Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Sexuelle Belästigung durch Dritten, Belästigung durch DrittenText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 2. Oktober 2018 über den am 7. Dezember 2015 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) und durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG durch H (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/664/15, zu folgendem
Prüfungsergebnis:
1. Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn H diskriminiert worden.
2. A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn H diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 24. Juli 2018. Als weitere Auskunftspersonen wurden Herr G am 24. Juli 2018 sowie Frau R und Frau F am 2. Oktober 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf das Schreiben der GAW an den Antragsgegner vom 17. April 2015 und auf die Stellungnahme des Antragsgegners an die GAW vom 8. Mai 2015.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei von 6. Oktober 2014 bis 30.Jänner 2015 in der X GmbH zunächst als …Köchin am Standort W beschäftigt gewesen. Im Jänner 2015 sei die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen in das Team vom Antragsgegner zu einer Umschulung als … zum Standort M versetzt worden. Am Standort W habe es zudem einen Vorfall mit zwei Arbeitskollegen, Herrn B und Herrn K gegeben, die gegenüber der Antragstellerin Aussagen getätigt haben, die aus der Sicht der GAW als sexuelle Belästigung zu werten seien. Die Antragstellerin habe ihren Vorgesetzten, Herrn G, davon informiert. Herr S, der Restaurantleiter, sei von der Antragstellerin über seine Mitarbeiterin, Frau Y, darüber informiert worden, dass sie sich bei einer Meinungsverschiedenheit von einem Arbeitskollegen, Herrn B, bedroht gefühlt habe.
Am 14. Jänner 2015 habe der erste Tag der Umschulung im neuen Team vom Antragsgegner stattgefunden. Zu Arbeitsende habe der Antragsgegner alle Mitarbeiterinnen für eine gemeinsame Besprechung zusammengerufen. Dabei sei er nur auf die Antragstellerin zugekommen und habe nachgefragt, wie es ihr gefalle würde. Die Antragstellerin habe gemeint, es wäre sehr nett, weil hier niemand streiten würde. Sehr ruhig und überlegt habe der Antragsgegner zur Antragstellerin vor allen gesagt: „Weißt Du, wer ich bin? Ich war am Montag bei euch am W und das sind dort meine Freunde. Weißt Du was die mir gesagt haben? Jetzt hast Du das … gewonnen. Sie haben mir alles erzählt. Ich weiß genau, wer du bist. Du bist das Mädchen, mit dem niemand arbeiten kann, die selbst mit allen ein Problem hat und unfähig ist. Und Du bist das Mädchen, das niemand ficken will. Solange du bei mir bist, sage ich, wann wir anfangen und ich sage dir, was du machst und ich will von Dir nichts hören. Hast Du das verstanden?" Die Antragstellerin sei total geschockt und gedemütigt gewesen. Sie habe dieses Verhalten als derart feindselig empfunden, dass ihr die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht mehr möglich gewesen sei.
Der Antragsgegner übermittelte trotz mehrmaliger Aufforderung keine Stellungnahme an den Senat.
In seiner Stellungnahme an die GAW vom 8. Mai 2015 erklärte der Antragsgegner im Wesentlichen, dass die Antragstellerin ihm Dinge vorwerfe, die nicht der Realität entsprechen. Er habe drei Zeugen. Er sei 47 Jahre alt, Vater von 5 Kindern und verstehe daher das kindische Verhalten der Antragstellerin nicht.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor, wenn eine Person durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wird.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Als Dritte im Sinne des § 6 GlBG kommen Personen in Betracht, die vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschieden sind, so zB ArbeitskollegInnen, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin.2
Unter einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise unsittliche Redensarten oder abfällige Bemerkungen.3
Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.4
Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Allerdings kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.5
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, der Antragsgegner habe die Antragstellerin vor anderen MitarbeiterInnen verbal angegriffen und dabei unter anderem gesagt: „Du bist das Mädchen, das niemand ficken will.“, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin von 6. Oktober 2014 bis 30. Jänner 2015 bei der X GmbH beschäftigt war. Sie war zuerst als ...Köchin am Standort W eingesetzt. Im Zuge dieser Tätigkeit kam es zu Problemen mit zwei anderen Mitarbeitern. Schließlich wurde sie Mitte Jänner in den Standort M versetzt. Einige Tage vor der Versetzung besuchte der Antragsgegner, der Küchenchef der Filiale M die Filiale W und erkundigte sich über die Antragstellerin. Dort wurde ihm unter anderem mitgeteilt, dass die Antragstellerin anstrengend ist. Am 14. Jänner nach Schichtende versammelte der Antragsgegner seine MitarbeiterInnen und beschimpfte die Antragstellerin vor dem anwesenden Team wüst. Dabei sagte er unter anderem: „Du bist das Mädchen, das niemand ficken will.“
Der mündlichen Befragung der Beteiligten und dem Eindruck, den der erkennende Senat von ihnen gewinnt, kommt eine Schlüsselrolle bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens zu. Die Antragstellerin konnte den Senat davon überzeugen, dass ihr Glauben zu schenken war. Die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin und ihres Vorbringens ergibt sich für den Senat aufgrund verschiedener Faktoren. Die Antragstellerin konnte die Vorwürfe der sexuellen Belästigung in ihrem schriftlichen Vorbringen sowie ihrer mündlichen Befragung glaubhaft darlegen. Die Antragstellerin wiederholte im mündlichen Vorbringen die erhobenen Vorwürfe gegen den Antragsgegner mehrmals ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag, konnte diese näher umschreiben und veranschaulichen. Zudem machte die Antragstellerin einen sehr betroffenen Eindruck, sie wirkte ehrlich verletzt und man konnte sich durch ihre Schilderung gut in die kränkende Situation hineinversetzen. Für den Senat hat sich Betroffenheit in der besonderen Weise ausgedrückt, dass sie unter dem Schock der Vorkommnisse heulend in die Garderobe gelaufen ist.
