TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 G306 2134987-3

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Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

G306 2134987-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, StA.: Serbien, vertreten durch RA. Dr. Edward W DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 25.04.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.11.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) stellte am 15.11.2013 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck der "Niederlassungsbewilligung (NAG)". Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 31.07.2014 - Magistratsabteilung 35 (MA 35), XXXX - abgewiesen.

Die BF stellte am 13.08.2014 bei der MA 35 einen neuerlichen Erstantrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Familiengemeinschaft - (NAG)". Mit Bescheid der MA 35 vom 24.10.2014 wurde der Antrag wegen unzulässiger Antragsstellung im Inland, abgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Wien wurde mit Erkenntnis vom 15.01.2015 abgewiesen.

Die BF stellte nunmehr beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 25.09.2015 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

Die BF wurde vom BFA am 25.01.2016 niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid vom 24.08.2016 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen sowie gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Eine dagegen erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde insofern stattgegeben, als dass der Bescheid behoben und zur Neuerlassung an das BFA zurückverwiesen wurden.

Die BF wurde vom BFA am 08.05.2017 niederschriftlich einvernommen.

Mit Schreiben des BFA vom 07.07.2017 wurde der BF die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt. In der offenen Frist brachte die BF eine Stellungnahme ein.

Mit Bescheid vom 21.07.2017 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK neuerlich vom BFA abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft eingeräumt.

Gegen diese Entscheidung brachte die BF erneut Beschwerde beim BVwG ein.

Mit Beschluss vom 22.12.2017 wurde der Beschwerde neuerlich insofern stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid behoben und zur Neuerlassung an das BFA zurückverwiesen wurde.

Mit Schreiben des BFA vom 05.01.2018 wurde der BF wiederum eine Verständigung von dem Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt.

Am 22.01.2018 langte per Mail beim BFA eine Stellungnahme zur Beweisaufnahme ein.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, der BF zugestellt am 30.04.2018, wurde der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FÜR zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG gewährt (Spruchpunkt IV.).

Mit per Mail am 28.05.2018 beim BFA eingebrachtem Schreiben, erhob die BF vermittels ihres Rechtsvertreters (RV), gegen den zuvor genannten Bescheid Beschwerde an das BVwG.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 07.06.2018 ein.

Am 16.11.2018 fand beim BVwG - Außenstelle Graz - eine mündliche Verhandlung statt an der die BF persönliche sowie die RV teilnahm. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und ist im Besitz eines gültigen biometrischen Reisepasses.

Die BF ist gegenwärtig seit dem 13.08.2013 - ohne gütigem Aufenthaltstitel - im Bundesgebiet aufhältig.

Die BF stellte bereits - vor der gegenständlichen Antragsstellung - zwei Anträge auf Ausstellung von Aufenthaltstitel auf Grundlage des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) und wurden beide rechtskräftig abgewiesen.

Die BF ist seit dem 16.08.2013 durchgehend im Bundesgebiet mittels Hauptwohnsitz gemeldet. Die BF ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Die BF geht aktuell keiner Erwerbstätigkeit nach.

Die BF weist keine Beschäftigungen im Bundesgebiet auf. Die BF ist in Österreich krankenversichert.

Die BF weist im Bundesgebiet insofern familiären Bindungen auf, als dass sie am XXXX.2013, in Serbien, den zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten XXXX (serbischer StA) ehelichte. Im Bundesgebiet leben sonst keine Verwandte der BF. Die BF ist bei ihrem Gatten wohnhaft.

Die BF pflegt ihren Gatten welcher aufgrund seiner Erkrankung (schwer Gehbehinderung) in der Bewegung stark eingeschränkt ist und daher auch die Pflegestufe 2 beansprucht.

Die BF ist weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch einer Arbeitserlaubnis oder einer Beschäftigungsbewilligung. Die BF hat selbst kein Einkommen und hat keinen Anspruch auf staatliche Pension.

Die BF geht keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und lebt von Zuwendungen ihres Gatten welcher mit Ausgleichzulage sowie Pflegegeld eine monatliche Pension in der Höhe von ca. € 900,-

erreicht.

Die BF ist der Deutschen Sprache nicht mächtig.

Die BF hat im Bundesgebiet - außer ihren Gatten - keine sozialen Kontakte.

