TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/25 I403 2166886-2

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Veröffentlicht am 25.01.2019
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Entscheidungsdatum

25.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2166886-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2018, Zl. 1150044010/180036225, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsbürgerin, stellte am 25.04.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit ihrer Homosexualität.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 02.05.2017 ergänzte sie ihr Vorbringen dahingehend, dass sie selbst keine homosexuellen Neigungen gehabt habe, sondern dazu gezwungen worden sei. Sie wolle allerdings lieber mit Männern zusammen sein. Nigeria habe sie im Dezember 2010 verlassen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 25.04.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Ziffer 13 ASylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 26.07.2017 zugestellt. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht am 04.08.2017 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch den Migrantinnenverein St. Marx vorgelegt.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2017 vorgelegt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017, GZ. I403 2166886-1, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin kam in der Folge ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern stellte am 11.01.2018 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte sie, dass sie am 18.12.2017 telefonisch von einem Mann, der ihr bei der Ausreise aus Nigeria behilflich gewesen sei, bedroht worden sei.

Die vom BFA geplante Einvernahme musste mehrmals verschoben werden, weil die Beschwerdeführerin an ihrem Wohnort nicht anzutreffen bzw. kurzfristig erkrankt war; am 07.05.2018 konnte ihre niederschriftliche Einvernahme stattfinden. Sie erklärte, im ersten Verfahren nicht die Wahrheit gesagt zu haben, tatsächlich sei sie ein Opfer von Menschenhandel. Sie sei am 18.12.2017 telefonisch kontaktiert und bedroht worden, da man ihr die Schuld daran gebe, dass ihre frühere "Madame" verhaftet worden sei.

Eine weitere niederschriftliche Einvernahme durch das BFA erfolgte am 13.12.2018.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 11.01.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Ziffer 13 ASylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Dagegen wurde fristgerecht am 17.01.2019 Beschwerde erhoben. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am selben Tag vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Die Identität der Beschwerdeführerin steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Sie ist volljährig und stammt aus Benin City, Edo State. Sie verließ Nigeria 2010. Vor ihrer Ausreise besuchte sie 12 Jahre lang die Schule, war als Friseurin und Verkäuferin tätig. Ihr Bruder lebt in Lagos, ihre Tante in Benin City.

Die Beschwerdeführerin ist ledig und befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter. Sie leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich. Sie spricht Deutsch auf A2-Niveau, besucht eine Kirchengemeinde und geht der Prostitution nach. Sie führt eine Beziehung zu einem in Wien lebenden Mann, den sie am Wochenende besucht.

Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.

Es ist nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin als Opfer von Menschenhandel im Falle ihrer Rückkehr von einem Mann namens XXXX bedroht wäre. Ihr entsprechendes Vorbringen rund um einen Drohanruf am 18.12.2018 ist nicht glaubhaft. Es ist insgesamt nicht davon auszugehen, dass sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2. Zur Situation in Nigeria:

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Die wesentlichen Feststellungen daraus sind:

Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht, kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 3.3.2017). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias dennoch in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt. Dies wird am deutlichsten in Bereichen, in denen vor allem traditionelle Regeln gelten: So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen (AA 21.11.2016). Allerdings berichtet die Bertelsmann Stiftung, dass der Oberste Gerichtshof in einem bahnbrechenden Urteil entschied, dass Witwen das Recht haben von dem Verstorbenen zu erben (BS 2016). Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen (AA 21.11.2016). Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden. Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen jedoch kaum eine Rolle (BS 2016).

Frauen mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz. So findet sich z.B. beim Obersten Gerichtshof eine oberste Richterin, auch die Minister für Finanz und für Erdöl sind Frauen (BS 2016). Insgesamt bleiben Frauen in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. In den 36 Bundesstaaten Nigerias gibt es keine Gouverneurin, allerdings vier Vizegouverneurinnen (AA 21.11.2016). Die Zahl weiblicher Abgeordneter ist gering - nur 6 von 109 Senatoren und 14 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen (AA 4.2017a). In der informellen Wirtschaft haben Frauen eine bedeutende Rolle (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 3.3.2017).

Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sich mit sexueller Gewalt, körperlicher Gewalt, psychologischer Gewalt, schädlichen traditionellen Praktiken und sozioökonomischen Gewalt. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, FGM/C usw. Straftatbestände da. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Das Gesetz ist nur im Federal Capital Territory (FCT) gültig, solange es nicht in den anderen Bundesstaaten verabschiedet wird (USDOS 3.3.2017).

