Entscheidungsdatum
13.02.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W211 2141380-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde vonXXXX, geboren am XXXX, StA. Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG
der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am XXXX2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX2015 gab die beschwerdeführende Partei an, aus der Stadt Kismayo zu stammen und dem Clan der XXXX anzugehören. Ihre Eltern, drei Brüder und eine Schwester würden noch in Kismayo leben. Sie sei in Somalia von Mitgliedern der Al Shabaab angegriffen und bedroht, sowie einer ihrer Freunde von der Miliz getötet worden.
3. Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am XXXX2016 gab die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen an, in Kismayo geboren worden, jedoch schon im Kindesalter nach Mogadischu zur einer Pflegemutter, eine Verwandte ihrer Mutter, gezogen zu sein. Ihre Familie würde noch immer in einem Dorf in der Nähe von Kismayo leben. In Mogadischu habe sie zusammen mit dem Mann ihrer Pflegemutter als Journalist bzw. Kameramann gearbeitet. Nachdem ihre Pflegemutter von Al Shabaab getötet worden sei, habe sie mehrfach Drohanrufe der Miliz erhalten. Bei einem Anschlag auf das Hotel "Al Jaziira" in Mogadischu im Juli 2015 sei dann der Mann ihrer Pflegemutter getötet und die beschwerdeführende Partei verletzt worden. Nach einem Aufenthalt in einem Krankenhaus habe sie abermals Drohanrufe der Al Shabaab erhalten, weshalb sie sich entschlossen habe Somalia zu verlassen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.).
Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges und der Einvernahme stellte die belangte Behörde die das Geburtsdatum, die Herkunft aus Kismayo und den Umzug nach Mogadischu fest und führte weiter aus, dass Zweifel hinsichtlich des Zeitpunkt ihres Umzuges nach Mogadischu bestünden. Weiter könne nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei in Mogadischu als Kameramann gearbeitet habe. Insbesondere seien die Angaben der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich des Anschlages auf das Hotel "Al Jazeera" nicht glaubhaft. Auch die telefonischen Bedrohungen durch die Al Shabaab hätten nicht festgestellt werden könne, da nicht erklärlich sei, wie die Miliz an die Telefonnummer der beschwerdeführenden Partei gekommen sei. Es werde daher nicht festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei von Al Shabaab bedroht oder verfolgt worden sei.
6. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheids wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht, in der vorgebracht wurde, die beschwerdeführende Partei sei wegen ihrer Tätigkeit im Mediensektor mehrfach von Al Shabaab bedroht und aufgefordert worden, ihre Tätigkeit einzustellen. Auch seien ihre Pflegeeltern bereits von der Miliz getötet worden. Weiter habe sie für einen befreundeten Journalisten Artikel vorbereitet, die dieser aus Angst vor Al Shabaab unter einem Pseudonym im Internet veröffentlicht habe. In Somalia würden Journalisten von Mitgliedern der Al Shabaab bedroht, drangsaliert und auch ermordet. Es herrsche diesbezüglich Straflosigkeit. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass sie in der Einvernahme ihren Beruf als Kameramann sehr wohl glaubhaft beschrieben habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die beschwerdeführende Partei erst mit neun Jahren nach Mogadischu gezogen sei und diesbezüglich eine falsche Protokollierung vorliege. Der Beschwerde angeschlossen waren die Kopien mehrerer Fotos, die die beschwerdeführende Partei bei ihrer Arbeit als Kameramann in Somalia zeigen sollen.
7. Am XXXX2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei und ihrer Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen sie zu ihren Fluchtgründen befragt wurde. Die belangte Behörde entschuldigte sich mit Beschwerdevorlage von der Teilnahme der Verhandlung.
8. In einer schriftlichen Stellungnahme der Rechtsberatung vom XXXX2019 wurden mehrere Links zum Beweis der journalistischen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:
1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, die am XXXX2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
1.1.2. Die beschwerdeführende Partei wurde in Kismayo geboren und zog mit neun Jahren zu ihrer Tante nach Mogadischu. Die beschwerdeführende Partei hat in Kismayo die Volkschule und in Mogadischu die Grundschule abgeschlossen. Sie gehört dem Clan der XXXX, Subclan XXXX an.
Die Mutter und mehrere Geschwister der beschwerdeführenden Partei leben mittlerweile in Äthiopien. Der Vater der beschwerdeführenden Partei gilt als vermisst.
