TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/4 W233 1401527-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2019
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Entscheidungsdatum

04.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W233 1401527-3/8E

Schriftliche Ausfertigung des am 19.12.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Kirgisistan, alias XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Kirgisistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2018, Zl. 218918809-150312374, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellten am 04.09.2007 unter Angabe einer falschen Identität, nämlich unter dem Namen XXXX und dem Geburtsdatum XXXX, einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde im Rechtsmittelverfahren mit Erkenntnis des damaligen Asylgerichtshofes vom 23.02.2012, Zahl D3 401527-1/2008/9E, rechtskräftig abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

Trotz dieser rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung blieb der BF illegal im Bundesgebiet und stellte unter Verwendung seiner oben angeführten falschen Identität am 19.04.2012 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" nach den einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, welcher mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 35, vom 18.07.2014 zurückgewiesen wurde.

In der Folge stellte der BF am 26.01.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abermals unter Verwendung seiner oben angeführten falschen Identität einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.

Mit Schreiben vom 05.09.2017 wurde das Bundesamt von der Botschaft der Republik Kirgisistan darüber informiert, dass die vom BF in Österreich verwendeten personenbezogenen Daten nicht mit ihren Aufzeichnungen übereinstimmen. Damit konfrontiert, räumte der BF anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 22.11.2017 schließlich ein, dass er in seinen bisherigen Verfahren über seine wahre Identität die österreichischen Behörden getäuscht habe und tatsächlich den Namen XXXX führe und tatsächlich am XXXX geboren sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.02.2018, Zahl 425057807-150094008, wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FGP erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kirgisistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) In Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wurde ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für seine freiwillige Ausreise gewährt.

In seiner Beweiswürdigung stellt das Bundesamt im Wesentlichen darauf ab, dass aus der Dauer eines illegalen Verbleibs im österreichischen Bundesgebiet kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erwachsen könne und verweist dabei auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach sich ein Drittstaatsangehöriger nur dann auf die in § 9 Abs. 4 BFA-VG genannten Verfestigungsbestimmungen berufen könne, wenn er sich "auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält" (VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0050), was im Falle des BF jedoch nicht der Fall sei, da dieser seit seiner rechtskräftigen negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 23.02.2012 sich jedenfalls nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Dagegen hat der BF rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass er strafrechtlich unbescholten sei und sich seit nunmehr mehr als 10 Jahren in Österreich aufhalte, vorbildlich integriert sei, über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich verfüge und auch sehr gutes Deutsch spreche.

Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 16.01.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertreterin, nach mündlich erteilter Vollmacht, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen Beschwerdegründen und seinen Lebensumständen in Österreich befragt wurde. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kirgisistan, Stand 18.05.2018, in das Verfahren eingebracht und mit dem vertretenen Beschwerdeführer erörtert. Der BF legte in der mündlichen Verhandlung ein als "Beschäftigungszusage" tituliertes Schreiben eines im österreichischen Bundesgebiet ansässigen Landwirts vor.

Nach Schluss der Verhandlung verkündete der erkennende Richter den Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses samt den tragenden Entscheidungsgründen.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 22.01.2019 die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2019; durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte des Beschwerdeführers und in die im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen des Beschwerdeführers, sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR, GISA und ZMR. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2. Feststellungen:

2.1. Zur Person des BF:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Kirgisistan, der Volksgruppe der Kirgisen zugehörig und bekennt sich zu keiner Religionsgemeinschaft. Er spricht die Sprachen Russisch und Kirgisisch auf muttersprachlichem Niveau.

Der Beschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Der Beschwerdeführer hat die österreichischen Behörden seit seiner Antragstellung am 04.09.2007 zehn Jahre lang bewusst bezüglich über seiner wahren Identität getäuscht, wobei er nicht davor zurückschreckte seine falsche Identität durch die Vorlage einer auf eine andere Person ausgestellte Geburtsurkunde zu untermauern. Seine wahre Identität konnten erst im Zuge seiner Einvernahme über seinen Antrag auf Ausstellung seines Aufenthaltstitels am 22.11.2017 festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr September 2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seit diesem Zeitpunkt im österreichischen Bundesgebiet auf, wobei dieser Aufenthalt bis zur rechtskräftigen negativen Entscheidung des Asylgerichtshofs über diesen Antrag mit 02.03.2012 rechtmäßig war und seitdem nicht mehr rechtmäßig ist.

2.2. Zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer war - außer in den Zeiträumen 08.12.2010 bis 07.06.2011 und 06.10.2011 bis 06.11.2011 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet, wobei er in der Zeit vom 07.11.2011 bis 11.01.2012 über eine bloße Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a MeldG verfügte.

Der Beschwerdeführer verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keine Familienangehörigen, ist ledig und hat keine Kinder.

Er hat sich - bedingt durch seinen langjährigen Aufenthalt - einen Bekanntenkreis aufgebaut und verfügt in Österreich über soziale und berufliche Kontakte. Der Beschwerdeführer verfügt über mehrere Empfehlungsschreiben, die allerdings allesamt auf seine von ihm verwendete falsche Identität ausgestellt sind.