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert. Die Polizei schreitet oft bei häuslichen Disputen nicht ein. In ländlichen Gebieten zögerten die Polizei und die Gerichte, in Fällen aktiv zu werden, in welchen die Gewalt das traditionell akzeptierte Ausmaß des jeweiligen Gebietes nicht überstieg (USDOS 3.3.2017).

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von Maximum drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor (USDOS 3.3.2017). Frauen zögern oft, Misshandlungsfälle bei den Behörden zu melden. Viele Misshandlungen werden nicht gemeldet. Begründet wird dies damit, dass die Polizei nicht gewillt ist, Gewalt an Frauen ernst zu nehmen und Anschuldigungen weiterzuverfolgen. Die Zahl an Fällen strafrechtlicher Verfolgung von häuslicher Gewalt ist niedrig, obwohl die Gerichte diese Vergehen zunehmend ernst nehmen. Die Polizei arbeitet in Kooperation mit anderen Behörden, um die Reaktion und die Haltung gegenüber geschlechtsspezifischer Gewalt zu verbessern. Dies beinhaltet den Aufbau von Referenzeinrichtungen für Opfer sexueller Misshandlung, sowie die Neuerrichtung eines Genderreferats. Im Allgemeinen sind die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten, wobei Frauen mit größeren Schwierigkeiten bei der Suche und beim Erhalt von Schutz insbesondere vor sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert sind als Männer (UKHO 8.2016b).

Vergewaltigung ist ein Kriminaldelikt. Das VAPP erweitert den Anwendungsbereich des bestehenden Rechts mit Bezug auf Vergewaltigungen. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche die Gerichte dazu ermächtigt, den Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen (USDOS 3.3.2017).

Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von zehn bis neunzehn Jahren eine Vergewaltigung war. Sozialer Druck und Stigmatisierung reduzieren die Zahl der tatsächlich zur Anzeige gebrachten Fälle (USDOS 3.3.2017).

Das Bundesgesetz kriminalisiert weibliche Beschneidung oder Genitalverstümmlung (USDOS 3.3.2017). Etwa 20 Millionen nigerianische Frauen sind Opfer von FGM. Das Gesundheitsministerium, Frauengruppen und viele NGOs führen Sensibilisierungskampagnen durch, um die Gemeinden hinsichtlich der Folgen von FGM aufzuklären (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 21.11.2017).

Das kanadische Immigration and Refugee Board berichtet, dass es unterschiedliche Zahlen zur Prävalenz der FGM in Nigeria gibt. Einige Quellen geben an, dass über 40 Prozent% der Frauen in Nigeria FGM ausgesetzt sind. Laut anderen Quellen liegt die Prävalenz der FGM zwischen 25-27 Prozent (IRB 13.9.2016) Dabei gibt es erhebliche regionale Diskrepanzen. In einigen Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd wird die große Mehrzahl der Mädchen auch heute noch Opfer von Genitalverstümmelungen, in weiten Teilen Nordnigerias ist der Anteil erheblich geringer. Genitalverstümmelungen sind generell in ländlichen Gebieten weiter verbreitet als in den Städten (AA 21.11.2016).

Es gibt für Opfer von FGM bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM bedroht sind, Schutz und/oder Unterstützung durch Regierungs- und NGO-Quellen (UKHO 2.2017). Insgesamt kann festgestellt werden, dass Frauen, die von FGM bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln können, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO .2.2017). U.a. folgende Organisationen gehen in Nigeria gegen FGM vor: The National Association of Nigerian Nurses and Midwives (NHW 10.5.2016), Nigerian Medical Women's Association -Nigerian Medical Association (AllAfrica 3.9.2014). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, und UNICEF starteten in Zusammenarbeit mit dem Office of the First Lady, und den Bundesministerien für Gesundheit, Frauen und soziale Entwicklung am 9.2.2016 ein gemeinsames Projekt gegen FGM (UNFPA 9.2.2016).