Da der Antragsgegner dem Senat weder eine Stellungnahme übermittelte, noch zu einer mündlichen Befragung erschien, konnte kein persönlicher Eindruck gewonnen werden. Der Senat musste sich ein Bild auf Basis der Aussagen der Antragstellerin und der Auskunftspersonen bilden. Diese beschrieben den Antragsgegner übereinstimmend als groben Machtmenschen. Eine sexistische Ausdrucksweise prägte die Kommunikation mit seinen MitarbeiterInnen.
Die Auskunftspersonen Frau R und Frau F, Arbeitskolleginnen der Antragstellerin, die bei dem Vorfall dabei waren, schilderten glaubwürdig die Vorkommnisse und bestätigten im Wesentlichen die Version der Antragstellerin. Wortwörtlich konnten sich beide zwar nicht mehr erinnern, da der Vorfall allerdings bereits fast 3 Jahre zurückliegt, erscheint das dem Senat nachvollziehbar. Beide gaben wieder, dass es einen schwerwiegenden Vorfall gegeben hat. Frau F wurde zudem durch ein bestimmtes sexualisiertes Wort hellhörig, wodurch sie der Auseinandersetzung, der sie zuerst nicht unmittelbar gefolgt ist, nähere Beachtung schenkte. Beide schilderten wie die Antragstellerin noch vor allen anderen in Tränen ausbrach und in die Garderobe gelaufen ist. Während alle anderen MitarbeiterInnen beschämt bei der Versammlung blieben, liefen ihr die beiden Frauen hinterher. Glaubwürdig war auch die allgemeine Beschreibung des Antragsgegners. Ihren Angaben zufolge hatte dieser die Gewohnheit im täglichen Umgang sexistische Ausdrücke zu gebrauchen und derartige Witze zu machen.
Es ergibt sich aus der Befragung, dass auch Herr G, ein langjähriger Bekannter des Antragsgegners, ihm derartige Aussagen grundsätzlich zutraut. Die Auskunftsperson bezeichnete den Antragsgegner als seinen Freund und beschrieb ihn als groben und rohen Menschen. Es kommt dieser Personenbeschreibung besondere Glaubwürdigkeit zu, da man davon ausgehen kann, dass man bei Beschreibungen von Freunden tendenziell behutsamer vorgeht. Daher scheint es nicht ausgeschlossen, dass Herr G den Antragsgegner sogar, wie von der Antragstellerin vorgebracht, als Tier bezeichnet hat. Dass er sie gewarnt hat, konnte er in seiner Befragung zumindest nicht ausschließen. Die Auskunftsperson schilderte die schwierigen persönlichen Verhältnisse, denen der Antragsgegner entstammt. Das rechtfertigt in keinster Weise das Vorgefallene, allerdings macht es für den Senat nachvollziehbar, warum der Antragsgegner ein solches Menschen- bzw. Frauenbild entwickelt hat. Zusätzlich verstärkt es die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Antragstellerin.
Als der Antragsgegner sich bei Herrn G erkundigte, wie die Antragstellerin sei, schilderte er ihm seine Erfahrungen mit ihr und warnte ihn vor, dass man es der Antragstellerin nicht recht machen kann. Außerdem gab er zu, dem Antragsgegner vom Vorfall im W erzählt zu haben. Daraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Wörter mit dem Inhalt und dem Bezug zum W derart gefallen seien können. Auch Frau R sagte aus, dass es eine Erwähnung der Kollegen am W gegeben hat.