Das Bestehen eines finanziellen oder wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisses zu einer anderen im Bundesgebiet lebenden Person kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer geht aktuell keiner legalen Beschäftigung im Bundesgebiet nach und besucht aktuell auch keine Schule oder eine Ausbildung und ist nicht Mitglied in einem Verein.

Der Beschwerdeführer versucht sich seinen Lebensunterhalt in Österreich durch die Hilfstätigkeiten in der Landwirtschaft zu erwirtschaften ist aber nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Einstellungszusage in einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein auf seine falsche Identität ausgestelltes Sprachzertifikat über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A.2 vom April 2014 und verfügt auch über Kenntnis der deutschen Sprache auf einfachem Niveau. Er hat keinen Werte- und Orientierungskurs besucht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.3. Zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer wurde in Kirgisistan geboren und ist dort aufgewachsen und besuchte dort 11 Jahre lang eine staatliche Schule.

In Kirgisistan leben weiterhin seine Eltern und seine Schwester. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Eltern und seiner Schwester in Kontakt.

2.4. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Kirgisistan, Stand 18.05.2018):

Sicherheitslage

Die ruhig verlaufenen Parlamentswahlen vom 4.10.2015 haben die politische Lage weiter stabilisiert, jedoch stellen Armut und soziale Spannungen das Land weiterhin vor große Herausforderungen. Als Folge der schwierigen Wirtschaftslage nimmt die Kriminalität zu. Bei Demonstrationen besteht die Gefahr von gewalttätigen Ausschreitungen. Auch Terroranschläge können nicht ausgeschlossen werden (SDA 24.4.2018).

Die Rückkehr islamistischer Kämpfer, die Zeit im Dienst des sogenannten Islamischen Staates verbrachten, stellt eine Herausforderung dar, wenn auch derzeit von marginaler Bedeutung. Allerdings trägt die begrenzte staatliche Kapazität Kirgisistans, genauere Informationen hierüber zu erlangen, zu Sicherheitsbedenken in bestimmten ländlichen Gebieten bei (BTI 1.2018).

Die Präsidenten Kirgisistans und Usbekistans kamen im Oktober 2017 zu einem bahnbrechenden Treffen zusammen, das zur Lösung von 85% der Grenzstreitigkeiten zwischen den beiden Ländern führte und eine verstärkte Zusammenarbeit an vielen Fronten verspricht. So wurde kürzlich der Grenzübergang bei Dostyk wieder geöffnet, wodurch sich durch die Grenze getrennte Familien ohne mühsamen bürokratischen Prozess sehen können. Diese Entwicklung folgte auf den Tod des usbekischen Präsidenten Islam Karimow 2016 und die Machtübernahme seines reformorientierten Nachfolgers (Al Jazeera 14.11.2017).

Im April 2018 haben sich Grenzbeamte in Kirgisistan und Usbekistan darauf geeinigt, die Koordinierung anlässlich der Erschießung eines kirgisischen Bürgers durch usbekische Grenzschutzbeamte zu intensivieren. Nach einem Treffen in der usbekischen Stadt Namangan kamen Beamte beider Länder überein, den Einsatz von scharfer Munition gegen Zivilisten außer in Ausnahmefällen zu verbieten. Es ist geplant, eine gemeinsame Grenzkommission einzuberufen, um die Zusammenarbeit zur Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für richtiges Verhalten in Grenzgebieten, die Koordinierung von Patrouillen und die Entwicklung eines einheitlichen Verhaltenskodex für das Grenzpersonal zu erörtern (Eurasia.net 13.4.2018).

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Justiz ist traditionell die schwächste der drei Gewalten. Trotz anhaltender Diskussionen über die Justizreform und das Versprechen der Unabhängigkeit der Justiz hat es die Führung Kirgisistans - insbesondere der Präsident - versäumt, der Justiz echte Autonomie und Selbstverwaltung zu gewähren. Denn im Gegenteil hat sich entgegen der Reformrhetorik die Unterordnung der Justiz gegenüber der Regierung und insbesondere dem Präsidenten verstärkt. Für ein paar Jahre war die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs die einzige bemerkenswerte Ausnahme von der gerichtlichen Unterwerfung. Viele der Entscheidungen der Verfassungskammer waren nicht zu Gunsten der Regierung und einige von ihnen widersprachen stark den Präferenzen des Präsidenten. Seit 2015 hat das Gremium jedoch durch die Entlassung eines Richters, der den Präsidenten kritisiert hatte, und die Ernennung von zwei dem Präsidenten treuen Richtern viel von seiner Unabhängigkeit verloren. Der Rest der Justiz ist nach wie vor weitgehend der politischen Kontrolle unterworfen, korrupt und institutionell abhängig. In allen jüngsten Meinungsumfragen wurden die Gerichte als eine der beiden korruptesten Institutionen wahrgenommen (die andere ist die Polizei). Es gibt viele Gründe für die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz. Das Budget der Justiz wird von der Regierung zugewiesen, wodurch die Justiz finanziell abhängig wird. Die juristische Ausbildung ist ein weiteres systematisches Problem, das eine kaum reformierte juristische Schule im sowjetischen Stil kultiviert, die an allen Universitäten als sehr korrupt empfunden wird. Ein Mechanismus zur Gewährleistung einer unparteiischen und leistungsorientierten Richterauswahl, der Nationale Rat zur Auswahl der Richter, wurde unmittelbar nach seiner Gründung in Streitigkeiten verwickelt und ist zu einem unbedeutenden Organ geworden (BTI 1.2018).