Eine Schwester der beschwerdeführenden Partei lebt als Asylberechtigte in Österreich.
Die beschwerdeführende Partei ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Es werden die folgenden Feststellungen zur relevanten Situation in Somalia getroffen:
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelmäßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschlägen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordkämpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die häufig von Behördenbediensteten oder Sicherheitskräften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).
Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwärtig gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte nicht aus, um eine flächeneckende Präsenz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfügt eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Präsenz ist aber keine offen militärische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken stärker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig hängt die Präsenz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die nördlichen Bezirke - v.a. Dayniile und Heliwaa - werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).
Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017).
Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. Tödliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfälle ereignen sich regelmäßig. Pro Monat töten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung. Zusätzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure für Mode und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017).
Die somalische Regierung, Regionalbehörden, affiliierte Milizen, ASWJ, al Shabaab und andere Akteure töten, misshandeln und belästigen Journalisten (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017, AI 22.2.2017). Zwei Journalisten wurden 2016 erschossen (AI 22.2.2017). Eine andere Quelle berichtet davon, dass al Shabaab 22 Journalisten getötet und 25 verletzt hat - nennt dazu aber keinen Zeitraum. Es kommt zu Fällen von Inhaftierung ohne Anklage, von Polizeigewalt gegenüber und von Bedrohung von Journalisten (UNHRC 6.9.2017).
Nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen ist Somalia das gefährlichste Land weltweit für Journalisten. Das gilt nicht nur für die von der al Shabaab kontrollierten Gebiete. Auch darüber hinaus werden immer wieder Journalisten von Kämpfern der al Shabaab ermordet (AA 1.1.2017). Von 1992 bis 2016 sind in Somalia 59 Journalisten getötet worden, die Mehrheit davon in den vergangenen zehn Jahren (LI 8.3.2016). Angriffe auf Journalisten oder Journalistenmorde werden nur selten untersucht (HRW 12.1.2017). Zum Selbstschutz achten viele Journalisten darauf, ihre Identität bei Berichten oder Reportagen nicht preiszugeben. Viele Online- oder Printjournalisten verwenden Pseudonyme. Dies gilt auch für die Gebiete der Übergangsregierung. Ein weiteres Mittel zum Selbstschutz ist Selbstzensur. In den Jahren 2012 und 2013, als Angriffe auf Journalisten massiv zugenommen hatten, flohen einige Journalisten aus dem Land. Manche sind wieder zurückgekehrt (LI 8.3.2016).
Journalisten berichten darüber, von al Shabaab Morddrohungen zu erhalten. Fünf Journalisten wurden im Jahr 2016 von al Shabaab und unbekannten Bewaffneten ermordet (USDOS 3.3.2017). Journalisten auf dem Gebiet der al Shabaab haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie gehören zu den al-Shabaab-eigenen Medien bzw. sie unterstützen al Shabaab; oder sie geben sich nicht als Journalisten zu erkennen. Neutrales oder kritisches Verhalten gegenüber al Shabaab erhöht das Risiko, als Spion oder Regierungs-Sympathisant erachtet zu werden. Die Konsequenz wäre die Verurteilung zum Tode (LI 8.3.2016).
In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein; jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (UKHO 7.2017).
Al Shabaab verfügt über die Kapazitäten, menschliche Ziele - auch in Mogadischu - aufzuspüren. Unklar ist allerdings, für welche Person al Shabaab bereit ist, diese Kapazitäten auch tatsächlich aufzuwenden. Außerdem unterliegt auch al Shabaab den Clan-Dynamiken, ist die Gruppe bei der Zielauswahl an gewisse Grenzen gebunden. Durch die Verbindungen mit unterschiedlichen Clans ergeben sich automatisch Beschränkungen. Zusätzlich möchte die al Shabaab mit jedem begangenen Anschlag und mit jedem verübten Attentat auch ein entsprechendes Publikum erreichen (BFA 8.2017). Auch wenn al Shabaab einige Menschen in Somalia als "legitime Ziele" erachtet, so gilt dies für die meisten Zivilisten nicht. Dass normale Zivilisten in von der Regierung und AMISOM kontrollierten Gebieten zum Ziel der al Shabaab werden, ist unwahrscheinlich. Auch "low level"-Ziele (z.B. lokale Mitarbeiter von internationalen oder nationalen NGOs) sind keine Priorität der al Shabaab, sie werden nicht generell angegriffen. Andererseits können high profile Personen, die etwa die Regierung oder die internationale Gemeinschaft repräsentieren, einem hohen Risiko ausgesetzt sein. Auch Personen, die als Unterstützer der somalischen Regierung wahrgenommen werden, können - je nach persönlichen Umständen - einem Risiko ausgesetzt sein. Dies gilt auch für Journalisten oder Mitarbeiter von NGOs, je nachdem, wie sehr sich ihre Aktivitäten gegen al Shabaab wenden (UKHO 7.2017).
