TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W165 2212616-1

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Veröffentlicht am 18.02.2019
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Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2171612-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, Zl. 79885304-180948092/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger des Iran, wurde gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder am 05.10.2018 an der Grenze zu Deutschland aufgegriffen und nach Einreiseverweigerung durch die deutschen Behörden am 06.10.2018 nach Österreich rücküberstellt. Der BF stellte sodann am selben Tag den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "2" (erkennungsdienstliche Behandlung am 05.10.2018) zu Deutschland vor.

In seiner Basisbefragung vom 06.10.2018 gab der BF an, mit dem Flugzeug über Griechenland nach Österreich und anschließend mit dem Zug nach Deutschland gefahren zu sein. Da ihm die Einreise nach Deutschland verweigert worden sei, stelle er einen Asylantrag in Österreich.

In seiner polizeilichen Erstbefragung am 06.10.2018 gab der BF an, dass er an keinen Krankheiten oder Beschwerden leide, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Abgesehen von seinem mitgereisten (Zwillings)bruder würde sich in Österreich noch eine namentlich genannte aufenthaltsberechtigte Cousine aufhalten. Weiters habe er zwei namentlich genannte Cousinen in Deutschland, die ebenso über Aufenthaltsberechtigungen verfügen würden. Er sei am 03.10.2018 mit dem Flugzeug aus dem Iran über Griechenland nach Österreich gereist, wo er sich zunächst zwei Tage aufgehalten habe, bevor er am 05.10.2018 weiter nach Deutschland gereist sei. Dort habe er Behördenkontakt gehabt. Am 06.10.2018 sei er wieder nach Österreich gelangt. Er verfüge über ein von der slowakischen Botschaft in Teheran ausgestelltes Visum, das von 05.09.2018 bis 16.10.2018 gültig sei. Sein nunmehriges Reiseziel sei Österreich.

Eine am 09.10.2018 durchgeführte CVIS-Anfrage ergab, dass dem BF am 05.09.2018 von der slowakischen Botschaft in Teheran ein für den Zeitraum 25.09.2018 bis 16.10.2018 für sieben Tage gültiges Schengenvisum der Kategorie C ausgestellt worden war.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 11.10.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an die Slowakei. Mit Schreiben vom 07.12.2018 stimmte die Slowakei dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 18.12.2018 wurde der BF in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung einer Einvernahme vor dem BFA unterzogen. Hierbei gab der BF nach Krankheiten befragt an, dass er im Iran eine Depression gehabt habe und in Behandlung gewesen sei, er habe auch Medikamente eingenommen. Nach einiger Zeit sei es besser geworden, als er jedoch in Deutschland aufgegriffen und ins Gefängnis gebracht worden sei, sei diese Depression wieder schlimmer geworden. Er sei hier in Österreich beim Arzt gewesen und dieser habe ihm Tabletten verschrieben, die er aktuell einnehme. Er wisse nicht, wie die Tabletten heißen würden, wisse aber, dass diese seinen Stress reduzieren würden. An anderen Beschwerden würde er nicht leiden. Nach seiner Verlegung in die jetzige Betreuungseinrichtung habe er einen Termin bei einem weiteren Arzt vereinbart, dieser sei in vier Tagen. Zu Verwandten befragt gab der BF an, dass im Bundesgebiet eine Tante und drei Cousinen leben würden. Seine Tante lebe seit ca. neun Jahren, seine Cousinen würden seit ca. drei bzw. vier Jahren in Österreich leben. Bis auf eine Cousine würde es sich um österreichische Staatsbürger handeln. Sie hätten ihn im Lager besucht und er sei nach seiner Einreise nach Österreich auch zwei Tage bei seinen Cousinen und einen Tag bei seiner Tante geblieben. Er habe mit seinen Verwandten im Iran ungefähr einen Monat im selben Haushalt gelebt. Dies sei schon sehr lange her. Seine Tante hätte ihn und seinen Bruder auch finanziell ein wenig unterstützt. Über Skype und Internet habe er mit seinen Verwandten stets Kontakt gehalten. Zu seinem Reiseweg führte der BF aus, dass sie vom Iran mit dem Flugzeug nach Griechenland geflogen und von dort über Transit direkt nach Österreich gelangt seien. Danach hätten sie mit dem Zug weiter nach Deutschland fahren wollen, seien aber dort von der Polizei aufgegriffen worden. In der Slowakei seien sie nicht gewesen, die Slowakei sei nicht ihr Zielland gewesen. Auf Vorhalt, dass die Slowakei dem österreichischen Aufnahmeersuchen entsprochen habe und beabsichtigt sei, den Antrag des BF in Österreich zurückzuweisen und seine Außerlandesbringung in die Slowakei zu veranlassen, führte der BF aus, dass er dort keine Familie und keine Verwandten habe, die ihn unterstützen würden. Wegen seiner Depressionen wäre er gerne in der Nähe seiner Familie und nicht in einem fremden Land. Weitere gegen eine Überstellung in die Slowakei sprechende Gründe gebe es keine.

