Index
E3R E02100000Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des RJG in R, Schweiz, vertreten durch die Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 5. November 2018, RV/1200020/2018, betreffend Versagung der Erstattung von Eingangsabgaben nach Art. 239 ZK (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt in Wolfurt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Zur Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf das in dieser Sache ergangene Erkenntnis vom 15. Mai 2018, Ra 2018/16/0045, verwiesen, mit dem das damals angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 9. Jänner 2018 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben wurde, weil dieses dem Antrag des Revisionswerbers auf Erstattung von Eingangsabgaben im Grunde des Art. 236 ZK stattgegeben hatte.
2 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. September 2018 wies das Gericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die vom Zollamt Feldkirch Wolfurt mit Bescheid vom 3. Juni 2015 versagte Erstattung der Eingangsabgaben als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Gericht zunächst folgende Sachverhaltsfeststellungen:
"Am 27. Mai 2014 kam der (Revisionswerber) als Fahrer eines auf die schweizerische C AG zugelassenen Sattelzuges zum Grenzübergang Hohenems. Gegenüber dem am Amtsplatz in der Einreisespur auf Höhe des Bürocontainers der Spedition G. stehenden Zollbeamten führte er mehrmals die Hände vor dem Körper zu einem X zusammen, öffnete die Arme und drehte die Handflächen nach außen. Der Beamte forderte den Beschwerdeführer auf, anzuhalten und befragte ihn, ob er anmeldepflichtige Waren dabei habe oder ob er leer sei. Dieser antwortete, dass es sich um eine Leerfahrt handle. Nachdem der Beamte ihn aufgefordert hatte, an den Fahrbahnrand zu fahren erklärte der (Revisionswerber), dass er ein Auto geladen habe.
Auf dem Auflieger befand sich der in der Schweiz zum Verkehr zugelassene PKW der Marke Bugatti Veyron (amtliches Kennzeichen GE- 19 900, Zulassungsinhaber A).
Das Fahrzeug sollte im Auftrag der Fa. B, nach München, verbracht und dem Concierge des Hotels Charles übergeben werden, der ihn für den Hotelgast, den russischen Staatsbürger M., in Empfang nehmen sollte. Das Fahrzeug war zur Teilnahme an der in München beginnenden Rallye ‚Save the Date, Grand Tour Elysee 2014' bestimmt.
4 Nach kurzer Darlegung seiner Beweiswürdigung schloss das Gericht in rechtlicher Hinsicht:
"Die anzuwendenden Bestimmungen richten sich auf Grund des Zollschuldentstehungszeitpunktes 27. Mai 2014 nach den bis zum 30. April 2016 geltenden Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK) und der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) in der Fassung vor der Novelle durch die Durchführungsverordnung (EU) 2015/234 der Kommission vom 13. Februar 2015.
Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.
Zollschuldner ist nach Art. 202 Abs. 3 erster Anstrich ZK die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat.
Gemäß Art. 239 Abs. 1 ZK können Einfuhrabgaben in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; ...
Art. 899 ZK-DVO lautet:
...
Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO lautet:
...
Eine Erstattung gemäß Art. 239 Abs. 1 erster Anstrich ZK kommt somit dann in Betracht, wenn einer der in den Art. 900 bis 903 ZK-DVO beschriebenen Tatbestände erfüllt ist und keine offensichtliche oder betrügerische Absicht des Beteiligten vorliegt. Darüber hinaus wird die nationale Verwaltung ermächtigt, in besonderen Einzelfällen eine Erstattung oder einen Erlass zu gewähren, wenn Umstände vorliegen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind (Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK iVm Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO).
Gemäß Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZK-DVO werden Einfuhrabgaben erstattet oder erlassen, wenn die Zollschuld auf andere als die in Art. 201 des Zollkodex beschriebene Weise entsteht und der Beteiligte durch Vorlage eines Ursprungszeugnisses, einer Warenverkehrsbescheinigung, eines internen gemeinschaftlichen Versandscheins oder einer anderen entsprechenden Unterlage nachweist, dass im Fall der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ein Anspruch auf Gemeinschaftsbehandlung oder auf eine Zollbehandlung mit Abgabenbegünstigung bestanden hätte, sofern die übrigen Voraussetzungen nach Art. 890 erfüllt sind.