1.3. Es wird festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei in Mogadischu als Kameramann arbeitete. Der Ehemann der Tante der beschwerdeführenden Partei, mit dem diese zusammenarbeitete, fiel dem Anschlag auf das "Jazeera Palace Hotel" im Juli 2015 zum Opfer, bei dem die beschwerdeführende Partei verletzt wurde. Weiters wurde die beschwerdeführenden Partei nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus von Mitgliedern der Al Shabaab angerufen und mit dem Tode bedroht.
Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei in Somalia von Al Shabaab aufgrund ihres Berufs als Kameramann bzw. Journalist, der über die Tätigkeiten der somalischen Regierung berichtete, als eine Person angesehen wird, die mit der Regierung kollaboriert. Es kann weiter nicht ausgeschlossen werden, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr einer Gefahr für Leib und Leben durch Al Shabaab ausgesetzt wäre.
In Mogadischu können die Behörden schutzwillig sein; jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt werden.
Das Datum der Antragstellung und Ausführungen zum Verfahrenslauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit, zur Herkunft aus Kismayo, zum Umzug nach Mogadischu und zur Schulbildung ergeben sich aus den diesbezüglich gleichbleibenden und glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Partei im Verfahren sowie den vorgelegten Kopien von Zeugnissen (AS 187ff).
Die Feststellungen, dass die Mutter und mehrere Geschwister der beschwerdeführenden Partei mittlerweile in Äthiopien leben, und dass ihr Vater als vermisst gilt, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben im Laufe der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (siehe S 5 des Verhandlungsprotokolls).
Die Feststellung, dass eine Schwester der beschwerdeführenden Partei in Österreich als Asylberechtigte lebt, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu W211 1428946-1.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit beruht auf einem Auszug aus dem Strafregister.
2.3. Zunächst ist im Rahmen der Beweiswürdigung auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid in Zweifel gezogene Berufstätigkeit der beschwerdeführenden Partei als Kameramann bzw. Journalist einzugehen:
Hierzu vermeinte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, die beschwerdeführende Partei sei trotz ihrer vorgebrachten jahrelangen Erfahrung in diesem Bereich nicht in der Lage gewesen, die Handhabe diverser Aufnahmegeräte zu erklären, bzw. Fachbegriffe zu nennen.
Dem muss entgegengehalten werden, dass, wie in der Beschwerde richtigerweise ausgeführt wird, die beschwerdeführende Partei in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowohl die Marken der von ihr verwendeten Kameras nennen, deren konkrete Bedienung, wenn auch stark vereinfacht, erklären und auch Fragen zur Bildauflösung beantworten konnte. Auch verwendete sie hierbei mehrere Fachtermini (siehe AS 181).
Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerde mehrere Kopien von Fotos beigefügt sind, die die beschwerdeführende Partei bei ihrer Arbeit in Somalia (AS 377ff) zeigen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte die beschwerdeführende Partei hierzu befragt, dies vor (Auszüge aus dem Verhandlungsprotokoll):
"[...] R: Können Sie mir über die journalistische Arbeit mehr erzählen? Was haben Sie gemacht?
P: Ich habe dafür keine Schule besucht und keine Uni. Ich habe es von meinen Freunden gelernt. Sie haben es mir beigebracht.
R: Sie haben mehrere Jahre in Mogadischu als Journalist gearbeitet?
P: Ja, ich war Kameramann.
R: Dann erzählen Sie mir über Ihre Tätigkeiten als Kameramann.
P: Ich bin mit meinen Freunden, den Journalisten, mitgegangen, ich habe die Kamera getragen. Ich habe Videos aufgenommen. Nicht alle Journalisten tragen eine Kamera. Nicht alle sind für die Kamera zuständig, ich hatte eine Kamera.
