TE Vfgh Erkenntnis 2019/3/12 V63/2018 (V63/2018-22)

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Veröffentlicht am 12.03.2019
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs3 Z3
Tir RaumOG 2016 §29 Abs2, §113 Abs1
Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 15.12.2016 id "analogen" Fassung
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit jener Teile des Flächenwidmungsplans in der "analogen" Fassung einer Gemeinde betreffend konkrete Grundstücke infolge unzureichender Grundlagenforschung

Spruch

I. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, und kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee in der Zeit vom 20. März bis 4. April 2017, wird, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3084/2018 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2015, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 21. Dezember 2015 bis 19. Jänner 2016, änderte der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee im Zuge einer Flurbereinigung den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" und wies – unter anderem – einen Teilbereich der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, als "Sonderfläche Hofstelle" aus, während der restliche Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522 als "Freiland" und die übrigen Teile des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526 als "Freiland" bzw "landwirtschaftliches Mischgebiet" verblieben (im Folgenden: "Flächenwidmungsplan 2015").

1.2. Nachdem die Tiroler Landesregierung hinsichtlich der angestrebten Flächenwidmungsplanänderung im Rahmen des Beschlusses vom 17. Dezember 2015 die aufsichtsbehördliche Genehmigung wegen der zu befürchtenden Zersiedelung und des Verlustes der kompakten Weilerstruktur versagt hatte, hob der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee mit Beschluss vom 5. Juli 2016 seinen Beschluss vom 17. Dezember 2015 auf und beschloss den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" in geänderter Form, indem er (unter anderem) auf einem – nun Richtung Nordwesten erweiterten und im Südosten verkleinerten – Teilbereich der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, die Widmung "Sonderfläche Hofstelle" auswies, während der restliche Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522 als "Freiland" und die übrigen Teile des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526 als "Freiland" bzw "landwirtschaftliches Mischgebiet" verblieben.

1.3. Nachdem die Tiroler Landesregierung hinsichtlich der angestrebten Flächenwidmungsplanänderung im Rahmen des Beschlusses vom 5. Juli 2016 die aufsichtsbehördliche Genehmigung auf Grund des fehlenden Planverweises im Protokoll über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 5. Juli 2016 versagt hatte, wiederholte der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016 unter Einhaltung der Vorgaben der Tiroler Landesregierung die Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" in der unter Punkt I.2. genannten Form, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, und kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee in der Zeit vom 20. März bis 4. April 2017 (im Folgenden: "Flächenwidmungsplan 2016").

Der auf Grundstück Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, gelegene Teil der neu gewidmeten "Sonderfläche Hofstelle", befindet sich auf Teilen des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, welche zum einen die Widmung "landwirtschaftliches Mischgebiet" (auf der sich der durch einen Brand im Jahr 2015 zerstörte Hof befand) und zum anderen die Widmung "Freiland" (situiert unter anderem zwischen dem abgebrannten Hof und dem Grundstück der beschwerdeführenden Parteien) aufwiesen.

1.4. Mit Bescheid vom 6. September 2017 erteilte die Bürgermeisterin der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee dem Bauwerber die Baubewilligung für den Neubau eines (durch einen Brand im Jahr 2015 zerstörten) Wirtschaftsgebäudes mit Festmistlager, Güllegrube und Heulagerhalle auf dem Grundstück Nr 2170, KG St. Ulrich am Pillersee (welches die ehemaligen Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, umfasst) unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen.

1.5. Mit Erkenntnis vom 22. Juni 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien (im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) mit näherer Begründung ab. Hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes 2016 führte das Landesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis unter anderem aus:

"[...] Mit erfolgter Kundmachung vom 20.03.2017 bis 05.04.2017 nach §113 [A]bs 3 und 4 iVm §71 Abs1 TROG 2016 iVm §67 Abs1 TROG 2006 ist die Widmungsfestlegung als Sonderfläche Hofstelle gemäß §44 TROG 2016 für den gegenständlich[en] Bauplatz sohin mit Ablauf der gesetzlichen Kundmachungsfrist in Kraft getreten.

Aus dem eingeholten Verordnungsakt und den vorstehenden gesetzlichen Erwägungen war daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts hinsichtlich der gegenständlichen Widmung als Sonderfläche Hofstelle gemäß §44 TROG 2016 der Anregung [der] Beschwerdeführer zur Einbringung eines Antrag[s] nach Art139 Abs1 Z1 B-VG nicht nachzukommen (vgl VwGH 23.06.2010, 2010/06/0059; ua)."

2. Bei der Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 2016, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 24. September 2018, E3084/2018-11, beschlossen, die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 2016, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht, von Amts wegen (im vorliegenden Verfahren) auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"2.1 Gemäß §29 Abs2 TROG 2016 sind dem Flächenwidmungsplan Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat die Grundlagenforschung in allgemeinen Überlegungen zu bestehen, welche die Grundlage für die jeweilige Planungsentscheidung hinsichtlich der von der Umwidmung konkret betroffenen Flächen bilden und als solche auch erkennbar und nachvollziehbar sind (zB VfSlg 14.537/1996, 19.075/2010). Eine derartige Grundlagenforschung ist auch im Vorfeld der Änderung eines bestehenden Flächenwidmungsplanes vorzunehmen.

In den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten findet sich die 'Erläuterung zur Flächenwidmungsplanänderung im Weiler Flecken KG St. Ulrich am Pillersee' vom 3. Mai 2016, ein der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes 2016 zugrunde gelegter Bericht. Dieser Erläuterungsbericht deckt sich (insbesondere) hinsichtlich der vorgesehenen Flächenwidmung auf den (ehemaligen) Grundstücken Nr 522 und Nr 526 mit dem Erläuterungsbericht vom 14. Dezember 2015, der Grundlage der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes 2015 bildete. Der Erläuterungsbericht vom 14. Dezember 2015 nimmt – neben Ausführungen in Bezug auf den gesamten Planungsbereich – auch auf die konkreten Verhältnisse der vorgesehenen Flächenwidmung auf den (ehemaligen) Grundstücken Nr 522 und Nr 526 Bezug und befürwortet unter anderem die 'Erweiterung im Süden' als 'zweckmäßig, da weiter westlich ein Wohngebäude im Freiland (Gp. 519/2) anschließt und zukünftige Nutzungskonflikte vermieden werden sollten'. In den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten findet sich – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Flächenwidmungsplan 2016 im Unterschied zum Flächenwidmungsplan 2015 die vorgesehene Flächenwidmung 'Hofstelle' auf den (ehemaligen) Grundstücken Nr 522 und Nr 526 in Richtung Nordwesten hin zu Grundstück Nr 519/2 verschob – kein Hinweis auf eine (ausreichende) Auseinandersetzung mit dem von der verordnungserlassenden Behörde selbst angenommenen Nutzungskonflikt, vor allem im Zusammenhang mit den von den beschwerdeführenden Parteien eingewendeten Immissionen.

