TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/25 G314 2191946-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.01.2019
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Entscheidungsdatum

25.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2191946-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, kosovarischer Staatsangehöriger, vertreten durch die Rechtsanwältin XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl.: XXXX, betreffend den Antrag auf internationalen Schutz zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) gelangte am 22.03.2015 von seinem kosovarischen Wohnort XXXX über Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er am 25.03.2015 internationalen Schutz beantragte. Am selben Tag erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Am 22.02.2016 und am 18.01.2018 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu seinem Antrag vernommen.

Mit dem oben angeführten Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), ihm kein ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), ausgesprochen, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.). Der Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe und ihm in seinem Herkunftsstaat, der weder in einen internationalen noch in einen innerstaatlichen Konflikt verwickelt sei, keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK drohe. Die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG seien nicht erfüllt. In Österreich würden die volljährigen Kinder des BF mit ihren Familien sowie eine seiner Schwestern leben. Aufgrund des erst ca. dreijährigen Aufenthalts des BF im Inland und der fehlenden Integration sowie der bestehenden Bindungen zu seinem Herkunftsstaat greife die Rückkehrentscheidung nicht unverhältnismäßig in seine durch Art 8 EMRK geschützten Rechte ein. Die Voraussetzungen des § 50 FPG seien nicht erfüllt, sodass die Abschiebung des BF in den Kosovo zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG 14 Tage, weil keine Gründe für eine längere Frist feststellbar seien.

In der wegen Verfahrensmängeln und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobenen Beschwerde beantragt der BF, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und ihm Asyl, in eventu subsidiären Schutz, zu gewähren. Hilfsweise werden die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG, die Feststellung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, und die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG sowie die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des BF beantragt. Letztlich wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Begründend führt der BF aus, er fürchte bei einer Rückkehr in den Kosovo um sein Leben, weil sein Bruder bei einem Autounfall drei Menschen getötet habe, deren Familien ihn mehrmals bedroht hätten. Das BFA habe ihm zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen und dabei seine Vergesslichkeit infolge einer Krebserkrankung nicht berücksichtigt. Die kosovarischen Behörden seien nicht in der Lage, den BF vor der Verfolgung durch Privatpersonen aufgrund von Blutrache ausreichend zu schützen. Eine Rückkehr in den Kosovo würden der Gesundheit des BF schaden und sein Leben gefährden. Eine Behandlung seiner Prostatakrebserkrankung und der schweren posttraumatischen Belastungsstörung, an der er leide, sei im Kosovo nicht möglich. Er sei nicht arbeitsfähig und könne daher im Kosovo, wo er keinen Pensionsanspruch habe, nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Seine Schwestern seien nicht berufstätig; sein Bruder sei erst vor Kurzem aus der Haft entlassen worden, sodass eine Unterstützung durch seine Angehörigen ausgeschlossen sei. Bei einer Rückkehr in den Kosovo bestünde daher die reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK. Der BF lebe im Bundesgebiet in einem gemeinsamen Haushalt mit seinem in Österreich asylberechtigten Sohn und kümmere sich in seiner Freizeit um seine Enkelkinder. Er habe daher ein schützenswertes Familienleben im Inland. Zum Beweis dafür beantragte der BF die Einvernahme seiner Söhne XXXX und XXXX. Mit der Beschwerde wurden eine fachärztliche Stellungnahme vom 22.03.2018 sowie ein undatierter Artikel über Blutrache in Albanien vorgelegt.

Die zunächst per E-Mail eingebrachte Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 10.04.2018 einlangten. Am 16.04.2018 langte das Original der Beschwerde beim BVwG ein.

Am 13.04.2018 stellte BVwG eine Anfrage zur Verfügbarkeit der vom BF benötigten medizinischen Behandlungen im Kosovo an die Staatendokumentation, die am 14.05.2018 beantwortet wurde. Die Anfragebeantwortung wurde den Parteien zur Stellungnahme übermittelt. Der BF erstattete eine entsprechende Stellungnahme, übermittelte eine fachärztliche Stellungnahme vom 30.05.2018 sowie eine MR-Zuweisung und beantragte die Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Psychiatrie, Urologie und Onkologie.

Feststellungen:

Der BF kam in XXXX im heutigen Kosovo zur Welt, wo er zwölf Jahre lang die Schule besuchte. Er war im Kosovo zunächst als Händler und später als Taxifahrer erwerbstätig, wurde aber auch von seinen Kindern finanziell unterstützt. Er lebte bis 1972 in seinem Geburtsort und danach bis zu seiner nunmehrigen Ausreise nach Österreich in Peje.

Die Muttersprache des BF ist Albanisch, er spricht auch Serbisch. Er ist Moslem.

Die Eltern des BF sind bereits verstorben. Er ist nicht verheiratet. Seine drei volljährigen Kinder leben mit ihren Familien in Österreich: Sein XXXX geborener Sohn XXXX und seine XXXX geborene Tochter XXXX sind hier daueraufenthaltsberechtigt; sein XXXX geborener Sohn Lendrit ist asylberechtigt und verfügt über einen Konventionspass, der für alle Staaten außer Serbien gilt. Der Bruder und drei Schwestern des BF leben im Kosovo, eine weitere Schwester wohnt in Österreich. Der BF hat regelmäßig Kontakt zu seinen Geschwistern.