Die vorgelegte Unterlage muss sich tatsächlich auf die eingeführten Waren beziehen. Weiters müssen zusätzlich alle Voraussetzungen für die Annahme der Unterlagen erfüllt sein sowie alle übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Gemeinschaftsbehandlung und einer Zollpräferenzbehandlung bestehen. Darüber hinaus darf weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit vorliegen (Art. 899 Unterabs. 1 erster Anstrich ZK-DVO).
Gemäß den o.a. Bestimmungen eröffnet das Gemeinschaftsrecht die Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen auch bei Unregelmäßigkeiten nachträglich den begünstigten Zollsatz zu gewähren. Der (Revisionswerber) bringt vor, es sei unzweifelhaft, dass es sich beim Fahrzeug um eine Ursprungsware handle. Die einzige Produktionsstätte liege in Frankreich, weshalb das Fahrzeug nachweislich ein EU-Produkt sei.
Es mag zutreffen, dass es sich beim Fahrzeug der Marke Bugatti um eine Ware mit Ursprung in der Gemeinschaft handelt. Entgegen der Ansicht des (Revisionswerbers) ist der Ursprung der Ware für die Gewährung der Präferenzbegünstigung jedoch auch mittels einer Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 (Schweiz - EU) nachzuweisen.
Die vorgelegte Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 Nr. A 51352541 vom 3.4.2007 erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da sie für den Export des Fahrzeugs aus Frankreich in die Schweiz ausgestellt worden ist. Wie der (Revisionswerber) in seiner Eingabe vom 23. März 2015 ausgeführt hat, kann er die von den Schweizer Zollbehörden geforderten Nachweise für die Ausstellung einer Warenverkehrsbescheinigung (Schweiz - EU) nicht erbringen, sodass die Schweizer Zollbehörden die Ausstellung der EUR 1 verweigerten.
Der Nachweis, dass das Fahrzeug ein Ursprungserzeugnis Frankreichs ist und nach den maßgeblichen Rechtsgrundlagen zum Zeitpunkt der Verbringung Anspruch auf die Gewährung des Präferenzzollsatzes gehabt hätte, konnte vom (Revisionswerber) nicht erbracht werden, sodass die Voraussetzungen für die Präferenzbegünstigung (Zollsatz: Null) nicht vorliegen und daher der Erstattung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 239 ZK in Verbindung mit Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZK-DVO nicht gewährt werden kann.
Die nationalen Verwaltungen werden gemäß Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO ermächtigt, über alle in den Art. 236 bis 238 ZK und Art. 900 ZK-DVO genannten Fälle hinaus in besonderen Einzelfällen eine Erstattung zu gewähren, wenn Umstände vorliegen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind (Alexander in Witte, Zollkodex6 Rz 1 zu Art. 239).
Beim Terminus ‚besondere Fälle' in Art. 899 Abs. 2 erster Satz ZK-DVO handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff. Für gemeinschaftsrechtlich geschuldete Abgabenbeträge ergibt sich dessen Auslegung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der EuGH sowie aus der Entscheidungspraxis der Kommission zu Art. 239 ZK. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Abgabenvorschreibung oder das Nichtbestehen einer Zollschuld ist laut Alexander in Witte, Zollkodex6, Rz 56 bzw. 71 zu Art. 239, jedenfalls kein besonderer Umstand. Der Wirtschaftsteilnehmer kann die Überprüfung der Abgabenschuld durch einen Erstattungs oder Erlassantrag nach Art. 236 ZK überprüfen lassen, sodass für eine Billigkeitsmaßnahme auf Grund besonderer Umstände iSd. Art. 239 Abs. 1 kein Raum ist.
Für die Erstattung oder den Erlass von sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben hingegen, hat Österreich diesen Gesetzesbegriff in § 83 ZollR DG legal definiert (vgl Erläuternde Bemerkungen zu Regierungsvorlage Nr. 916, XX. GP). Demnach liegt ein besonderer Fall dann vor, wenn sich die Abgabenbelastung als unbillig nach Lage der Sache erweist oder wenn die Existenz des Abgabenschuldners durch die Abgabenbelastung ernsthaft gefährdet ist. Unbilligkeit nach Lage der Sache liegt jedenfalls dann nicht vor, um allfällige Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen oder unterlassene Rechtsbehelfe, insbesondere Berufungen nachzuholen (VwGH vom 19. März 1998, 96/15/0067). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgte aber vom Beschwerdeführer letztlich akzeptiert wurde.