Der Verfassungsgerichtshof geht aus diesem Grund vorläufig davon aus, dass die verordnungserlassende Behörde die erforderliche Grundlagenforschung iSd §29 Abs2 TROG 2016 nicht in ausreichendem Maße vornahm.

2.2. Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof das folgende Bedenken: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl zB VfSlg 11.807/1988, 13.716/1994) muss der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar – also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters – feststellen können; ansonsten genügt die Regelung nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen. Diesen Erfordernissen wird nicht Rechnung getragen, wenn die Widmung der in Prüfung gezogenen Flächen nicht aus der zeichnerischen Darstellung ersichtlich ist (VfSlg 14.759/1997). Die Kennzeichnung der Widmungskategorien muss jedenfalls mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision erfolgen (VfSlg 14.968/1997). Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung außerdem bereits zum Ausdruck gebracht, dass insbesondere dann, wenn für ein Grundstück mehrere Widmungsarten vorgesehen sind, aus der Plandarstellung ersichtlich sein muss, woran sich die Widmungsgrenzen orientieren (vgl VfSlg 19.890/2014).

Diesem Erfordernis dürfte der in Prüfung zu ziehende Flächenwidmungsplan 2016 nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichthofes nicht entsprechen:

Die am 20. März 2017 erfolgte Kundmachung des Flächenwidmungsplanes 2016 verweist auf die planliche Darstellung, die sich in den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten befindet. Aus dieser Darstellung im Maßstab 1:2.000 ist zwar ersichtlich, dass der Flächenwidmungsplan 2016 auf einem Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522, KG St. Ulrich am Pillersee, eine Widmung als 'Hofstelle' iSd §44 TROG 2016 und für den verbleibenden Teil eine Widmung als 'Freiland' gemäß §41 TROG 2016 sowie auf einem Teil des (ehemaligen) Grundstücks Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, eine Widmung als 'Hofstelle' iSd §44 TROG 2016, auf einem zweiten Teil eine Widmung als 'Freiland' gemäß §41 TROG 2016 und auf einem weiteren Teil die Widmung als 'Landwirtschaftliches Mischgebiet' iSd §40 Abs5 TROG 2016 vorsieht. Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch anhand der planlichen Darstellung vorläufig nicht zu erkennen, woran sich die innerhalb der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, zwischen den (unterschiedlichen) Widmungskategorien gezogenen Widmungsgrenzen orientieren könnten.

Damit lässt sich nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision erkennen, für welche Teilflächen der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, im Flächenwidmungsplan 2016 die genannten (unterschiedlichen) Widmungskategorien festgelegt sind.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass der Flächenwidmungsplan 2016, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, bezieht, gesetzwidrig sein könnte."

4. Die verordnungserlassende Behörde erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1. Planungsgespräche

Zum Verfahrensgang im Wege der Erlassung des Flächenwidmungsplanes wird im Allgemeinen auf Punkt 1. der Gegenschrift der belangten Behörde vom 03.09.2018 zur Erkenntnisbeschwerde vom 03.08.2018 verwiesen und werden die dortigen Ausführungen auch im Rahmen dieser Stellungnahme vollinhaltlich aufrechterhalten.

Richtig ist somit, dass bereits im Vorfeld der Erlassung des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes zahlreiche Gespräche zwischen Vertretern der verordnungserlassenden Behörde (insbes. auch 'Planungsgespräche' iSd §73 TROG 2016) und den Eigentümern der von der Änderung betroffenen Grundfläche angrenzenden Grundstücke – somit auch den Beschwerdeführern – und sonstigen Beteiligten stattgefunden haben. Die inhaltlichen Ergebnisse dieser Gespräche liegen der Entscheidungsfindung der verordnungserlassenden Behörde folglich ebenso zugrunde, wie die zahlreichen eingeholten sachlichen Stellungnahmen und Beurteilungen.

In diesem Zusammenhang kann bspw. auch auf die Besprechung vom 07.12.2015 (siehe Protokoll Beilage ./1) verwiesen werden.

2. Grundlagenforschung im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplans 2016

Der Verfassungsgerichtshof hegt Bedenken, dass die verordnungserlassende Behörde die erforderliche Grundlagenforschung iSd §29 Abs2 TROG 2016 nicht in ausreichendem Maße vorgenommen hätte.

Diesen Bedenken ist zunächst entgegenzuhalten, dass lt. Rechtsprechung des VfGH eine 'parzellenscharfe' Grundlagenforschung an sich nicht erforderlich ist und hat der VfGH hierzu u.a. ausgesprochen, dass eine Grundlagenforschung auf die konkrete Situation in den von den Planaufhebungen betroffenen Gebieten einzugehen hat (vgl VfSlg 19.710/2012).

Ebendiese Überprüfung ist im konkreten Fall auch erfolgt:

Bereits im Verfahren über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes 2015 hat sich die verordnungsgebende Behörde im Wege der Grundlagenforschung mit der Thematik 'Nutzungskonflikte' hinreichend auseinandergesetzt. Dabei wurde u.a. seitens des Ingenieurkonsulenten für Raumordnung und Raumplanung, DI Dr. [...], in der Erläuterung zur Flächenwidmungsplanänderung vom 14.12.2015 auf S. 7 festgehalten:

'Die Erweiterung im Süden erscheint auch im Rahmen des Baubestand zweckmäßig, da weiter westlich ein Wohngebäude im Freiland (Gp. 519/2) anschließt und zukünftige Nutzungskonflikte vermieden werden können.'

Diese fachliche Beurteilung wurde seitens des Raumplaners auch im Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes 2016 vollinhaltlich aufrechterhalten (siehe S. 7 Erläuterung zur Flächenwidmungsplanänderung vom 03.05.2016).