Der BF besitzt einen am 30.03.2009 ausgestellten und bis 29.03.2019 gültigen kosovarischen Reisepass. Er war vor seiner nunmehrigen Einreise mehrmals in Österreich zu Besuch bei seinen Angehörigen und hatte dafür 2009, 2011 und 2013 jeweils ein Visum C erhalten.

Im August 2012 verursachte der Bruder des BF im Kosovo als Taxifahrer einen Autounfall, bei dem drei Menschen ums Leben kamen, und wurde in der Folge zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der BF wurde daraufhin von den Familien der Getöteten bedroht. Nachdem ein Vermittlungsversuch gescheitert war, beschloss er, den Kosovo zu verlassen und zu seinen Kindern nach Österreich zu reisen. Ende 2017 wurde der Bruder des BF im Kosovo aus der Haft entlassen.

Der BF verbringt im Bundesgebiet viel Zeit mit seinen Kindern und seinen fünf Enkelkindern und macht Spaziergänge. Er ist nicht erwerbstätig, spricht kein Deutsch, absolvierte im Bundesgebiet keine Kurse oder andere Ausbildungen und ist nicht in Vereinen engagiert. Er ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit seinem Sohn Lendrit und dessen Familie und finanziert seinen Lebensunterhalt durch Grundversorgungsleistungen und durch die finanzielle Unterstützung seines Sohnes. Im Rahmen der Grundversorgung ist er auch krankenversichert.

Kurz nach der Einreise des BF in das Bundesgebiet wurde bei ihm Prostatakrebs festgestellt. Im Mai 2015 musste er sich daher einer Prostatektomie und anschließend von September bis November 2015 einer Strahlentherapie unterziehen. Von Juni 2015 bis Juni 2017 erhielt er eine Hormontherapie mit dem Medikament Trenantone (Wirkstoff: Leuprorelin). Aktuell ist er beschwerdefrei, hat aber regelmäßig alle drei Monate Kontrolluntersuchungen. Bei einem Anstieg des PSA-Werts ist geplant, die Hormontherapie mit Trenantone wiederaufzunehmen.

Zumindest seit März 2018 ist der BF bei einem Wahlarzt für Psychiatrie wegen einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung. Ende Mai 2018 wurde zur Abklärung seiner Gangunsicherheit, muskulärer Tonusveränderung und einer wechselhaft auftretenden Sehminderung eine MRT-Untersuchung des Schädels angeordnet.

Der BF hat bei seiner Rückkehr in den Kosovo dort keine Sanktionen zu befürchten. Er wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Er hatte keine Probleme mit den dortigen Behörden; solche sind auch bei seiner Rückkehr nicht zu befürchten. Ebenso wenig ist zu befürchten, dass er nach seiner Rückkehr in den Kosovo in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.

Zur allgemeinen Lage im Kosovo:

Der Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Das politische System hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17.02.2008 gefestigt. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz, zum Teil auch Privilegien, für die im Kosovo anerkannten Minderheiten. Die EU-Rechtsstaatsmission EULEX hat den Auftrag, die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens zu unterstützen und an rechtsstaatliche EU-Standards heranzuführen. Das Mandat wurde bis Juni 2018 verlängert.1

Im Norden Kosovos (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) hat sich die Lage seit den gewalttätigen Zusammenstößen Ende Juli 2011 weitgehend beruhigt, sie bleibt aber angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erneut zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt. Im restlichen Teil Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil.

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Ein effizientes Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte ist vorhanden. Das Justizwesen weist trotz gewisser Fortschritte noch erhebliche Mängel auf. Es gibt immer wieder Berichte über Korruption, politische Einflussnahme und mangelnde Effizienz im Gerichtswesen.

Insbesondere außerhalb der größeren Städte sind nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten, die landläufig als "Blutrache" bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun, des albanischen Gewohnheitsrechts, das Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt, beharrlich betrieben werden, zum Teil mit blutigen oder tödlichen Folgen. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt. Die Praxis der Blutrache ist durch die Verfassung und die geltenden Gesetze verboten. Exekutivorgane sind verpflichtet, Schutz für bedrohte Personen zu gewährleisten. Blutrachemotivierte Verbrechen werden von Gerichten als erschwerende Umstände bei der Bestrafung berücksichtigt. Bei einer Bedrohung aufgrund einer Blutfehde kann man sich an die Polizei, die im Kosovo einen guten Ruf verfügt, wenden, die jedoch keinen 24-Stunden-Schutz anbieten kann. Die Polizei behandelt Morde im Zusammenhang mit einer Blutfehde wie jeden anderen Mord auch; die Mörder werden unter verschärfte Kontrolle gestellt, um damit ein Exempel zu statuieren. Blutrachemorde werden untersucht und verfolgt, wobei die Strafen üblicherweise zwischen 15 und 25 Jahren Gefängnis liegen.

Die innere Sicherheit des Kosovo beruht auf drei Komponenten: der Kosovo Police, den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften und den KFOR-Truppen, die auch den Aufbau und das Training der multiethnischen Kosovo Security Force innehaben. Die Kosovo Police hat eine Stärke von ca. 9.000 Personen und ist im ganzen Land vertreten. EULEX-Polizisten beraten und unterstützen Polizeidienststellen im ganzen Land. Eigentums-, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte sind auf niedrigem Niveau. Organisierte Kriminalität und Korruption befanden sich laut UNDOC (United Nations Office on Drugs and Crime) aus 2013 weiterhin auf hohem Niveau. Die Kosovo Police wird als die vertrauenswürdigste rechtsstaatliche Institution angesehen. Es gibt Polizeistationen im ganzen Land, wo man Anzeigen erstatten kann. Es können auch Anzeigen beim Büro der Staatsanwaltschaften, bei der EULEX-Staatsanwaltschaft und beim Ombudsmann eingereicht werden. Die Kriminalität, mit Ausnahme der organisierten Kriminalität und der Korruption, ist rückläufig und niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich.