R: Welche Beiträge haben Sie gemacht?
P: Das ist eine gute Frage. Wenn es Versammlungen der Minister gegeben hat, bin ich dorthin gegangen und habe das aufgenommen. Ich habe auch Feste und Feiern auf Video aufgenommen. Wir haben auch Werbungen für die Firmen aufgezeichnet. Die Behörden haben uns angerufen, wenn sie jemanden aufgegriffen haben, der verdächtigt wurde ein Al Shabaab zu sein, und auch die Täter von den Anschlägen der Al Shabaab wurden manchmal noch lebend aufgegriffen. Die Regierung wollte damit zeigen, dass sie einige Al Shabaab schon erwischt haben. Im Internet gibt es viele Videos, die ich aufgenommen habe. Man sieht den Moderator, aber ich habe diese Videoaufnahmen gemacht.
R: Wurde das nur im Internet veröffentlicht oder z.B. auch im Fernsehen oder auch auf anderen Kanälen?
P: Auch auf Sendern hat man es gesehen. Die Journalisten habe diese Aufzeichnungen aufgenommen für z.B. Universal oder SBC oder Somali Channel. [...]"
Die beschwerdeführende Partei machte auch in der mündlichen Verhandlung durchaus schlüssige Angaben zu ihrer Berufstätigkeit. So schilderte sie etwa glaubhaft, auch Aufträge aus dem privaten Bereich angenommen zu haben, beschrieb anschaulich die Berichterstattungen im Zusammenhang mit Gefangennahmen von Mitgliedern der Al Shabaab durch die somalische Regierung und konnte auch jene somalischen Kanäle nennen, für die sie Beiträge erstellt hat. Auch enthielt die schriftliche Stellungnahme der Rechtsberatung vom XXXX2019 mehrere Links mit Beiträgen, die der beschwerdeführenden Partei zugerechnet wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt daher fest, dass die beschwerdeführende Partei lebhaft und detailliert von ihrer Arbeit erzählte und auch links zu Arbeitsproben vorlegte. Somit besteht keine Zweifel daran, dass die beschwerdeführende Partei in Somalia tatsächlich als Kameramann bzw. Journalist gearbeitet hat, weshalb eine entsprechende Feststellung getroffen werden konnte.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte die beschwerdeführende Partei zu den fluchtauslosenden Ereignissen Folgendes vor (Auszüge aus dem Verhandlungsprotokoll):
"[...] R: Können Sie mir möglichst detailliert den konkreten Grund schildern, wieso Sie Somalia verlassen haben?
P: Ich habe wegen der Al Shabaab Somalia verlassen, nicht wegen der Clanzugehörigkeit oder anderen Sachen. Ich habe als Journalist gearbeitet. Daher ist mein Problem entstanden. Ich habe am XXXX2013 begonnen als Journalist zu arbeiten. Der Mann von meiner Tante war ein Journalist. Er hat mir von seinem Job erzählt. Ich bin mit ihm mitgegangen und habe Interesse dafür entwickelt. Außerdem haben auch meine Freunde als Journalisten gearbeitet. Wie Sie wissen, mögen die Al Shabaab die Journalisten nicht, weil sie dem Volk dort Probleme machen und die Journalisten darüber berichten. Ich war damals jung und bin noch nicht berühmt geworden. Als ich mit dem Job angefangen und damit begonnen habe, habe ich den Umgang mit der Kamera gelernt, Videoaufzeichnungen etc. Ich habe mit meinen Freunden gearbeitet. Dann hat die Al Shabaab mitbekommen, dass ich als Journalist arbeite. Die Al Shabaab gibt jedem Journalisten eine Vorwarnung, damit man mit dem Job aufhört. Es war unser Beruf, damit meine ich mich und meine Freunde und den Mann meiner Tante, mit dem ich gelebt habe. Es gab keine Möglichkeit mit dem Job aufzuhören. Sie haben mich dann telefonisch angerufen und sagten, dass sie mir die Kehle durchschneiden werden. Ich habe Angst bekommen und habe meine SIM-Karte gewechselt. Ich habe eine andere SIM-Karte genommen, damit ich mit meinen Freunden und Bekannten in Kontakt bleibe. Die Al Shabaab finden alle Nummern, wenn sie es wollen. Man kann sie nicht vor ihnen geheim halten. Sie terrorisieren die Mitarbeiter von Kommunikationsfirmen, so wie Hormud. So bekommen sie die Nummern. Freitag ist ein Ruhetag für die Muslime, so wie hier Sonntag. Sie haben mich jeden Freitag angerufen. So ist das weitergegangen.
