TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/31 LVwG-AV-1170/001-2018

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Veröffentlicht am 31.01.2019
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Entscheidungsdatum

31.01.2019

Norm

WRG 1959 §17 Abs1
WRG 1959 §109 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde der Marktgemeinde ***, vertreten durch Rechtsanwalt A, in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 19.09.2018, ***, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens und Abweisung eines Antrages auf Bewilligung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, jeweils nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), zu Recht:

1.   Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 19.09.2018 wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des Bescheides vom 19.09.2018 wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Für die Marktgemeinde *** besteht eine wasserrechtliche Bewilligung vom 08.08.1930, ***, zum Bezug von Trinkwasser aus den drei ***quellen (vormals ***quellen) I, Ia und II für die Gemeinde. Weiters besitzt diese Gemeinde eine wasserrechtliche Bewilligung vom 25.10.1966, ***, zur Versorgung des Gemeindegebietes mit Trinkwasser (Brunnen ***).

Schließlich existiert noch die Bewilligung vom 04.09.1992, ***, betreffend eine Erweiterung des Wasserleitungsnetzes für den Ortsteil ***.

Mit Bescheid vom 18.02.2015, ***, wird die Marktgemeinde *** verpflichtet, entweder um die wasserrechtliche Bewilligung für die ***quellen 3, 4, 5, 6, 7a und 7b bis spätestens 30.06.2015 anzusuchen oder diese konsenslos hergestellten Quellen samt Quellensammelsträngen und Schachtbauwerken sowie Ableitungssträngen innerhalb derselben Frist zu entfernen.

Die konsenslos errichteten Quellen 3, 4, 5, 6, 7a und 7b, welche seit ca. 1940 für den Wasserbezug zur Versorgung der Gemeinde mit Trink- und Nutzwasser herangezogen wurden, wurden am 14.10.2002 vom Lebensmittelaufsichtsorgan aufgrund von bakterieller Verkeimung gesperrt. Im Revisionsbericht des Lebensmittelaufsichtsorganes vom 03.03.2006 wurde festgehalten, dass diese Quellen wegen mikrobiologischer Belastungen nicht in die Trinkwasserversorgungsanlage der Marktgemeinde *** eingespeist werden dürften. Dies gelte, solange keine Dauerdesinfektionsanlage bestehe.

Die Marktgemeinde *** stellte den Antrag vom 03.04.2017 auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die ***quellen 3, 4, 5, 6, 7a und 7b. Im Antrag wurde ausgeführt, dass mit den Grundstückseigentümern der betroffenen Grundstücke *** und ***, beide KG ***, intensive Verhandlungen hinsichtlich einer Benützung dieser Grundstücke geführt worden wären, jedoch eine Einigung letztlich nicht zu Stande gekommen wäre. Die Antragstellerin sei bereits aufgrund des Bescheides vom 08.08.1930 und des Reverses vom 11.07.1930 Berechtigte an allen Wässern, welche aus den Grundstücken *** und *** hervorgehen würden. Da die Grundeigentümer dies aber bestreiten würden, wäre nach § 60 WRG 1959 vorzugehen (Zwangsrecht), wobei jedoch aufgrund bereits erfolgter Abgeltung aller Wassernutzungsrechte laut Revers vom 11.07.1930 und der Quittung vom 24.11.1930 keine Entschädigung mehr zu leisten wäre. Es bestünde ein öffentliches Interesse der Antragstellerin auf Sicherung der örtlichen Versorgung ihres Gemeindegebietes mit Trink- und Nutzwasser und ergäbe sich daraus ein umfassendes Nutzungsbedürfnis an den genannten ***quellen. Dies sei der Zweck der gegenständlich beantragten Wasserbenutzung.

Die Gemeinde *** beantragte dann mit Schreiben vom 01.06.2017 ebenfalls die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Benutzung der genannten ***quellen 3 bis 7b zur Versorgung von Wohnhäusern des Ortsteiles *** der Gemeinde *** mit Trinkwasser. (Im Schreiben vom 03.05.2017 wurde unter Ankündigung der Stellung eines Bewilligungsantrages betreffend diese Quellen ausgeführt, dass bereits eine UV-Entkeimungsanlage mit ausreichender Kapazität in der Gemeinde *** vorhanden sei, diese Quellen auf eigenem Gemeindegebiet lägen, eine Entkeimung bereits gesichert sei und auch kurze Transportwege vorliegen würden.)