Analysen und Indikatoren weisen auf ein sehr hohes Korruptionsniveau im Kosovo hin, das selbst im regionalen Vergleich überdurchschnittlich ist. Der Kosovo hat strenge Antikorruptionsgesetze und es gibt zahlreiche Antikorruptionsinstitutionen. Die Behörden waren allerdings nicht fähig, Fälle von Korruption erfolgreich zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen.

Das Bekenntnis zu unveräußerlichen Menschenrechten ist in der Verfassung verankert. Viele internationale Menschenrechtsabkommen gelten unmittelbar und haben Anwendungsvorrang. Seit November 2000 gibt es die Einrichtung einer Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch die zivilen Behörden des Kosovo zuständig ist. Die Ombudsperson geht Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen nach und gibt in einem Jahresbericht an das Parlament Empfehlungen für deren Behebung ab.

Es gibt keine Hinweise auf staatliche Repression oder Menschenrechtsverletzungen. Probleme beim Aufbau eines funktionierenden Justizsystems sowie einer effizienten Verwaltung, aber auch das hohe Maß an Korruption beeinflussen jedoch den Schutz zentraler Menschenrechte. Das Anti-Diskriminierungsgesetz wird nicht konsequent angewendet. Es kommt immer wieder zu einzelnen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen, denen in der Regel durch Nichtregierungsorganisationen, den Ombudsmann, aber auch andere staatliche Stellen nachgegangen wird.

Fälle von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung sind nicht bekannt. Die Verhältnisse in den neueren Gefängnissen und Vollzugsanstalten entsprechen im Allgemeinen internationalen Standards, es gibt aber noch sehr viele alte Haftanstalten, die diesen nicht mehr entsprechen (z.B. Zellengröße, Ausstattung). Die kosovarische Regierung versucht, dies durch entsprechende bauliche und organisatorische Maßnahmen zu verbessern.

Das Verbot der Anwendung der Todesstrafe ist in der kosovarischen Verfassung verankert. Sie ist für alle Straftaten abgeschafft. Im Kosovo herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

Kosovo ist ein säkularer Staat. Die Religionsfreiheit ist in der Verfassung garantiert; Einschränkungen sind nicht bekannt.

Es gibt keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit. Die Teilhabe ethnischer Minderheiten an der Gesellschaft ist trotz grundrechtlicher Fundierung nur unzureichend gesichert und wird nicht ausreichend gefördert. Insbesondere Roma, Ashkali und "Ägypter" sind sozial stark marginalisiert, sie sind von Armut überproportional betroffen. Die Exklusion am Arbeitsmarkt ist evident. Auch die Inanspruchnahme von Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen durch Minderheiten (mit Ausnahme der serbischen Minderheit) ist unterdurchschnittlich. Alle Ethnien können sich im Kosovo grundsätzlich frei bewegen.

Obwohl die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist und viele Kosovaren in Armut leben, ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet. Staatliche Sozialhilfeleistungen werden aus dem Budget des Sozialministeriums finanziert. Sie sind bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung zu beantragen und werden für die Dauer von bis zu sechs Monaten bewilligt. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wird durch Mitarbeiter der Kommunen und des Sozialministeriums geprüft. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Die Freizügigkeit wird für Sozialhilfeempfänger nicht eingeschränkt, der Wohnortwechsel ist der bisherigen Gemeinde anzuzeigen. Die von der bisherigen Kommune ausgestellte Registrierungsbestätigung ist innerhalb einer Frist von sieben Tagen bei der Kommune des neuen Wohnsitzes bei der Anmelderegistrierung vorzulegen. Für den weiteren Sozialhilfebezug ist im neuen Wohnort ein entsprechender Antrag zu stellen. Der Umzug wird durch Mitarbeiter des Sozialministeriums überprüft. Wohnraum - wenn auch mitunter auf niedrigem Niveau - steht ausreichend zur Verfügung. Kosovo gehört zu den ärmsten Staaten der Region und ist auf die Hilfe der EU und der im Ausland lebenden Kosovo-Albaner angewiesen. Der Anteil der informellen Wirtschaftsleistung ist immens - schätzungsweise zwischen 27 und 45 %. Zuverlässige Zahlen über die tatsächliche Höhe der Arbeitslosigkeit liegen nicht vor.

