Entscheidungsdatum
25.01.2019Norm
AVG §12Spruch
W208 2197819-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Reinhard XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.05.2018, Zl. BVwG-106.913/0065-GSt/2018 betreffend Beteiligtengebühren, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 26 Abs 5 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Bescheid, soweit er die Zurückweisung des Gebührenanspruches des XXXX selbst betrifft, aufgehoben wird.
II. Hinsichtlich der Gebühr für die Begleitperson wird die Beschwerde gem. § 26 Abs 1 VwGVG abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein Landwirt (im Folgenden: BF), trat am 13.12.2017 in einem Beschwerdeverfahren vor dem BVwG in WIEN (zu Zl. W102 2016679-1) als bevollmächtigter Vertreter seiner Tochter, die als beschwerdeführende Partei geladen aber verhindert war, auf.
2. Für seine Teilnahme machte der BF mit Schreiben vom 14.12.2017 Reise- und Aufenthaltskosten nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Begleitperson (bei dieser noch zusätzlich eine Entschädigung für Zeitversäumnis) geltend. Weiters begehrte er Stellvertreterkosten für eine Aushilfe im Stall.
3. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Präsidenten des BVwG (belangte Behörde) vom 16.05.2018, wurden der Antrag gemäß § 26 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 GebAG - nach einem Parteiengehör, bei dem der BF seiner damaligen Begleitperson eine Vollmacht zu ihrer Vertretung im Gebührenverfahren erteilt hatte - zurückgewiesen.
4. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 22.05.2018) erhob der bevollmächtigte Vertreter des BF am 23.05.2018 Beschwerde.
5. Mit Schreiben vom 08.06.2018 wurden die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten der zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - zur Bearbeitung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Punkt I. angeführte Sachverhalt wird festgestellt. Insbesondere wird festgestellt, dass der BF als bevollmächtigter Vertreter seiner vom Gericht geladenen und verhinderten Tochter, die im genannten Verfahren Partei ist, erschienen ist und dort zum Sachverhalt einvernommen wurde.
Er ließ sich aufgrund seiner Herzprobleme und seiner Ortsunkenntnis in WIEN von seinem Nachbarn Reinhard XXXX (im Folgenden: B.) begleiten und reiste bereits am 12.12. für die am 13.12.2017 um 10.00 Uhr in WIEN beginnende Verhandlung aus M XXXX in Kärnten an.
Der B. richtete am 02.12.2017 eine E-Mail an die Einlaufstelle des BVwG und teilte mit, dass er mit dem BF mit dem Auto am Vortag anreisen und amtliches Kilometergeld verrechnen werde. Er hoffe, dass dies in Ordnung gehe. Eine Antwort erhielt er nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt sowie den Aussagen des bevollmächtigten Vertreters des BF in der Beschwerde und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die vorliegende Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) fristwahrend erhoben.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anträge des BF.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung im GebAG oder VwGVG besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl dem BF als auch der Verwaltungsbehörde bekannt. Die vom BF aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte. Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)
Die maßgeblichen Bestimmungen des GebAG (Hervorhebungen durch BVwG) lauten:
"Zeugen
Begriff. Anspruchsberechtigung
§ 2. (1) Als Zeuge im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede Person anzusehen, die innerhalb oder außerhalb eines förmlichen gerichtlichen Beweisverfahrens zu Beweiszwecken, aber nicht als Sachverständiger, Partei oder Parteienvertreter gerichtlich vernommen oder durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen der Befundaufnahme beigezogen wird.
(2) Eine Begleitperson des Zeugen ist einem Zeugen gleichzuhalten, wenn der Zeuge wegen seines Alters oder wegen eines Gebrechens der Begleitung bedurft hat; das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, hat die Notwendigkeit der Begleitperson zu bestätigen.
(3) Keinen Anspruch auf die Gebühr haben
1. der Zeuge, der die Aussage ungerechtfertigt verweigert,
2. im Strafverfahren Subsidiarankläger (§ 72 StPO) und Privatankläger.
[...]
Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
[...]
Anspruchsvoraussetzungen
§ 4. (1) Der Anspruch auf die Gebühr steht dem Zeugen zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Er kommt aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der auf Grund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist; er hat jedoch im ersten Fall, wenn er sonst im Weg der Rechtshilfe hätte vernommen werden können, nur den Anspruch, der ihm bei einer Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht zustände, sofern seine unmittelbare Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich gewesen ist; andernfalls hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, die Notwendigkeit der unmittelbaren Vernehmung zu bestätigen.
[...]"