Im Herkunftsstaat halten sich weiterhin engste Familienangehörige der BF auf.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF an einer Krankheit leidet und/oder arbeitsunfähig ist.

Die BF verfügt im Bundesgebiet, aufgrund ihres zum Aufenthalt berechtigten Gatten, über familiäre Anknüpfungspunkte. Die BF hat keine sozialen Beziehungen in Form eines größeren Freundeskreises im Bundesgebiet. Es konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.

Der BF hält sich seit Ende 2013 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zum Gatten dessen Aufenthalt im Bundesgebiet, zur Hauptwohnsitzmeldung, zum Nichtbesitz eines Aufenthaltstitels sowie Arbeitsbewilligung, zur Erwerbslosigkeit sowie das die BF gegenwärtig keiner Erwerbstätigkeit nachgeht sondern von Zuwendungen ihres Gatten lebt, getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie aus den eigenen Angaben der BF (sowie Gatten) in der mündlichen Verhandlung.

Zudem wurde die Feststellung zum Nichtbesitz eines zum längeren Aufenthalt und zu Erwerbstätigkeiten berechtigenden Rechtstitels, durch den Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters und die Erwerbslosigkeit im Bundesgebiet, durch einen Sozialversicherungsauszug gestützt.

Die Beantragung zweier Aufenthaltstitels nach dem NAG sowie deren rechtskräftige Abweisungen beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters sowie aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die nichtexistierenden Deutschsprachkenntnisse der BF beruhen auf die Nichtvorlage von Sprachkursbestätigungen und der durchgeführten mündlichen Verhandlung wo festgestellt werden konnte, dass die BF kein Wort Deutsch versteht. Die gegenständliche Antragstellung ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Dass die BF über Familienangehörige im Herkunftsstaat verfügt, beruhen auf dem Vorbringen der BF vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung.

Die Arbeitsfähigkeit der BF beruht auf der Tatsache, dass nichts Gegenteiliges vorgebracht wurde und aus den Angaben der BF.

Die Nichtfeststellbarkeit einer Erkrankung der BF beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens der BF sowie dem Umstand, dass die BF in der mündlichen Verhandlung angab deshalb nicht arbeiten zu können, weil sie ihren Mann versorgen müsste.

Die Nichtfeststellbarkeit von Anhaltspunkten welche für eine tiefgreifende Integration der BF im Bundesgebiet sprechen können, beruht auf dem Nichtvorbringen eines solchen nahelegenden Sachverhaltes seitens der BF.

Die Erkrankung des Gatten sowie dessen Pflegebedürftigkeit ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den Angaben in der der mündlichen Verhandlung.

Rechtliche Beurteilung:

Die BF ist als Staatsangehörige von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn dies gemäß

§ 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des

Art 8 EMRK geboten ist.

§ 58 AsylG regelt das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55 ff AsylG. Gemäß § 58 Abs 5 AsylG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG persönlich beim BFA zu stellen. Gemäß § 58 Abs 8 AsylG hat das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über die Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abzusprechen.