Bereits aufgrund der eindeutig positiven fachlichen Stellungnahme(n) des Raumplaners war somit seitens der verordnungserlassenden Behörde nicht an der objektiven Richtigkeit und Gesetzesmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 2015, geschweige denn des Flächenwidmungsplanes 2016, im Kontext potentieller Nutzungskonflikte zu zweifeln.

Unrichtig wäre es nun, der verordnungserlassenden Behörde vorzuwerfen, sie hätte sich nicht hinreichend mit potentiellen Nutzungskonflikten auseinandergesetzt. Im Gegenteil: aufgrund der zwischen einzelnen Mitgliedern der verordnungserlassenden Behörde, insbes. der Bürgermeisterin und Gemeindevorständen, erfolgten informellen wie auch formellen persönlichen Gespräche[n] mit den Beschwerdeführern, der umfangreichen formellen schriftlichen Stellungnahmen und Einwendungen der Beschwerdeführer [...] legte die verordnungserlassende Behörde geradezu ein besonderes Augenmerk auf die Frage der Zulässigkeit/Gesetzmäßigkeit der beabsichtigten Widmungsänderung vor dem Hintergrund potentieller Nutzungskonflikte.

Aufgrund der aufsichtsbehördlichen Versagung der Genehmigung des Flächenwidmungsplanes 2015 wurden zudem ergänzende Stellungnahmen eingeholt, die der verordnungserlassenden Behörde zusätzliches Substrat zur Beurteilung etwaiger mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes einhergehender Nutzungskonflikte[...] boten.

So wird bspw. in der Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abt. Bau- und Raumordnungsrecht, vom 22.06.2016 auf S. 1 eindeutig darauf hingewiesen, dass 'die Güllegrube am südwestlichen Teil positioniert [wird], ca. 67m zur Grundgrenze vom im Freiland stehenden Haus auf dem Gst. 519/2 [...]'. Weiters heißt es auf S. 2 dieser Stellungnahme: 'Das Gebäude auf dem Gst. 519/2 hat drei unverbaute Sichtachsen, die weit über das übliche Ausmaß von bebauten Gebieten hinausgehen. Das geplante Stallgebäude ist südöstlich positioniert und erlaubt dadurch für das bestehende Gebäude eine weiterhin freie Sicht.' Das vorgelegte Projekt sei folglich u.a. aufgrund dieser Gesichtspunkte inklusive der 'Widmungsvorlage 05-2016' dargestellten Positionierung raumordnungsfachlich zu befürworten und der Widmungsvorschlag zusammengefasst 'aus raumordnungsrechtlicher, raumordnungsfachlicher und agrarwirtschaftlicher Sicht sachlich richtig und zulässig'.

Eine darüberhinausgehende (höhere) Intensität der Grundlagenforschung erschien der verordnungserlassenden Behörde entbehrlich, zumal der Weiler Flecken durch und durch von landwirtschaftlichen Strukturen geprägt ist und sich nicht wesentlich weiter nördlich des Gst 519/2 der Beschwerdeführer 'Landwirtschaftliches Mischgebiet' gem. §40 Abs5 TROG 2016 findet, von welchem grundsätzlich das ebengleiche landwirtschaftliche Emissionspotential ausgeht, wie von der gegenständlichen Sonderflächenwidmung. Beim Gst. 519/2 handelt es sich ferner auch nicht um ein 'Siedlungsgebiet' im Sinne des §44 Abs1 litb TROG 2016, womit auch aus diesem Grund der Widmung 'Sonderfläche Hofstelle' im Kontext der behaupteten Nutzungskonflikte keine Bedenken entgegenstehen. Eine 'parzellenscharfe' Grundlagenforschung war – wie bereits ausgeführt – des Weiteren nicht erforderlich.

Es wurden im gegenständlichen Widmungsverfahren somit insgesamt mehrere raumordnungsfachliche und -rechtliche Sachverständige befasst, die allesamt unisono zum selben Ergebnis gelangt sind – nämlich[,] dass die angedachte Widmung gesetzeskonform ist.

Die eingeholten Unterlagen und Stellungnahmen wurden sodann von der verordnungserlassenden Behörde entsprechend bewertet (siehe Protokoll der 10. Sitzung des Gemeinderates vom 15.12.2016 zu Tagesordnungspunkt 17), mag diese Bewertung auch nicht zugunsten der Beschwerdeführer ausgegangen und der Flächenwidmungsplan letztlich beschlossen worden sein. Zur Grundlagenforschung gehört schließlich auch die Abwägung der betroffenen Interessen, die in concreto durchwegs vorgenommen wurde.

Die verordnungserlassende Behörde hat sich insgesamt in zumindest fünf Sitzungen (GR-Sitzung vom 17.12.2015, vom 23.06.2016, vom 05.07.2016, vom 20.10.2016 und vom 15.12.2016) mit der gegenständlichen Causa auseinandergesetzt, wobei auch stets die Frage betreffend potentieller Nutzungskonflikte in die Diskussion miteinbezogen und schließlich entsprechend bewertet wurde. Eine Protokollierung dieses Bewertungsvorgangs im Sinne eines Wortprotokolls wurde hierbei naturgemäß als nicht erforderlich erachtet, zumal die Sitzungen des Gemeinderates ohnehin öffentlich waren. Der Auszug aus dem Protokoll zur Sitzung des Gemeinderates vom 17.12.2015 wird ergänzend (als Beilage ./2 bezeichnet) übermittelt. Ebenso werden Auszüge aus den Protokollen der Sitzungen vom 23.06.2016 und vom 05.07.2016 (als Beilage ./3 bezeichnet) ergänzend übermittelt.

Der Verfassungsgerichtshof erachtet beispielsweise 'Grundlagenforschung' und 'Erkennbarkeit der Entscheidungsgrundlagen' auch bei einer Änderung eines Teilbebauungsplans als gerade noch erfüllt, wenn sich – selbst ohne Verschriftlichung – aus dem Sitzungsgeschehen glaubwürdig ergibt, dass den Mitgliedern des Gemeinderats die übergeordneten Planungsinstrumente bekannt waren und aus ihren Äußerungen hervorging, welche schon zuvor bestimmten Ziele mit der beschlossenen Planungsmaßnahme – rechtlich plausibel – forciert werden sollen (vgl Primosch, Verordnungsgebung und die Welt der Tatsachen, ecolex 2017, 609; VfSlg 17.224/2004).