Schließlich beantragte die Marktgemeinde *** mit Schreiben vom 30.11.2017 die Einleitung eines Widerstreitverfahrens nach § 109 WRG 1959 aufgrund der vorgenannten beiden dieselben Quellen betreffenden Anträge. Im Schreiben wurde ausgeführt, dass diese Quellen bereits seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von der Marktgemeinde *** zur Wasserversorgung herangezogen werden würden, dass die Versorgung der Bürger der Gemeinde mit Trinkwasser im Rahmen der Daseinsvorsorge gelegen sei und dass die Versagung der von der Marktgemeinde *** beantragten Bewilligung zu einem Engpass in der Wasserversorgung in der Marktgemeinde führen würde. Es solle daher dem Antrag der Marktgemeinde *** der Vorzug gegeben werden.

Mit Bescheid vom 19.09.2018 wies die Landeshauptfrau von Niederösterreich den Antrag der Marktgemeinde *** auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens als unzulässig zurück und den Antrag der Marktgemeinde *** auf nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die ***quellen 3 bis 7b gemäß § 106 WRG ohne Verhandlung ab.

Dagegen erhob die Marktgemeinde ***, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde und brachte im Schriftsatz vom 01.10.2018 vor, dass die Behörde bei der Prüfung des öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit einem Widerstreitverfahren auch auf fremde Rechte Bezug nähme. Sie komme nämlich zum Ergebnis, dass das Vorhaben keinen besonderen Nutzen, der die Nachteile für den Enteigneten übertreffen könnte, bringen würde. Weiters sei die Schlussfolgerung der belangten Behörde unrichtig, dass kein konkreter Bedarf aus dem vorgelegten Projekt der Beschwerdeführerin abgeleitet werden könne. Die Beschwerdeführerin sei nämlich zur Sicherung der Wasserversorgung ihrer Bürger auf die Erschließung zusätzlicher Quellen angewiesen. Sie verfüge über zwei wasserrechtlich bewilligte Wasserspender, nämlich über die ***quellen 1, 1a und 2, sowie die ***mühle, mit denen ein Jahresbedarf von 235.000 m³ abgedeckt werden könne. In kritischen Jahren mit langen Trockenperioden könne es eine empfindliche Verringerung der nutzbaren Wassermenge geben, weshalb durch die bewilligten Quellen 1, 1a und 2 die Wasserversorgung nicht mehr ausreichend aufrechterhalten werden könne. Ein konkreter Bedarf zur Erschließung der beantragten ***quellen 3 bis 7b liege somit vor und sei daher ein öffentliches Interesse gegeben.

Die belangte Behörde hätte sich in ihrer Begründung des Bescheides nicht ausreichend mit der Wertentscheidung nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 auseinandergesetzt. Es hätten die zu berücksichtigenden Argumente einander gegenübergestellt werden müssen. Die Behörde hätte zum Ergebnis kommen müssen, dass ein Widerstreit vorliege und weiters dem Projekt der Beschwerdeführerin der Vorzug zu geben gewesen wäre. Dem Antrag auf Bewilligung hätte stattgegeben werden müssen.

Folgender Sachverhalt wird anhand der Aktenlage, unter anderem aufgrund der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes vom 01.06.2017, als erwiesen festgestellt:

Die Marktgemeinde *** hat zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser eine wasserrechtliche Bewilligung vom 08.08.1930 betreffend drei Quellfassungen (1, 1a und 2) mit einem Entnahmekonsens von maximal 7 l/s und eine wasserrechtliche Bewilligung vom 25.10.1966 für den Brunnen „***“ mit einem Entnahmekonsens von maximal 30 l/s. Für die Versorgung des Ortsgebietes *** wird nur der Brunnen *** herangezogen. Die konsenslosen Quellen 3, 4, 5, 6, 7a und 7b wurden vom Amtssachverständigen für Hygiene und Lebensmittelaufsichtsorgan in der Verhandlung der Behörde am 14.10.2002 wegen bakterieller Verkeimung gesperrt. Diese Quellen wurden bereits am 25.07.2002 vom Netz der Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde *** genommen und speisen seit dieser Zeit kein Wasser mehr ein.