Wie in den vergangenen Jahren haben NGOs und Überwachungsorganisationen, darunter das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte und die OSZE, Beschwerden über willkürliche Verhaftungen registriert. Die allgemeine gesetzliche Beschränkung der Untersuchungsdauer beträgt 60 Tage. Politische Machenschaften, komplexe Gerichtsverfahren, schlechter Zugang zu Rechtsanwälten und begrenzte Ermittlungskapazitäten verlängern oft die Zeit der Angeklagten in Untersuchungshaft über die 60-Tage-Grenze hinaus, wobei einige der Betroffenen bis zu einem Jahr festgehalten wurden. Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Richter sind der Beeinflussung oder der Korruption ausgesetzt. Es gibt Fälle, in denen die Ergebnisse der Gerichtsverhandlungen vorherbestimmt erscheinen. Mehrere Quellen, darunter NGOs, Anwälte, Regierungsbeamte und Privatpersonen, behaupten, dass Richter Bestechungsgelder zahlten, um ihre berufliche Positionen zu erreichen. Etliche Anwälte behaupten, dass Bestechung unter Richtern allgegenwärtig sei. Zahlreiche NGOs beschreiben allgegenwärtige Verletzungen des Rechts auf ein faires Verfahren, einschließlich erzwungener Geständnisse, Anwendung von Folter, Verweigerung des Zugangs zu Rechtsbeistand und Verurteilungen in Ermangelung hinreichend schlüssiger Beweise oder trotz entlastender Beweise. Internationale Beobachter berichten von Drohungen und Gewalttaten gegen Angeklagte und Verteidiger innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals sowie von Einschüchterungen von Prozessrichtern durch Angehörige und Freunde der Opfer. Die Sitten und Gebräuche der Justiz widersprechen weiterhin dem Grundsatz der Unschuldsvermutung. Die Ermittlungen im Vorfeld des Verfahrens konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Sammlung ausreichender Beweise zum Nachweis der Schuld. Verteidiger beschweren sich, dass Richter routinemäßig Fälle, wenn es nicht genügend Beweise gibt, an die Ermittler zurückgeben, um Schuld nachzuweisen, während dieser Zeit können Verdächtige in Haft bleiben. Richter verhängen für gewöhnlich zumindest eine bedingte Strafe (USDOS 20.4.2018).

Die Zahl der Fälle, in denen Beamte strafrechtlich verfolgt werden, hat in den letzten Jahren generell zugenommen. Es kommt häufiger vor, dass mittlere Steuerbeamte, Staatsanwälte, Polizisten und andere öffentliche Amtsträger wegen Amtsmissbrauchs, Korruption oder Unterschlagung angeklagt und verfolgt werden (BTI 1.2018).

Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Kirgisistan auf Platz 82 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um einen Rang im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 84 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 101 von 113 Staaten ein (WJP 31.1.2018).

In der öffentlichen Meinung hinsichtlich der Arbeit von kirgisischen und internationalen Institutionen nehmen die nationalen Gerichte mit Abstand den letzten Platz ein. 50% beurteilen laut einer Studie [n=1.500] des International Republican Institute Ende 2017 die Arbeit der Gerichte negativ, während 41% diese positiv bewerten (bei 8% Unentschlossenen bzw. Antwortverweigerern). Hinsichtlich der Korruption hielten 83% der Befragten die Gerichte als sehr oder teilweise korrupt, lediglich von der staatlichen Autoinspektionsbehörde übertroffen (IRI 5.2.2018).

Mindestens 200 Demonstranten haben sich Anfang März 2018 in der Innenstadt von Bischkek versammelt, um Justizreformen und die Entlassung von "korrupten Richtern" zu fordern. Die Demonstranten versammelten sich vor dem Obersten Gerichtshof und marschierten dann zu dem Gebäude, in dem sich das kirgisische Parlament und die Präsidialverwaltung befinden. Die Demonstranten hatten eine Liste mit mehr als 20 angeblich korrupten Richtern und forderten Präsident Sooronbai Jeenbekov auf, diese zu ersetzen. Sie forderten auch den Rücktritt des Chefs des Staatlichen Komitees für Nationale Sicherheit, Abdil Segizbaev. Die Polizei hat sich nicht eingemischt (RFE/RL 5.3.2018).