Gemäß § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration

(Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Bei der Beurteilung, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der BF geboten ist, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031). Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden werden. In die gebotene Gesamtbeurteilung sind alle gemäß Art 8 EMRK relevanten Umstände seit der Einreise des Fremden einzubeziehen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt zeigt, dass sich die BF seit fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält. Ihr Aufenthalt ist jedoch (bis auf die ersten 90 Tage der erstmaligen Einreise im Jahr 2013) nicht rechtmäßig. Die BF stellte zwar Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG, diese wurde jedoch immer abgewiesen. Der nicht rechtmäßige Aufenthalt war der BF auch von Anfang an bewusst und muss ihr beharrliches Verbleiben im Bundesgebiet auch nachteilig angerechnet werden. Die BF gab in der mündlichen Verhandlung an, dass sie Österreich nicht verlassen habe, weil sie in Serbien nichts mehr habe, über kein eigenes Einkommen verfüge und deshalb einfach in Österreich geblieben sei. Die BF war sich von Anbeginn bewusst, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ein ungewisser sein wird. Sie begründet ihren illegalen Aufenthalt ausschließlich mit der bedurften Pflege des Gatten und ihrer eigenen Mittellosigkeit. Sie gibt selbst an, dass sie im Bundesgebiet nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Sie keine sozialen Kontakte im Bundesgebiet hat. Sie die Deutsche Sprache nicht versteht. Die BF ist erstmalig am 13.08.2013 nach Österreich eingereist. Am 16.08.2013 hat sie sich bei ihrem nunmehrigen Gatten mittels Hauptwohnsitz angemeldet. Am XXXX.2013 ist sie gemeinsam mit ihrem nunmehrigen Gatten nach Serbien gereist und hat diesen dort am selben Tag geehelicht. Nach 2 - 3-tägigen Aufenthalt in Serbien reiste das Ehepaar wieder zurück nach Österreich. Seit dieser Zeit hält sich die BF im Bundesgebiet - ohne Aufenthaltsberechtigung - auf. Die BF wohnen gemeinsam in einer 37 m2 Wohnung. Das Familieneinkommen, welches ausschließlich vom Gatten erbracht wird, besteht aus einer staatlichen Pensionsanspruch in der Höhe von ca. € 250,- sowie einer Ausgleichzulage und dem Pflegegeld der Pflegestufe 2. Die Pflegebedürftigkeit des Gatten lag schon vor der Verehelichung vor (Gesundheitsbericht vom XXXX.2014 - im Akt) aus dem hervorgeht, dass der BF in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist.

Zu berücksichtigen seitens der BF ist, dass sie verheiratet und ihr Gatte - welcher auch die serbische Staatsbürgerschaft besitzt - zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist. Die BF verweist bzw. begründet ihren Anspruch auf Aufenthalt mit der erforderlichen Pflege ihres Gatten. In der mündlichen Verhandlung konnte festgestellt werden, dass der Gatte der BF ein äußerst selbstbewusstes und energisches Auftreten an den Tag legte. Der BF wird eine dementsprechende Unterstützung im Haushalt bzw. bei der Pflege bedürfen und wird dies auch nicht in Abrede gestellt. Dem Gatten der BF wurde vor kurzem die Pflegestufe 2 zugesprochen und bedeutet dies einen festgestellten Pflegebedarf von 95 Stunden im Monat. Der Gatte erhält dafür € 290,-. von der Pensionsversicherungsanstalt (Einstufung siehe Homepage der Sozialsversicherungsanstalt). Dem BF ist es daher unbenommen auch eine etwaige Fremdhilfe in Anspruch zu nehmen. Dies wäre auch als Übergangslösung vorstellbar, in derer Zeit sich die BF, vom Heimatstaat aus, bemüht, einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet zu erhalten. Den Anspruch auf Erlangung eines Aufenthaltstitels (zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens) damit zu begründen, dass man als "Pflegerin des Gatten" benötigt wird, untergräbt die Intention des Gesetzgebers was das Instrument des humanitäteren Bleiberechts im Sinne des § 55 AsylG anbelangt. Diese Möglichkeiten wurde nicht geschaffen, damit sich Personen - durch beharrliches rechtswidriges Verbleiben im Bundesgebiet - dem möglichen und dafür vorgesehenen Weg dessen Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes nicht stellen müssen. Die Voraussetzungen dafür werden von der BF nicht erbracht bzw. liegen diese nicht vor. Die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenrechts kommt ein hoher Stellenwert zu und muss immer - in einer Einzelbetrachtung - eine Abwägung zwischen dem vorliegenden, einzelnen Privatinteresse gegen das öffentliche Interesse durchgeführt werden. Für die BF heißt dies, dass ihr bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet dadurch relativiert wird, dass die BF sich nunmehr 5 Jahre nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, sie sich dessen bewusst ist und einfach ignoriert. Die BF erhofft sich so ihren Aufenthalt erzwingen zu können. Der nunmehrige Ehegatte war auch schon zuvor - bevor die BF diesen überhaupt kannte - pflegebedürftig und kam offensichtlich auch ohne die Hilfe der nunmehrigen Gattin aus. Dem Gatten der BF wurde kürzlich die Pflegestufe 2 zuerkannt und hätte er die Möglichkeit eine Pflegehelferin zu beauftragen. Des Weiteren stünde dem Ehepaar auch die gemeinsame Ausreise nach Serbien offen, nachdem auch der Gatte serbischer Staatsangehöriger ist. Die BF lebte bis 2013 in Serbien. Hatte eine eigene Wohnung und Familienanschluss. Erst als ihr damaliger Gatte verstarb und sie dadurch nicht mehr durch diesen versorgt wurde, fasste sie den Entschluss den nunmehrigen Gatten zu ehelichen und nach Österreich zu ziehen. Die BF hat auch eine erwachsene Tochter welche in Serbien aufhältig ist. Auch diese könnte bei einer Rückkehr unterstützend eingreifen. Darüber hinaus bleibt es der BF unbenommen, sich nach erfolgter Rückkehr nach Serbien, um einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu bemühen.

