TE Bvwg Beschluss 2019/2/26 W209 2208531-1

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

AuslBG §4 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W209 2208531-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Philipp KUHLMANN und Dr. Johannes PFLUG als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice

Wien Esteplatz vom 19.07.2018, GZ: 08115 / GF: 3930995, betreffend Abweisung eines Antrags auf Beschäftigungsbewilligung für XXXX nach

Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018, GZ: 08115/3930995, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.06.2018 bei der belangten Behörde (im Folgenden: AMS) einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für die chilenische Staatsangehörige XXXX für eine Beschäftigung als Babysitterin im Ausmaß von acht Wochenstunden mit einer Entlohnung von € 347,00 brutto monatlich. Laut Antrag verfügt die beantragte Ausländerin über eine Aufenthaltsbewilligung - Studierende und über Arbeitserfahrung als Au-Pair Kraft. Dem Antrag beigeschlossen war eine Kopie des Reisepasses, des Aufenthaltstitels und der e-Card der beantragten Ausländerin sowie ein Studienblatt der Universität Wien für das Sommersemester 2018, demzufolge sie seit 01.10.2017 als ordentliche Hörerin zum Bachelorstudium Lehramt im Unterrichtsfach Englisch und Spanisch zugelassen ist.

2. Mit Parteiengehör vom 25.06.2018 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass die beantragte Ausländerin im Zeitraum von 09.05.2018 bis 30.06.2018 und von 12.05.2018 bis 31.05.2018 bei anderen Dienstgebern ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Bewilligung beschäftigt gewesen sei. Da somit in den letzten zwölf Monaten wiederholte Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) vorlägen, sei gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin zumindest bis 01.06.2019 nicht möglich.

3. Mit Schreiben vom 05.07.2018 nahm der Beschwerdeführer zum Parteiengehör vom 25.06.2018 dahingehend Stellung, dass die vom AMS angeführten Verstöße gegen das AuslBG nicht bestritten werden würden. § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG stelle mit dem demonstrativen Hinweis auf "wiederholte Verstöße" jedoch lediglich eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen eines "wichtigen Grundes" in der Person des Ausländers auf (VwGH 04.04.2001, Zl. 99/09/0149). Durch die unerlaubten Beschäftigungen der beantragten Ausländerin sei die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet der Arbeitsverwaltung ausnahmsweise nicht gefährdet worden. Beide Beschäftigungen seien bloß geringfügig gewesen, sodass eine Arbeitsmarktprüfung ohnehin entfallen wäre. Damit sei die Beschäftigung weder zulasten einer Inländerbeschäftigung gegangen noch hätten Unternehmen daraus einen illegalen Wettbewerbsvorteil gegenüber rechtmäßig handelnden Mitbewerbern gezogen, da die beantragte Ausländerin lediglich in Privathaushalten beschäftigt gewesen sei. Sie sei sogar mittels Dienstleistungsschecks bezahlt worden, sodass die Beschäftigung auch nicht sozialversicherungsrechtlich schädlich gewesen sei. Die beantragte Ausländerin sei zudem im Glauben gewesen, dass alle Voraussetzungen für eine legale Beschäftigung vorgelegen seien. Dass von den Privathaushalten vergessen worden sei, eine Bewilligung für sie einzuholen, könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil diese Nachlässigkeit nicht mit einem Verstoß durch ein professionell organisiertes Unternehmen vergleichbar sei. Eine Differenzierung dürfte auch gleichheitsrechtlich geboten sein, da der Unterschied zwischen einem Privathaushalt und Unternehmen derart schwer wiege, dass dies einer schematischen Gleichbehandlung entgegenstünde (vgl. VfSlg. 11.309/1987). Diese differenzierte Wertung finde sich sogar im Dienstleistungsscheckgesetz: ArbeitgeberInnen, die einen nicht "arbeitsberechtigten" Ausländer beschäftigen, sind bei einmaliger Übertretung nicht zu bestrafen, sondern bloß zu ermahnen (§ 10 DLSG). In den Materialien (RV 856 BlgNR: XXII. GP) heiße es dazu:

"Die sachliche Rechtfertigung für eine andere Ahndung der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern im Rahmen des DLSG liegt darin, dass den Strafdrohungen des § 28 AuslBG der typisierte Unrechts- und Schuldgehalt einer unerlaubten Beschäftigung durch auf Gewinn gerichtete (gewerbliche) Unternehmen unter Berücksichtigung der daraus lukrierten Vorteile zu Grunde liegt, während für die Zielgruppe und die Zielsetzungen des DLSG, nämlich auch privaten Haushalten mit geringem Einkommen personennahe und nicht gewerbliche Dienstleistungen zu ermöglichen, andere Maßstäbe für den Unrechts- und Schuldgehalt anzulegen sind."

Die illegalen Beschäftigungen in Privathaushalten seien daher nicht mit jenen vergleichbar, die typischerweise von § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG erfasst seien. Die verminderte Schwere der Verstöße zeige sich außerdem daran, dass die beantragte Ausländerin - abgesehen von den Verstößen - alle Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung erfüllt(e). Angesichts der oben beschriebenen Umstände wäre die Einholung der Beschäftigungsbewilligung nur mehr ein Formalakt gewesen. Das Versäumnis sei ein Verstoß, aber kein besonders grober gewesen. Dasselbe gelte für den Umstand, dass die Verstöße "wiederholt" vorgelegen seien. Bei mehreren Dienstgebern beschäftigt zu sein, entspreche dem typischen Profil einer Babysitterin. Dieser Beruf sei dienstleistungsähnlich und eine Mehrzahl von "Kunden" nicht unüblich. Dass sie also wiederholt gegen das AuslBG verstoßen habe, lasse keine Rückschlüsse auf ihre Person zu (wie es § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG verlange), sondern erkläre sich aus ihrem Berufsprofil. Bei negativem Verfahrensausgang würden diese geringfügigen Verstößen jedoch hart sanktioniert werden, wäre die beantragte Ausländerin doch mit einem einjährigen Berufsverbot belegt. Dies wäre aber ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff. Der EGMR habe im Fall Sidabras & Dziautas gg. Litauen (Appl. No. 55480/00 und 59330/00) anerkannt, dass Erwerbsarbeit unter den Schutz des Art. 8 EMRK fallen kann. Nicht zuletzt deshalb, weil ein Berufsverbot ernste Schwierigkeiten bereiten könne, einen Lebensunterhalt zu verdienen, was offensichtliche Auswirkungen auf das geschützte Privatleben haben könne. Die Vergehen der beantragten Ausländerin seien geringfügig und stünden in keinem Verhältnis zur strengen Sanktion eines einjährigen Berufsverbots. Dieses Ergebnis lasse sich vermeiden, indem man die "wichtigen Gründe" in untypischen Fällen, wie dem vorliegenden, mit Bedacht auf die Schwere der bisherigen Vergehen auslegt und so zum Ergebnis kommt, dass hier ausnahmsweise keine "wichtigen Gründe" vorliegen, die eine Ablehnung der Bewilligung und damit ein Berufsverbot zur Folge hätten. Sollte das AMS die Rechtsmeinung vertreten, objektive und wiederholte (hier: zweimalige) Verstöße würden für eine Ablehnung reichen, sei zum einen auf die grundrechtlich erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung iSd Art 8 Abs. 2 EMRK verwiesen. Zum anderen käme diese Auslegung einer unwiderleglichen Vermutung gleich und stünde somit der eingangs zitierten Rechtsprechung des VwGH entgegen, die von einer widerleglichen Vermutung ausgehe. Es müsse Fälle geben können, in denen auch bei mehrmaligen Verstößen keine "wichtigen Gründe" vorliegen. Der gegenständliche Antrag sei ein solcher Ausnahmefall. Zusammenfassend lägen also untypische illegale Beschäftigungen vor, die die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet der Arbeitsmarktverwaltung ausnahmsweise nicht gefährden, sodass auch keine "wichtigen Gründe" in der Person der beantragten Ausländerin vorlägen, die einer Bewilligung entgegenstünden und ein einjähriges Berufsverbot rechtfertigen würden.

4. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 19.07.2018 wies das AMS den Antrag mit der Begründung ab, dass wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung (zwingend) entgegenstünden.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, in der er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das AMS zusammengefasst aus, dass das AuslBG keine Differenzierung zwischen der Schwere und der Dauer der Verstöße vorsehe und auch nicht unterscheide, ob die unerlaubte Beschäftigung geringfügig gewesen sei oder im Rahmen eines typischen oder atypischen Beschäftigungsverhältnisses oder bei einem Unternehmen oder in einem Privathaushalt erfolgt sei. Die allfällige Unkenntnis der beantragten Ausländerin vom Vorliegen von Verstößen gegen das AuslBG könne den Ablehnungsgrund des § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG nicht beseitigen. Ein Ausländer sei im Sinne der Rechtssicherheit verpflichtet, sich über die Ordnungsmäßigkeit seiner Beschäftigung zu vergewissern. Es reiche nicht aus, sich dahingehend auf den Arbeitgeber zu verlassen.

7. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 29.10.2018 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 07.06.2018 einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für die chilenische Staatsangehörige XXXX für eine Beschäftigung als Babysitterin im Ausmaß von acht Wochenstunden mit einer Entlohnung von € 347,00 brutto monatlich.

Die beantragte Ausländerin verfügt über eine Aufenthaltsbewilligung - Studierende.

Sie war im Zeitraum von 09.05.2018 bis 30.06.2018 und von 12.05.2018 bis 31.05.2018 bei anderen Dienstgebern ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Bewilligung jeweils geringfügig beschäftigt.

Feststellungen zum Unrechts- und Schuldgehalt der vorliegenden unerlaubten Beschäftigungen wurden seitens des AMS nicht getroffen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendende maßgebende Bestimmung des AuslBG lautet auszugweise:

§ 4 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018:

"Abschnitt II

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. bis 2. ...

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. bis 11. ...

(2) bis (7) ..."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ausgeführt hat, kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Derartige gravierende Verfahrensmängel, die das Verwaltungsgericht berechtigen, die Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen zurückzuverweisen, liegen im gegenständlichen Fall vor:

Das AMS ging aufgrund des Vorliegens zweier Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate davon aus, dass wichtige Gründe in der Person der beantragten Ausländerin vorliegen, die der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG zwingend entgegenstehen.

Gegenständlich wird zwar nicht bestritten, dass die beantragte Ausländerin in den letzten zwölf Monaten zweimal unerlaubt nach dem AuslBG beschäftigt war. Entgegen der Ansicht des AMS kommt jedoch dem vom Beschwerdeführer behaupteten Umstand, dass es sich bei den der beantragten Ausländerin zur Last gelegten Verstößen lediglich um geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten unter Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften gehandelt hat, für die Beurteilung, ob wichtige Gründe in ihrer Person der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen, wesentliche Bedeutung zu.

Wie die Beschwerde zutreffend ausführt, hat der VwGH bereits mit Erkenntnis vom 04.04.2001, Zl. 99/09/0149, klargestellt, dass für die Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "wichtiger Grund" in der gleichlautenden Bestimmung des § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG idF BGBl. I Nr. 78/1997 vor allem Gesichtspunkte maßgebend sind, die in der Person des Ausländers gelegen und so gravierend sind, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen von der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abzusehen ist. Einen solchen wichtigen Grund sehe der Gesetzgeber beispielhaft in wiederholten Verstößen gegen Bestimmungen des AuslBG. Der Gesetzgeber stelle in § 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG mit dem demonstrativen Hinweis auf "wiederholte Verstöße" gegen das AuslBG aber lediglich eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen eines "wichtigen Grundes" in der Person des Ausländers auf.

Die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Schwere der Verstöße bei der Beurteilung, ob wichtige Gründe in der Person des Ausländers der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen, lässt sich auch aus einer verfassungskonformer Interpretation des § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG gewinnen.