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die verordnungserlassende Behörde die erforderliche Grundlagenforschung nicht in ausreichendem Maße vorgenommen hätte, können vor diesem Hintergrund nicht geteilt werden.

3. Planliche Darstellung des Flächenwidmungsplans

Weiters hegt der Verfassungsgerichtshof Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der rechtsstaatlichen Anforderungen der planlichen Darstellung des Flächenwidmungsplanes.

Dem ist entgegenzuhalten, dass etwaige sich aus der planlichen Darstellung des Flächenwidmungsplanes ergebende Unklarheiten darauf zurückzuführen sind, dass dem Widmungsverfahren ein Flurbereinigungsverfahren im Weiler Flecken vorausgegangen ist, welches im Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes im Wesentlichen inhaltlich entscheidungsreif, jedoch noch nicht grundbücherlich (bzw in der Katastralmappe) vollzogen war.

Die gegenständlichen Widmungsgrenzen orientieren sich somit 1:1 an den aufgrund des Flurbereinigungsverfahrens neu herzustellenden Grundstücksgrenzen. Dies war und ist allen im Widmungsverfahren Beteiligten – so auch den Beschwerdeführern – durchwegs bewusst, zumal sie auch im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens miteinbezogen worden waren.

Zur Beurteilung der Frage, woran sich die innerhalb der (ehemaligen) Gst 522 und 526 KG St. Ulrich am Pillersee zwischen den unterschiedlichen Widmungskategorien gezogenen Widmungsgrenzen orientieren, ist der vorgenannte Bescheid samt dem diesem zugrundeliegenden Grundteilungsplan im Gemeindeamt der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee für jedermann einsehbar. Es ist somit zur Beantwortung dieser Frage kein 'technisches Hilfsmittel' erforderlich, sondern nur ein Besuch im Gemeindeamt.

Der Flächenwidmungsplan lässt sohin in Zusammenschau mit den einschlägigen Unterlagen im Flurbereinigungsverfahren sehr wohl mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision erkennen, für welche Teilflächen der (ehemaligen) Gst 522 und 526 die entsprechenden Widmungskategorien festgelegt sind. Hinzu kommt, dass die Zusammenschau mit den einschlägigen Unterlagen im Flurbereinigungsverfahren ohnehin nur temporär erforderlich und nach erfolgter Verbücherung und Richtigstellung des Katasters gänzlich entbehrlich ist.

Vor diesem Hintergrund können aus Sicht der verordnungserlassenden Behörde die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes auch in diesem Punkt nicht geteilt werden."

5. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[...]

III.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung treffen die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Bedenken aus folgenden Gründen nicht zu:

1. Zur vorläufigen Annahme der nicht ausreichenden Grundlagenforschung:

a. Diese Annahme stützt der Verfassungsgerichtshof darauf, dass sich der Erläuterungsbericht vom 03.05.2016, welcher der am 05.07.2016 und letztlich am 15.12.2016 beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes zugrunde lag, mit jenem vom 14.12.2015 decke, welcher die Grundlage der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes 2015 bildete. Dieser Erläuterungsbericht '(nehme) neben Ausführungen in Bezug auf den gesamten Planungsbereich – auch auf die konkreten Verhältnisse der vorgesehenen Flächenwidmung auf den (ehemaligen) Grundstücken Nr 522 und Nr 526 Bezug und befürwortet unter anderem die 'Erweiterung im Süden' als 'zweckmäßig, da weiter westlich ein Wohngebäude im Freiland (Gp. 519/2) anschließt und zukünftige Nutzungskonflikte vermieden werden sollten'. In den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten findet sich – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Flächenwidmungsplan 2016 im Unterschied zum Flächenwidmungsplan 2015 die vorgesehene Flächenwidmung 'Hofstelle' auf den (ehemaligen) Grundstücken Nr 522 und Nr 526 in Richtung Nordwesten hin zu Grundstück Nr 519/2 verschob – kein Hinweis auf eine (ausreichende) Auseinandersetzung mit dem von der verordnungserlassenden Behörde selbst angenommenen Nutzungskonflikt, vor allem im Zusammenhang mit den von den beschwerdeführenden Parteien eingewendeten lmmissionen.'

b. Es ist einzuräumen, dass diese vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes für sich genommen zutrifft. Es trifft auch zu, dass die Änderung des Flächenwidmungsplanes vom 15.12.2016, die dem vorliegenden Prüfungsbeschluss zugrunde liegt, eine näher an das (Nachbar-)Grundstück Nr 519/2 KG St. Ulrich herannahende Situierung der Sonderfläche Hofstelle vorsieht, als dies nach dem Widmungsbeschluss vom 17.12.2015 der Fall gewesen wäre.

Entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes lagen dem jedoch aus Sicht der Tiroler Landesregierung ausreichend dokumentierte raumordnungsfachliche Unterlagen zugrunde, auch wenn diese nicht Teil des (zeitlich früheren) Erläuterungsberichtes sind. Konkret handelt es sich dabei um eine Stellungnahme der raumordnungsfachlichen Amtssachverständigen vom 23.06.2016 (im Akt laufende Nr 5), einen Aktenvermerk (E-Mail) des agrarwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 22.06.2016 (im Akt laufende Nr 6) und eine Stellungnahme desselben Sachverständigen vom 27.06.2016 (im Akt laufende Nr 7). Diese Unterlagen wurden der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee mit Schreiben der Tiroler Landesregierung vom 01.07.2016 (im Akt laufende Nr 9) übermittelt; sie lagen dem Gemeinderat daher anlässlich der Beschlussfassung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes am 05.07.2017 bereits vor und sind solcherart Teil der Bestandsaufnahme. Ergänzend wird auf die zusammenfassende Darstellung dieser Stellungnahmen hingewiesen, welche der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee unter Bezugnahme auf den am 21.06.2016 vorgenommen[en] Lokalaugenschein bereits mit Schreiben vom 27.06.2016 übermittelt wurden (im Akt laufende Nr 2, fälschlich mit 22.06.2016 datiert [s. den Abfertigungsvermerk vom 27.06.2016]).

