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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §833;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Juni 1998, Zl. UVS-04/A/40/00290/97, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 14. Oktober 1994 war dem Beschwerdeführer und zwei weiteren Eigentümern des Hauses aufgetragen worden, binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides das Rauchfangkopfmauerwerk der Fänge lfd. Nr. 1 bis 21 ordnungsgemäß instand zu setzen und die Fänge lfd. Nr. 5 bis 8 rauchdicht herzustellen sowie die Fänge lfd. Nr. 6/1/6 und 5/E/Lokal mit einem ordnungsgemäßen Einstiegstürchen zu versehen und an den Fang lfd. Nr. 7/II/8 ein ordnungsgemäß wärmegedämmtes, mindestens 1 m langes Auftriebsrohr anzubringen sowie binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides den der Baubewilligung vom 19. Juli 1972 entsprechenden ordnungsgemäßen Zugang zu den Fängen lfd. Nr. 9 bis 14 im Bereich des Ateliers wiederherzustellen und im Spitzbodenbereich eine entsprechende Beleuchtung anbringen zu lassen.
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt, vom 22. April 1997 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses zur Last gelegt, es in der Zeit vom 24. Dezember 1994 bis 25. Juli 1995 unterlassen zu haben, 1. das Rauchfangkopfmauerwerk der Fänge lfd. Nr. 1 bis 21 ordnungsgemäß instandsetzen zu lassen, 2. in der Zeit vom 24. Dezember 1994 bis 25. Juli 1995 die Fänge lfd. Nr. 5 bis 8 rauchdicht herstellen zu lassen, die Fänge lfd. Nr. 6/1/6 und 5/E/Lokal mit einem ordnungsgemäßen Einstiegstürchen zu versehen und an dem Fang lfd. Nr. 7/II/8 ein ordnungsgemäß wärmedämmendes, mindestens 1 m langes Auftriebsrohr anbringen zu lassen sowie 3. in der Zeit vom 24. Februar 1995 bis 25. Juli 1995 den der Baubewilligung vom 19. Juli 1972 entsprechenden ordnungsgemäßen Zugang zu den Fängen lfd. Nr. 9 bis 14 im Bereich des Ateliers wiederherzustellen und im Spitzbodenbereich eine entsprechende Beleuchtung anbringen zu lassen. Er habe hiedurch die Vorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien in Verbindung mit dem Bescheid vom 14. Oktober 1994 verletzt; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzarrest von vier Tagen) verhängt.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es treffe ihn keinesfalls ein wie immer geartetes Verschulden an der Nichterfüllung der Instandhaltungspflicht. Da die zur Behebung der festgestellten Mängel erforderlichen Sanierungsarbeiten insbesondere den Einbau einer Lauftreppe und eines Dachausstieges erforderlich machten, welche eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung im Sinne des § 834 ABGB darstellten, sei die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft für die Beschlussfassung über die entsprechenden Arbeiten und die diesbezügliche Auftragsvergabe erforderlich gewesen. Die Hausverwaltung habe alle drei Miteigentümer der Liegenschaft um Zustimmung zur Vornahme der gegenständlichen Arbeiten ersucht. Da die Zustimmung des Miteigentümers C zu den beabsichtigten Sanierungsarbeiten nicht habe erwirkt werden können, habe der Beschwerdeführer sowie ein weiterer Miteigentümer im Außerstreitverfahren beim Bezirksgericht einen Antrag eingebracht, die Zustimmung des Miteigentümers C zur Beschlussfassung über die erforderlichen Sanierungsarbeiten durch einen Gerichtsbeschluss zu ersetzen. Es sei dann eine außergerichtliche Einigung erzielt worden und vor dem Bezirksgericht Ruhen des Verfahrens eingetreten. Aufgrund der im Frühjahr 1995 erfolgten Einigung des Beschwerdeführers mit den anderen Miteigentümern seien unverzüglich am 30. Mai 1995 die erforderlichen Sanierungsaufträge erteilt worden.