Die Quellen 1, 1a und 2 (der ***quellen) wurden am 04.02.2016 von der AGES, der mit der Kontrolle der Wasserqualität betrauten Gesellschaft, als nicht zur Verwendung für Trinkwasser geeignet beurteilt. Diese Quellen wurden offenbar zu diesem Zeitpunkt auch vom Wasserversorgungsnetz der Marktgemeinde *** genommen. Es wird auch von diesen Quellen kein Wasser mehr eingespeist.

Mit Schreiben vom 03.04.2017 beantragte die Marktgemeinde ***, rechtsanwaltlich vertreten, die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die bereits 1940 errichteten ***quellen 3, 4, 5, 6, 7a und 7b. Darin führte die Marktgemeinde u.a. aus, dass diese Quellen sich auf Grundstücken der B und des C befänden und diese in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet worden seien, und trotz intensiver Bemühungen der Gemeinde und entgegen vorheriger Zusagen der Grundeigentümer eine einvernehmliche Vereinbarung mit diesen nicht erwirkt werden hätte können. Es wäre amtswegig ein Zwangsrecht einzuräumen, da die Marktgemeinde *** bereits aufgrund des Bescheides vom 08.08.1930 alle Wasserrechte an den Grundstücken hätte.

Die Gemeinde *** beantragte mit 01.06.2017 ebenfalls die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Quellen 3 bis 7b zwecks Einleitung in das Wasserversorgungsnetz der Gemeinde. Begründend führte sie – bereits im Schreiben vom 03.05.2017 – aus, dass diese Quellen auf eigenem Gemeindegebiet lägen, die Entkeimung aufgrund einer bereits bestehenden UV-Entkeimungsanlage mit ausreichender Kapazität gesichert sei und kurze Transportwege vorlägen.

Mit Schreiben vom 30.11.2017 stellte dann die Marktgemeinde *** den Antrag auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens und auf Ausspruch des Vorzuges des Projektes der Marktgemeinde *** aufgrund Antrages vom 03.04.2017 gegenüber dem Projekt der Gemeinde ***.

Es liegt keine Zustimmungserklärung der Grundeigentümer des Grundstückes *** und ***, beide KG ***, für das Projekt der Marktgemeinde *** vor. Für die ***quellen 3 bis 7b ist eine Dauerdesinfektionsanlage erforderlich. Diese Quellen befinden sich im Gemeindegebiet ***.

Es besteht kein Engpass in der Wasserversorgung der Marktgemeinde ***. Die Bevölkerungsentwicklung erfordert nicht die Einbeziehung weiterer Quellen in das Wasserversorgungsnetz der Marktgemeinde ***. Es gibt auch alternative Standorte für Wassergewinnungsanlagen.

Diese Feststellungen basieren darüber hinaus auf folgender Beweiswürdigung:

Dass die Quellen 3 bis 7b der ***quellen vom Netz der Wasserversorgungsanlage *** genommen wurden, ergibt sich aus dem Revisionsbericht vom 25.07.2002. Die Nichteignung auch des Wassers der ***quellen 1, 1a und 2 für Trinkwasserzwecke wird in der fachlichen Beurteilung der AGES vom 04.02.2016 festgehalten. Aufgrund dieses Berichtes erfolgte am 09.03.2016 eine wasserrechtliche Verhandlung, in der dieser Umstand erörtert wurde.

