TE Vwgh Erkenntnis 2019/2/28 Ra 2018/16/0181

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Veröffentlicht am 28.02.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §44a
VStG §44a Z3
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §50

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/16/0182

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache 1. des M R in U, 2. der J GmbH in W, beide vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24. Jänner 2018, Zl. VGW- 002/011/8663/2017, VGW-002/011/6158/2017-17, VGW- 002/V/011//6159/2017 und VGW-002/V/011/8664/2017, betreffend Beschlagnahme und Einziehung nach dem Glücksspielgesetz sowie Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit es die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 26. April 2017, Zl. VStV/917300240972/2017, betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;

und

den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von zusammen 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit an die zweitrevisionswerbende Gesellschaft (Zweitrevisionswerberin) gerichtetem Bescheid vom 17. März 2017 ordnete die Landespolizeidirektion Wien gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten und eines "E-Kiosks" samt noch festzustellendem allfälligen Inhalt der Gerätekassen an und verfügte gemäß § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung der beschlagnahmten Geräte.

2 Dagegen erhob die Zweitrevisionswerberin mit Schriftsatz vom 20. April 2017 Beschwerde.

3 Mit Straferkenntnis vom 26. April 2017 erkannte die Landespolizeidirektion Wien den Erstrevisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erster Fall iVm § 52 Abs. 2

3. Strafsatz GSpG hinsichtlich dreier näher bezeichneter Glücksspielgeräte und eines E-Kiosks schuldig, weil die Zweitrevisionswerberin verbotene Ausspielungen auf eigene Rechnung und Gefahr veranstaltet habe. Über den Erstrevisionswerber wurden vier Geldstrafen von jeweils 8.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit: jeweils 72 Stunden) verhängt. Weiters wurde ihm ein Beitrag von 3.200 EUR zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Die Zweitrevisionswerberin wurde gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten verpflichtet.

4 Dagegen erhoben die Revisionswerber mit Schriftsatz vom 30. Mai 2017 Beschwerde.

5 Das Verwaltungsgericht Wien entschied mit dem angefochtenen Erkenntnis über diese Beschwerden und wies die Beschwerde der Zweitrevisionswerberin gegen den Einziehungs- und Beschlagnahmebescheid als unbegründet ab.

6 Sodann sprach das Verwaltungsgericht aus:

"Gemäß § 50 VwGG wird die Beschwerde, die sich gegen die verhängten Geldstrafen und gegen die Haftung der (Zweitrevisionswerberein) gemäß § 9 Abs. 7 VStG wendet, in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt; mit der Ausnahme, dass die verhängte Geldstrafe in Ansehung des Gerätes e-Kiosk ersatzlos aufgehoben wird.

In der Straffrage wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die 3 verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 6.000,-

herabgesetzt werden.

Gemäß § 52 VwGVG werden dem Beschwerdeführer somit keine Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien auferlegt.

Weiters sind die Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 72 Stunden auf jeweils 40 Stunden herab zu setzten. Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag nach § 64VStG reduziert sich demnach pro Delikt auf EUR 600,-."

7 Schließlich sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

8 Mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1003/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

9 Die gegen das angefochtene Erkenntnis sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

10 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG). Die belangte Behörde sah von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Liegen - wie im vorliegenden Revisionsfall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063, mwN).

14 Die Revisionswerber tragen zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Spruch eines Straferkenntnisses die richtige Strafnorm anzuführen sei. Im Spruch sei als Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG angeführt, obwohl das Verwaltungsgericht den ersten Strafsatz angewendet habe.

15 Die Revision erweist sich insoweit als zulässig und begründet.

16 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch u.a. die richtige Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG aufscheint. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. zB VwGH 13.9.2018, Ra 2018/16/0062 bis 0063, mwN). Im vorliegenden Fall kommt bei der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG in Betracht, welche vier Strafsätze vorsieht, deren Anwendung u.a. davon abhängt, ob die Übertretung mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen oder mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder Eingriffsgegenständen begangen wurde.

17 Den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses - der als Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG enthielt - hat das Verwaltungsgericht nicht geändert.

18 Ob dies rechtens war oder ob das Verwaltungsgericht eine Richtigstellung auf den ersten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG - wie die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ins Treffen führen - unterlassen hat und damit von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, bedarf einer Prüfung des zu Grunde liegenden Schuldspruches.

19 Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich den Schuldspruch des behördlichen Straferkenntnisses bestätigt und die Beschwerde insoweit abgewiesen. Die Aussage "mit der Ausnahme, dass die verhängte Geldstrafe in Ansehung des Gerätes e-Kiosk" ersatzlos aufgehoben wird" geht ins Leere, denn das Verwaltungsgericht kann damit vom Schuldspruch nicht ausnehmen, was gar nicht Teil des Schuldspruchs ist, sondern Teil des Strafausspruchs.

20 Dergestalt enthält der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses einen Schuldspruch hinsichtlich dreier Glücksspielgeräte und eines weiteren Eingriffsgegenstandes, nämlich des "e-Kiosks". Dem stehen die Entscheidungsgründe (S. 22 des angefochtenen Erkenntnisses) gegenüber, wonach das Verwaltungsgericht den "e-Kiosk" nicht als Glücksspielgerät oder sonstigen Eingriffsgegenstand ansieht.

21 Dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses führt nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 15.5.2018, Ra 2018/16/0015, und VwGH 28.9.2011, 2006/13/0087) dazu, dass das angefochtene Erkenntnis insoweit, nämlich soweit es die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 26. April 2017, Zl. VStV/917300240972/2017, betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

22 Soweit das übrige Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision die Beschlagnahme und Einziehung und in diesem Zusammenhang die Funktionsweise der gegenständlichen Geräte betrifft, welche das Verwaltungsgericht nach Feststellung des Vorliegens von Walzenspielen rechtlich als Glücksspielgerät qualifizierte (vgl. zur Qualifikation von Walzenspielen als Glücksspielen VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0087), bekämpfen die Revisionswerber die Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen ist. Dass das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/16/0156), zeigen die Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision nicht auf.

23 Die Revision war daher, soweit sie die Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 17. März 2017 über die Beschlagnahme und die Einziehung betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

24 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 1 und 5 VwGG abgesehen werden.

25 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 28. Februar 2019

Schlagworte

Strafnorm Mängel im Spruch Nichtanführung unvollständige Anführung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018160181.L00

Im RIS seit

05.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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