Am Ende des Jahres 2013 haben sie meine Tante getötet, mit der ich gelebt habe. Sie wurde unseretwegen getötet, wegen mir und ihrem Mann. Sie sind einmal zu ihr gekommen während wir nicht im Haus waren. Sie waren bewaffnet. Sie haben nach uns gefragt. Sie sind dann gegangen und nach einer Woche wiedergekommen und haben sie getötet. Die Al Shabaab hat ihre Spione auch bei den Journalisten, aber man kennt die Spione nicht. So ist das schwer gewesen. An einem Sonntag hat die Al Shabaab einen Anschlag gegen das Al Jazira Hotel verübt. Wir waren im Hotel. Es gab viele Journalisten dort. Es war Nachmittag, am XXXX2015. Ich habe Splitter abbekommen. Ich war im Hotel, als der Anschlag passiert ist. Es waren dort Journalisten und auch Ausländer. Ca. 13 Personen sind dabei ums Leben gekommen und es wurden ungefähr 40 verletzt. Meine Freunde, die Journalisten waren, sind dabei gestorben. 2 Freunde von mir und der Mann meiner Tante sind gestorben. Mein Freund XXXX wurde verletzt. XXXX ist auch ein Kollege, er wurde auch verletzt. XXXX wurde zur Behandlung nach Nairobi gebracht. Ich habe Splitter abbekommen. Es waren keine großen Verletzungen, aber ich habe das Bewusstsein verloren. Ca. 6 Stunden war ich bewusstlos und wurde zum Spital gebracht. Nachdem ich das Spital verlassen habe, habe ich entschieden, das Land zu verlassen. Ich habe meine Tante verloren und meinen Onkel und auch meine Freunde. Ich wurde auch verletzt, deshalb dachte ich, ich gehe weg. Nachdem ich das Spital verlassen habe, habe ich auch einen Drohanruf von der Al Shabaab bekommen. Sie sagten, dass ich es dieses Mal überlebt habe, aber sie werden mich in den Kopf schießen und töten. [...]"
Es gilt festzuhalten, dass sich die Beschreibung des Anschlags auf das "Jazeera Palace Hotel" in Mogadischu durch die beschwerdeführende Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Vergleich zur Einvernahme vor dem Bundesamt als gleichbleibend erwies und auch lebensnah wirkt. Vermeint die belangte Behörde, die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Einvernahme den Ort des Anschlages als "Hotel Al Jaziira" bezeichnet, diese Bezeichnung jedoch einer im Bescheid angeführten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation nicht zu entnehmen sei, was wiederum gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spreche, so kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts dieser Schlussfolgerung nicht zugestimmt werden. Es ist wohl anzunehmen, dass sich die beschwerdeführende Partei bei ihren Ausführungen auf den in der Anfragebeantwortung genannten Anschlag bezog, insbesondere da sie in der Einvernahme den genauen Zeitraum desselben nannte und ihre Schilderungen auch mit dem Inhalt der Anfragebeantwortung weitestgehend übereinstimmen. Wenngleich sich die erkennende Richterin der Vermutung der beschwerdeführenden Partei, der Anschlag habe ihr gegolten, nicht anschließen kann, ist darauf hinzuweisen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie bzw. der Mann ihrer Tante bei dem genannten Anschlag in Mogadischu anwesend waren. Es konnten daher Feststellungen dazu getroffen werden, dass der Ehemann der Tante der beschwerdeführenden Partei, mit dem diese zusammenarbeitete, dabei getötet, und sie selbst verletzt wurde.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf aufmerksam zu machen, dass aus den angeführten Länderinformationen hervorgeht, dass nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen Somalia das gefährlichste Land weltweit für Journalisten ist. Das gilt nicht nur für die von der Al Shabaab kontrollierten Gebiete. Darüber hinaus werden immer wieder Journalisten von Kämpfern der Al Shabaab ermordet.