Aus der vorliegenden Aktenlage ergeben sich keinerlei Hinweise auf einen Versorgungsengpass bei der Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde *** aufgrund Ausfalles der Verwendung der konsenslosen ***quellen 3 bis 7b. Die bloße Verwendung des Brunnens *** für die Versorgung mit Trinkwasser in der Gemeinde *** wird in der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans vom 01.06.2017 festgehalten und ergibt sich auch aus dem Gutachten des hygienischen Amtssachverständigen vom 04.07.2017. Das Planungsorgan fordert in seiner Stellungnahme – um zwei voneinander unabhängige Wasserspender zur Verfügung zu haben -, dass die bereits wasserrechtlich bewilligten ***quellen 1, 1a und 2 wieder für die Wasserversorgung zur Verfügung stehen sollten. Dass der Wasserbedarf derzeit gedeckt wird, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Es ergibt sich somit aus der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes vom 01.06.2017 und dem Gutachten des Amtssachverständigen für Hygiene vom 04.07.2017 die Deckung des Wasserbedarfes der Marktgemeinde durch die vorhandenen Quellen 1, 1a und 2 sowie durch den Brunnen ***.

Dass keine Zustimmungserklärung der Grundeigentümer des Grundstückes *** und ***, beide KG ***, für das Projekt der Marktgemeinde *** vorliegt, steht anhand der Aktenlage fest.

Das Erfordernis einer Dauerdesinfektionsanlage für die ***quellen 3 bis 7b ist in der gutächtlichen Stellungnahme des hygienischen Amtssachverständigen vom 04.07.2017 festgehalten. Dieses Erfordernis ergibt sich auch bereits aus dem hygienischen Amtssachverständigengutachten in der Verhandlungsschrift der belangten Behörde vom 22.02.2006.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Folgende Bestimmungen des WRG 1959 sind für gegenständlichen Beschwerdefall relevant und werden auszugsweise wiedergegeben:

„§ 17.

(1) Stehen verschiedene Bewerbungen (§ 109) um geplante Wasserbenutzungen in Widerstreit, so gebührt jener der Vorzug, die dem öffentlichen Interesse (§ 105) besser dient. Dabei sind die Bewerbungen vornehmlich auf die in einem anerkannten Rahmenplan dargestellte im öffentlichen Interesse gelegene Ordnung zu prüfen.

(2) …

§ 104.

(1) Die Behörde hat bei Vorliegen eines den Bestimmungen des § 103 entsprechenden Antrages, unbeschadet § 104a, sofern aus der Natur des Vorhabens Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten (§ 106) zu erwarten sind, vornehmlich insbesondere dahingehend zu prüfen,

a)

ob und inwieweit durch das Vorhaben öffentliche Interessen (§ 105) berührt werden;

b)

ob und inwieweit von dem Vorhaben Auswirkungen, insbesondere erhebliche negative Auswirkungen auf den Gewässerzustand im Sinne des Abs. 5 zu erwarten sind;

c)

ob die Anlagen dem Stand der Technik entsprechen;

d)

welche Maßnahmen zum Schutz der Gewässer, des Bodens und des Tier- und Pflanzenbestandes vorgesehen oder voraussichtlich erforderlich sind;

e)

ob und inwieweit von dem Vorhaben Vorteile im allgemeinen Interesse zu erwarten sind;

f)

ob sich ein allfälliger Widerspruch mit öffentlichen Interessen durch Auflagen (§ 105) oder Änderungen des Vorhabens beheben ließe;

g)

ob und inwieweit geplante Wasserversorgungsanlagen für den angestrebten Zweck geeignet sind und welche Schutzmaßnahmen (§ 34) voraussichtlich erforderlich sind;

h)

ob und inwieweit für eine einwandfreie Beseitigung anfallender Abwässer Vorsorge getroffen ist;

i)

ob das Vorhaben mit einem anerkannten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan (§ 53), mit einer Schutz- oder Schongebietsbestimmung (§§ 34, 35 und 37), mit einem Sanierungsprogramm (§ 33d), mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, dem Hochwasserrisikomanagementplan, mit einem Regionalprogramm (§ 55g) oder sonstigen wichtigen wasserwirtschaftlichen Planungen in Widerspruch steht;

j)

...

§ 106.