Sicherheitsbehörden

Die Untersuchung allgemeiner und lokaler Verbrechen fällt in die Zuständigkeit des Innenministeriums, während Verbrechen auf nationaler Ebene in die Zuständigkeit des Staatskomitees für nationale Sicherheit (GKNB) fallen, welches auch den Sicherheitsdienst des Präsidenten kontrolliert. Die Generalstaatsanwaltschaft verfolgt sowohl lokale als auch nationale Verbrechen. Sowohl lokale als auch internationale Beobachter sagen, dass die GKNB und Strafverfolgungsbehörden in weit verbreitete willkürliche Verhaftungen verwickelt sind, darunter einige, die angeblich politisch motiviert sind, sowie in Misshandlung von Häftlingen und Erpressung, insbesondere im südlichen Teil des Landes. Die Behörden haben die meisten Verfahren wegen Korruption oder Amtsmissbrauch gegen Beamte des Innenministeriums abgewiesen. NGOs und andere Rechtsbeobachter stellen routinemäßig den Mangel an Frauen und ethnischen Minderheiten in der Polizei und in allen Regierungspositionen fest. Offiziell machen Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten etwa 6 bzw. 4% der Polizeikräfte aus. Nach UN-Statistiken machen ethnische Minderheiten jedoch etwa 27% der Bevölkerung aus (USDOS 20.4.2018).

Wenn die Regierung Reformen durchführt, hat sie oft auf den Widerstand der bestehenden Kader, die von den Veränderungen betroffen sind. Dies war zum Beispiel bei der Reform des Polizeisystems der Fall. Der Konservatismus des Systems hat bei jedem Reformprogramm zum gleichen Ergebnis geführt, nämlich, dass die einzigen wesentlichen Änderungen neue Namen waren. Der Umstand ist mit der Korruption und der Politisierung der öffentlichen Verwaltung verbunden. Die Korruptionspyramide im Polizeidienst hat zu einer institutionellen Stagnation geführt, und das Fortbestehen der alten Strukturen und Muster bewirkt (BTI 1.2018).

Anfang April entließ Präsident Jeenbekov den Chef des Staatskomitees für Nationale Sicherheit, Abdil Segizbayev, und Generalstaatsanwältin Indira Joldubayeva, die als Verbündete von Ex-Präsident Atambayev galten und welche seit langem für das Vorgehen gegen Oppositionspolitiker und unabhängige Journalisten kritisiert wurden (RFE/RL 11.4.2018 u. 20.4.2018).

Allgemeine Menschenrechtslage

Das einst als "Insel für Demokratie und Freiheit" bekannte Kirgisistan macht seit einigen Jahren Rückschläge im Bereich der Menschenrechte durch. Obwohl die kirgisische Verfassung in Artikel 16 vorschreibt, dass alle in Kirgisistan lebenden Menschen vor dem Gesetz gleich sind und dass kein Mensch aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Sprache, Glauben, politischer Überzeugung, Ausbildung oder Behinderung diskriminiert werden darf, sieht die Realität häufig anders aus. Die jüngsten Verhaftungen in der politischen Landschaft Kirgisistans sind besorgniserregend. Nicht nur Politiker, sondern auch regierungskritische Journalisten und gesellschaftliche Aktivisten sind Zielscheibe der Justiz (GIZ 3.2018).

Die Behörden beschränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung, insbesondere im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen. LGBTI-Personen waren weiterhin mit Diskriminierung und Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure konfrontiert. Anfällige Gruppen, einschließlich Menschen mit Behinderungen, hatten zusätzliche Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (AI 22.2.2018).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören die Anwendung von Folter und willkürliche Verhaftungen durch Beamte der Strafverfolgungs- und Sicherheitsdienste, der zunehmende Druck auf unabhängige Medien, die Schikanierung von Journalisten, selektive und politisch motivierte Strafverfolgungsmaßnahmen, allgegenwärtige Korruption, Zwangsarbeit sowie Übergriffe, Drohungen und systematische Erpressung sexueller und ethnischer Minderheiten durch die Polizei. Die offizielle Straflosigkeit war ein großes Problem. Während die Behörden Berichte über offiziellen Missbrauch in den Sicherheitsdiensten und anderswo untersuchten, verfolgten und bestraften sie nur selten Beamte, die wegen Menschenrechtsverletzungen oder Mittäterschaft am Menschenhandel angeklagt waren (USDOS 20.4.2018).

Bewegungsfreiheit

Gemäß dem Gesetz zur internen Migration wird die Bewegungsfreiheit garantiert. Die Regierung respektierte das Gesetz gemeinhin, und die Bürger konnten sich innerhalb des Landes frei bewegen. Jedoch beschränken bestimmte Richtlinien die interne Migration, Wiederansiedlung und Auslandsreisen. Bürger, die Zugang zu vertraulichen Staatsgeheimnissen hatten, dürfen nicht ins Ausland reisen, solange die Informationen nicht freigegeben werden (USDOS 20.4.2018).