Sozialbeihilfen werden in zwei Kategorien von Leistungsempfängern eingeteilt. Kategorie I definiert Familien als Leistungsempfänger, in denen alle Familienmitglieder temporär oder dauerhaft dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, etwa Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, sofern diese in das Bildungssystem integriert sind, Alleinerziehende mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren, Personen mit schwerer und dauerhafter Behinderung über 18 Jahre, ältere Personen über 65 Jahre. Kategorie II umfasst jene Familien, in denen mindestens ein Familienmitglied dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und in denen mindestens ein Kind jünger als 5 Jahre bzw. ein/e Waise jünger als 15 Jahre versorgt wird. Leistungen in beiden Kategorien sind an strenge Bedürftigkeitsprüfungen gebunden. Die Grundrente (EUR 45) wird aus Mitteln des öffentlichen Haushalts finanziert, Rentner, die Beitragszahlungen von mindestens 15 Jahren nachweisen können, erhalten zusätzlich eine erweiterte Grundrente von EUR 35. Das durchschnittliche Niveau der Leistungen liegt bei etwa EUR 60. Das Sozialsystem ist nur rudimentär ausgebaut und bietet keine angemessene Versorgung. Ein Gesetz zum Aufbau einer staatlichen Krankenversicherung wurde verabschiedet, aber noch nicht umgesetzt. Ein Altersversorgungssystem ist eingerichtet, die Renten bewegen sich aber auf niedrigem Niveau. Wegen der strengen Anspruchsvoraussetzungen oder mangels Registrierung erhalten nur wenige Familien staatliche Leistungen in Form vor Sozialhilfe oder Renten. Das wirtschaftliche Überleben dieser Familien sichern in der Regel der Zusammenhalt der Familien und die im Kosovo noch ausgeprägte gesellschaftliche Solidarität. Eine große Rolle spielen dabei die Schattenwirtschaft, Spenden und die Unterstützung durch die Diaspora.

Die staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik in Pristina, die umfassende, auch komplexe medizinische Dienstleistungen, verbunden mit hohen Kosten, anbietet. Die Bettenkapazität zur stationären Behandlung von Patienten in Krankenhäusern ist ausreichend. Problematisch bleiben der schlechte bauliche Zustand von Krankenhäusern und Gesundheitsstationen mit teilweise veralteter Ausstattung. Die medizinische Infrastruktur bleibt trotz erheblicher Investitionen lückenhaft. Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der meisten Gesundheitsindikatoren bleibt die Situation hinsichtlich Morbidität und Mortalität alarmierend.

Die Gesundheitsversorgung bei psychischen Erkrankungen sieht sich im Kosovo noch immer mit Schwierigkeiten konfrontiert. Die Zahl der Fachleute ist begrenzt und das Ausbildungssystem auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit unterentwickelt. Im Allgemeinen stützt sich die Behandlung psychisch Kranker zu großen Teilen auf eine Krankenhausbetreuung und die Verabreichung von Medikamenten. Mithilfe internationaler Kooperationen wurden neue Einrichtungen in Gjakovë, Gjilan, Prizren, Mitrovicë und Drenas eröffnen, die betreutes Wohnen für Personen mit schwächer ausgeprägten psychischen Störungen bieten. Gemeindezentren für psychische Störungen bieten ambulante Dienste an, neuropsychiatrische Abteilungen in Krankenhäusern befinden sich in allen größeren Städten.

Die Medikamentenversorgung und -beschaffung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom Gesundheitsministerium gesteuert. Auf seiner Homepage veröffentlicht das Gesundheitsministerium die aktuellen Listen der unentbehrlichen Arzneimittel, in denen alle staatlich finanzierten Basismedikamente und -wirkstoffe, Verbrauchsmaterialien sowie Zytostatika aufgelistet werden. Für medizinische Leistungen sowie für Basismedikamente aus der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel zahlen Patienten Eigenbeteiligungen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht sind ua Invalide und Empfänger von Sozialhilfeleistungen, Rentner, Schwangere, chronisch Kranke sowie Personen über 65 Jahre befreit. Das Gesundheitsministerium verfügt über ein Budget, um Personen ohne ausreichende finanzielle Mittel Medikamente zur Verfügung stellen zu können, die nicht in der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel angeführt sind. Die Bewilligung erfolgt nur, wenn der Patient ansonsten in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde.

Die Qualität der medizinischen Versorgung im Kosovo wird generell als unzureichend bewertet. Gesundheitsdienste sind in manchen Regionen kaum vorhanden; selbst in Pristina fehlen Behandlungsmöglichkeiten. Es herrscht Unklarheit über die von der Versicherung abzudeckenden Krankheiten, Medikamente und Leistungen. Patienten müssen oft lange Wartezeiten, veraltete Technologien, temporär fehlendes grundlegendes medizinisches Verbrauchsmaterial, ungenügend ausgebildetes Personal, hohe private Zuzahlungen, aber auch teilweise informelle Zahlungen in Kauf nehmen. Ein weiteres Problem stellt die Verfügbarkeit der Medikamente der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel dar, die oft nicht vorrätig und in öffentlichen Kliniken nicht verfügbar sind. Patienten müssen bei Aufenthalten im öffentlichen Spital die benötigten Medikamente, einschließlich die essentiellen Medikamente, die eigentlich kostenlos sein sollten, oft selbst bezahlen.

Seit 01.01.2011 unterstützt die kosovarische Regierung Rückkehrer aus Drittstaaten mit Geld-, Sach- und Beratungsleistungen. Die "Nationale Strategie zur Reintegration von Rückkehrern im Kosovo" sah für die Haushaltsjahre 2014 bis 2017 Mittel von EUR 3,2 Mio. pro Jahr vor. Damit keine Anreize für eine Ausreise aus Kosovo bestehen, erhalten nur diejenigen Rückkehrer Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm, die vor dem 28.07.2010 Kosovo verlassen haben. Ausnahmen gelten bei aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung, familiären oder sozialen Problemen besonders gefährdeten Personen. Die erste Kontaktaufnahme zu Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft am Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transporte in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in Pristina angeboten und Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für die Reintegration von Rückkehrern im kosovarischen Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem kosovarischen Gesundheitsministerium organisiert werden. Der Staatendokumentation liegen keine Erkenntnisse vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr in den Kosovo allein wegen der Beantragung von Asyl im Ausland mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben.