Ergibt sich schon aus den nach § 104 durchzuführenden Erhebungen auf unzweifelhafte Weise, daß das Unternehmen aus öffentlichen Rücksichten unzulässig ist, so ist das Gesuch abzuweisen. Andere gegen ein Unternehmen obwaltende Bedenken hat die Wasserrechtsbehörde dem Gesuchsteller zur allfälligen Aufklärung oder Abänderung des Entwurfes unter Festsetzung einer kalendermäßig zu bestimmenden angemessenen Frist mitzuteilen. Mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt das Ansuchen als zurückgezogen.

§ 109.

(1) Liegen widerstreitende (§ 17), auf entsprechende Entwürfe (§ 103) gestützte Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung vor, dann ist auch auf Antrag eines Bewerbers vorerst darüber zu entscheiden, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt. Sind für die Bewilligung der widerstreitenden Vorhaben sachlich verschiedene Behörden zuständig, so obliegt die Entscheidung über die Frage des Vorzuges der Behörde (§§ 98, 99 und 100).

(2) …

…“

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.09.2018 wird in Spruchpunkt I. über einen Antrag nach § 109 WRG 1959 abgesprochen, in Spruchpunkt II. über den Antrag auf Bewilligung der Quellfassungen 3 bis 7b der ***quellen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 19.09.2018 wird ausgeführt, dass das öffentliche Interesse eine Voraussetzung für das Vorliegen eines Widerstreites sei. Weiters wird festgehalten, dass bei dessen Prüfung aber über § 105 WRG hinausgegangen werden könne und seien neben den aus § 105 auch ableitbaren positiven wasserwirtschaftlichen Zielsetzungen darüber hinaus die in mehreren Bestimmungen des WRG enthaltenen konkreteren Zielsetzungen zu beachten. Es müsse daher hinsichtlich des öffentlichen Interesses im konkreten Fall auch auf die Berührung fremder Rechte eingegangen werden. Der Revers aus 1930 beziehe sich lediglich auf die damals mit Bescheid vom 08.08.1930 bewilligten ***quellen (1, 1a und 2) – eine vierte mit diesem Bescheid bewilligte Quelle ist nämlich nicht zur Ausführung gelangt.

Es sei daher zu prüfen, ob die Einräumung eines Zwangsrechtes zu Gunsten des Projektes der Marktgemeinde *** möglich wäre. Von den Vertretern der Marktgemeinde *** sei immer wieder erklärt worden, nicht auf die strittigen Quellen (3 bis 7b) angewiesen zu sein. Voraussetzung einer Enteignung sei aber stets ein konkreter Bedarf, der im öffentlichen Interesse erforderlich wäre. Dieser Bedarf ließe sich aber aus dem Projekt der nunmehrigen Beschwerdeführerin und dem wasserbaufachlichen Gutachten dazu nicht ableiten. Ein Zwangsrecht käme daher nicht in Betracht. Es scheitere der Antrag auf Bewilligung betreffend die sechs Quellfassungen 3 bis 7b auf Grundstück Nr. ***, KG ***, jedenfalls an der fehlenden Zustimmungserklärung der Grundeigentümer und könne dies im konkreten Fall auch nicht durch ein Zwangsrecht saniert werden.

Wenn aufgrund mangelnder Erforderlichkeit kein Zwangsrecht erwirkt werden könne, liege nach Ansicht der belangten Behörde auch ein öffentliches Interesse zur Projektsrealisierung nicht vor. Der Antrag vom 30.11.2017 sei daher zurückzuweisen gewesen.

Weiters liege kein verbesserbarer Mangel vor und sei das Projekt auf unzweifelhafte Weise aus öffentlichen Rücksichten unzulässig. Der Antrag auf Bewilligung sei daher nach § 106 WRG abzuweisen.

?    Zunächst zum Spruchpunkt I. (Widerstreit):

Die Beschwerdeführerin begehrte mit Antrag vom 30.11.2017 die Durchführung eines Widerstreitverfahrens samt Entscheidung darüber, dass ihrem Projekt (vom 10.05.2017 samt Ergänzung vom 11.12.2017) der Vorzug gebühre.