Die Rechtsberaterin brachte vor, dass der BF in Österreich über sehr weitreichende verwandtschaftliche Beziehungen verfüge und der enge Familienverband bereit sei, den BF aufzunehmen und zu unterstützen. Das Verfahren sei daher in Ausübung des Selbsteintrittsrechtes in Österreich zu führen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.12.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Slowakei für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung in die Slowakei gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Slowakei wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

In der Slowakei gibt es ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (USDOS 13.4.2016; MINV o.D.; EK o. D.; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

? MINV - Slowakisches Amt für Migration o.D.): Zámerom migracnej politiky Slovenskej republiky je zabezpecit, http://www.minv.sk/?zamer-migracnej-politiky-slovenskej-republiky, Zugriff 3.3.2017

? USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

2. Dublin-Rückkehrer

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung ist vom Stand des Verfahrens in der Slowakei abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von der Slowakei im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche die Slowakei verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten und die Rechtsmittelfrist verstrichen ist, ist diese Entscheidung endgültig. Der Rückkehrer kann aber einen neuen Antrag stellen, der als Folgeantrag betrachtet wird (EASO 12.2015).

Die Slowakei macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung (EASO 2.2016).

Quellen:

? EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix

Report: Dublin procedure, per E-Mail

? EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Mitte 2015 wurde festgelegt, dass unbegleitete Minderjährige während ihres gesamten Verfahrens in Kinderschutzeinrichtungen untergebracht werden sollen (USDOS 13.4.2016; vgl. EK o.D.).

Weitere gesetzliche Änderungen betrafen u.a. die Einführung einer finanziellen Beihilfe um die Unabhängigkeit von UMA in Betreuungseinrichtungen zu steigern. Wenn ein UMA sich unerlaubt aus dem Heim entfernt und nicht binnen 7 Tagen zurückkehrt, wird dessen Asylverfahren ausgesetzt. Für Asylwerber mit speziellen Bedürfnissen wurden Vorkehrungen getroffen, wie etwa die Möglichkeit das Asylinterview zu verschieben. Dazu wurde die Dokumentation verbessert und ein Register geschaffen, dem alle Akteure wichtige Informationen, wie eben Vulnerabilität und damit verbundene spezielle Bedürfnisse, entnehmen und entsprechend berücksichtigen können - etwa bei der Unterbringung und Betreuung. 2015 gab es in der Slowakei 26 Fälle unbegleiteter Minderjähriger, von denen 5 einen Asylantrag stellten (EK o.D.).

Quellen:

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

? USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

4. Non-Refoulement

Die slowakischen Gesetze sehen vor, dass das Wohlergehen einzelner Antragsteller bei Außerlandesbringungen in Nicht-EU-Länder nicht gefährdet sein darf. Einige Beobachter kritisieren, die verantwortliche Grenz- und Fremdenpolizei verfüge nicht über die notwendigen Informationen, dies zu beurteilen. Die Slowakei kennt subsidiären Schutz für Antragsteller, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren, deren Außerlandesbringung aber aufgrund administrativer Probleme oder Sicherheitsbedenken nicht möglich ist (USDOS 13.4.2016).

