Behörde vom 07.01.2010 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz abgewiesen, es wurde ihm auch kein subsidiärer Schutz erteilt, zugleich wurde die Ausweisung nach Nigeria ausgeprochen. Mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 15.02.2010 wurde die Beschwerde des BF gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Seit dem 01.03.2010 bestand eine durchsetzbare Ausweisung.

2. Der BF daraufhin nicht aus dem Bundesgebiet aus, sondern tauchte unter. Er wurde am 26.10.2011 bei einer Zufallskontrolle festgenommen. Mit Bescheid vom 29.10.2011 wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Aus dieser preßte sich der BF jedoch durch einen Hungerstreik am 31.10.2011 frei. In der Folge tauchte er unter und entzog sich der geplanten Abschiebung. Der BF wurde am 04.04.2014 von einem inländischen Gericht wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 9 Monate bedingt verurteilt.

3. Der BF setzte sich in der Folge illegal in die Schweiz ab und stellte am 15.04.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er am 29.05.2014 im Rahmen eines Dublinverfahrens nach Österreich zurückgeschoben. Der BF stellte am 29.05.2014 in Österreich einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) vom 07.06.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz abgewiesen, weiters wurde ihm kein subsidiärer Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gewährt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ausgesprochen, dass die Abschiebung des BF nach Nigeria zulässig ist. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Rückkehr eingeräumt und die aufschiebende Wirkung gegen eine allfällige Beschwerde aberkannt. Außerdem wurde ein auf 6 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

4. Dagegen erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses hat mit Erkenntnis vom 22.02.2019, I409 1411307-2/23E, die Beschwerde abgewiesen. Damit ist die Rückkehrentscheidung rechtskräftig und durchsetzbar. Ein faktischer Abschiebeschutz besteht nicht.

5. Die Behörde versuchte während des Beschwerdeverfahrens mehrfach vergeblich dem BF den HRZ-Mitwirkungsbescheid vom 11.05.2018 zuzustellen, da der BF an der Adresse, an der er seit 10.01.2017 gemeldet war, nicht angetroffen werden konnte. Eine Person in der Wohnung gab an, dass sich der BF seit Februar 2018 nicht mehr hier aufhalte. In der Folge wurde ein Festnahmeauftrag erlassen und die amtswegige Abmeldung veranlasst. Der BF wurde am 24.10.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes anlässlich einer Zufallskontrolle angehalten und einer Personenkontrolle unterzogen. Zunächst versuchte der BF durch Angabe einer falschen Identität und Vorweisung eines nicht den BF betreffenden Ausweises die Beamten zu täuschen und einen legalen Aufenthalt darzutun. Aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung konnte die Verfahrensidentität des BF jedoch festgestellt werden. Der BF wurde festgenommen und der Behörde vorgeführt.

6. In der Folge verhängte die Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.10.2016 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Der Bescheid wurde dem BF am 25.10.2018 persönlich zugestellt. Der BF wurde am 09.11.2018 den nigerianischen Behörden vorgeführt. Er wurde als nigerianischer StA identifiziert, wobei die Ausstellung eines HRZ nach Abschluss des Asylverfahrens in Aussicht gestellt wurde.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 07.12.2018, W197 2210474-1/14E, die gegen den oben (Punkt 6.) angeführten Bescheid eingebrachte (Schubhaft-)Beschwerde abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Ein (außerordentliches) Rechtsmittel gegen diese rechtskräftige Entscheidung wurde nicht eingebracht.

8. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 22.01.2019 hat das Bundesamt die Schubhaft unter Bezug auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützt und dies im Wesentlichen mit der Vorstrafe des Beschwerdeführers aufgrund eines Suchtmitteldeliktes begründet. Der Beschwerdeführer verweigerte die Unterschrift unter die Übernahmebestätigung bezüglich des Bescheides ebenso wie unter jene bezüglich der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters.

9. Am 19.02.2019 langte der Verfahrensakt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22 Abs. 4 BFA-VG beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einem beiliegenden Schreiben führte das Bundesamt im Wesentlichen aus,

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria vor. Dem Beschwerdeführer kommt kein faktischer Abschiebeschutz zu. Seitens der nigerianischen Botschaft wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zugesichert. Eine Abschiebetermin (Charter) ist für Ende Februar geplant.

Der Beschwerdeführer hat sich nach negativem Abschluss seines ersten Asylverfahrens dem Zugriff der Behörden entzogen; er hat sich im Folgeverfahren wiederholt nicht kooperativ gezeigt. Er wurde wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist - kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - als (sehr) kurz anzusehen.

Der Beschwerde ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, spricht nicht Deutsch und verfügt über keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft und ist mittellos. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren und insbesondere auch aus den Feststellungen in den rechtskräftigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2018 (siehe oben Punkt I.7.) und vom 22.02.2019 (siehe oben Punkt I.4.) betreffend das zweite Asylverfahren des Beschwerdeführers.

2.2. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates und dem zugesicherten Heimreisezertifikat. Die Abschiebung ist mittels Charter am 28.02.2019 geplant; derartige Überstellungen finden regelmäßig statt.

2.3. Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

"§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."

§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 25.10.2018 in Schubhaft angehalten wird. Die Dauer der durchgehenden Anhaltung wird durch den zwischenzeitigen Wechsel der Rechtsgrundlage der Anhaltung nicht berührt.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. F EMRK

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG (in der nunmehr gültigen Fassung)

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Begründung der Fluchtgefahr durch das Bundesverwaltungsgericht im Zuge einer Schubhaftbeschwerde. Zusätzlich ist nunmehr auch das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen und es kommt dem Beschwerdeführer kein faktischer Abschiebeschutz zu.

Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Neben fehlender hinreichender persönlicher Vertrauenswürdigkeit - siehe dazu sein Untertauchen nach dem ersten Asylverfahren und die fehlende Kooperation während des Folgeverfahrens - gebricht es dem Beschwerdeführer überdies an substanziellen finanziellen Mitteln, weshalb eine Sicherheitsleistung auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gegeben ist. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche Interessen,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung,
Überprüfung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W137.2210474.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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