Zwischen Kirgisistan und Tadschikistan bzw. zwischen Kirgisistan und Usbekistan bestehen Differenzen über den genauen Grenzverlauf. In den Grenzgebieten der Region (Oblast) Batken ist es deshalb wiederholt zu Demonstrationen gekommen sowie zu Schusswechseln zwischen kirgisischen und tadschikischen bzw. usbekischen Sicherheitskräften. Die Grenzübergänge zwischen Kirgisistan und Usbekistan resp. Tadschikistan sind zeitweise geschlossen (SDA 7.5.2018).

Wirtschaft/ Grundversorgung

Kirgisistan rangiert im Doing Business 2017-Index der Weltbank auf Platz 75 von 190 Ländern und schneidet bei allen Kriterien für eine einfache Geschäftsabwicklung im Mittelfeld ab. Die Regierung verfolgt eine Politik zur Verbesserung der Marktbedingungen, wie z. B. den Abbau der zahlreichen bürokratischen Kontrollen. Einige systematische Herausforderungen wie Korruption und illegale Angriffe auf Eigentumsrechte bleiben jedoch bestehen, während einige Herausforderungen durch die Wirtschaftskrise in der Region noch verschärft werden. Die Währungsstabilität ist nach wie vor weitgehend gegeben. Es soll immer noch eine große informelle Wirtschaft geben, der die Regierung durch Erleichterung von Regulierung und Inspektionen beizukommen versucht. Es gibt keine verlässliche Schätzung der Größe der informellen Wirtschaft, obwohl verschiedene Quellen vermuten lassen, dass sie etwa 25% des BIP betragen könnte (BTI 1.2018).

Laut einer Umfrage aus 2017 sehen 52% der Kirgisen und Kirgisinnen Arbeitslosigkeit als das größte wirtschaftliche Problem des Landes an. Demgegenüber wirkt die offizielle Arbeitslosenzahl nicht sonderlich hoch. 2016 betrug der Anteil der arbeitslosen Menschen in Kirgisistan 8% der arbeitsfähigen Bevölkerung. Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes hat das Nationale Statistik-Büro im Februar 2018 ein stabiles Wirtschaftswachstum festgestellt. Inflation trübt die Freude über positiven Entwicklungen für 2018, denn die Preise für Lebensmittel in Kirgisistan wachsen ständig. Zwei Drittel der Bevölkerung Kirgisistan leben in ländlichen Gebieten und betreiben vor allem landwirtschaftliche Subsistenzwirtschaft, produzieren also nur für den Eigenbedarf. Die Viehzucht, die schon in sowjetischer Zeit die Versorgung der Familie sicherte, nimmt auch heute noch einen hohen Stellenwert ein. Viele Familien haben ihr Leben zwischen Dorf und Stadt arrangiert. Ein Teil der Familie lebt auf dem Dorf, ein Teil in der Stadt. Oft hat die städtische Verwandtschaft dabei einen Teil ihres Besitzes in Vieh angelegt. Die Verwandten auf dem Dorf kümmern sich um die Herden der Verwandten und dürfen dafür in der Regel die Produkte der Tiere nutzen (GIZ 7.2017b).

Die kirgisische Wirtschaft hat sich von den externen Schocks 2014-15 erholt. Das Wachstum beschleunigte sich von 3,8% 2016 auf 4,5% im Jahr 2017, unterstützt durch weitere Verbesserungen in der russischen und kasachischen Wirtschaft und durch eine expansive makro-ökonomische Politik. Die Armutsquote (unter 3,2 US$ pro Tag im Jahr 2011) wird auf 19% im Jahr 2016 geschätzt. Niedriges Verbraucherpreiswachstum und höhere Überweisungszuflüsse stützten den Konsum der Haushalte. Gleichzeitig dämpfte das moderate Wachstum im Dienstleistungssektor und in der Landwirtschaft, in der etwa 50% der unteren 40% beschäftigt sind, das reale Arbeitseinkommenswachstum für die Armen (WB 2018).

Kirgisistan ist ein Wohlfahrtsstaat im Sinne der Verfassung und verfügt über ein System sozialer Sicherheitsgarantien, was weitgehend ein sowjetisches Erbe ist, einschließlich Kinderbetreuungsgeld, Mutterschaftsurlaub (oder Vaterschaft, selten genutzt, aber verfügbar), Arbeitslosengeld und Invaliditätsleistungen. Alle diese Zahlungen sind jedoch extrem niedrig und werden von den anspruchsberechtigten Bürgern häufig abgelehnt. Die meisten Ausgaben für diese Leistungen werden durch Steuereinnahmen gedeckt oder durch private Arbeitgeber, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben sind (BTI 1.2018).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in Kirgisistan entspricht nicht europäischen Verhältnissen. Es wird empfohlen, wichtige Medikamente sowie Verbandsmaterial und Einwegspritzen mitzuführen, da diese auch bei Behandlung in Krankenhäusern selbst beschafft werden müssen. Ein etwa mit Deutschland vergleichbares Rettungssystem mit intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten ist nicht vorhanden. Selbst in der Hauptstadt können Notfälle meist nur unzureichend behandelt werden (AA 7.5.2018).