Der gegenständliche Antrag nach Art. 8 EMRK kann nicht dafür benutzt werden um die dafür vorgesehen gesetzlichen Bestimmungen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach den NAG zu umgehen.

Es ist von keiner Integration der BF auszugehen, die BF hat trotz Jahre des Aufenthaltes im Bundesgebiet, keine Deutschkenntnisse, hat keine weiteren Verwandte im Bundesgebiet. Die BF ist nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Die BF hat selbst kein Einkommen, sondern lebt ausschließlich von Zuwendungen ihres, selbst Ausgleichszulage beziehenden, Ehegatten. Die BF weist keinerlei Integrationsmomente auf. Die BF ist auch in sozialer Hinsicht nicht integriert. Die BF gibt selbst an, dass sie nur ihren Gatten hier in Österreich habe und sonst keinerlei Kontakte mit anderen Personen pflege. Der BF war es auch zum Zeitpunkt der Einreise im Jahr 2013 bewusst, dass ihr Aufenthalt auf Dauer nicht möglich sein wird. In völliger Ignoranz dessen verblieb sie rechtswidrig im Bundesgebiet.

Die BF hat nach wie vor Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo ihre Tochter sowie ihr Sohn, leben. Die BF hielt sich bis zum Jahr 2013 in Serbien auf. Es ist daher jedenfalls nicht zu einer völligen Entfremdung gekommen.

Durch den jahrelangen, nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Inland liegt ein objektiver Verstoß der BF gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenrechts vor. Sie gab auch bei ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung an, dass "sie in Österreich bleiben will, sie wisse jedoch auch dass sie nicht rechtmäßig hier sei. Sie im Wissen dessen nicht nach Serbien zurückkehre, weil sie dort ja nichts habe. Die BF versuchte seit 2013 ihren Aufenthalt durch Anträge nach dem NAG zu legalisieren. Die Anträge wurde jedoch negativ beschieden. Mit beharrlicher Ignoranz dieser Entscheidungen verblieb die BF dennoch im Bundesgebiet ". Nach höchstgerichtlicher Judikatur ist bei einer derartigen, von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen. In einem solchen Fall ist sogar die Trennung von einem österreichischen Ehepartner gerechtfertigt (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0191; siehe auch 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).

Da dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt, insbesondere der Verhinderung der Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung, ist das BFA trotz des mehrjährigen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet, ihres Familienlebens in Österreich zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass ihre persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich weniger schwer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ist nicht zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens geboten.

In einem Verfahren nach § 55 AsylG ist eine amtswegige Prüfung gemäß § 57 AsylG nicht vorgesehen (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/22/0007), sodass die Behörde zu Recht keine solche Prüfung vornahm.

Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG liegen nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 52 Abs 3 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die Gründe, warum die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, decken sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würden oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung der BF nach Serbien und angesichts der festgestellten Situation dort mangels konkreter Anhaltspunkte für deren Unzulässigkeit zulässig. Die BF ist gesund und arbeitsfähig und wird daher in der Lage sein, in ihrer Heimat, wo sie auch Zugang zu den vorhandenen (wenn auch bescheidenen) öffentlichen Leistungen und zur Gesundheitsversorgung hat, wieder für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, ohne in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten, allenfalls auch mit Hilfe ihrer dort verbliebenen Kinder, ein Auslangen finden wird. Des Weiteren könnte der Gatte der BF mit nach Serbien reisen und sich dort wieder niederlassen. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor.

Gemäß § 55 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt - abgesehen von Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, die hier aber nicht behauptet wurden - 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids war vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2134987.3.00

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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