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. April 1998 unter Einsichtnahme in den Außerstreitakt des Bezirksgerichtes hat der UVS Wien mit Bescheid vom 23. Juni 1998 der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid insoweit Folge gegeben, als die im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz unter Punkt 2 angeführte Tatanlastung "und die Fänge lfd. Nr. 6/1/6 und 5/E/Lokal mit einem ordnungsgemäßen Eingangstürchen zu versehen" so wie die gänzliche Tatanlastung unter Punkt 3 aufgehoben und das diesbezügliche Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt wurde. Hinsichtlich der verbleibenden Tatanlastung wurden die verletzten Rechtsvorschriften mit "§ 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 und 3 der Wiener Bauordnung" richtig gestellt. Gleichzeitig wurde die verhängte Geldstrafe auf S 18.000,-- und die Ersatzarreststrafe auf drei Tage herabgesetzt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungsverfahren habe zwar ergeben, dass der Beschwerdeführer im Außerstreitverfahren Maßnahmen zur Verbesserung der Zugänglichkeit zu den Rauchfängen setzen wollte, es habe sich aber gezeigt, dass diese gar nicht notwendig gewesen seien, um die gegenständlichen Baugebrechen zu beheben. Dass die vom Beschwerdeführer geplante Lauftreppe nicht jener gemäß Punkt 3 des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz herzustellende ordnungsgemäße Zugang (der nämlich lediglich als Klappleiter im Gebäude erforderlich war) gewesen sei, zeige deutlich die nachvollziehbare und auf den bestehenden baurechtlichen Konsens aus 1972 gestützte Aussage des Vertreters der Baupolizei in der Berufungsverhandlung. Mit der gegenständlichen, nun verbleibenden Tatanlastung sei nur die Instandsetzung angelastet worden, die jedoch als solche keine baubewilligungspflichtige Maßnahme in Sinne der Wiener Bauordnung darstelle. Zur Durchführung der Sanierungsarbeiten habe aber der Miteigentümer C seine Zustimmung gegeben. Überdies wäre die Zustimmung des dritten Eigentümers nicht erforderlich gewesen, da es sich bei den Instandsetzungen um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung handle. Von einem fehlenden Verschulden könne daher nicht ausgegangen werden. Die Strafe sei wegen der Tateinschränkung herabgesetzt worden.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. Dezember 1998, B 1617/98-8, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass eine ausdrückliche Abweisung der Berufung im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erfolgt sei. Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass durch den Berufungsbescheid detailliert bezeichnet wurde, welcher Teil der Tatanlastung aus dem erstinstanzlichen Straferkenntnis behoben wurde; aufgrund der Formulierung im Spruch "hinsichtlich der verbleibenden Tatanlastung lauten die verletzten Rechtsvorschriften richtig: § 129 Abs. 2 iVm § 135 Abs. 1 und 3 der Wiener Bauordnung" ergibt sich schon im Spruch eindeutig, dass hinsichtlich der verbleibenden Tatanlastung der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben wurde. Auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, dass der Berufung nur teilweise stattgegeben werden konnte. Die Verpflichtung der Berufungsbehörde zur Sachentscheidung nach § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG verlangt keinen ausdrücklichen Abspruch über die Berufung im Sinne einer Stattgebung oder Abweisung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 95/04/0029).
Die verbleibende Tatanlastung bezog sich auf die Instandsetzung des Rauchfangkopfmauerwerkes bestimmter Fänge sowie auf die rauchdichte Herstellung bestimmter Fänge.
Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.
Gemäß § 129 Abs. 2 leg. cit. hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u.dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüber hinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten.
Die Instandhaltungsverpflichtung des Hauseigentümers ergibt sich bereits aus § 129 Abs. 2 und WBO Abs. 2 und 4 BO. Sie besteht unabhängig davon, ob ein diesbezüglicher Bauauftrag ergangen ist.
Eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht liegt schon dann vor, wenn der Eigentümer nicht aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 98/05/0172 und die dort angeführte Vorjudikatur). Die beschwerdegegenständliche Instandsetzung von Rauchfangkopfmauerwerk und die rauchdichte Herstellung von Fängen sind, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung. Zur Durchführung dieser Arbeiten bedurfte es weder der Zustimmung des dritten Miteigentümers (die Zustimmung der zweiten Miteigentümer lag vor) noch hat sich dieser Miteigentümer, wie aus dem Verwaltungsakt hervorgeht, gegen die Durchführung der Instandsetzungsarbeiten ausgesprochen. Aus dem Schreiben des Rechtsvertreters des Miteigentümers C an den Beschwerdeführer vom 3. Februar 1994 geht hervor, dass seitens des Miteigentümers D "gegen die Behebung der im Formblatt der ... GmbH
näher beschriebenen Mängel .... kein Einwand besteht und nur die
darüberhinaus gehenden Maßnahmen beeinsprucht werden." Da zur Durchführung der erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen ohnedies die Zustimmung aller Miteigentümer vorlag, war es auch nicht erforderlich, eine Kostenprüfung von Amts wegen vorzunehmen, um beurteilen zu können, ob die Maßnahmen wegen der hohen Kosten allenfalls über den Rahmen der ordentlichen Verwaltung hinausgehen.
Der Verwaltungsakt enthält keinen Anhaltspunkt dafür, weshalb für die Kaminsanierung eine Baubewilligung erforderlich gewesen wäre. Wenn in der Beschwerde aufgezeigt wird, dass sich der Beschwerdeführer ohne Verschulden auf die Meinung eines Architekten bezüglich der Erforderlichkeit einer Baubewilligung für den Laufsteg verlassen durfte, so verkennt der Beschwerdeführer damit, dass der Laufsteg nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens war.
Der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Vertreter der Baupolizei hat angegeben, dass die Herstellung des Rauchfangkopfmauerwerkes und der Rauchdichtheit von Kaminen ohne vorherige Herstellung eines Laufsteges möglich ist. Das Rauchfangkopfmauerwerk werde diesfalls eben von Baufirmen mit eingehängten Leitern über das Dach saniert. Die Rauchdichtherstellung erfolge durch Einschleifen der Innenseiten des Kamins vom Kehrtürchen aus. Diese Aussage ist schlüssig und nachvollziehbar und entspricht dem Erfahrungsstand. Die Herstellung von Laufstegen über dem Dach erfolgte erst in letzter Zeit, meist nach Dachbodenausbauten, um dem Erfordernis der Zugänglichkeit von Kehrtürchen außerhalb von Wohnungen zu entsprechen. Wenn der Beschwerdeführer in der Verhandlung auch die Einvernahme des Zeugen zum Beweis dafür beantragte, dass dieser die Kaminsanierung nur unter der Voraussetzung der Errichtung einer Lauftreppe vorgenommen hat, so hat der Beschwerdeführer diesen Beweisantrag nicht für eine Behauptung gestellt, dass es ihm unmöglich gewesen wäre, einen Professionisten zu beauftragen, der die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten am Rauchfangkopfmauerwerk und den Fängen in der üblichen Form, nämlich ohne Errichtung von Laufstegen, durchgeführt hätte. Ausführungen dahingehend, weshalb gerade an seinem Gebäude die übliche und vom Vertreter der Baupolizei aufgezeigte Sanierungsform nicht möglich sein sollte, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren und auch in der Beschwerde nicht gemacht.
Die belangte Behörde durfte daher mit Recht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer, dem die konkreten Baumängel schon aufgrund des Bauauftrages bekannt waren, während des Tatzeitraumes nicht alles in seinen Kräften Stehende unternommen hat, um die Baugebrechen ehebaldigst zu beseitigen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. April 1999
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999050013.X00Im RIS seit
03.05.2001