Diese Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den folgenden Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/D3.8.2016, Zugriff 22.6.2017

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AllAfrica (3.9.2014): Nigeria: Eradicating Female Genital Cutting, Hope for the Nigerian Child,

http://allafrica.com/stories/201409040129.html, Zugriff 4.7.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 4.7.2017

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IBT - International Business Times (26.5.2015): Nigeria Bans Female Genital Mutilation: African Powerhouse Sends 'Powerful Signal' About FGM With New Bill, http://www.ibtimes.com/nigeria-bans-female-genital-mutilation-african-powerhouse-sends-powerful-signal-about-1938913, Zugriff 4.7.2017

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IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (13.9.2016):

Responses to Information Requests, http://www.irb.gc.ca/Eng/ResRec/RirRdi/Pages/index.aspx?doc=456691&pls=1, Zugriff 22.6.2017

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NHW - Nigerian Healthwatch (10.5.2016): Five big issues at the International Conference of Midwives in Abuja, http://nigeriahealthwatch.com/five-big-issues-at-the-international-conference-on-midwives-in-abuja/, Zugriff 4.7.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (2.2.017): Country Policy and Information Note Nigeria: Female Genital Mutilation (FGM), https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595458/CPIN_-_NGA_-_FGM_-_v_1_0.pdf, Zugriff 23.6.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 22.6.2017

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UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 4.7.2017

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UNFPA (9.2.2016): Female Genital Mutilation must end within a generation, says Nigerian First Lady, http://wcaro.unfpa.org/news/female-genital-mutilation-must-end-within-generation-says-nigerian-first-lady, Zugriff 4.7.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

(Alleinstehende) Frauen: interne Relokation, Rückkehr, Menschenhandel:

Es besteht kein spezielles Unterstützungsprogramm für allein zurückkehrende Frauen und Mütter. Organisationen, die Unterstützungsprogramme betreiben, konzentrieren sich hauptsächlich auf Opfer des Menschenhandels (IOM 8.2013). Nigeria verfügt hier über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianisches Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EUMS bei der Reintegration. NAPTIP ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖBA 9.2016).

Hinsichtlich Menschenhandels ist ein ausgeklügeltes und effektives rechtliches und institutionelles Netz aktiv. Die wichtigste Institution ist NAPTIP. Sie ist für die Untersuchung und Anklage von Fällen des Menschenhandels verantwortlich, für Kooperation und Koordination, für die Unterstützung von Opfern und für die Vorbeugung. Das nigerianische Modell wird als eines der besten existierenden Modelle erachtet (OHCHR 14.3.2014). NAPTIP hat nach eigenen Angaben seit ihrer Gründung bis 2011 über 4.000 Opfer des organisierten Menschenhandels befreit und seit 2008 die Verurteilung von mindestens 120 Menschenhändlern erreicht (AA 21.11.2016).

Es gibt viele Frauengruppen, die die Interessen der Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016b). In Nigeria sind neben den UN-Teilorganisationen 40.000 NGOs registriert, welche auch im Frauenrechtsbereich tätig sind. Die Gattinnen der 36 Provinzgouverneure sind in von ihnen finanzierten "pet projects" gerade im Frauenbildungs- und Hilfsbereich sehr aktiv und betreuen Frauenhäuser, Bildungseinrichtungen für junge Mädchen, rückgeführte Prostituierte und minderjährige Mütter sowie Kliniken und Gesundheitszentren für Behinderte, HIV-Erkrankte und Pensionisten neben zahlreichen Aufklärungskampagnen für Brustkrebsfrühuntersuchungen, gegen Zwangsbeschneidung und häusliche Gewalt. Für unterprivilegierte Frauen bestehen in großen Städten Beschäftigungsprogramme, u.a. bei der Straßenreinigung (ÖBA 9.2016).

Auch Diskriminierung im Arbeitsleben ist für viele Frauen Alltag.

Alleinstehende Frauen begegnen dabei besonderen Schwierigkeiten: Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind sie oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 21.11.2016).

Die Verfassung und Gesetze sehen für interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungsfreiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation für insbesondere alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart, im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016b).

Eine Auswahl spezifischer Organisationen:

• African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin

City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:

info@awegng.org, aweg95@yahoo.com, nosaaladeselu@yahoo.co.uk (AWEG o. d.a). Die AWEG versucht, Frauen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich privat und beruflich weiterzuentwickeln und sich durch Bildung, Lese- und Schreibkenntnisse Perspektiven zu eröffnen. Die AWEG hat in der Vergangenheit Wiedereingliederungshilfe für Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden, geleistet und wurde hierbei vom UN Office on Drug and Crime Control (UNODC) unterstützt. Die Organisation bemüht sich um Finanzmittel, um das Projekt fortzusetzen. Die AWEG hat in Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen eine Unterkunft für Opfer von Menschenhandel eingerichtet, beherbergt hier jedoch derzeit keine Personen (IOM 8.2013; vgl. AWEG o.D.b).