Die Durchführung eines Widerstreitverfahrens erfordert zunächst einmal das Vorliegen zweier oder mehrerer Anträge auf Bewilligung einer Wasserbenutzung, wobei die verschiedenen Bewerbungen um geplante Wasserbenutzungen zu Grunde liegenden Projekte derart sind, dass das eine nicht ausgeführt werden kann, ohne dass dadurch die Ausführung des anderen behindert oder vereitelt wird. Im vorliegenden Beschwerdefall geht es um zwei Bewilligungsanträge für zukünftige Wasserbenutzungen, ein Anwendungsfall des § 17 WRG 1959 ist zu prüfen.

Konkret liegt ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 03.04.2017 sowie ein Antrag der Gemeinde *** vom 01.06.2017 vor. Beide Anträge betreffen dieselben Standorte und Quellen, nämlich die Quellfassungen 3 bis 7b auf dem Grundstück ***, KG ***. Ein Widerstreit scheint zunächst möglich.

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Widerstreites ist, dass die konkurrierenden Anträge einem öffentlichen Interesse dienen.

Es handelt sich bei der im Widerstreitverfahren zu treffenden Entscheidung, welches von mehreren Vorhaben dem öffentlichen Interesse besser dient, um eine Wertentscheidung. Dabei sind einander die zu berücksichtigenden Argumente gegenüberzustellen.

Für die Verwirklichung des Projektes der Marktgemeinde *** vom 10.05.2017, ergänzt durch die Unterlagen vom 11.12.2017, besteht unter dem Aspekt der Sicherung der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung keine Notwendigkeit. Der Wasserbedarf kann durch die bewilligten Wasserbenutzungsanlagen „***“ (Bewilligungsbescheid vom 25.10.1966, ***) und ***quellen 1, 1a und 2 (Bewilligungsbescheid vom 08.08.1930) ausreichend gedeckt werden. Die Versorgung des Ortsteiles *** erfolgt mittlerweile auch durch eine neue Drucksteigerungsanlage der Marktgemeinde ***. Damit ist auch der Ausfall der ***quellen 1, 1a und 2 kompensiert.

Ein Erfordernis aufgrund starker Bevölkerungsentwicklung in der Zukunft ist der Aktenlage nicht zu entnehmen. Fehlt es aber an einem Bedarf für das beantragte Wasserbenutzungsrecht, liegt auch kein öffentliches Interesse für dessen Einräumung vor. Eine Wertentscheidung nach § 109 WRG 1959 durch Erfassung und Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden Argumente kann daher nicht vorgenommen werden.

Es fehlt somit eine Voraussetzung nach § 17 Abs. 1 WRG 1959, um von einem Widerstreit ausgehen zu können.

Anzumerken ist, dass derzeit auch keine Gefahr für die Trinkwasserversorgung besteht und ist nach der Aktenlage nicht absehbar, dass eine solche eintritt. Eine dritte wasserrechtliche Bewilligung, für die Brunnen 3 bis 7b, ist daher auch aus diesem Grund nicht zwingend erforderlich.

Die Beschwerde erweist sich, soweit sie die Zurückweisung des Antrages nach § 109 WRG 1959 (Antrag vom 30.11.2017) betrifft, als unbegründet.

?    Zu Spruchpunkt II.:

In diesem Teil des Bescheides vom 19.09.2018 wird der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der ***quellen 3 bis 7b vom 03.04.2017, ergänzt im Schreiben vom 30.11.2017, ohne Verhandlung wegen Unvereinbarkeit mit öffentlichen Interessen abgewiesen. Das Projekt enthält auch eine UV-Desinfektionsanlage.

