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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
GSpG 1989 §53Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der Landespolizeidirektion Tirol in 6020 Innsbruck, Innrain 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 24. Juli 2018, Zl. LVwG-2015/21/2823-3, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. X OG in I,
2. E Kft. in B, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als es die Beschlagnahme des Kasseninhalts in Höhe von Euro 975,00 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 23. September 2015 wurde gegenüber der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten sowie zwei Steckschlüsseln und zwei Kassenschlüsseln angeordnet und ausgesprochen, dass der Kasseninhalt von 975 EUR entnommen wurde.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde mit der Einschränkung als unbegründet ab, dass der ebenfalls beschlagnahmte Kasseninhalt in Höhe von 975 EUR freigegeben werde und der Behörde aufgetragen werde, diesen Betrag an die revisionswerbenden Parteien auszubezahlen (Spruchpunkt 1.). Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).
3 Begründend führte das LVwG in Bezug auf das Geld aus, dass das Glücksspielgesetz die Beschlagnahme von im Glücksspielautomaten vorgefundenen Geldbeträgen nicht regle.
4 Gegen die Einschränkung, wonach der ebenfalls beschlagnahmte Kasseninhalt frei werde und der Behörde aufgetragen werde, diesen Betrag an die revisionswerbenden Parteien auszubezahlen, richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.
5 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie vorbringen, die Revision sei nicht gesetzmäßig ausgeführt. Zudem sei die Revision unzulässig, weil die revisionswerbende Behörde keinen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gestellt habe.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht gebunden.
9 Zur Zulässigkeit der vorliegenden Amtsrevision ist zunächst auszuführen, dass diese - entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbeantwortung - sehr wohl in getrennten (Unter)Kapiteln eine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsfragen (§ 28 Abs. 3 VwGG) und daran anschließend der Revisionsgründe ("Zu 1.)" und "Zu 2.)") iSd § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG enthält.
10 Wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts mündlich verkündet (§ 29 Abs. 2 VwGVG), ist eine Revision gemäß § 25a Abs. 4a letzter Satz VwGG zudem "nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig". Eine Revisionserhebung setzt somit grundsätzlich eine rechtzeitige Antragstellung auf Ausfertigung voraus (vgl. VwGH 29.11.2017, Ra 2017/18/0157). Entgegen der Auffassung der Revisionsbeantwortung hängt die Zulässigkeit der Revisionerhebung nach Verkündung des Erkenntnisses nach dieser Bestimmung jedoch nicht davon ab, ob die Partei, die Revision erhebt, auch jene Partei war, die die Ausfertigung der Entscheidung beantragt hat (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) VwGG § 25a K 15; vgl. auch implizit VwGH 25.9.2018, Ra 2018/16/0140, Rz 13). Die Vertreter der mitbeteiligten Parteien haben noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt, weshalb ein rechtzeitiger Antrag auf Ausfertigung vorlag.
11 Die Amtsrevision erweist sich in Hinblick auf ihr Vorbringen zur Freigabe des beschlagnahmten Kasseninhalts schließlich auch im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig; sie ist aus nachstehenden Gründen auch berechtigt.
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs unterliegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz sämtliche Komponenten bzw. Bestandteile des Glücksspielgerätes, die bei Durchführung der verbotenen Ausspielungen verwendet wurden, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GSpG vorliegen (vgl. VwGH 11.9.2018, Ra 2018/17/0151).
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erfasst die Beschlagnahme des Glücksspielapparates nach § 53 GSpG den Automat samt seinem Inhalt und somit auch das darin befindliche Geld (vgl. VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0100).
14 Dass alle Bestandteile des Glücksspielgerätes und auch allenfalls im Glücksspielgerät befindliches Geld von der angeordneten (vorläufigen) Beschlagnahme umfasst sind, gilt unabhängig davon, ob die Bestandteile des Glücksspielgerätes in der für den Betrieb vorgesehenen Weise zusammengesetzt bzw. verbunden sind. Wesentlich ist, dass sie Bestandteil des beschlagnahmten Glücksspielgerätes waren und sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorläufigen Beschlagnahme in der Verfügungsmacht der einschreitenden Organe befunden haben (vgl. VwGH 21.1.2019, Ra 2018/17/0009).
15 Wenn das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde daher hinsichtlich des "ebenfalls beschlagnahmte(n) Kasseninhalte(s) in Höhe von Euro 975,00" mit der Begründung Folge gab, dass sich für die Beschlagnahme von in den Automaten befindlichem Geld keine Grundlage im Glücksspielgesetz finde, verkennt es die Rechtslage. Vielmehr hätte es - soweit im Revisionsfall von einer Beschlagnahme des Kasseninhalts auszugehen war - Feststellungen dazu treffen müssen, ob das Geld Bestandteil des beschlagnahmten Glücksspielgerätes war und sich im Zeitpunkt des Ausspruches der vorläufigen Beschlagnahme in der Verfügungsmacht der einschreitenden Organe befunden hat.
16 Das angefochtene Erkenntnis war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat insoweit, als es die Beschlagnahme des Kasseninhalts in Höhe von Euro 975,00 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
17 Den mitbeteiligten Parteien steht bei diesem Ergebnis gemäß § 47 Abs. 3 VwGG kein Anspruch auf Kostenersatz zu.
Wien, am 27. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150077.L00Im RIS seit
25.06.2019Zuletzt aktualisiert am
25.06.2019