Zur Behandelbarkeit der Erkrankungen des BF im Kosovo:

Rückkehrer aus dem Ausland werden in Bezug auf medizinische Versorgung nach denselben Regeln wie im Kosovo lebende Patienten behandelt. Behandlungen in staatlichen medizinischen Einrichtungen sind grundsätzlich gratis mit Ausnahme von Patientenbeteiligungen und den Kosten für Medikamente, die sich nicht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel befinden.

Nachsorgeuntersuchungen nach einer Prostatakrebsbehandlung werden sowohl in öffentlichen als auch in privaten kosovarischen Einrichtungen durchgeführt. Die Kosten für die Kontrolluntersuchungen (urologische Kontrolle mit PSA-Wert) in einer medizinischen Privateinrichtung betragen zwischen EUR 10 und EUR 30; bei den Untersuchungen können jedoch zusätzliche Kosten entstehen. Das Medikament Trenantone ist im Kosovo nicht erhältlich. Eine Alternative namens Zoladex 10,8 g (Wirkstoff Goserelin) ist aber in kosovarischen Apotheken generell verfügbar und kostet EUR 220. Dieses Medikament befindet sich auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel; somit sollte es in den öffentlichen Gesundheitszentren gratis zur Verfügung stehen oder durch Apotheken gratis abgegeben werden.

Strukturen, Ressourcen und Erfahrungen für die Behandlung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sind im Kosovo vorhanden. Eine psychiatrische Behandlung ist möglich. PTBS-Patienten werden in den psychiatrischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems primär medikamentös behandelt. Eine Behandlung auf psychotherapeutischer Grundlage wird durchgeführt, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und die für die Durchführung von psychotherapeutisch orientierten Gesprächen erforderliche Zeit zur Verfügung steht. Sie ist mangels entsprechend ausgebildeter Fachpersonen nur sehr eingeschränkt möglich; die durchschnittliche Wartezeit beträgt ca. zwei Monate. Eine notfallmäßige stationäre Aufnahme ist jederzeit möglich und schließt eine entsprechende medikamentöse Therapie ein. Psychotherapeutische Behandlungen werden auch von Nichtregierungsorganisationen durchgeführt, z.B. vom Psychosozialen Zentrum der Diakonie Kosova, das auch die einzige Ausbildung in Traumatherapie im Kosovo anbietet.

Fachärzte für Psychiatrie im privaten Gesundheitssektor behandeln PTBS-Patienten sowohl medikamentös als auch im Rahmen einer Psychotherapie. Privatpraxen für Psychiatrie und Neurologie finden sich im ganzen Kosovo. Der Preis für die Durchführung einer Gesprächstherapie beträgt zwischen 10 und 20 Euro. Die behandelnden Ärzte verfügen jedenfalls über eine Qualifikation als Neuropsychiater. Einige Ärzte haben zusätzliche Fachkenntnisse im Ausland erworben oder nehmen an Schulungsmaßnahmen teil, die Nichtregierungsorganisationen im Kosovo v.a. zur Behandlung von Trauma-Patienten anbieten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität des BF wird durch seinen Reisepass, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht, und seine kosovarische Identitätskarte belegt. Aus dem Reisepass geht sein Geburtsort hervor. Bei der Einvernahme vor dem BFA am 18.01.2018 gab er an, zunächst in seinem Geburtsort und ab 1972 in Peje gelebt zu haben.

Die Feststellungen zur Ausbildung und zur Erwerbstätigkeit des BF folgen seinen konsistenten Angaben dazu, ebenso die Feststellungen zu seinen im Kosovo und in Österreich lebenden Angehörigen und zu seinem Religionsbekenntnis. Eine Kopie aus dem Konventionspass seines Sohnes Lendrit ist aktenkundig. Der BF gab in den Asylverfahren stets Albanisch als seine Muttersprache an; die Verständigung mit den Dolmetschern für diese Sprache war offenbar problemlos möglich. Die Feststellung, dass er auch Serbisch spricht, ergibt sich aus seine Angaben bei der Erstbefragung. Die finanzielle Unterstützung durch seine Kinder schilderte er ebenfalls dem BFA am 18.01.2018. Damit im Einklang steht, dass er bei der Erstbefragung angab, er habe von seinem Sohn manchmal Geld bekommen.

Bei der Erstbefragung gab der BF an, er sei geschieden, vor dem BFA dagegen, er habe nie eine Ehe geschlossen. Das Gericht geht davon aus, dass letzterer Aussage, die im Rahmen einer ausführlicheren Befragung getätigt wurde, eher zu folgen ist als der, die bei der eher kursorischen Erstbefragung erfolgte. Letztlich ist in diesem Zusammenhang in erster Linie relevant, dass der BF aktuell jedenfalls nicht verheiratet ist.

Die Daten des Reisepasses des BF und die ihm erteilten Visa werden anhand des sichergestellten Reisepasses festgestellt. Seine Angaben zu seinen früheren Aufenthalten in Österreich stimmen damit überein.