Das Gesundheitssystem in Kirgisistan ist nach wie vor mit Problemen konfrontiert, mit öffentlichen Einrichtungen, die durch eine Pflichtversicherung und symbolische Zuzahlungen, in der Regel unterfinanziert und mangelhaft ausgestattet sind. Neuere und hochwertigere private Einrichtungen sind teuer und sind meist nur in drei städtischen Gebieten konzentriert. Ein häufiges Phänomen in jüngster Zeit sind private Spendenaufrufe für Gesundheitsausgaben. Korruption im Bildungssystem, einschließlich der medizinischen Hochschulbildung, stellt eine Herausforderung dar, da sie neben der mangelnden technischen Ausstattung und Finanzierung auch die Qualität der Gesundheitsleistungen mindert (BTI 1.2018).

Krankengeld: Die monatliche Leistung beträgt 60% des durchschnittlichen Monatslohns des Versicherten für die ersten zehn Arbeitstage mit weniger als fünf Jahren Arbeit; 80% mit fünf bis acht Jahren; 100% mit acht oder mehr Jahren (100% mit drei oder mehr unterhaltspflichtigen Kindern, oder wenn jemand ein behinderter Veteran oder infolge der Tschernobyl-Katastrophe behindert ist). Nach zehn Tagen beträgt die monatliche Leistung das 50-fache des Basissatzes. Der Basissatz beträgt 100 Som pro Monat. Die Leistungen werden periodisch an die Entwicklung des nationalen Durchschnittslohns und des Verbraucherpreisindex angepasst (SSA 2016).

Rückkehr

Rückkehrer oder Personen, die wegen gescheiterter Asylanträge nach Kirgisistan zurückkehren, werden bei ihrer Ankunft individuell behandelt und beurteilt. Bei der Ankunft am Flughafen würde die Person wahrscheinlich zu einer ausführlichen Befragung herangezogen werden, wenn sie keine ordnungsgemäßen Reise- und Ausweispapiere vorlegt (insbesondere im Zusammenhang mit der Besorgnis der Regierung über die Teilnahme kirgisischer Bürger an den Kämpfen in Syrien). Die Person wird in eine Arrestzelle gesteckt und von Polizeibeamten befragt und/oder gemeinsam von Polizei und Geheimdiensten auf unbestimmte Zeit befragt. Rückkehrer, die ethnische Usbeken oder ethnische Uiguren sind, werden mit einem zusätzlichen Maß an Misstrauen behandelt, insbesondere Personen aus städtischen Regionen (Diese werden eher als islamistischen Gruppen zugetan angesehen). Außerdem werden junge Männer stärker unter die Lupe genommen. Die Behandlung der Person kann auch durch die Qualität des Beamten an der Grenze beeinflusst werden, und ob diese Person Bestechungsgelder annimmt oder nicht (IRB 12.2.2015).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und dem Umstand, dass er keinem Religionsbekenntnis angehört können aufgrund seiner Angaben getroffen werden.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments kann die weitere Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Die Feststellung über seinen Gesundheitszustand werden aufgrund seiner eigenen Angaben getroffen, wobei im Verfahren nicht hervorgekommen ist, dass der BF an einer die Schwelle des Art. 3 EMRK erreichenden Krankheit leidet.

Die Feststellung, dass der BF über zehn Jahre hinweg die österreichischen Behörden über seine wahre Identität bewusst getäuscht hat, stützt sich darauf, dass er diesen Fehlverhalten sowohl vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung eingeräumt hat. Das der BF die österreichischen Behörden durch die Vorlage einer Geburtsurkunde auf den Namen der von ihm gewählten falschen Identität getäuscht hat, beruht darauf, dass er diese im Verfahren vor dem Bundesamt anlässlich seiner Einvernahme am 19.05.2015 als Beweismittel seiner Identität vorgelegt hat (vgl. AS 202).

3.2. Zu den Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich:

Aufgrund eines amtswegig eingeholten Auszugs aus dem zentralen Melderegister kann festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seit 11.09.2007, mit Ausnahme der Zeiträume 08.12.2010 bis 07.06.2011 und 06.10.2011 bis 06.22.2011, durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet war.

Die Feststellung zu seinem Familienstand und dem Umstand, dass der BF keine Kinder hat, stützen sich auf dessen Angaben.

Ebenso stützen sich die Feststellungen zu seinen in Österreich vorhanden sozialen und beruflichen Kontakten auf seine eigenen Angaben, wie auch der Umstand, dass er aktuell keiner legalen Beschäftigung nachgeht, keine Schule oder Ausbildung besucht und nicht Mitglied in einem Verein ist auf seine Angaben in der Befragung in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung, dass der BF über auf seine falsche Identität ausgefertigte Empfehlungsschreiben verfügt, stützt sich auf die im Akt einliegenden Schreiben (vgl. AS 151ff und 214 ff).