Vermeint das Bundesamt, das Vorbringen einer telefonischen Bedrohung durch Mitglieder der Al Shabaab in Mogadischu sei deshalb nicht glaubhaft, da nicht nachvollziehbar sei, wie diese die Handynummer der beschwerdeführenden Partei in Erfahrung gebracht haben soll, so ist darauf hinzuweisen, dass aus den Länderberichten hervorgeht, dass die Miliz in Somalia grundsätzlich in der Lage ist, menschliche Ziele aufzuspüren. Auch Drohanrufe bei Zielpersonen gehören zur typischen Vorgehensweise von Al Shabaab. Eine Feststellung der Drohanrufe durch die Miliz konnte somit ebenfalls erfolgen.
Wenngleich nicht übersehen wird, dass die Funktion der beschwerdeführenden Partei, wohl auch aufgrund ihres damals noch jungen Alters, eine untergeordnete war (sie half dem Ehemann ihrer Tante), muss darauf hingewiesen werden, dass sich aus den Länderberichten ergibt, dass die Schwelle dessen, was die Al Shabaab als Kollaboration mit dem Feind wahrnimmt, mitunter sehr niedrig angesetzt ist. Generell sind das Ausmaß und/oder die Gewissheit der Kollaboration, der Ort des Geschehens und die Beziehungen der betroffenen Person dafür ausschlaggebend, ob Al Shabaab die entsprechenden Konsequenzen setzt. Für den Fall der beschwerdeführenden Partei bedeutet, dies, dass allein durch den Umstand, dass sie mehrmals von der somalischen Regierung herangezogen wurde, um die erfolgte Gefangennahme von Al Shabaab-Mitgliedern aufzunehmen, nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie ins Visier der Al Shabaab geraten würde, was mit einer Gefahr für Leib und Leben der beschwerdeführenden Partei einherginge. Deshalb konnten auch diesbezügliche Feststellungen getroffen werden.
Die Feststellungen zur Schutzunfähigkeit der somalischen Sicherheitsbehörden ergeben sich aus den diesbezüglich notorischen, aber auch oben festgestellten Länderinformationen.
2.4. Die Feststellungen zu 1.2. fußen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation aus 2018. Sie beruhen auf den folgenden Detailquellen:
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AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html, Zugriff 14.9.2017
-
BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017
-
DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, Zugriff 13.12.2017
-
HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html, Zugriff 14.9.2017
-
ICG - International Crisis Group (20.10.2017): Managing the Disruptive Aftermath of Somalia's Worst Terror Attack , http://www.refworld.org/docid/59e9b7e74.html, Zugriff 11.11.2017
-
LI - Landinfo (8.3.2016): Somalia: Media and Journalism, https://landinfo.no/asset/3568/1/3568_1.pdf, Zugriff 21.11.2017
-
LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to Mogadishu, https://landinfo.no/asset/3570/1/3570_1.pdf, Zugriff 20.11.2017
-
SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia,
https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017
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UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab,
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UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf, Zugriff 15.12.2017
-
http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017
Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund, an der Ausgewogenheit, Verlässlichkeit und Aktualität der Länderinformationen zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
A) Spruchpunkt I.:
3.1. Rechtsgrundlagen
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.
3.1.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH, 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 und 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).
3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
3.2.1. Aufgrund der getroffenen Feststellungen muss angenommen werden, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in ihre Heimatregion einer aktuellen und maßgeblichen Verfolgungsgefahr durch Al Shabaab wegen einer ihr auch nur unterstellten oppositionellen religiösen oder politischen Gesinnung, basierend auf ihrer Tätigkeit als Kameramann bzw. Journalist, der mit der somalischen Regierung zusammengearbeitet hat, unterliegen würde.
Von einer ausreichenden Schutzfähigkeit der somalischen (und ausländischen) Sicherheitsbehörden kann auf Basis der Länderinformationen nicht ausgegangen werden.
3.2.2. Eine Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative kann vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum gewährten subsidiären Schutz stehen würde, weil § 11 AsylG 2005 die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).
3.2.3. Da sich im Verfahren auch keine Hinweise auf Ausschlussgründe des § 6 AsylG ergeben haben, ist der beschwerdeführenden Partei nach dem oben Gesagten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist diese Entscheidung mit der Aussage zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 2016/24 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall keine Anwendung finden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung, Schutzunfähigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2141380.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.03.2019