Diese Unterlagen waren selbstredend auch Entscheidungsgrundlage für die letztlich am 15.12.2016 vom Gemeinderat beschlossene und in weiterer Folge aufsichtsbehördlich genehmigte und nach Kundmachung in Kraft getretene – dem Gemeinderatsbeschluss vom 05.07.2016 inhaltsgleiche – Änderung des Flächenwidmungsplanes. Dem Gemeinderat lag dazu auch eine Stellungnahme des Rechtsvertreters der vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien vor, die im Auflageverfahren eingebracht wurde und dem Protokoll über die Sitzung des Gemeinderates am 15.12.2016 angeschlossen ist. Eine dieser Stellungnahme im Wesentlichen inhaltsgleiche Stellungnahme wurde bereits im vorangegangenen Auflageverfahren betreffend den Widmungsbeschluss vom 05.07.2017 eingebracht.

c. Den vorhin bezogenen raumordnungsfachlichen Unterlagen ist zu entnehmen, dass die gegenständliche Widmung als Sonderfläche Hofstelle auf der Grundlage eines schlüssigen betriebswirtschaftlichen Konzeptes erfolgt ist, das den Wiederaufbau der auf dem Grundstück Nr 526, KG St. Ulrich, bestandenen Hofstelle, die durch ein Brandereignis im Jahr 2015 zerstört wurde, zum Gegenstand hatte. Im Fall eines Wiederaufbaus an derselben Stelle hätte den Anforderungen an eine zeitgemäße landwirtschaftliche Betriebsführung nicht Rechnung getragen werden können. Speziell die raumordnungsfachliche Stellungnahme setzt sich zum einen mit den Auswirkungen auf die Nachbarliegenschaften bzw Nachbargebäude, darunter jene der vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien, auseinander und kommt zum Ergebnis, dass eine wesentliche Beeinträchtigung derselben nicht stattfindet (s im Einzelnen S. 3 dieser Stellungnahme). Die raumordnungsfachliche Stellungnahme begründet zum anderen aber auch schlüssig, warum die Sonderfläche gegenüber der am 17.12.2015 beschlossenen Widmung weiter nach Nordwesten und damit näher an das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien gerückt wurde. Damit sollte einer Zersiedelung vorgebeugt und dem maßgebenden Raumordnungszielen nach einem sparsamen Umgang mit Grund und Boden und einer bestmöglichen Anordnung des Baulandes und der Sonderflächen unter Beachtung der erforderlichen und bereits bestehenden Infrastrukturen entsprochen werden (s im Einzelnen S. 4 dieser Stellungnahme). Damit hat der Gemeinderat dem gesetzlichen Auftrag nach §44 Abs1 litb TROG 2016 entsprochen, welcher vorsieht, dass die Widmung von Sonderflächen Hofstelle nur dann zulässig ist, wenn diese nicht den Zielen der örtlichen Raumordnung (hier) insbesondere nach §27 Abs2 litf und h TROG 2016 widerspricht. In der raumordnungsfachlichen Stellungnahme wird das vorliegende Projekt abschließend aus den genannten Gründen ausdrücklich befürwortet.

Zwar trifft es zu, dass im Rahmen des Widmungsverfahrens die Frage der von der geplanten Hofstelle auf die Nachbargrundstücke ausgehenden Immissionen nicht spezifisch geprüft wurde. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung war dies aber auch nicht erforderlich, ist der Weiler Flecken, in dem sich die gegenständliche Sonderfläche Hofstelle befindet, doch eindeutig landwirtschaftlich geprägt. Der Großteil des Siedlungsgebietes dort ist als landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmet, weiters bestehen mehrere Sonderflächen Hofstelle, nur ein kleiner Teil ist als Wohngebiet gewidmet. Auch die vormalige Hofstelle auf dem Grundstück Nr 526 befand sich im landwirtschaftlichen Mischgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grundstück Nr 519/2 der vor dem Verfassungsgerichtshof nunmehr beschwerdeführenden Parteien. Die von Hofstellen typischerweise ausgehenden Immissionen sind hier daher ortsüblich und müssen daher im Widmungsverfahren nicht im Einzelnen untersucht werden. Dazu kommt, dass das Bauprojekt, welches auf der gegenständlichen Sonderfläche Hofstelle errichtet werden soll, auf Nachbarinteressen insofern besonders Rücksicht nimmt, als dieses in Nord-Süd-Richtung ausgeführt wird, wobei auf der dem Siedlungsgebiet (und auch dem Grundstück der vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien) zugewandten Nordseite die Heubergehalle errichtet werden soll, wogegen das emissionsintensivere Stallgebäude südlich daran anschließend (und damit in einem erheblich größeren Abstand insbesondere zum Grundstück der vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien) situiert ist. Wenn deren Rechtsvertreter in der im Widmungsverfahren abgegebenen Stellungnahme dem entgegenhält, dass die Widmung Sonderfläche Hofstelle eine 'schrankenlose' Bebauung ermöglichen würde, so übersieht er, dass dieser Umstand im Rahmen des Widmungszweckes jeder Widmung immanent ist. Das Vorliegen der widmungsmäßigen Voraussetzungen ist aber nur eine Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens, das im Rahmen des Bauverfahrens im Einzelnen umfassend geprüft wird. Aus nachbarrechtlicher Sicht kommt dabei insbesondere den Abstandsvorschriften und jenen über den Brandschutz besondere Bedeutung zu.

2. Zur vorläufigen Annahme der nicht ausreichend präzisen planlichen Darstellung:

a. Hier verweist der Verfassungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung beginnend mit VfSlg 11.807/1988, wonach 'der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar – also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters –feststellen können (muss); ansonsten genügt die Regelung nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen.' Nach Darlegung auch der Folgejudikatur gelangt der Verfassungsgerichtshof zu folgender vorläufiger Einschätzung:

'Die am 20. März 2017 erfolgte Kundmachung des Flächenwidmungsplanes 2016 verweist auf die planliche Darstellung, die sich in den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten befindet. Aus dieser Darstellung im Maßstab 1:2.000 ist zwar ersichtlich, dass der Flächenwidmungsplan 2016 auf einem Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522, KG St Ulrich am Pillersee, eine Widmung als 'Hofstelle' iSd §44 TROG 2016 und für den verbleibenden Teil eine Widmung als 'Freiland' gemäß §41 TROG 2016 sowie auf einem Teil des (ehemaligen) Grundstücks Nr 526, KG St Ulrich am Pillersee, eine Widmung als 'Hofstelle' iSd §44 TROG 2016, auf einem zweiten Teil eine Widmung als 'Freiland' gemäß §41 TROG 2016 und auf einem weiteren Teil die Widmung als 'Landwirtschaftliches Mischgebiet' iSd §40 Abs5 TROG 2016 vorsieht. Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch anhand der planlichen Darstellung vorläufig nicht zu erkennen, woran sich die innerhalb der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, zwischen den (unterschiedlichen) Widmungskategorien gezogenen Widmungsgrenzen orientieren könnten.