Die Feststellungen zum Autounfall und zur Haft seines Bruders und zu der Bedrohung des BF im Zusammenhang damit folgen der Schilderung des BF dazu, ebenso die Feststellungen zu seinen Aktivitäten in Österreich. Der BF machte unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt des Unfalls seines Bruders. Bei der Erstbefragung am 25.03.2015 erklärte er, dies sei vor ca. zwei Jahren gewesen. Bei der Einvernahme am 22.02.2016 gab er an, dass der Unfall im August vier Jahre her sei; daraus ergibt sich der August 2012 als Unfallszeitpunkt. Bei der Einvernahme am 18.01.2018 erklärte der BF, zu dem Unfall sei es sechs Monate vor seiner Ausreise gekommen, korrigierte sich dann aber und meinte, sein Bruder sei bei seiner Ausreise schon zwei Jahre in Haft gewesen. Das Gericht geht davon aus, dass der Aussage vom 22.02.2016 gefolgt werden kann, bei der der BF den Zeitpunkt am genauesten (mit Monat und Jahr) angab. Die kann mit seiner Aussage, sein Bruder sei schon zwei Jahre in Haft gewesen, als er selbst den Kosovo verlassen habe, gut in Einklang gebracht werden.

Die Unbescholtenheit des BF in Österreich geht aus dem Strafregister hervor; Anhaltspunkte für Verurteilungen in anderen Staaten, die er in Abrede stellte, bestehen nicht.

Der gemeinsame Haushalt des BF mit seinem Sohn wird aufgrund der Darstellung des BF, der Wohnsitzmeldung laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem GVS-Informationssystem festgestellt, aus dem sich auch der Bezug von Grundversorgungsleistungen und die Krankenversicherung ergibt. Es gibt keine Hinweise auf eine Erwerbstätigkeit des BF in Österreich, zumal er vorbringt, alters- und krankheitsbedingt arbeitsunfähig zu sein. Vor dem BFA erklärte er, kein Deutsch zu sprechen, keine Kurse besucht zu haben und in keinem Verein Mitglied zu sein. Da seinen Angaben zu den Kontakten zu seinen Kindern und Enkelkindern gefolgt wird, kann die beantragte Einvernahme seiner Söhne unterbleiben.

Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des BF und zu seinen medizinischen Behandlungen in Österreich basieren auf den von ihm vorgelegten Befunden, Arztbriefen und sonstigen medizinischen Unterlagen. Da seinem Vorbringen dazu gefolgt wird, ist die Einholung der beantragten Sachverständigengutachten nicht erforderlich.

Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung des BF in Österreich.

Die Feststellungen, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Kosovo keine Sanktionen zu befürchten hat, dort nicht strafrechtlich oder politisch verfolgt wird und dass keine Probleme mit den dortigen Behörden bestehen, beruhen auf den Feststellungen zur allgemeinen Lage dort zusammen mit dem Umstand, dass der BF Probleme mit Behörden oder ähnlichen Institutionen ausdrücklich in Abrede stellte und als Grund für das Verlassen des Kosovo eine Verfolgung durch Privatpersonen, nämlich durch die Familien der drei beim Unfall seines Bruders getöteten Personen nannte. Gegen eine asylrelevante Verfolgung des BF im Kosovo spricht, dass er seinen Wunsch nach einem Verbleib in Österreich zuletzt vorrangig mit dem Zusammensein mit seinen Kindern und mit seiner gesundheitlichen Situation begründete ("Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?" "Jetzt habe ich Angst wegen meiner Krankheit. ..." "Warum genau sind Sie nach Österreich gekommen?" "Ich wollte zu meinen Kindern."). Es sind keine Hinweise für eine Verfolgung des BF durch staatliche Stellen im Kosovo aktenkundig.

Der BF hat im Kosovo familiäre Anknüpfungspunkte, lebte dort bis 2015 und kam durch eigene Erwerbstätigkeit und finanzielle Unterstützung seiner Kinder für seinen Lebensunterhalt auf. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo kann festgestellt werden, dass nicht zu erwarten ist, dass er bei seiner Rückkehr in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird, selbst wenn er mittlerweile arbeitsunfähig sein sollte, weil er dort eine Rente und Sozialhilfeleistungen, allenfalls auch karitative Leistungen, erhalten kann und seine Kinder ihn auch im Kosovo weiterhin finanziell unterstützen können, wie sie dies schon bisher getan haben.

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Aufgrund der stabilen Situation im Kosovo sind die vom BFA herangezogenen Länderinformationen weiterhin ausreichend aktuell.

Die Feststellung, dass im Kosovo keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und auf der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage dort. Die Fortsetzung der EULEX-Mission nach Juni 2018 wurde anhand öffentlich zugänglicher Quellen in einer Fußnote ergänzt. Die Feststellungen zu den allgemeinen Problemen im kosovarischen Gesundheitssystem basieren auf den Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 21.03.2018 und vom 08.05.2018.

Der vom BF mit der Beschwerde vorgelegte Artikel bezieht sich auf die Situation in Albanien. Er ist nicht datiert; es wird auch kein Verfasser und keine konkrete Quelle genannt. Bei einem Zugriffsversuch am 16.01.2019 konnte die angegebene Internetseite (https://www.cicero.de/aussenpolitik/blutrache-albanien/48784 nicht aufgerufen werden, sodass dieser Artikel weder als Feststellungsbasis herangezogen werden kann noch geeignet ist, Zweifel an den Informationen der Staatendokumentation in Bezug auf die Situation im Kosovo zu wecken.