Darüber hinaus gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes (EK 12.2015).

Quellen:

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (12.2015): EMN Focussed Study 2015. Integration of beneficiaries of international/humanitarian protection into the labour market. policies and good practices. Contribution of the Slovak Republic, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovak_integration_of_beneficiaries_of_international_protection_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

? USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

5. Versorgung

Zur Erstaufnahme verfügt die Slowakei über 550 Unterbringungsplätze im Zentrum Humenne, in dem sich jeder Antragsteller einer 20-tägigen medizinischen Quarantänephase unterziehen muss. Das Zentrum darf währenddessen nicht verlassen werden. Danach erfolgt eine Verlegung in eines der beiden offenen Unterbringungszentren Opatovská Nová Ves oder Rohovce. Diese haben eine Kapazität von je 140 Plätzen (in Summe 280 Plätze); Opatovská Nová Ves ist für vulnerable Gruppen reserviert (EASO 2.2016).

In den Unterbringungszentren erhalten die Antragsteller außerdem Verpflegung, Hygieneartikel, Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung sowie ein Taschengeld (EK 2016). Da die Antragsteller alle notwendigen Sachleistungen im Rahmen der Unterbringung kostenlos erhalten, beträgt das Taschengeld EUR 0,40 pro Tag für einen Erwachsenen und EUR 0,27 pro Tag für ein Kind (EASO 2.2016).

Seit Juli 2015 haben Asylwerber bereits nach neun Monaten ohne Arbeitserlaubnis Zugang zum Arbeitsmarkt (zuvor 12 Monate) (EK o. D.).

Quellen:

? EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix

Report: Reception conditions, per E-Mail

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (2016):

EMN Study 2016. Resettlement and Humanitarian Admission Programmes in Europe - What Works?,

https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/networks/european_migration_network/reports/docs/emn-studies/emn-studies-24a_slovak_republic_resettlement_study_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

6. Schutzberechtigte

International Schutzberechtigte besitzen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Slowakei (EK 12.2015). Subsidiär Schutzberechtigte müssen ihren Schutzstatus nach einem Jahr erneuern lassen, danach alle zwei Jahre (USDOS 13.4.2016). Erst nach 5 Jahren kommen sie für einen dauerhaften Aufenthalt infrage. Neben internationalem Schutz und subsidiärem Schutz gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes. Wer diese Schutzform genießt, hat ein Recht auf dieselben Integrationsmaßnahmen wie andere Inhaber eines Schutzstatus, außer der Familienzusammenführung (EK 12.2015).

2015 wurde ein Integrationsprogramm für subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge gestartet - zunächst als Interimsprojekt bis 2017. Im Fokus des Programms stehen Unterbringung, Arbeit und Bildung (EK o.D.).

In der Slowakei gab es 2015 330 Asylanträge, von denen acht Asylstatus und 41 subsidiären Schutz erhielten. Im selben Jahr gab es in der Slowakei 120 Asylberechtigte (internationaler Schutz und Subschutz), die aktiv bei der Integration unterstützt wurden, hauptsächlich durch Vertragspartner des slowakischen Innenministeriums (NGOs), jedoch ohne systemischen Ansatz. Besonderer Wert wurde dabei auf Unterbringung, Sprachkurse für Slowakisch, Arbeitssuche und psychosoziale sowie rechtliche Beratung gelegt. Es gibt auch Zugang zu Jobtrainings. Gerade die Integration in den Arbeitsmarkt wird als einer der wichtigsten Faktoren der Integration betrachtet. Daher gelten alle Inhaber eines Schutzstatus in der Slowakei als "benachteiligte Arbeitnehmer" und brauchen damit keine Arbeitserlaubnis - sie dürfen sofort mit Erhalt ihres Schutzstatus arbeiten. Dennoch haben sie Probleme Arbeit zu finden und ihre Beschäftigungsrate ist weiter sehr niedrig, was vor allem auf die Sprachbarriere zurückgeführt wird.