• The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel.: 234-1-2635300, 2635331234-4-1-2635331, 234-(0) 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com (WOCON o.D.a). Das Women's Consortium of Nigeria (WOCON) ist eine private gemeinnützige Organisation (NGO), die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Aktuelle Projekte: Aufklärung bezüglich Menschenhandel, Mobilisierung der Frauen, der Jugend, der öffentlichen Transportunternehmen und der Hotelmitarbeiter im Kampf gegen TIP [Anm.: Trafficking in people]. WOCON leitet Opfer des Menschenhandels an die entsprechenden Schutzunterkünfte der Regierung weiter. Andere Reintegrationsleistungen sind Beratung, Berufsausbildung und Familienzusammenführung sowie die Mobilisierung qualifizierter Frauen zur Teilnahme an der Politik. Das Projekt erstreckt sich auf die Regionen Ogun, Lagos und Ondo (IOM 8.2013; vgl. WOCON o.D.b).

• Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA),19 , Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja;, Tel.:

08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com, (WRAPA o.D.a). Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA) ist eine Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und sexueller Belästigung etc. kostenlose Rechtsberatung bietet. Darüber hinaus bietet die Organisation Frauen bei entsprechender Finanzierung Berufsausbildungsprogramme. Die Organisation betreibt Büros in jedem der 36 Bundesstaaten Nigerias. Die Organisation plant die Einrichtung zehn landesweiter Beratungszentren für kostenlose Rechtsberatungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen, sucht aber noch nach der entsprechenden Finanzierung. Die Organisation bietet in ihren verschiedenen Büros auch weiterhin kostenlosen Rechtsbeistand und Beratungen für Frauen an (IOM 8.2013; vgl. WRAPA o. D.b).

• Women Aid Collective (WACOL), Email: wacolenugu@wacolnigeria.org, wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@yahoo.com; Women House, No. 12 Mathias Iloh Avenue, Newton Enugu;, Tel.:

+234-0909-561-9586 +234-0806-609-2184, Fax: +234-42-256831, (WACOL o. D.a); Women Aid Collective (WACOL) ist eine Wohltätigkeitsorganisation, die von der African Commission on Human and Peoples' Rights beobachtet wird. WACOL bietet verschiedene Unterstützung an: Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste. Die Angebote für Frauen und Kinder umfassen: Schutz und sichere Unterkunft in Krisensituationen, Rechtsberatung und Beistand, Beratung von Opfern und deren Familien (IOM 8.2013; vgl. WACOL o.D.b).

Diese Feststellungen basieren im Wesentlichen auf den folgenden Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1450445025_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-bundesrepublik-nigeria-stand-dezember-2015-03-12-2015.pdf, Zugriff 7.7.2016

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.a): Contact Information, http://awegng.org/contactus.htm, Zugriff 5.7.2017

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.b): About us, http://awegng.org/aboutus.htm, Zugriff 5.7.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2013): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17129693/16296710/16800759/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2013%2C_deutsch.pdf?nodeid=16801531&vernum=-2, Zugriff 5.7.2017

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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (14.3.2014): Remarks By The High Commissioner For Human Rights At A Press Conference During Her Mission To Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/271987/400697_de.html, Zugriff 5.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 5.7.2017

-

WACOL - Women Aid Collective (o.D.a): Contact Us, http://wacolnigeria.org/wacol/?page_id=58, Zugriff 5.7.2017

-

WACOL - Women Aid Collective (o.D.b): About Us, http://wacolnigeria.org/wacol/, Zugriff 5.7.2017

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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.a): Contact, http://www.womenconsortiumofnigeria.org/node/5, Zugriff 5.7.2017

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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.b): About us, http://www.womenconsortiumofnigeria.org/node/2, Zugriff 5.7.2017

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WRAPA - Women's Rights Advancement and Protection Alternative (o.D.a): Contact Details, https://wrapanigeria.org/, Zugriff 5.7.2017

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WRAPA - Women's Rights Advancement and Protection Alternative (o.D.b): https://wrapanigeria.org/whatiswrapa/, Zugriff 5.7.2017

2. Beweiswürdigung

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden. Zudem gab die Beschwerdeführerin in ihren Einvernahmen unterschiedliche Geburtsdaten an, wie vom BFA im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus ihren Aussagen vor dem BFA. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar; es wurden keine Befunde vorgelegt.