Betreffend die Behandlungsmöglichkeiten einer PTBS im Kosovo kommen die verfügbaren Quellen zu unterschiedlichen Sichtweisen, worauf auch die Staatendokumentation in der Anfragebeantwortung vom 21.03.2018 hinweist. Nach dem Bericht eines Verbindungsbeamten für den Kosovo von Anfang 2018, der auf den Aussagen von zwei vor Ort tätigen Ärzten basiert, ist die Erkrankung im Kosovo nicht adäquat behandelbar. Die Feststellungen beruhen aber nicht auf diesem Bericht, sondern auf den Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 03.04.2017 ("Kosovo: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung", https://www.ecoi.net/en/file/local/1397955/1788_1492610282_koso.pdf, Zugriff am 17.01.2019), des Schweizerischen Staatssekretariats für Migration vom 25.10.2016 ("Focus Kosovo; Behandlungsangebote bei psychischen Erkrankungen",

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/europa-gus/kos/KOS-behandlung-psych-d.pdf, Zugriff am 17.01.2019) und deutschen Auswärtigen Amts vom 07.12.2016, die in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.03.2018 ebenfalls zitiert werden. Diese Berichte sind zwar älter als der des Verbindungsbeamten, beruhen aber auf einer wesentlich breiteren Grundlage als nur auf den Auskünften von zwei Ärzten, die sich konkret mit der Behandelbarkeit von PTBS in Kombination mit paranoider Schizophrenie befassen, im Gegensatz zu den Berichten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, des Staatssekretariats für Migration und des Auswärtigen Amts keine Quellen nennen und offenbar auf den persönlichen Erfahrungen der beiden Ärzte basieren. Die von einem der Ärzte aufgestellte Behauptung, es gäbe im Kosovo kein auf die Behandlung von PTBS spezialisiertes Fachpersonal kann in dieser Allgemeinheit nicht nachvollzogen werden, zudem eine Ausbildung vom Psychosozialen Zentrum der Diakonie Kosova angeboten wird und es auch Ärzte gibt, die spezielle Kenntnisse dazu im Ausland erworben haben. Auch aus den in der ACCORD-Anfragebeantwortung vom 04.05.2017 (Anfragebeantwortung zum Kosovo: Möglichkeit einer psychotherapeutischen und klinisch psychologischen Behandlung, https://www.ecoi.net/de/dokument/1400009.html, Zugriff am 17.01.2019) zitierten Berichten geht hervor, dass PTBS (auch in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen) im Kosovo zumindest an der Universitätsklinik in Pristina behandelt werden kann.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

Einer von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Gemäß Art 7 Abs 2 der Statusrichtlinie (§ 2 Abs 1 Z 9 AsylG), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber andererseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat, bei seinem Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141), außer wenn von vornherein klar ist, dass die staatlichen Stellen vor der Verfolgung nicht schützen können oder wollen (VwGH 11.06.2002, 98/01/0394).

Hier behauptet der BF eine Verfolgung durch Privatpersonen im Rahmen von Blutrache wegen des von seinem Bruder verursachten Autounfalls. Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Von Straftaten Betroffene können sich an die Sicherheitsbehörden wenden und Anzeige erstatten; die entsprechenden Taten werden untersucht und verfolgt. Der Staat lehnt Blutrache ab und ist bestrebt, sie zu verhindern. Sie ist gesetzlich verboten und wird bei der Strafzumessung als erschwerender Umstand berücksichtigt. Von Blutfehden Betroffene können sich an die Polizei wenden; die entsprechenden Straftaten werden untersucht, verfolgt und bestraft.

Es besteht daher im Kosovo eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt zum Schutz vor Übergriffen wie den vom BF geschilderten bzw. befürchteten. Auch die österreichischen (oder andere westeuropäische) Sicherheitsbehörden können keinen uneingeschränkten Schutz vor Straftaten Dritter bieten. Es ist daher von einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der kosovarischen Behörden auszugehen. Dafür spricht nicht zuletzt, dass der Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 BFA-VG iVm § 1 Z 2 HStV gilt, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Es ist nicht erkennbar, warum gerade dem BF der im Kosovo grundsätzlich vorhandene staatliche Schutz nicht zuteilwerden sollte (vgl. VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153-0154). Dass die kosovarische Polizei in Bezug auf die hier in Rede stehenden Aggressionsdelikte ausreichend Schutz bietet, zeigt sich insbesondere daran, dass sich die Kriminalität in diesem Zusammenhang auf niedrigem Niveau bewegt. Der BF hat nicht einmal behauptet, dass er versucht hat, in seinem Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch die Familien der bei dem Autounfall seines Bruders Getöteten zu finden, was aufgrund des vorhandenen System polizeilicher Gefahrenabwehr nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der BF nach seiner Rückkehr in den Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von den dortigen Behörden ausreichend Schutz vor der Verfolgung und der Zufügung ernsthafter Schäden durch Privatpersonen erhalten wird. Ein lückenloser Schutz wäre auch in Österreich nicht möglich.

Da auch sonst keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass keine solche besteht. Die Abweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 18.12.2014, M'Bodj, C- 542/13) und des VwGH (siehe insbesondere VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106) ist § 8 Abs 1 AsylG unionrechtskonform dahingehend auszulegen, dass subsidiärer Schutz nur bei realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art 6 der Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden zu erleiden (Art 15 lit a und b der Statusrichtlinie), sowie bei Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (Art 15 lit c der Statusrichtlinie) gewährt werden kann. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art 3 EMRK. Es ist unionsrechtlich unzulässig, Drittstaatsangehörigen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, subsidiären Schutz zu gewähren, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art 3 EMRK gestützt sind.

