Entscheidungsdatum
13.12.2016Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs1 Z9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter MMag. Dr. Böhm-Gratzl über die Beschwerde des mj. A. B., vertreten durch C. D. als gesetzliche Vertreterin, p.A. E.-gasse, Wien, vom 5.9.2016 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 18.8.2016, Zl. ..., mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers vom 31.5.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 68/2013 abgewiesen wurde,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit – nunmehr angefochtenem – Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 18.8.2016 wurde der Erstantrag des mj. Beschwerdeführers, eines am ...2014 geborenen Staatsangehörigen der Volksrepublik China, vom 31.5.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG mit der Begründung abgewiesen, dass einerseits seine Mutter, die am selben Tag einen ebensolchen Antrag eingebracht habe, über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfüge bzw. der Erteilung an jene ein aufrechtes Einreiseverbot entgegenstehe und andererseits der Familienzusammenführung mit dem – in Österreich auf Grund eines Titels gemäß § 41a Abs. 9 NAG – aufenthaltsberechtigten Vater des Beschwerdeführers, F. B., die Bestimmung des § 23 Abs. 4 leg. cit. entgegenstehe.
Hiegegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde vom 5.9.2016, in welcher – den mj. Beschwerdeführer betreffend – vorgebracht wird, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels im vorliegenden Fall zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens geboten sei und dass der Vater des mj. Beschwerdeführers über einen Aufenthaltstitel für Österreich verfüge. Es werde daher die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels beantragt.
Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht (einlangend am 7.9.2016) vor.
Das Verwaltungsgericht Wien nahm am 9.9.2016 Einsicht in öffentliche Register (Zentrales Melderegister, Versicherungsdatenbank, Zentrales Fremdenregister, Strafregister der Republik Österreich, AMS-Portal).
Wie dem Verfahrensgang im parallel zur gegenständlichen Rechtsache geführten Verfahren der Mutter des mj. Beschwerdeführers zu entnehmen ist, blieb das gegen jene verhängte Einreiseverbot bis zuletzt aufrecht und stand schon alleine dies der Erteilung eines Aufenthaltstitels an jene entgegen (vgl. das am heutigen Tage zur Zl. VGW-151/016/11283/2016 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien).
Das Verwaltungsgericht Wien nimmt den folgenden – entscheidungserheblichen – Sachverhalt als erwiesen an:
Der mj. Beschwerdeführer ist ein am ...2014 geborener Staatsangehöriger der Volksrepublik China und im Besitz eines bis zum 4.8.2019 gültigen Reisepasses dieses Staates. Er ist das gemeinsame Kind der am ...1975 geborenen chinesischen Staatsangehörigen C. D. und des am ...1969 geborenen chinesischen Staatsangehörigen F. B.. Letzterer hält sich aktuell auf Grund eines bis zum 8.10.2017 gültigen Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG in Österreich auf. Die Mutter des Beschwerdeführers hatte bislang keinen Aufenthaltstitel für Österreich inne und wurde gegen sie ein nach wie vor aufrechtes Einreiseverbot erlassen.
Die Mutter des Beschwerdeführers brachte in Vertretung für jenen den verfahrenseinleitenden Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG am 31.5.2016 bei der Österreichischen Botschaft in Rom (Italien) ein und wurde dieser mit dem – nunmehr angefochtenen – Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 18.8.2016 – mit oben dargelegter – Begründung abgewiesen. Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Es wurde im Verfahrensverlauf weder vorgebracht noch ist es hervorgekommen, dass dem Vater des mj. Beschwerdeführers alleine das Recht auf dessen Pflege und Erziehung zukäme. Eine Zustimmungserklärung der Mutter, eine Gerichtsentscheidung oder Ähnliches sind jedenfalls nicht ersichtlich.