Der Einwand, der Beschwerdeführer sei durch die Abgabenbelastung in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet, kommt im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht zum Tragen, da die Abgabenschuld durch den Arbeitgeber bereits entrichtet worden ist. Für den Fall, dass sich der Arbeitgeber, so wie vom Beschwerdeführer vorgebracht, bei ihm regressieren werde, wird wohl zu klären sein, in welcher Weise die C Mitschuld an der Abgabenentstehung hat, zumal sie dem (Revisionswerber) keine Anweisungen hinsichtlich einer eventuellen Zollbehandlung des PKWs erteilt bzw. Unterlagen für die Anmeldung des Fahrzeugs mitgegeben hat.
Alles in allem scheitert die Erstattung nach Art. 239 ZK am Verhalten des (Revisionswerbers). Er hat auf die Frage, ob er anmeldepflichtige Waren mithabe und/oder ob er leer sei, geantwortet: ‚Ich bin leer'. Diese Antwort war aber definitiv falsch, denn er hatte ein Fahrzeug geladen. Selbst wenn man davon ausginge, dass er davon überzeugt war, dass er einen amtlich zugelassenen PKW an der Grenze nicht deklarieren müsse, hätte er die Frage des Beamten, ob er leer ist, wahrheitsgemäß beantworten müssen und können. Darin liegt sein persönliches Fehlverhalten, dass zum Ausschluss der Anwendung der Billigkeitsmaßnahme nach Art. 239 ZK führt.
..."
5 Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, die Lösung der mit dem angefochtenen Erkenntnis zu beantwortenden Rechtsfragen ergebe sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden und im Erkenntnis zitierten Bestimmungen. Das Gericht habe sich dabei auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zum Terminus ‚besondere Fälle' und die hiezu ergangene Rechtsprechung stützen können.
6 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber u.a. in seinem Recht auf "Erstattung bzw. Erlass von Eingangsabgaben" verletzt. Die Zulässigkeit seiner Revision begründet er zusammenfassend darin, vor dem Hintergrund der geänderten Rechtslage nach dem Unionszollkodex seien die Anträge auf Erstattung und Erlassung in einer Bestimmung zusammengefasst und von der Behörde stets beide Richtungen zu prüfen. Die strikte Trennung, wie sie bislang angenommen worden sei, sei nicht länger haltbar und es fehle an diesbezüglicher höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für eine Erstattung bzw. einen Erlass der Zollschuld nach § 236 ZK lägen vor und wären von der Behörde zu gewähren gewesen.
7 Unabhängig davon lägen auch die Voraussetzungen für die Erlassung und Erstattung nach Art. 239 ZK vor: Richtig sei, dass der Revisionswerber die von der Zollbehörde geforderte Warenverkehrsbescheinigung nicht habe vorlegen können. Ein Ursprungsnachweis sei auch durch andere Beweismittel möglich. Um allfällige Unklarheiten über den Ursprung des Fahrzeuges auszuschließen, sei auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt worden und hätte unter Beweis gestellt werden können, dass es sich um Gemeinschaftsware handle.
8 Schließlich stehe fest, dass der Revisionswerber nicht in betrügerischer Absicht gehandelt habe. Die Versagung einer Billigkeitsentscheidung im Hinblick auf sein Verhalten gegenüber den Zollbehörden beruhe auf einer Fehlinterpretation der Situation. Es sei geradezu denkunmöglich trotz zweideutiger und jedenfalls undeutlicher Fragestellung des Zollbeamten dem Revisionswerber zu unterstellen, dass er "definitiv falsch" geantwortet und wahrheitswidrige Angaben gemacht habe. Auch liege anhand der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Kriterien keine offenkundige oder grobe Fahrlässigkeit des Revisionswerbers hervor.
9 Schließlich gehe das Gericht zu Unrecht davon aus, dass kein besonderer Einzelfall im Sinne des § 83 ZollR-DG vorliege.
10 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
12 Soweit die vorliegende Revision ihre Zulässigkeit zunächst darauf gründet, dass sich das Gericht zu Unrecht auf die Prüfung des Antrages unter dem Blickwinkel des Art. 239 ZK beschränkt habe, ist auf das - gemäß § 63 Abs. 1 VwGG im weiteren Verfahren für das Verwaltungsgericht, aber auch für den Verwaltungsgerichtshof maßgebliche - in dieser Sache ergangene, bereits eingangs zitierte Erkenntnis vom 15. Mai 2018, Ra 2018/16/0045, zu verweisen, welches tragend ausführte, dass unter Würdigung des gesamten Vorbringens des Revisionswerbers der Antrag auf Erstattung nur als solche im Grunde des Art. 239 ZK zu verstehen und das Zollamt in seinem Bescheid vom 3. Juni 2015 darüber abgesprochen habe, wodurch auch die Sache des Beschwerdeverfahrens (§ 279 Abs. 1 BAO) darauf beschränkt sei (vgl. dem entsprechend zum "Anwendungsbeginn" des UZK allgemein Henke in Witte, Kommentar zum UZK7, Rz 3 zu Art. 287, sowie Rz 2 zu Art. 288 UZK, und zur Erstattung im Besonderen Alexander in Witte, aaO, Rz 12 zu Vor Art. 116 UZK).