Voraussetzung für eine Abweisung nach dieser Bestimmung ist, dass das Vorhaben aus öffentlichen Interessen unzulässig ist. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens eine Entscheidung ohne Zuziehung aller Parteien und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde erscheint das Unternehmen der Marktgemeinde *** (Bewilligungsprojekt vom 10.05.2017 samt Ergänzungen vom 11.12.2017) nicht von vornherein aus öffentlichen Rücksichten unzulässig. Offenbar wird die Verkeimung des Quellwassers als Begründung für das Vorliegen der Unzulässigkeit des Projektes herangezogen. Dem sind die Ausführungen des hygienischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2006 bei der belangten Behörde sowie am 30.09.2010 anlässlich einer Vollkontrolle der ***quellen entgegenzuhalten, wonach der Einbau einer Dauerdesinfektionsanlage anzuordnen sei. Unter diesem Aspekt wäre aus hygienischer Sicht eine Bewilligungsfähigkeit der Quellen 3 bis 7b gegeben. Der wasserbautechnische Amtssachverständige hält in der Verhandlung der belangten Behörde am 27.11.2014, ***, fest, dass im Falle einer Zustimmungserklärung des Grundeigentümers die ***quellen 3 bis 7b als möglicher Teil der Wasserversorgungsanlagen der Marktgemeinde *** in der bestehenden Form wasserrechtlich bewilligungsfähig seien. Ebenso wird in der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes vom 01.06.2017, in der gutächtlichen Stellungnahme des hygienischen Amtssachverständigen vom 04.07.2017 und im Gutachten des grundwasserhydrologischen Amtssachverständigen vom 21.08.2017 von einer Bewilligungsfähigkeit dieser Quellen ausgegangen.

Es lässt sich daher der Widerspruch des verkeimten Quellwassers der ***quellen 3 bis 7b mit dem öffentlichen Interesse an einem einwandfreien Trinkwasser durch die Errichtung einer UV-Dauerdesinfektionsanlage beheben. Damit ist aber die von der belangten Behörde herangezogene Begründung für eine Abweisung nach § 106 WRG 1959 nicht stichhaltig.

Das Fehlen der Desinfektionsanlage kann auch nicht als ein nicht behebbarer Mangel angesehen werden. Hinzuweisen ist darauf, dass die Errichtung einer Dauerdesinfektion im Bewilligungsprojekt der Beschwerdeführerin auch enthalten ist.

Der Bewilligung des beantragten Projektes steht jedenfalls aber das Fehlen der Grundeigentümerzustimmung betreffend zumindest die Grundstücke *** und ***, KG ***, entgegen.

Dass eine solche Zustimmung absolut unmöglich wäre, ist nicht anzunehmen, kommt es doch dabei einerseits auf das Verhandlungsgeschick der Konsenswerberseite an, andererseits auch auf eine Bereitschaft der Grundeigentümer. Eine vor mehr als einem Jahr ausgesprochene Verweigerung der Zustimmung – aktenkundig ist das Ablehnungsschreiben der Rechtsvertreterin der Eigentümer B und C, D, vom 05.05.2017 - bedeutet nicht automatisch, dass diese für alle Zeit versagt bleibt. Meinungen können geändert werden, auch kann eine Änderung bei den Grundeigentumsverhältnissen die Situation zugunsten der Konsenswerberin Marktgemeinde *** beeinflussen.

Die Zustimmung des Grundeigentümers ist Bestandteil der Projektsunterlagen iSd
§ 103 WRG 1959. Bei Fehlen von Projektsunterlagen ist jedoch nicht nach § 106 WRG 1959 sondern nach § 13 AVG vorzugehen.

Es kann daher auch das Fehlen der Zustimmungserklärung nicht als Begründung für die Abweisung des Antrages auf Erteilung der Bewilligung für die ***quellen 3 bis 7b nach § 106 WRG 1959 herangezogen werden. Das Fehlen der Zustimmungserklärung stellt überdies auch keinen Umstand dar, welcher zu einer Abweisung wegen Unvereinbarkeit mit öffentlichen Interessen nach § 106 WRG 1959 herangezogen werden könnte. Dafür ist das Rechtsinstrument des Verbesserungsauftrages vorgesehen.

Für das weitere Verfahren bei der belangten Behörde bedeutet dies, dass über den Antrag der Marktgemeinde ***, nach Erteilung eines Verbesserungsauftrages, noch zu entscheiden sein wird, unabhängig von einer allfälligen Zweckmäßigkeit des eingereichten Projektes.

Das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren betreffend den Antrag der Gemeinde *** vom 01.06.2017, welcher ebenfalls die ***quellen 3 bis 7b betrifft, ist, wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgehalten wird, einem eigenen Verfahren der belangten Behörde vorbehalten.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Widerstreit; Wasserbenutzungsrecht; öffentliches Interesse;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1170.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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