Damit lässt sich nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision erkennen, für welche Teilflächen der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, im Flächenwidmungsplan 2016 die genannten (unterschiedlichen) Widmungskategorien festgelegt sind.'

b. Die Novelle LGBl Nr 56/2011 zum Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 (mittlerweile nach Wiederverlautbarung: Tiroler Raumordnungsgesetz 2016) sieht die elektronische Erstellung der Planungsinstrumente im Rahmen der örtlichen Raumordnung, nämlich der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne, vor. Der Flächenwidmungsplan nimmt dabei insoferne eine Sonderstellung ein, als dieser überdies auf der Grundlage digitaler Daten zu beschließen und elektronisch kundzumachen ist (§29 Abs3 TROG 2016). Die elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne, die dadurch erfolgt, dass diese auf der Internetseite des Landes zur Abfrage bereitgehalten werden, ist grundlegend im §69 TROG 2016 und im Einzelnen – ebenso wie der elektronische Flächenwidmungsplan an sich – in der Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016, LGBl Nr 74/2013, in der Fassung der Verordnung LGBl Nr 112/2016, geregelt.

Nach §71 Abs1 TROG 2016 gilt §69 betreffend die elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne gleichermaßen für deren Änderung.

Dieser Systemwechsel erforderte die Übernahme der bisher analog in Papierform vorliegenden Pläne in den elektronischen Flächenwidmungsplan und deren elektronische Kundmachung, was im §113 TROG 2016 in Verbindung mit der Plangrundlagen- und PIanzeichenverordnung 2016 geregelt ist. Da es nicht möglich war, den elektronischen Flächenwidmungsplan zum gleichen Zeitpunkt für alle Gemeinden einzuführen, sieht §113 Abs1 TROG 2016 vor, dass die Landesregierung durch Verordnung für jede[...] Gemeinde den Tag zu bestimmen hat, von dem an der (gesamte) Flächenwidmungsplan erstmalig elektronisch kundzumachen ist; korrespondierend hat die Landesregierung den Flächenwidmungsplan für die jeweilige Gemeinde von diesem Tag an elektronisch kundzumachen. Weiters ist bestimmt, dass die elektronische Kundmachung diesen Tag zu enthalten hat – und – bezogen auf das Anlassverfahren wesentlich – dass nach dem Ablauf des Tages, an dem der Flächenwidmungsplan erstmalig elektronisch kundgemacht worden ist, ausschließlich der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan gilt.

Nach §1 Abs5 der Verordnung der Landesregierung über die erstmalige elektronische Kundmachung bestimmter bezeichneter Flächenwidmungspläne von Gemeinden, LGBl Nr 110/2016, ist u.a. für die Gemeinde St. Ulrich am Pillersee der Flächenwidmungsplan vom 31. Jänner 2017 an nach §69 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 elektronisch kundzumachen. Korrespondierend sieht Abs6 leg.cit. vor, dass u.a. für [die] Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 1. Februar 2017 an der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan gilt.

c. Der Verfassungsgerichtshof bezieht sich (ursprünglich) an sich zutreffend auf die analog durch Auflegung erfolgte Kundmachung der dem Prüfungsbeschluss zugrunde liegenden Änderung des Flächenwidmungsplanes (Kundmachung vom 20.03.2017), obwohl zu diesem Zeitpunkt für die Gemeinde St. Ulrich am Pillersee nach dem vorhin Gesagten bereits der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan gegolten hat. Dies ist in der Übergangsbestimmung des §113 Abs9 erster Satz TROG 2016 begründet, wonach abweichend von Abs1 Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes, die am Tag, an dem der elektronische Flächenwidmungsplan erstmalig elektronisch kundgemacht worden ist, der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegen sind, nach Abs4 fortgesetzt werden können.

Der hier bezogene §113 Abs4 TROG 2016 sieht für die (bis zur Übernahme der analogen Flächenwidmungspläne in den elektronischen Flächenwidmungsplan) weiterhin geltenden analogen Flächenwidmungspläne vor, dass für diese bis dahin die einschlägigen raumordnungsrechtlichen Vorschriften des (seinerzeitigen) TROG 2011 in der Fassung vor der Einführung des elektronischen Flächenwidmungsplanes weiter gelten, worunter auch jene über die Kundmachung durch Auflegung fallen.

Bei der dem Prüfungsbeschluss zugrunde liegenden Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee handelt es sich um einen solchen Übergangsfall, was erklärt, dass die entsprechende Planänderung – wie dargelegt – ursprünglich noch analog durch Auflegung kundgemacht worden ist. Auf eben diese Kundmachung bezieht der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken.

Nach §113 Abs9 zweiter Satz TROG 2016 ist die Landesregierung aber verpflichtet, die betreffenden (noch analog kundgemachten) Änderungen nach Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung elektronisch kundzumachen. Dieser Verpflichtung hat die Landesregierung im Anlassfall mit 12.06.2017 entsprochen, womit die elektronische Kundmachung nach §113 Abs9 in Verbindung mit den §§71 und 69 TROG 2016 am 13.06.2017 wirksam geworden ist. Damit war von diesem Zeitpunkt an die ursprünglich analoge Kundmachung nicht mehr wirksam.

Ein Ausdruck der elektronischen Kundmachung der dem Prüfungsbeschluss zugrunde liegenden Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee wird in der Anlage zu dieser Äußerung mit vorgelegt (die entsprechenden Vermerke befinden sich am Deckblatt; im Übrigen ist im Anlassfall Teilplan 2 einschlägig).

d. Aus dem vorhin Gesagten ergibt sich, dass bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung für das gegenständliche Hofstellengebäude am 06.09.2017 die elektronische Kundmachung der gegenständlichen Änderung des Flächenwidmungsplanes gegolten hat.