Die Feststellungen zu ihrer Familie in Nigeria beruhen auf ihren Aussagen vor dem BFA am 07.05.2018 und am 13.12.2018. Die Erklärung gegenüber dem BFA, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten in Nigeria habe, erscheint wenig plausibel: Einerseits gibt sie an, dass sie keinen Kontakt mehr gehabt habe, weil sie nach den Drohanrufen im Dezember 2017 die griechische SIM-Karte weggeworfen habe (wobei es nicht nachvollziehbar wäre, dass sie die Nummern ihrer Verwandten nicht zuvor auf ihre österreichische SIM-Karte überträgt), andererseits meinte sie dann wieder, sie habe seit Verlassen von Griechenland im April 2017 keinen Kontakt zu ihren Verwandten gehabt.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände der Beschwerdeführerin in Österreich sowie zu ihrer Integration beruhen auf ihren Aussagen vor dem BFA am 07.05.2018 und am 13.12.2018. In der Einvernahme am 07.05.2018 gab sie auch an, seit September 2017 eine Beziehung zu einem Mann namens XXXX zu führen; seinen Nachnamen und seinen Aufenthaltsstatus kenne sie nicht. In der Einvernahme am 13.12.2018 konkretisierte sie, dass sie eine Beziehung mit XXXX führen würde, der in Wien lebe. Sie besuche ihn am Wochenende. Sie besuche eine Kirche und einen Deutschkurs. Die Beschwerdeführerin legte das ÖSD-Zertifikat A1 vom 16.03.2018 und das Zeugnis zur Integrationsprüfung Niveau A2 vom 11.06.2018 vor.

Dass die Beschwerdeführerin der Prostitution nachgeht, ergibt sich aus Berichten der LPD XXXX vom 21.02.2018 und vom 12.04.2018. Sie hatte dem BFA am 13.12.2018 zwar erklärt, dass sie der Prostitution nur nach ihrer Ankunft im Jahr 2017 nachgegangen sei, doch widersprechen dem, wie auch im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, die erwähnten Polizeiberichte.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin:

2.3.1. Die Beschwerdeführerin hatte im Vorverfahren erklärt, in Nigeria eine homosexuelle Beziehung geführt und deswegen Probleme bekommen zu haben. Dieses Vorbringen wurde sowohl vom BFA (Bescheid vom 21.07.2017) wie auch vom Bundesverwaltungsgericht (Erkenntnis vom 11.09.2017) für unglaubhaft befunden. Im gegenständlichen Verfahren erklärte die Beschwerdeführerin in der Einvernahme durch das BFA am 07.05.2018, dass dies nicht der Wahrheit entsprechen würde.

2.3.2. Im gegenständlichen Verfahren erklärte die Beschwerdeführerin, sie sei Opfer von Menschenhandel. Sie gab in der Einvernahme durch das BFA am 07.05.2018 an, sie sei von einer Frau namens "XXXX" in Athen zur Prostitution gezwungen worden, um ihre Schulden in der Höhe von 55.000 Euro zu bezahlen. Nach fünf Jahren habe sie die Arbeit nicht mehr machen können und sei aus Griechenland geflohen. Am 18.12.2017 und am 19.12.2017 sei sie von einem Mann namens XXXX angerufen worden; dieser würde ihr die Schuld daran geben, dass "XXXX" verhaftet worden sei. Sie habe dann ihre SIM-Karte weggeworfen.

2.3.3. In der Einvernahme durch das BFA am 13.12.2018 ergänzte sie das Vorbringen dahingehend, dass sie erstmals erklärte, ihre Tante sei auf Anordnung der "Madame" verhaftet worden, ein Jahr ehe die Beschwerdeführerin Griechenland verlassen habe. Sie sei nach einigen Tagen wieder freigelassen worden; dies habe ihr ihre Tante am Telefon erzählt. Die "Madame" habe ihr das Mobiltelefon dann weggenommen (was angesichts des Vorbringens, sie habe eine griechische SIM-Karte erst im Dezember 2017 zerstört, irritiert). In Österreich habe sie nie etwas vom Staat erhalten (vom BFA wurde ihr allerdings vorgehalten, dass sie bis 13.04.2017 Grundversorgung erhalten habe, diese aber wegen unerlaubten Fernbleibens eingestellt wurde), sie habe dann von September bis Dezember 2017 freiwillig als Prostituierte gearbeitet. Aktuell werde sie von der Kirche und ihrem Freund unterstützt.