Ein ernsthafter Schaden iSd Art 15 lit a oder c der Statusrichtlinie ist hier schon deshalb nicht zu befürchten, weil im Kosovo die Todesstrafe abgeschafft ist und kein bewaffneter Konflikt herrscht. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen einer angemessenen Behandlung in seinem Herkunftsland zurückzuführen ist, ohne dass ihm die Versorgung absichtlich verweigert wurde, reicht nicht aus, um ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Der in Art 15 lit b Statusrichtlinie genannte ernsthafte Schaden darf nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein. Selbst wenn die Erkrankungen des BF in seinem Herkunftsstaat nicht behandelt werden könnten, wäre demnach die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ausgeschlossen.

Es wurde bereits dargelegt, dass von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des Kosovo in Bezug auf die vom BF geschilderten Drohungen auszugehen ist. Seine gesundheitlichen Probleme können nach obigen Ausführungen die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht rechtfertigen. Der BF hat keine anderen Gründe vorgebracht, die konkret für eine ihm aktuell drohende Gefahr eines ernsthaften Schadens iSd Art 15 Statusrichtlinie sprechen. Daher ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet. Anhaltspunkte dafür, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen wurde, wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen. Auch wenn er im Kosovo Opfer von Gewalt oder Blutrache geworden sein sollte, ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nicht zum Schutz vor weiterer Gewalt notwendig. Letzteres wäre nur dann erforderlich, wenn im Kosovo kein ausreichender staatlicher Schutz vor derartigen Bedrohungen gewährleistet wäre (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0023). Zur ausreichenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit in diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zu Spruchpunkt I. verwiesen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen daher nicht vor.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebenso wenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (siehe zuletzt VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120).

Die Rückkehrentscheidung greift in das Privat- und Familienleben des BF ein. Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass er sich seit knapp vier Jahren im Bundesgebiet aufhält, wobei sein Aufenthalt aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Der unter fünfjährigen Aufenthaltsdauer kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).

Der BF hat im Inland zwar kein Familien- aber aufgrund der Beziehung zu seinen erwachsenen Kindern und seinen Enkelkindern ein Privatleben, dessen Gewicht dadurch gemindert wird, dass es zu einer Zeit entstand, zu der sich die Beteiligten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Der BF kann den Kontakt zu seinen Nachkommen und zu seiner in Österreich lebenden Schwester auch nach der Rückkehr in den Kosovo durch diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) und bei wechselseitigen Besuchen (wie schon vor seiner nunmehrigen Einreise in das Bundesgebiet) pflegen.

Es sind keine besonderen Integrationsbemühungen des BF erkennbar. Er hat nach wie vor starke Bindungen an seinen Herkunftsstaat, wo er den Großteil seines Lebens verbracht hat und wo seine Geschwister nach wie vor leben. Der BF ist mit den Gepflogenheiten in seiner Heimat vertraut und sprachkundig. Es wird ihm daher möglich sein, sich ohne größere Probleme wieder in die kosovarische Gesellschaft zu integrieren. Unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG ist auch auf die Möglichkeit zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Bedacht zu nehmen (VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0296). Sollte der BF alters- bzw. krankheitsbedingt nicht mehr arbeitsfähig sein, wird er im Kosovo trotzdem in der Lage sein, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, zumal er die dort vorhandenen, wenn auch bescheidenen Sozialleistungen, karitative Zuwendungen und allenfalls auch eine Rente in Anspruch nehmen kann und davon auszugehen ist, dass ihn seine Kinder von Österreich aus weiterhin finanziell unterstützen werden. Da mehrere seiner Geschwister im Kosovo leben, verfügt er dort im Bedarfsfall auch über ein soziales Netzwerk, selbst wenn ihn seine Geschwister nicht materiell unterstützen können.

Bei der Interessenabwägung kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass der BF in Österreich medizinisch behandelt wird. Wenn für ihn keine Aussicht besteht, sich in seinem Heimatstaat oder einem anderen Land außerhalb Österreichs der für ihn notwendigen Behandlung unterziehen zu können, kann das - abhängig von den dann zu erwartenden Folgen - eine maßgebliche Verstärkung der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich darstellen (VwGH 21.02.2017, Ro 2016/18/0005). Im Allgemeinen hat aber kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben (VwGH 10.08.2017, Ra 2016/10/0105). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 20.6.2017, Ra 2016/01/0153; 23.3.2017, Ra 2017/20/0038, 0039, mwN unter anderem auf das Urteil des EGMR vom 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien).

Die vom BF benötigten urologischen Kontrolluntersuchungen sind im Kosovo ebenso verfügbar wie ein Medikament für eine allenfalls wieder erforderliche Hormontherapie. Auch die PTBS kann grundsätzlich auch im Kosovo weiterbehandelt werden. Der BF ist aufgrund seines Alters von Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Mit der finanziellen Unterstützung seiner Kinder wird es ihm sogar möglich sein, private Gesundheitsleistungen (insbesondere eine im öffentlichen Bereich nur eingeschränkt verfügbare psychotherapeutische Behandlung) in Anspruch zu nehmen, zumal er auch in Österreich bei einem Wahlarzt in Behandlung ist.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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