Die Frage, ob die planliche Darstellung im Hinblick auf die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss dargelegte Rechtsprechung aus rechtsstaatlicher Sicht ausreichend präzise ist, ist nach Ansicht der Tiroler Landesregierung daher ausschließlich auf der Grundlage der erwähnten elektronischen Kundmachung zu prüfen.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ist dies der Fall. Jeder Plan (so auch der hier maßgebende Teilplan 2) enthält nämlich eine Maßstabsleiste und die Angabe der Nordrichtung, die es bei Grundstücksgrenzen schneidenden Widmungsfestlegungen ermöglichen, den Verlauf der Widmungsgrenzen und deren Abstände von den Grundstücksgrenzen genau auszumessen.

Zwar sieht §8 Abs4 der Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 für die Darstellung des Flächenwidmungsplanes und seiner Änderungen im elektronischen Flächenwidmungsplan bestimmte Maßstäbe vor. Auf eine Maßstabsangabe in den Teilplänen wird jedoch bewusst verzichtet, weil Ausdrucke des elektronischen Flächenwidmungsplanes vom Rechtsunterworfenen nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, über die dieser verfügt, in beliebiger (verkleinerter oder auch vergrößerter) Form hergestellt werden können, womit der Maßstab im Ausdruck nicht zwangsläufig dem Originalmaßstab entspricht. Die Maßstabsleiste wird beim Ausdruck mitskaliert, sodass beim Nutzer keine Irrtümer über den Maßstab aufkommen können, für ihn aber eindeutig ersichtlich ist, welche räumliche Dimension die ihn interessierenden Planungen aufweisen.

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung trifft ein Vergleich insbesondere mit dem vom Verfassungsgerichtshof vorläufig ins Treffen geführten Erkenntnis VfSlg 19.890/2014 nicht zu, handelte es sich dabei doch um eine Kundmachung, welche keine lesbaren Grundstücksnummern und keine Legende der Widmungsarten enthielt und die auch nicht erkennen ließ, woran sich die in den Plandarstellungen gezogenen Widmungsgrenzen orientieren; dies alles trifft hier jedoch nicht zu. Die elektronische Kundmachung enthält klar lesbare Grundstücksnummern in den Teilplänen, eine Legende, die alle verwendeten Planzeichen erklärt, und auch die Widmungsgrenzen sind ausreichend präzise erkennbar.

Diesem letzteren Erfordernis ist nach Ansicht der Tiroler Landesregierung nämlich durch die vorhin bereits erwähnte Maßstabsleiste, die jedem (Teil-)Plan angefügt ist, und die Angabe der Nordrichtung, die eine entsprechende Orientierung ermöglicht, in Verbindung mit einem entsprechend großen – und damit entsprechend genauen – Maßstab entsprochen (nach dem bereits erwähnten §8 Abs4 der Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 1:5.000 für den Gesamtplan, für Änderungspläne 1:5.000 oder größer). Die Maßstabsleiste und die Nordrichtung müssen nach §9 Abs3 der Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 in den (Teil-)Plänen verpflichtend enthalten sein.

Diese Anforderungen gelten aufgrund des §14 Abs5 zweiter und dritter Satz der Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 auch für die nach §113 Abs9 TROG 2016 in den elektronischen Flächenwidmungsplan übernommenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes und nach §15 Abs3 dieser Verordnung weiters für deren elektronische[...] Kundmachung. Wie dargelegt, wurde diesen entsprochen.

e. Zusammenfassend vertritt die Tiroler Landesregierung daher die Ansicht, dass im Anlassverfahren ausschließlich anhand der elektronisch erfolgten Kundmachung der Änderung des Flächenwidmungsplanes zu prüfen ist, ob diese unter Zugrundlegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in rechtsstaatlicher Hinsicht ausreichend präzise ist. Weiters vertritt die Tiroler Landesregierung die Ansicht, dass dies aus den dargelegten Gründen der Fall ist.

IV.

 

Zusammenfassend vertritt die Tiroler Landesregierung aus den vorhin unter Punkt III. dargelegten Gründen die Ansicht, dass die vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee in der im Prüfungsbeschluss bezogenen Fassung nicht zutreffen."

6. Im Zuge des vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahrens sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob

a) der Verfassungsmäßigkeit des §69 Abs1, des §71 Abs1, des §113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie der Wendung ", §69, §71" in §113 Abs4 TROG 2016, LGBl 101/2016, sowie

b) der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, in der Fassung der elektronischen Kundmachung durch die Tiroler Landesregierung vom 13. Juni 2017, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht,

c) der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "und St. Ulrich am Pillersee" in §1 Abs5 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016 über den Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne der Gemeinden Brandberg, Breitenbach am Inn, Finkenberg, Gerlosberg, Gnadenwald, Gries im Sellrain, Grinzens, Hainzenberg, Hochfilzen, Kals am Großglockner, Karres, Karrösten, Oberndorf in Tirol, Patsch, Ranggen, Sellrain, St. Ulrich am Pillersee, Tulfes, Tux, Wildermiening und Zellberg, LGBl 110/2016, und

d) der Gesetzmäßigkeit des §14 sowie der Wortfolge "und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016" in §15 Abs1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 15. August 2013, mit der nähere Bestimmungen über die örtlichen Raumordnungskonzepte, die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne sowie über die technische Umsetzung des elektronischen Flächenwidmungsplanes erlassen werden (Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016), LGBl 74/2013, in der Fassung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016, mit der die Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2013 geändert wird, LGBl 112/2016, entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 3. Dezember 2018, V63/2018-10, beschlossen, die genannten Gesetzes- bzw Verordnungsbestimmungen (in dem zu G386/2018, V78-80/2018 protokollierten Verfahren) von Amts wegen auf ihre Verfassungs- bzw Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

7. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G386/2018-12, V78-80/2018-12, hob der Verfassungsgerichtshof mit näherer Begründung §69 Abs1, §71 Abs1, §113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie die Wendung ", §69, §71" in §113 Abs4 TROG 2016, LGBl 101/2016, mit Ablauf des 31. Dezember 2019 wegen Verfassungswidrigkeit sowie §14 und die Wortfolge "und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016" in §15 Abs1 der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016, LGBl 74/2013, idF LGBl 112/2016 mit Ablauf des 31. Dezember 2019 wegen Gesetzwidrigkeit auf. Den Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, in der Fassung der elektronischen Kundmachung durch die Tiroler Landesregierung vom 13. Juni 2017, hob der Verfassungsgerichtshof ohne Fristsetzung, die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016 über den Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne, LGBl 110/2016, mit Ablauf des 31. Dezember 2019 wegen des – mit der Aufhebung der genannten Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 durch den Verfassungsgerichtshof verbundenen – Wegfalles der gesetzlichen Grundlage zur Gänze gemäß Art139 Abs3 Z1 B-VG als gesetzwidrig auf.