Die einschlägigen Bestimmungen des VwGVG lauten (Hervorhebungen durch BVwG):
"Gebühren der Zeugen und Beteiligten
§ 26. (1) Zeugen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken vernommen werden oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, haben Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 des Gebührenanspruchsgesetzes - GebAG, BGBl. Nr. 136/1975. Die Gebühr ist gemäß § 19 GebAG beim Verwaltungsgericht geltend zu machen.
(2) Für die Bestimmung der Gebühr gilt § 20 GebAG mit folgenden Maßgaben:
1. Die Gebühr ist vorläufig zu berechnen. Vor der Gebührenberechnung kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.
[...]
(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten auch für Beteiligte.
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Die Gebühr des Zeugen bzw. des Beteiligten umfasst gem. § 3 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 1 GebAG (auf den die §§ 26 Abs 1 iVm Abs 5 VwGVG verweisen), den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden.
Der BF vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass er als bevollmächtigter Vertreter seiner Tochter als Beteiligter zu gelten habe und er auch in dieser Eigenschaft einvernommen worden sei. Es stünden ihm daher Gebühren gem. den oben zitierten Vorschriften zu.
Die belangte Behörde vermeint hingegen, dass dies nicht der Fall wäre, weil der Gesetzeswortlaut der zitierten Bestimmungen "Personen die als rechtsfreundliche Vertretung eines Zeugen oder eines Beteiligten an der Verhandlung teilnehmen", nicht erfasse.
Diese Rechtsansicht wird aus den folgenden Gründen nicht geteilt:
Gemäß § 8 AVG ist Beteiligter, wer die Tätigkeit einer Behörde in Anspruch nimmt bzw. der auf den sich die Tätigkeit einer Behörde bezieht, sofern er an der Sache nicht vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist (dann wäre er Partei). Schon das trifft auf den BF zu, er hat im Rahmen einer mündlichen Verhandlung an der Feststellung des Sachverhalts mitgewirkt, indem er als Bevollmächtigter seiner Tochter dem Gericht auf dessen Fragen Auskünfte zum Sachverhalt gegeben hat.
Dass nicht der BF, sondern seine Tochter geladen wurde, ändert daran nichts, weil eine Bevollmächtigung in dem Verfahren, in dem der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist, grundsätzlich verfahrensrechtliche Wirkungen hat (vgl. VwGH 29.05.2013, 2011/22/0130) und das im gegebenen Zusammenhang bedeutet, dass er ihre prozessrechtlichen Rechte und Pflichten (§§ 11, 17 VwGVG iVm §§ 9, 10 AVG) ausüben durfte und damit zur Partei wurde.
Im Übrigen sind gemäß § 12 AVG die Vorschriften des AVG über die Beteiligten auch auf deren Bevollmächtigte zu beziehen.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit dem Beteiligtenbegriff im § 26 Abs 5 VwGVG nicht an jenen des AVG hätte anknüpfen wollen. Auch das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des VwGH vom 21.05.2001, 2001/17/0022, dass noch zur Vorgängerbestimmung des § 51d AVG ergangen ist, führt aus, dass Zeugen und Beteiligte (insbesondere Parteien) unabhängig vom Zeugenbegriff nach § 2 Abs 1 GebAG einen Gebührenanspruch besitzen.
Im Ergebnis führt dies vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts dazu, dass der BF jedenfalls Beteiligter im Grundverfahren W102 2016679-1 war und ihm somit ein Gebührenanspruch wie einem Zeugen zugekommen wäre. Indem die belangte Behörde seinen Antrag diesbezüglich ohne inhaltliche Prüfung zurückgewiesen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet und war er aus diesem Grund aufzuheben.
Die Behörde wird im fortgesetzten Verfahren den Antrag des BF in diesem Punkt inhaltlich zu prüfen und darüber zu entscheiden haben.
3.3.2. Hinsichtlich der beantragten Gebühr für die Begleitperson, verweist die belangte Behörde darauf, dass einer Begleitperson eines Zeugen oder eines Beteiligten aufgrund des Verweises in § 26 Abs 1 VwGVG - der zwar auf § 2 Abs 3 GebAG, nicht aber auf § 2 Abs 2 GebAG verweist, der den Anspruch der Begleitperson regelt - kein Rechtsanspruch auf eine Gebühr zukommt.
Vor dem Hintergrund der klaren gesetzlichen Formulierung, wird diese Rechtsansicht geteilt, § 2 Abs 2 GebAG ist im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht anwendbar. Auch eine diesbezügliche Voranmeldung des Anspruches durch die Begleitperson und ein Verschweigen des Gerichts zu dieser Ankündigung, kann eine fehlende gesetzliche Grundlage nicht ersetzen.
Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die zitierten einschlägigen Bestimmungen des GebAG, des AVG und des VwGVG sind eindeutig.
Schlagworte
Begleitperson, Beteiligte, Bevollmächtigter, ersatzloseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2197819.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.03.2019