2.3.4. Das BFA hatte dieses neue Vorbringen der Beschwerdeführerin als unglaubhaft befunden und dies unter anderem mit dem Zeitpunkt der Antragstellung begründet: So gab die Beschwerdeführerin selbst an, dass sie den Antrag gestellt habe, nachdem sie von ihrem Rechtsvertreter die negative Entscheidung über ihren ersten Asylantrag bekommen habe; das BFA wies auch darauf hin, dass es wenig überzeugend ist, wenn der Antrag erst fast einen Monat nach dem angeblichen Drohanruf durch "XXXX" erfolgt sei. Das BFA wies auf andere widersprüchliche Angaben der Beschwerdeführerin hin. Die belangte Behörde legte insbesondere dar, dass es nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Beschwerdeführerin sich aus den Zwängen von Menschenhändlern in Griechenland befreit haben will, um nicht mehr der Prostitution nachgehen zu müssen, und sich dann bald nach ihrer Ankunft aus dem zugewiesenen Quartier entfernt, um freiwillig eine Tätigkeit in einem Nachtklub anzunehmen. Dem BFA ist auch darin zuzustimmen, dass die unterschiedlichen Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Geburtsdatum, zu ihren Dokumenten und zum Tod ihrer Eltern nicht dazu beitragen, ihre Glaubwürdigkeit zu stärken. Diesen Punkten wurde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Es wurde in der Beschwerde zwar darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin entgegen den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid in der Lage gewesen sei, Angaben zu Athen zu machen, so dass von einem Aufenthalt in Griechenland auszugehen sei, doch wird damit der zentralen Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass die Beschwerdeführerin eine Verfolgung ihrer Person nicht glaubhaft machen konnte, in keiner Weise entgegengetreten.

2.3.5. Die seitens des BFA vorgenommene Beweiswürdigung ist somit insgesamt im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist der freien Beweiswürdigung des BFA nicht entgegenzutreten und kann das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht als glaubhaft befunden werden. Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im Erstverfahren, obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt ihren eigenen Angaben nach nicht im Einflussbereich der Menschenhändler befand und daher ihre Aussagen ohne äußeren Druck tätigen konnte, falsche Angaben gemacht und versucht hatte, mittels einer konstruierten Fluchtgeschichte rund um eine angebliche homosexuelle Beziehung in Nigeria internationalen Schutz zu bekommen.

2.3.6. Eine konkrete Bedrohung ihrer Person für den Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria wurde von der Beschwerdeführerin darüber hinaus auch nicht vorgebracht; in der Einvernahme durch das BFA am 13.12.2018 erklärte sie auf die Frage, ob Gründe gegen die Ausweisung aus Österreich sprechen würden: "Ich weiß ja nicht, welche Entscheidung das Amt treffen wird, aber ich würde sehr gerne hier bleiben, wenn es mir gestattet wird." Nach Wiederholung der Frage meinte sie: "Das erste ist der Mann in Nigeria. Hier in Österreich habe ich Frieden und ich liebe dieses Land. Die Menschen sind sehr nett hier." Aus diesen Aussagen lässt sich eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht erkennen. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt aber natürlich, dass die Beschwerdeführerin einmal auch erklärte, dass ihre Tante auf Anweisung der "Madame" verhaftet worden sei; wie das BFA aber feststellte, weicht sie damit von ihrem früheren Vorbringen ab und ist nicht erklärbar, warum dies in der ersten Einvernahme durch das BFA keine Erwähnung gefunden haben sollte. Die Beschwerdeführerin bleibt auch völlig unklar in dem Punkt, ob sie nun wegen des Verdachts, dass sie die "Madame" ins Gefängnis gebracht habe, oder wegen der offenen Schulden bedroht werde (im Folgenden ihre Aussage vom 13.12.2018 zum Telefongespräch mit "XXXX"): "Er hat mir gesagt, dass ich die Frau in Griechenland in große Schwierigkeiten gebracht hätte. Wenn ich nicht den ganzen Betrag bezahlen würde, wenn ich dann nach Nigeria käme, würde er sowohl mich als auch meine Tante umbringen." Es erscheint im Übrigen vollkommen unplausibel, dass die Menschenhändler sie erst nach fast zwei Jahren telefonisch kontaktiert hätten, obwohl sie offene Schulden hatte; ebenso unplausibel auch, dass die Beschwerdeführerin ihre griechische SIM-Karte in den ersten zwei Jahren ihres Aufenthaltes in Österreich noch nützte, obwohl sie auch über eine österreichische verfügte.