II. Rechtslage

1. §29, §35, §36, §44, §69, §71 und §113 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl 101/2016 lauten:

"§29

Planungsinstrumente

(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan sowie nach Maßgabe des §54 Bebauungspläne zu erlassen. Die Stadt Innsbruck kann das örtliche Raumordnungskonzept auch in Form von Teilkonzepten für einzelne Stadtteile und den Flächenwidmungsplan in Form von Teilplänen für größere funktional zusammenhängende Gebiete erlassen.

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus textlichen Festlegungen sowie aus Karten und Plänen samt Planzeichenerläuterung. Der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne bestehen aus Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Dem örtlichen Raumordnungskonzept, dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplänen sind Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.

(3) Die örtlichen Raumordnungskonzepte, die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne sind in digitaler Form zu erstellen. Die Flächenwidmungspläne sind weiters auf der Grundlage digitaler Daten zu beschließen und elektronisch kundzumachen. Die digitalen Daten müssen ein Format aufweisen, das die Aufwärtskompatibilität gewährleistet, und in einem zuverlässigen Prozess erzeugt werden. Digitale Daten, denen ein Beschluss des Gemeinderates zugrunde liegt, dürfen nicht mehr geändert und gelöscht werden.

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Erstellung, die digitalen Formate, die Form und den Maßstab der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu erlassen. Dabei sind insbesondere die zu verwendenden Pläne und Daten sowie die darin zu verwendenden Planzeichen und Bezeichnungen zu regeln. Die Verpflichtungen aus den Durchführungsbestimmungen nach Art4 Abs7, Art7 Abs1, Art16, Art17 Abs8 und Art21 Abs4 der INSPIRE-Richtlinie 2007/2/EG sind zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Flächenwidmungspläne ist weiters die von der Landesregierung zur Verfügung zu stellende EDV-Anwendung einschließlich des Zuganges, der Schnittstellen, der Übermittlungsvorgänge und der Mindestanforderungen an die Datensicherheit zu regeln.

[...]

3. Abschnitt

Flächenwidmungsplan

§35

Inhalt

(1) Im Flächenwidmungsplan ist unbeschadet der Planungskompetenzen des Bundes und des Landes unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme für alle Grundflächen des Gemeindegebietes der Verwendungszweck durch die Widmung als Bauland, Freiland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen festzulegen. Weiters ist der Verlauf der Straßen nach §53 Abs1 festzulegen.

(2) Jene Grundflächen, für die im örtlichen Raumordnungskonzept eine Festlegung nach §31 Abs1 litf besteht, sind im Flächenwidmungsplan entsprechend zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung bewirkt, dass auf diesen Grundflächen unbeschadet der bestehenden Widmung nur die im Freiland nach §41 Abs2 zulässigen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen errichtet werden dürfen. §55 Abs2 litb und c ist anzuwenden. Die Kennzeichnung ist aufzuheben, sobald die im örtlichen Raumordnungskonzept festgelegten weiteren Voraussetzungen erfüllt sind und überdies ein Bedarf nach einer widmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Grundflächen besteht.

(3) Im Flächenwidmungsplan sind die im §28 Abs2 und 3 genannten Gebiete, Grundflächen und Anlagen ersichtlich zu machen, soweit die entsprechenden Daten in elektronischer Form verfügbar sind. Weiters sind die Verkehrsflächen nach §53 Abs3 ersichtlich zu machen, sobald die dafür erforderlichen Geodaten verfügbar sind; der Straßenverwalter hat diese Daten der Landesregierung unverzüglich zur Verfügung zu stellen.

(4) Die Vereinbarkeit eines Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung ist nach der Art, dem Verwendungszweck und den Verkehrsauswirkungen der jeweiligen baulichen Anlage sowie nach jenen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, deren Durchführung technisch möglich und rechtlich sichergestellt ist, zu beurteilen.

§36

Änderung

(1) Der Flächenwidmungsplan ist zu ändern, soweit dies

a) aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes,

b) zur Verwirklichung einer dem örtlichen Raumordnungskonzept, insbesondere den Festlegungen nach §31 Abs1 litd bis g, entsprechenden weiteren räumlichen Entwicklung der Gemeinde,

c) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder

d) aufgrund von unionsrechtlichen Verpflichtungen Österreichs oder aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen erforderlich ist.

(2) Der Flächenwidmungsplan darf geändert werden, wenn die Änderung

a) den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept nicht widerspricht und ein Bedarf an der widmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Grundflächen besteht, insbesondere zum Zweck der Befriedigung des Wohnbedarfes oder für Zwecke der Wirtschaft,

b) einer den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept entsprechenden Abrundung von Widmungsbereichen dient,

c) eine Festlegung nach §13 Abs3 zweiter und dritter Satz zum Inhalt hat.

(3) Wird ein örtliches Raumordnungskonzept vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, so dürfen außer in den Fällen des Abs1 litc und d bis zum Inkrafttreten eines neuen örtlichen Raumordnungskonzeptes keine weiteren Grundflächen als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen gewidmet werden. Wird ein örtliches Raumordnungskonzept vom Verfassungsgerichtshof teilweise aufgehoben, so gilt dies für die von der Aufhebung betroffenen Teile des Gemeindegebietes.

[...]

§44

Sonderflächen für Hofstellen

(1) Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für Hofstellen ist nur zulässig, wenn

a) die Widmung der Beseitigung betriebswirtschaftlich ungünstiger Orts- oder Hoflagen, der im Interesse der Landeskultur gelegenen Neugründung landwirtschaftlicher Betriebe oder sonstigen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere der Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, dient oder wenn die Widmung zur Vermeidung von Nutzungskonflikten oder aus anderen besonderen raumordnungsfachlichen Gründen erforderlich ist,

b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach §27 Abs2 litf, g, h, i und j nicht widerspricht; dabei ist insbesondere auf die Entfernung zum bestehenden

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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