Index
E3R E02101000Norm
BAO §269 Abs1Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/16/0046Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Beschwerdesache der S GmbH in S und der H GmbH in P, beide vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Juli 2017, Zl. RV/7200064/2016, betreffend Ablehnung eines Vertreters nach § 84 BAO in einer Angelegenheit des Zollrechts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Bundesfinanzgericht die zweitrevisionswerbende GmbH (Zweitrevisionswerberin) als Vertreterin "im abgabenrechtlichen Gerichtsverfahren" der erstrevisionswerbenden GmbH (Erstrevisionswerberin) betreffend eine Beschwerde vom 24. Dezember 2015 gegen einen Bescheid des Zollamtes Wien vom 18. Dezember 2015 ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Mit Vollmacht vom 15. Juni 2015 habe die Erstrevisionswerberin die Zweitrevisionswerberin bevollmächtigt, sie "in allen zoll-, steuer-, außenwirtschafts- und güterbeförderungsrechtlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten und für sie Eingaben, Einsprüche, Steuererklärungen u.a. zu unterfertigen, Akteinsicht zu nehmen, sowie alle dem Vollmachtgeber zweckdienlichen Maßnahmen zu treffen". Die Vollmacht gelte auch als Zustellvollmacht.
3 Mit Bescheid des Zollamtes vom 18. Dezember 2015 sei der Erstrevisionswerberin die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben nach Art. 220 des Zollkodex mitgeteilt worden, wogegen die Erstrevisionswerberin, vertreten durch die Zweitrevisionswerberin, Beschwerde erhoben habe, welche das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. März 2016 als unbegründet abgewiesen habe.
4 Die von der Zweitrevisionswerberin vertretene Erstrevisionswerberin habe eine als Vorlageantrag zu wertende Bescheidbeschwerde erhoben, worin auf die Vollmacht vom 15. Juni 2015 Bezug genommen werde.
5 Eine Verzollungsvollmacht umfasse im Regelfall nicht das Vertretungsrecht in einem Rechtsbehelfsverfahren. Die Finanzgerichte seien keine Zollbehörden im Sinn des Art. 18 UZK und des Art. 5 Nr. 1 und Nr. 6 UZK. Für die Prozessvertretung vor den Finanzgerichten gelte das Prozessrecht. Für das Rechtsbehelfsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht gälten die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung. Die Bestimmung des § 85e ZollR-DG, wonach der in § 38 Abs. 1 leg. cit. genannte Personenkreis (Spediteure, Frachtführer) zur Vertretung im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht befugt sei, sei durch das Abgabenänderungsgesetz 2015 aufgehoben worden. Die Änderung der verfahrensrechtlichen Rechtsvorschrift sei ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens auch auf solche Rechtsvorgänge anzuwenden, die sich vor Inkrafttreten des neuen Verfahrensrechts ereignet hätten.
6 Da die Zweitrevisionswerberin nicht zum Kreis jener Personen gehöre, die nach dem Berufsrecht als Bevollmächtigte zur Vertretung von Personen vor dem Bundesfinanzgericht befugt seien, sei sie spruchgemäß abzulehnen gewesen.
7 Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. November 2018, E 2828/2017-13, die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
8 Die sodann erhobene (außerordentliche) Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Gemäß § 24 Abs. 1 des Bundesfinanzgerichtsgesetzes (BFGG) ist das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht in der BAO, im Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) und im Finanzstrafgesetz (FinStrG) und weiters - für hier nicht interessierende Fälle - im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geregelt.
12 Gemäß § 83 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich gemäß § 83 Abs. 2 leg. cit. nach der Vollmacht.
13 Gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, (Unionszollkodex - UZK) kann jede Person einen Zollvertreter ernennen.
14 Gemäß Art. 18 Abs. 3 UZK können die Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht die Bedingungen festlegen, unter denen ein Zollvertreter Dienstleistungen im Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, erbringen kann.
15 Gemäß § 84 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde solche Personen (Personengesellschaften) als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein. Gleichzeitig ist der Vollmachtgeber von der Ablehnung in Kenntnis zu setzen. Das von einer abgelehnten Person (Personengesellschaft) in Sachen des Vollmachtgebers nach der Ablehnung schriftlich oder mündlich Vorgebrachte ist gemäß § 84 Abs. 2 leg. cit. ohne abgabenrechtliche Wirkung.
16 Im Beschwerdeverfahren haben die Verwaltungsgerichte gemäß § 269 Abs. 1 BAO die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.
17 Die Revisionswerber tragen zur Zulässigkeit ihrer Revision (§ 28 Abs. 3 VwGG) nach allgemeinen einleitenden Vorbemerkungen (Seite 4 bis 5 des Revisionsschriftsatzes) und Ausführungen zu "Nichtzulassungsgründen" (S. 5 bis 6 des Revisionsschriftsatzes) und "sonstigen Erwägungen des angefochtenen Beschlusses" (S. 6 bis 7 des Revisionsschriftsatzes), welche allerdings im angefochtenen Beschluss in der Begründung der Unzulässigkeit der Revision nicht aufscheinen, zu sogenannten "Einwendungen; Zulassungsgründen" (Seite 7 bis 9 des Revisionsschriftsatzes) Rechtsausführungen vor, in denen die Revisionswerber allerdings nicht formulieren, von welcher konkreten Rechtsfrage die Lösung der Revision abhinge und welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof zu beantworten hätte. Schon deshalb erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. etwa VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0165 bis 0166, VwGH 19.12.2017, Ra 2017/16/0117, und VwGH 22.11.2016, Ra 2016/16/0106).
18 Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen der Revisionswerber um Art. 18 Abs. 1 UZK drehen, die Bestimmung des Art. 18 Abs. 3 UZK jedoch nicht erwähnen, worauf sich das Bundesfinanzgericht bei Anwendung des § 84 BAO aber offensichtlich auch stützt.
19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160045.L00Im RIS seit
05.07.2019Zuletzt aktualisiert am
05.07.2019