Auch die Feststellung, dass der BF in Österreich zwar versucht, seinen Lebensunterhalt durch Hilfstätigkeiten in der Landwirtschaft zu erwirtschaften, jedoch nicht selbsterhaltungsfähig ist, beruhen auf seinen Angaben.

Die Feststellung, dass er über eine Einstellungszusage in einem landwirtschaftlichen Betrieb verfügt stützt sich auf die Vorlage eines entsprechenden Schreibens eines österreichischen Landwirts.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über ein auf seine falsche Identität ausgestelltes Zeugnis über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A.2 verfügt stützt sich auf die im Akt einliegende Zeugnisablichtung (AS 313). Die Feststellung, dass er über Kenntnisse der deutschen Sprache auf einfachem Niveau verfügt, stützt sich darauf, dass der Beschwerdeführer diese Sprachkenntnisse in der mündlichen Beschwerdeverhandlung unter Beweis stellen konnte. Die Feststellung, dass er über kein Zeugnis über den Besuch eines Werte- und Orientierungskurses verfügt, beruht darauf, dass der BF ein solches nicht vorgelegt hat.

3.3. Zu den Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen über seinen Schulbesuch und das Vorhandensein von familiären Anknüpfungspunkten in seinem Herkunftsstaat und der Umstand, dass der Beschwerdeführer mit den Mitgliedern seiner Kernfamilie (Eltern und Schwester) in Kontakt steht, gründet sich auf seine Aussage in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

3.4. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen (siehe oben Punkt 2.4.) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Kirgisistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben. Der Beschwerdeführer konnte diesen Berichten nichts Substantiiertes entgegensetzen.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG, des FPG und des BFA-VG lauten:

AsylG:

"§ 55 - Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

"§ 10 - Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

[...]

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

[...]"

Fremdenpolizeigesetz - FPG:

"§52 - Rückkehrentscheidung

[...]

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

[...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

[...]"

BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG:

"§ 9 - Schutz des Privat- und Familienlebens

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

[...]"

4.2. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als auch beim Bundesverwaltungsgericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- oder Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach ständiger Rechtsprechung des EGMR sowie der Höchstgerichte jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen. Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten umfasst, sondern auch entfernte verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Das Bestehen eines Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich konnte nicht festgestellt werden (vgl. Punkt 2.2.). Eine Rückkehrentscheidung stellt demnach diesbezüglich keinen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens dar.

In weiterer Folge ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt.

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 04.09.2007 seit nunmehr mehr als 11 Jahren im Bundesgebiet auf, wobei sein Aufenthalt seit der Rechtskraft der negativen Entscheidung über diesen Antrag mit 02.03.2012 nicht mehr rechtmäßig ist, sodass er sich seit diesem Zeitpunkt im Entscheidungszeitpunkt rund 7 Jahre illegal im Bundesgebiet aufhält.

Er hat sich in dieser Zeit einen Bekanntenkreis aufgebaut und verfügt über berufliche und soziale Kontakte und spricht auf einfachem Niveau Deutsch.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privatlebens in Österreich ist daher jedenfalls zu bejahen.

Den Interessen des Beschwerdeführers an der Fortsetzung seines Privatlebens in Österreich stehen die öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251 u.v.a.). Es besteht ein hohes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, das grundsätzlich von Fremden verlangt, dass diese nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen (VwGH 26.06.2013, 2013/22/0138).

Nun ist zu prüfen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK insofern gerechtfertigt ist, als dass das öffentliche Interesse der Aufenthaltsbeendigung gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt.

Neben der Aufenthaltsdauer sind bei der Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK insbesondere das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07;

12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194;

Filzwieser/Frank/Kloiblmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 117 ff).

Zu diesen Kriterien ist folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer hält sich seit 11 Jahren in Österreich auf. Die rechtskräftige negative Entscheidung des Asylgerichtshofes über seine Beschwerde gegen seine ablehnende Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz und damit einhergehend seine rechtskräftige Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich stammt aus Anfang März 2012. Der Beschwerdeführer hätte sich somit spätestens seit 02.03.2012, seines unsicheren Status bewusst sein müssen. Der Beschwerdeführer verfügte auch nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens.

In Bezug auf einem mehr als zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bei der Interessenabwägung regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Fremden an einem Verbleib in Österreich aus. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genutzt hat, um sich sozial, beruflich und sprachlich zu integrieren, wurden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. jüngst VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0203; 26.01.2017, Ra 2016/21/0168; 23.02.2017, Ra 2016/21/0325 mwN).

In seinem Erkenntnis vom 17.10.2016, Ro 2016/22/0005 hat der Verwaltungsgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zum Thema mehr als zehnjähriger Aufenthalt und Integration wie folgt zusammengefasst:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren:

Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025, vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, sowie vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, sowie das Erkenntnis vom 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie das Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Mai 2012, 2010/22/0128, sowie (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) vom 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. die Erkenntnisse vom 18. März 2014, 2013/22/0129, sowie vom 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. das Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. das Erkenntnis vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. das zitierte Erkenntnis 2011/23/0365)."

Auf der anderen Seite können auch unbeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden.