2.3.7. Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017 eine innerstaatliche Fluchtalternative bejaht und festgestellt wurde: "Es steht der Beschwerdeführerin frei, sich an einem anderen Ort in Nigeria niederzulassen und wird dies von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes auch für zumutbar gehalten. Die Beschwerdeführerin ist jung, gesund und arbeitsfähig und sollte, selbst wenn sie nicht auf ein soziales Netzwerk zurückgreifen kann, ihren Lebensunterhalt, gegebenenfalls auch durch Gelegenheitsjobs, bestreiten können."

2.3.8. Das BFA hatte auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Hinweis darauf, dass für die Beschwerdeführerin keine besondere Gefährdungssituation bestehe und sie bei einer Rückkehr nicht in eine aussichtslose Situation geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen des BFA zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an. Es ist letztlich davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, auch wenn ihr kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, zumal sie arbeitsfähig ist, über eine Schulbildung verfügt und in der Lage sein sollte, sich eine neue Existenz aufzubauen. Dies wurde ebenfalls bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2017 festgestellt und ist eine diesbezügliche Änderung der Situation nicht erkennbar. In der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde dem auch nicht substantiiert entgegengetreten, sondern nur behauptet, dass sie mangels familiärem Auffangnetz in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatliche Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführerin trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen. In der Einvernahme durch das BFA am 07.05.2018 wurde der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand: 07.08.2017) zu Nigeria übergeben und ihr eine Möglichkeit für eine schriftliche Stellungnahme gewährt. In der Stellungnahme vom 21.05.2018 wurde den Länderfeststellungen nicht entgegengetreten, sondern nur ergänzend auf die im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.09.2016, GZ. I403 2129236-1 getroffenen Feststellungen zum Menschenhandel in Nigeria und auf den EASO-Bericht zu Nigeria: Sexhandel mit Frauen vom Oktober 2015 verwiesen. Vom Bundesverwaltungsgericht wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin in der Schilderung ihres Fluchtgrundes einige Eckpunkte der im EASO-Bericht geschilderten typischen Geschichte eines Opfers von Menschenhandel wiedergibt: Dem entspricht etwa ihre Herkunft aus Benin City, die Rolle einer "Madame" im Netzwerk der Menschenhändler oder der von der Beschwerdeführerin in der ersten Einvernahme durch das BFA geschilderte Voodoo-Schwur. Nachdem das BFA aber, wie oben dargelegt, zu Recht feststellte, dass die Beschwerdeführerin keine konkrete Bedrohung glaubhaft machen konnte und ihr ganzes Vorbingen rund um das angebliche Menschenhändlernetzwerk und dessen Drohanruf am 18.12.2018 nicht glaubhaft ist, sind die mit der Stellungnahme eingebrachten Berichte zur Situation von Opfern von Menschenhandel nicht entscheidungsrelevant.

Wenn in der Beschwerde auf das Thema Genitalverstümmelung eingegangen wird, dann ist diesbezüglich anzuführen, dass von der erkennenden Richterin die diesbezügliche Gefährdung von Frauen in Nigeria nicht verkannt wird, die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren jedoch weder vorbrachte, Opfer von Genitalverstümmelung geworden zu sein noch Befürchtungen in diese Richtung zu hegen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Unter "Menschenhandel" ist im Sinne des Art. 2 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie 2011/36/EU (Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels; Umsetzungsfrist: April 2013) "die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen, einschließlich der Übergabe oder Übernahme der Kontrolle über diese Personen, durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderer Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Schutzbedürftigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die die Kontrolle über die andere Person hat, zum Zwecke der Ausbeutung" zu verstehen.

Ausbeutung im Sinne der genannten Richtlinie umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung sowie Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen (einschließlich Betteltätigkeiten, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Ausnutzung strafbarer Handlungen oder die Organentnahme). Ausbeutung liegt vor, sobald eine Person genötigt wird (unter Androhung oder Anwendung von Gewalt, Entführung, Betrug, Täuschung usw.), wobei es keine Rolle spielt, dass das Opfer seine Zustimmung gegeben hat.

Opfer von Menschenhandel können Flüchtlinge im Sinne von

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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