Zur Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen gründen sich auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, dem Beschwerdevorbringen, dem Inhalt des gegenständlichen Gerichtsaktes, auf der Einschau in öffentliche Register und auf den Ermittlungsergebnissen des hg. zur Zl. VGW-151/016/11283/2016 geführten Beschwerdeverfahrens der Mutter des mj. Beschwerdeführers. Der hier maßgebliche Sachverhalt steht sohin unstrittig fest.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:
Das erkennende Gericht hat auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), sodass Änderungen des entscheidungserheblichen Sachverhaltes im Stadium des Beschwerdeverfahrens beachtlich und vom Amts wegen aufzugreifen sind.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, lauten in ihrer geltenden Fassung BGBl. I Nr. 122/2015 – auszugsweise – wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. – 8. [...]
9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;
10. – 20. [...]
(2) – (7) [...]
Verfahren bei Inlandsbehörden
§ 23. (1) – (3) [...]
(4) Handelt es sich um den erstmaligen Antrag eines Kindes (§ 2 Abs. 1 Z 9), richten sich die Art und die Dauer seines Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltstitel der Mutter oder eines anderen Fremden, sofern diesem die Pflege und Erziehung des Kindes zukommt, bei Ableitung vom Vater aber nur dann, wenn diesem aus einem anderen Grund als wegen Verzichts der Mutter allein das Recht zur Pflege und Erziehung zukommt. Ist ein Elternteil ein im Bundesgebiet wohnhafter Österreicher, so ist dem Kind jedenfalls ein Aufenthaltstitel ‚Familienangehöriger‘ (§ 47 Abs. 2) zu erteilen; in allen anderen Fällen ist dem Kind ein Aufenthaltstitel mit dem Zweckumfang der Familienzusammenführung auszustellen.
Bestimmungen über die Familienzusammenführung
§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und
1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte‘ gemäß § 41 oder einen Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘ gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende
a) einen Aufenthaltstitel ‚Daueraufenthalt – EU‘ innehat,
b) einen Aufenthaltstitel ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1 oder 4 innehat, oder
c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.
(2) – (5) […]“
Im vorliegenden Fall ist der – einen Erstantrag stellende – mj. Beschwerdeführer der gemeinsame Sohn zweier Drittstaatsangehöriger. Seine Mutter verfügt bislang über keinen Aufenthaltstitel für Österreich, seinem Vater kommt auf Grund eines Titels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu. Während die Ableitung eines Aufenthaltsrechtes des mj. Beschwerdeführers von seiner Mutter alleine auf Grund des Umstande scheitern muss, dass jene keine der optionalen Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 2 leg. cit. erfüllt, steht der Ableitung eines Aufenthaltsrechtes vom Vater die obzitierte Bestimmung des § 23 Abs. 4 NAG, welche auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken trifft (vgl. etwa VwGH 10.12.2008, 2008/22/0886), entgegen, zumal weder vorgebracht wurde noch es hervorgekommen ist, dass dem Vater alleine das Recht auf Pflege und Erziehung des mj. Beschwerdeführers zukomme. In diesem Zusammenhang sei auf die – in § 29 Abs. 1 NAG statuierte – besondere Mitwirkungspflicht eines Fremden im Niederlassungs- und Aufenthaltsverfahren verwiesen (zur Mitwirkungspflicht der Verfahrensparteien im Allgemeinen vgl. bspw. VwGH 17.2.1994, 92/16/0090; 6.3.2008, 2007/09/0233; 28.2.2014, 2012/03/0100).
Da sohin kein Familienangehöriger aufscheint, mit welchem eine Zusammenführung unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 NAG möglich wäre, ist der Erstantrag des mj. Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ von der belangten Behörde zu Recht abgewiesen worden und war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, zumal eine solche nicht beantragt wurde, die Durchführung derselben eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt und dem Entfall der Verhandlung hier weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen, zumal in concreto – bei unstrittigem Sachverhalt – bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu klären war (vgl. zB EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]).
Zum Revisionsausspruch:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041). Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0011; 28.4.2015, Ra 2014/19/0177).
Schlagworte
Aufenthaltsrecht; Ableitung; Familienzusammenführung; Familienangehöriger; Mutter; Vater; MitwirkungspflichtAnmerkung
VwGH v. 31.5.2017, Ra 2017/22/0015; ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2016:VGW.151.016.11285.2016Zuletzt aktualisiert am
29.03.2019