Demnach ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch bei einem mehr als zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interessens auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. So hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Auch der Verfassungsgerichtshof verweist darauf, dass ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfSlg. 19.086/2010 mwH).

Der Beschwerdeführer hat trotz seines rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens und seiner rechtskräftigen Ausweisung aus dem Bundesgebiet im Februar 2012 dieses nicht verlassen und hält sich seitdem illegal in Österreich auf. Zudem hat der Beschwerdeführer jahrelang bewusst durch die Verwendung einer falschen Identität die Behörden in Österreich bewusst getäuscht und erst anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 22.11.2017, nachdem ihm vorgehalten worden ist, dass nach Auskunft der Botschaft seines Heimatstaates seine hier in Österreich verwendete Identität offensichtlich falsch sei, seine wahre Identität preisgegeben. Sein Erklärungsversuch in der mündlichen Verhandlung, dass er eine falsche Identität bloß aus Angst verwendet habe, ist nicht geeignet die jahrelange Täuschung österreichischer Behörden zu seinen Gunsten zu relativieren.

Während seines Aufenthalts in Österreich hat sich der Beschwerdeführer nicht maßgeblich um Integration in sprachlicher, kultureller und sozialer Hinsicht bemüht. Dies deshalb, da aus der Vorlage seiner Integrationsunterlagen die allesamt auf seine Aliasdaten ausgestellt sind, keine maßgebenden Bemühungen um eine solche Integration erkannt werden können. Ebenso kann aufgrund der Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, dass er seinen Lebensunterhalt aus Hilfstätigkeiten in der Landwirtschaft erwirtschaftet, nicht von einer regelmäßig legalen Beschäftigung des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer konnte zwar in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein als Beschäftigungszusage betiteltes Schreiben vom 29.09.2018 vorlegen, wonach er über eine Einstellungszusage unter der Bedingung einer Arbeitserlaubnis verfügt. Diese Einstellungszugsage ist aber keine bindende Zusage und kann daraus kein Recht auf eine tatsächliche Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis für den Beschwerdeführer abgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer hat zwar im April 2014 eine Deutschprüfung auf dem Niveau A.2 erfolgreich abgelegt, spricht aber in Anbetracht seines Aufenthalts seit September 2007 die deutsche Sprache nur auf einfachem Niveau. Davon konnte sich der erkennende Richter selbst ein Bild in der mündlichen Verhandlung machen, da er während der gesamten Verhandlung auf die in der Verhandlung anwesende Dolmetscherin für die russische Sprache angewiesen war. Der Verwaltungsgerichtshof hat sogar die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, als keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale qualifiziert (Hinweis E 26.01.2009, 2008/18/0720).

In Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers daher zu relativieren.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er soziale Kontakte zu in Österreich lebenden Personen habe, dass er in den 12 Jahren viele Leute kennengelernt hätte und sie sich manchmal treffen und gemeinsam feiern würden. Er sei oft in Königsbrunn, dort helfe er und kenne man ihn dort.

Für den erkennenden Richter steht außer Frage, dass sich der Beschwerdeführer - bedingt durch seinen langjährigen Aufenthalt - in Österreich einen Bekanntenkreis aufgebaut hat und über soziale und berufliche Kontakte verfügt.

Das Bestehen tiefergehender Freundschaften kann jedoch nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hatte im Verfahren ausreichend Gelegenheit, sich sowohl mündlich in den Einvernahmen als auch schriftlich in den Stellungnahmen und Beschwerden zu diesen Freundschaften näher zu äußern. Er hat diese Gelegenheiten nur im oben wiedergegebenen Ausmaß ergriffen. Daran vermag auch der Umstand der Vorlage von Empfehlungsschreiben nichts zu ändern, da der Beschwerdeführer offensichtlich auch die Aussteller dieser Schreiben über seine wahre Identität getäuscht hat, sodass nicht davon auszugehen ist, dass diese Personen über die tatsächliche Persönlichkeit des Beschwerdeführers Auskunft geben können.

Aufgrund der vagen Angaben des Beschwerdeführers über seine sozialen Kontakte in Österreich, kann hinsichtlich der sozialen Integration des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser tiefergehende Freundschaften im Bundesgebiet pflegt.

Im Fall des Beschwerdeführers kann auch nicht von einer unangemessen überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden. Dies deshalb da der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden über Jahre hinweg über seine tatsächliche Identität getäuscht hat und seine wahre Identität erstmals am 22.11.2017 dem Bundesamt bekannt gegeben hat.

Der Beschwerdeführer wurde in Kirgisistan geboren, ist dort aufgewachsen und hat dort die Schule besucht. Seine Muttersprachen sind Kirgisisch und Russisch. In Kirgisistan leben weiterhin seine Eltern und seine Schwester. Es kann daher nicht gesagt werden, dass er seiner Heimatkultur trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes so weit entrückt wäre, dass eine Reintegration in der Gesellschaft des Herkunftsstaates nicht mehr möglich oder zumutbar ist.

Bei der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ist unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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