Es gibt Berichte über subsidiär Schutzberechtigte mit beschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Das Innenministerium gibt die Krankenversicherungsdokumente direkt an die Subschutzberechtigten aus, was manchmal zu Verwirrung bei den Gesundheitsdienstleistern führt, die nicht wissen, welche Behandlung durch diese Dokumente abgedeckt ist (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.):

Country Fact Sheet Slovakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia_country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 3.3.2017

? EK - Europäische Kommission (European Migration Network) (12.2015): EMN Focussed Study 2015. Integration of beneficiaries of international/humanitarian protection into the labour market. Policies and good practices. Contribution of the Slovak Republic, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovak_integration_of_beneficiaries_of_international_protection_en.pdf, Zugriff 3.3.2017

? USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Slovakia, http://www.ecoi.net/local_link/322581/462058_de.html, Zugriff 3.3.2017

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität des BF feststehe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Der BF leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten. Im Zusammenhang mit seinen vorgebrachten Depressionen seien keine medizinischen Befunde und keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt worden und sei auch nicht ersichtlich, dass es wegen seines Gesundheitszustandes erforderlich gewesen wäre, ihn in einem Krankenhaus stationär aufzunehmen oder in ein solches akut einzuweisen. Es sei auf die Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in der Slowakei zu verweisen, worin konkret ausgeführt werde, dass alle Asylwerber krankenversorgt würden. Auch könne aufgrund der ausdrücklichen Zusicherung der slowakischen Behörden, den BF zu übernehmen, keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit erkannt werden, dass man den BF in der Slowakei ohne jegliche medizinische Versorgung gleichsam seinem Schicksal überlassen würde. Im Hinblick auf seine Familienangehörigen in Österreich hätte dem BF klar sein müssen, dass sein hiesiger Aufenthalt im Falle einer zurück- oder abweisenden Entscheidung nur ein vorübergehender sein würde. Darüber hinaus seien seine Verwandten seit mehreren Jahren durchgängig mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet und habe ein gemeinsames Familienleben spätestens seit dem Jahr 2011 nicht mehr bestanden. Auch befinde sich der BF in Österreich seit mehreren Monaten getrennt von seinen Verwandten in einer Betreuungsstelle und würden keine Hinweise vorliegen, dass sich der BF bislang um eine Verlegung zu seinen Verwandten bemüht hätte. Eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit habe nicht erkannt werden können und sei es dem BF auch im Falle einer Überstellung in die Slowakei möglich, durch persönliche Besuche oder Telefon und Internet Kontakt zu seinen Verwandten zu halten. Die Außerlandesbringung stelle daher keinen Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Der Bescheid wurde dem BF am 20.12.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 03.01.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher zusammengefasst wie folgt vorgebracht wurde:

Der BF und sein Bruder hätten in Österreich umgehend ihre hier lebende Tante und ihren Onkel getroffen, bevor sie vor Ablauf ihres Visums nach Deutschland gefahren seien, um weitere Verwandte zu besuchen. Vor Ablauf des Visums hätten sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und zu ihrer Tante und ihrem Onkel ziehen wollen. Das Visum sein ihnen von ihrem Schlepper beschafft worden, sie seien nie in der slowakischen Botschaft gewesen. In Deutschland sei ihnen jedoch die Einreise verweigert worden und seien sie inhafttiert worden. Die Erlebnisse in der Anhaltung in Deutschland hätten beim BF traumatisierende Erfahrungen aus der Haft im Iran wieder in Erinnerung gerufen. Bis zu seiner Flucht sei er in psychotherapeutischer Behandlung gestanden und seien in einer österreichischen Klinik eine posttraumatische Belastungsstörung, eine depressive Episode und Angst- und Panikstörungen diagnostiziert worden. Aus psychiatrischer Sicht sei eine Zusammenführung mit seiner "Ursprungsfamilie" dringend indiziert und wolle der BF gemeinsam mit seinem Bruder bei seiner Tante Unterkunft nehmen. Im Iran hätten die Brüder, ihre Tante und der Onkel als Großfamilie tagtäglich ein sehr intensives Familienleben geführt, ehe die beiden nach Österreich gekommen seien. Zwischen dem BF und seiner Tante bestehe eine starke emotionale und familiäre Bindung und Abhängigkeit, sodass das Recht auf Familienleben des BF und seiner Tante über das Interesse Österreichs an einem geordneten Fremdenwesen zu stellen sei. Eine Außerlandesbringung des BF würde zu einer Verletzung seines Rechts auf Familienleben gemäß Art. 8 EMRK führen, weshalb die Behörde zwingend von der Möglichkeit des Selbsteintritts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch hätte machen müssen. Darüber hinaus seien weitere Verfahrensvorschriften verletzt worden, so habe die Behörde gegenständlich keine Einzelfallprüfung durchgeführt, mangelhafte Länderfeststellungen herangezogen und eine unrichtige Beweiswürdigung durchgeführt. Der Bescheid sei sohin als rechtswidrig zu qualifizieren.

