TE Vwgh Beschluss 2019/3/4 Ra 2019/14/0035

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Veröffentlicht am 04.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §8;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, in der Revisionssache des X X, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2018, W261 2178338-1/26E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 13. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von den Taliban bedroht und geschlagen worden.

2 Mit Bescheid vom 23. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sei in der Sprache Dari erfolgt, obwohl die Muttersprache des Revisionswerbers Parachi sei. Der Revisionswerber habe den Dolmetscher zwar verstanden, es sei ihm jedoch nicht möglich gewesen, sein Fluchtvorbringen in entsprechenden Details zu schildern. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher von Amts wegen ermitteln und feststellen müssen, inwieweit der Dialekt Parachi von der Sprache Dari abweiche und eine ausreichende Verständigung überhaupt möglich sei, um die Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers und aufgetretene Widersprüche des Vorbringens beurteilen zu können. Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz sei nämlich damit begründet worden, dass das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sei.

8 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/14/0284, mwN). Eine solche Darlegung enthält die Zulassungsbegründung der Revision nicht.

9 Im Übrigen hat der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 13. Juni 2018 auf mehrfache Nachfrage der erkennenden Richterin bestätigt, dass er den Dolmetscher für die Sprache Dari verstehe; auch der Dolmetscher hat bestätigt, den Revisionswerber zu verstehen.

10 Soweit die Revision vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob eine Gefährdung für den Revisionswerber auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Parachi bestehe, ist ihr zu entgegen, dass der Revisionswerber im Laufe des Verfahrens nicht vorgebracht hat, auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt zu werden.

11 Die Revision bringt auch vor, das Bundesverwaltungsgericht hätte bei der Beurteilung einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif davon ausgehen müssen, dass sich der Revisionswerber nicht alleine, sondern mit seiner derzeit in Afghanistan lebenden sechsköpfigen Familie dort niederlassen würde. Auch ein solches Vorbringen wurde im Laufe des Verfahrens vom Revisionswerber nicht erstattet.

12 Wenn die Revision schließlich vorbringt, der Revisionswerber sei von den Taliban auf den Kopf geschlagen worden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht damit befassen hätte müssen, ob damit eine Beeinträchtigung seiner Aussagefähigkeit verbunden sei, macht sie wiederum Ermittlungsmängel geltend, ohne deren Relevanz für den Verfahrensausgang darzulegen. Die der Revision angefügte Stellungnahme einer Ergotherapeutin und der mit einer ergänzenden Stellungnahme übermittelte klinisch psychologische Befund zu dem Revisionswerber waren im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot nicht zu berücksichtigen.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140035.L00

Im RIS seit

02.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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