Die von der Antragstellerin vorgebrachte Schimpftirade mit sexuellem Unterton ist nach Ansicht des Senates eindeutig der sexuellen Sphäre zuzuordnen. Sie hat die subjektive Grenze der Antragstellerin klar überschritten. Es war aufgrund der Massivität sogar dieser einzelne Vorfall nach Auffassung des Senates geeignet die Würde der Antragstellerin zu verletzen und eine einschüchternde, feindselige bzw. demütigende Arbeitsumwelt zu schaffen.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG musste der Senat feststellen, dass der Antragsgegner nicht einmal versuchte zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Weder gab er eine Stellungnahme an die GBK ab, noch reagierte er auf die zwei Ladungen, die ihm nachweislich zugestellt wurden. Der Antragsgegner hatte offensichtlich kein Interesse sich am Verfahren zu beteiligen, was vom Senat entsprechend zu würdigen war.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.
Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenes Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nicht mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht.6
Die Diskriminierungstatbestände der sexuellen Belästigung nach § 6 GlBG und der geschlechtsbezogenen Belästigung § 7 GlBG stehen zueinander in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung. Sexuelle Belästigung ist als ein Spezialfall der geschlechtsbezogenen Belästigung zu sehen.7 Die allgemeinen Ausführungen zu § 6 GlBG, wie auch die Beweislastregel, sind auch für § 7 GlBG maßgeblich.
Die Antragstellerin brachte weiters vor, die Beleidigung durch den Antragsgegner haben sich auch auf das Geschlecht bezogen. So habe der Antragsgegner gesagt: „Du bist das Mädchen, mit dem niemand arbeiten kann, die selbst mit allen ein Problem hat und unfähig ist.“
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese Beleidigungen des Antragsgegners gegenüber Antragstellerin, die in Anwesenheit ihrer KollegInnen stattfanden, auf das Geschlecht der Antragstellerin abzielten.
Bei der Aussage des Antragsgegners, die Antragstellerin sei „das Mädchen, mit dem niemand arbeiten kann, die selbst mit allen ein Problem hat und unfähig ist.“, ist der Geschlechtsbezug nicht von vorneherein offensichtlich. Verhaltensweisen, die nicht per se auf das Geschlecht der belästigten Person abzielen, können aber dennoch als Belästigung nach § 7 GlBG zu werten sein. Ausschlaggebend ist dabei das Motiv der belästigenden Person.8 Im konkreten Fall also, ob der Antragsgegner das Verhalten in der geschilderten Form gegenüber der Antragstellerin deswegen gesetzt hat, weil sie eine Frau ist. Die Auskunftspersonen sagten übereinstimmend aus, dass der Antragsgegner ein sehr schlechtes Bild von Frauen hatte und derartige Aussagen auf der Tagesordnung standen. Vor diesem Hintergrund ist der Argumentation der GAW zu folgen, dass die Aussage von geschlechtsstereotypen Vorwürfen geprägt ist, die das pauschalierende Urteil enthalten, dass Frauen, als Mitglieder einer Gruppe, bestimmte Eigenschaften zugedacht werden, wie besondere Sensibilität („Hysterie“) oder Unfähigkeit ohne Anleitung selbständig arbeiten zu können.
Bezüglich der Ausführungen zur Glaubwürdigkeit wird auf § 6 GlBG verwiesen. Zusammenfassend ist das Vorbringen der Antragstellerin, die getätigte Aussage des Antragsgegners sei geschlechtsspezifisch konnotiert gewesen, dem Senat glaubwürdig erschienen. Auch im Hinblick auf die bereits oben festgestellte sexuelle Belästigung erscheint es für den Senat plausibel, dass der Antragsgegner Mitarbeiterinnen gegenüber einen anderen Umgangston pflegte als bei Mitarbeitern.
Durch diese getätigte geschlechtsbezogene Äußerung des Antragsgegners wurde die Würde der Antragstellerin beeinträchtigt. Für die Antragstellerin war das gesetzte Verhalten zudem unerwünscht. Dass die MitarbeiterInnen in der Filiale M durch die Beleidigungen auch über die Vorfälle an ihrem alten Standort W informiert wurden, schuf ein demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld, in dem eine Weiterbeschäftigung nicht mehr vorstellbar erscheint.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gilt das zu oben gesagte gleichermaßen.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, H, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
1. Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.
Wien, 2. Oktober 2018
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 9.
3 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f.
4 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 12.
5 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 28.
6 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 7 Rz 3.
7 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 7 Rz 4.
8 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 7 Rz 15.
Zuletzt aktualisiert am
28.03.2019