Der Beschwerde war ein Ambulanzbericht eines Uniklinikums, psychiatrische Zentralambulanz, vom 21.12.2018, angeschlossen, wonach sich der BF mit den Diagnosen "Verdacht auf PTSD, depressive Episode, Angst und Panikstörung" am 21.12.2018 in ambulanter Behandlung befunden und Medikamente verschrieben erhalten habe.

Mit der Beschwerde weiters vorgelegt wurde ein unübersetztes Schreiben auf Farsi, bei welchem es sich laut BF ebenso um eine medizinische Unterlage handeln solle.

Mit E-Mail vom 04.02.2019 wurde ein weiterer Ambulanzbericht eines Uniklinikums, psychiatrische Zentralambulanz, vom 30.01.2019 in Vorlage gebracht, wonach sich der BF mit den Diagnosen "Verdacht auf PTSD, depressive Episode, Angst und Panikstörung" am 30.01.2019 in ambulanter Behandlung befunden und dieselben Medikamente wie laut Ambulanzbericht vom 21.12.2018 in derselben Dosierung verschrieben erhalten habe.

Am 07.02.2019 wurde der BF (wie auch dessen Zwillingsbruder) auf dem Landweg in die Slowakei überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder in das österreichische Bundesgebiet ein.

Dem BF war von der slowakischen Botschaft in Teheran ein von 25.09.2018 bis 16.10.2018 gültiges Visum ausgestellt worden.

Die Brüder versuchten am 05.10.2018 in ihr erklärtes Zielland Deutschland zu gelangen, wurden dort jedoch einer Grenzkontrolle unterzogen, woraufhin ihnen die Einreise verweigert wurde. Nach ihrer Rücküberstellung nach Österreich stellte der BF (wie auch sein Zwillingsbruder) am 06.10.2018 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Das BFA richtete am 11.10.2018 ein Aufnahmeersuchen an die Slowakei, dem die slowakischen Behörden mit Schreiben vom 07.12.2018 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Die oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Situation in der Slowakei werden der Entscheidung des erkennenden Gerichts zu Grunde gelegt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung in die Slowakei Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Beim BF wurden der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine depressive Episode und eine Angst- und Panikstörung diagnostiziert und wurde dieser am 21.12.2018 und am 30.01.2019 in einem Klinikum ambulant behandelt. Der BF erhielt Medikamente verschrieben. Weitere medizinische Unterlagen wurden nicht vorgelegt und sind den vorgelegten Ambulanzberichten keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass der BF derzeit nicht transportfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre. Es ist davon auszugehen, dass die in der Slowakei verfügbare medizinische Versorgung europäischen Standards entspricht und allenfalls erforderliche Behandlungen auch dort erfolgen können.

Der BF hat im Bundesgebiet seinen mitgereisten Zwillingsbruder, dessen Beschwerde gegen den gleichlautenden Bescheid des BFA mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.01.2019, W242 2212276-1/2E, ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurde. Im Bundesgebiet leben eine Tante mit deren Familie und drei Cousinen des BF. Ein gemeinsamer Haushalt mit diesen Verwandten besteht nicht. Zwischen den Verwandten und dem BF kann kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis festgestellt werden.