Wie der VfGH in seinem zu G 462/97 ergangenen Erkenntnis vom 24.06.1998 zur Bestimmung des § 28b Abs. 2 AuslBG idF des Antimißbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995, festgehalten hat, sind zwar Verurteilungen nach dem AuslBG an sich geeignet, die Zuverlässigkeit von Unternehmungen (im Zuschlagsverfahren nach dem BVergG) in Frage zu ziehen, und bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass eine mangelnde Zuverlässigkeit zu den im Vergaberecht vorgesehenen Konsequenzen (Ausscheiden im Zuschlagsverfahren) führt. Er hielt es jedoch für unsachlich, Bestrafungen nach dem AuslBG zwingend mit der vergaberechtlichen Konsequenz des Ausscheidens im Zuschlagsverfahren zu verknüpfen, ohne dass dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt ist, darzutun, weshalb es trotz vorliegender Bestrafungen nicht als unzuverlässig anzusehen ist. So könne das Unternehmen etwa nicht dartun, dass es trotz Vorliegens von Bestrafungen aus bestimmten Gründen nicht unzuverlässig ist. Eine solche zwingende Verknüpfung könne vor den Anforderungen des dem Gleichheitsgrundsatz innewohnenden Sachlichkeitsgebotes nicht Bestand haben.

Gleiches hat nach Ansicht des erkennenden Senats für die Frage, ob wichtige Gründe in der Person des Ausländers der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen, zu gelten, geht es doch auch hier (u.a.) darum, ein allfälliges verpöntes Verhalten in Bezug auf die bisherige Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Dementsprechend hätte sich das AMS mit dem Beschwerdevorbringen auseinanderzusetzen gehabt, zumal der Gesetzgeber, wie die Beschwerde unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zu § 10 DLSG zutreffend darlegt, bei unerlaubten Beschäftigungen im Privathaushalt generell von einem geringeren Unrechts- und Schuldgehalt einer unerlaubten Beschäftigung ausgeht und gemäß dem Erkenntnis des VwGH vom 24.05.2007, Zl. 2006/09/0086, eine Übertretung des AuslBG in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt, wenn der entgegen den Bestimmungen des AuslBG beschäftigte Ausländer materiell alle Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung erfüllt, sodass die Erteilung nur mehr einem Formalakt gleichkommt, und die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten wurden.

Das AMS unterließ es jedoch in Verkennung der Rechtslage, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, und hat daher in der (einzigen) entscheidungswesentlichen strittigen Frage, ob § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG der Erteilung entgegensteht, jegliche Ermittlungstätigkeit vermissen lassen. Durch die Unterlassung geeigneter Ermittlungen hat es den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht festgestellt und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden "brauchbaren Ermittlungsergebnisse" geliefert, was das Bundesverwaltungsgericht dazu berechtigt, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen (vgl. VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0088).

Im fortgesetzten Verfahren wird das AMS daher zunächst festzustellen haben, ob das Beschwerdevorbringen, es habe sich bei den in Rede stehenden unerlaubten Beschäftigungen lediglich um geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten unter Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen gehandelt, zutrifft (die übermittelten Verwaltungsakten lassen eine derartige Schlussfolgerung ohne weiter Ermittlungen nicht zu, weil aus der Aktenlage weder eine Beschäftigung in Haushalten noch die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ersichtlich ist, zumal Letzteres bei zwei sich teilweise überschneidenden geringfügigen Beschäftigungen nicht von vornherein als gegeben anzunehmen ist) und - sollte es als Ergebnis dieser Prüfung erneut die Heranziehung des Ablehnungsgrundes des § 4 Abs. 1 Z 3 AuslBG beabsichtigen - in nachvollziehbarer Weise darlegen müssen, aus welchen Gründen es die unerlaubten Beschäftigungen als derart gravierend erachtet, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen von der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abzusehen ist.

Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beschäftigungsbewilligung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W209.2208531.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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