13 Weiters sieht die Revision ihre Zulässigkeit in der Frage des Nachweises der Voraussetzungen nach Art. 900 Abs. 1 lit. o ZK-DVO, wonach der Nachweis auch durch andere geeignete Unterlagen erbracht werden könne.
14 Allein in dem Umstand, dass sich das Gericht nicht dazu veranlasst sah, ein Sachverständigengutachten - von Amts wegen - über den "Ursprung" des Fahrzeuges einzuholen, zeigt die Revision im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut von Art. 900 Abs. 1 lit. o ZK-DVO keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, erfordert diese Bestimmung doch, dass "der Beteiligte durch
Vorlage ... einer anderen entsprechenden Unterlage nachweist",
dass im Fall der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ein Anspruch auf Gemeinschaftsbehandlung oder auf eine Zollbehandlung mit Abgabenbegünstigung bestanden hätte, sofern die übrigen Voraussetzungen nach Art. 890 erfüllt sind. Art. 890 ZK-DVO wiederum sieht als Voraussetzung für eine Stattgabe eines Antrages auf Erstattung oder Erlass die Beifügung solcher Urkunden zum Antrag, d.h. durch den Beteiligten, vor. Damit ist ausdrücklich die Pflicht des Beteiligten normiert, wenn schon nicht ein Ursprungszeugnis, eine Warenverkehrsbescheinigung oder einen internen gemeinschaftlichen Versandschein, so zumindest "eine andere entsprechende Unterlage" vorzulegen. Vor diesem Hintergrund wirft die gerügte Abstandnahme von (amtswegigen) Ermittlungen keine verfahrensrechtliche Frage grundsätzlicher Bedeutung auf.
15 Abgesehen davon führte der EuGH in seinem Urteil vom 11. November 1999, C-48/98 - Söhl & Söhlke, aus, aus
Artikel 899 ZK-DVO ergebe sich unmissverständlich, dass die Erstattung oder der Erlass nach Art. 239 Abs. 2 ZK nur dann gewährt werde, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien:
zum einen müsse einer der in Art. 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände" gegeben sein, zum anderen dürfe keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegen. Bei der Beantwortung der Frage, ob "offensichtliche Fahrlässigkeit" im Sinne des Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich leg. cit. vorliege, müssen insbesondere die Komplexität der Vorschriften, deren Nichterfüllung die Zollschuld begründet, sowie die Erfahrung und die Sorgfalt des Wirtschaftsteilnehmers berücksichtigt werden. Es sei Sache des nationalen Gerichts, auf der Grundlage dieser Kriterien zu beurteilen, ob offensichtliche Fahrlässigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers vorliege.
16 Im angefochtenen Erkenntnis hat das Gericht das Verhalten des Revisionswerbers gegenüber der Zollbehörde, insbesondere seine "definitiv falsche" Beantwortung der Frage des Zollbeamten als derartiges persönliches Fehlverhalten gewürdigt, das die Anwendung des Art. 239 ZK ausschließe. Fragen des Verschuldens sind grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts zuzuordnen und könnten nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 28.2.2017, Ra 2017/16/0001, und 19.10.2017, Ra 2017/16/0118). Dies ist im Revisionsfall nicht erkennbar.
17 Soweit das Gericht schließlich die Erstattung oder den Erlass im Grunde des Art. 239 ZK, Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO iVm.
§ 83 ZollR-DG mangels Vorliegen von Billigkeitsgründen versagte, kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Beurteilung der Billigkeit einer Abgabennachsicht grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu; auch weist die Revision in diesem Zusammenhang nicht über den Revisionsfall hinaus, womit keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt (VwGH 11.9.2014, Ra 2014/16/0012, und 25.9.2015, Ra 2015/16/0085).
18 Die vorliegende außerordentliche Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160048.L00Im RIS seit
18.06.2019Zuletzt aktualisiert am
18.06.2019