Der BF (wie auch dessen Zwillingsbruder) wurde am 07.02.2019 auf dem Landweg in die Slowakei überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, des slowakischen Visums sowie der erkennungsdienstlichen Behandlung in Deutschland und Asylantragstellung in Österreich ergeben sich aus den Angaben des BF sowie der im Akt einliegenden EURODAC-Treffermeldung, der Einreiseverweigerung Deutschlands und der durchgeführten CVIS-Abfrage.

Die Feststellung zum Aufnahmeersuchen der österreichischen Dublin-Behörde an die Slowakei und die Zustimmung der Slowakei zur Prüfung des vorliegenden Antrages auf internationalen Schutz beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Slowakei auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowakische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgung von Asylsuchenden in der Slowakei den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht glaubhaft dargetan.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf dessen Angaben und den vorgelegten Ambulanzberichten. Aus diesen kann nicht geschlossen werden, dass der BF derzeit transportunfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre. Aus den herangezogenen Länderfeststellungen geht ferner hervor, dass Antragsteller in der Slowakei in den Unterbringungszentren Krankenversorgung und psychosoziale Betreuung erhalten.

Die Feststellungen zu den familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet beruhen auf dem Vorbringen des BF.

Die am 07.02.2019 in die Slowakei erfolgte Überstellung des BF gründet sich auf einen aktuellen Auszug aus dem IZR.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) .....

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 5 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde

beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) lauten:

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Im gegenständlichen Fall liegt die Zuständigkeit der Slowakei in Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO begründet, da der BF im Besitz eines gültigen von der Slowakei ausgestellten Visums iSd Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO war. Die Slowakei hat dem österreichischen Aufnahmeersuchen auch ausdrücklich zugestimmt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Slowakei in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht. Die Überstellungsfrist ist noch offen.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich - wie nachfolgend näher dargestellt - keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages.

Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Sofern keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung etwa im Fall, dass der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15,

Ghezelbash (Große Kammer), fest, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO

im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen

ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs

gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte

Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten

Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann. Damit im

Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der BF im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung in die Slowakei gemäß §§ 5 AsylG 2005 und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben dargestellt - ausreichende Feststellungen zum slowakischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Schon vor dem Hintergrund der oben dargelegten Erwägungen und der erstinstanzlichen Erwägungen ist nicht zu erkennen, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO in die Slowakei überstellt werden, aufgrund der slowakischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der BF zu keinem Zeitpunkt systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylwerber in der Slowakei geltend gemacht hat, zumal er eigenen Angaben zufolge niemals in der Slowakei gewesen ist. Befragt nach konkreten Gründen, die einer Überstellung entgegenstehen würden, gab der BF lediglich an, dass er dort keine Familie und keine Verwandten hätte und wegen seiner Depressionen gerne in der Nähe seiner Familie wäre (dazu siehe noch die Ausführungen weiter unten). Diesbezüglich ist aber darauf hinzuweisen, dass Drittstaatsangehörigen zwar nach den Grundsätzen der Dublin-VO in einem der Mitgliedstaaten ein Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zuzukommen hat, die Zuständigkeit sich jedoch nicht nach den Wünschen des Asylwerbers, sondern nach den in der Verordnung festgesetzten Zuständigkeitskriterien zu richten hat.

Im Sinne des Gesagten liegt kein ausreichend konkretisierter Anhaltspunkt vor, dass dem BF im Falle einer Überstellung in die Slowakei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde.

Insgesamt ergibt sich aus dem Parteivorbringen weder eine systemische noch eine individuell drohende Gefahr des BF in der Slowakei, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würde, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Schlussendlich hätte der BF die Möglichkeit, etwaige ihm drohende oder eingetretene Verletzungen seiner Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in der Slowakei und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

Medizinische Krankheitszustände, Behandlung in der Slowakei:

Bezüglich des Gesundheitszustandes des BF ist unbestritten, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung in die Slowakei nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohen würde. In einem solchen Fall wäre das Selbsteintrittsrecht gemäß Dublin-VO zwingend auszuüben.

In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Ver

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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