Entscheidungsdatum
19.02.2019Norm
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1Spruch
W189 1416084-5/11E
W189 1416085-5/11E
W189 1416087-5/10E
W189 1416086-5/10E
W189 1422963-5/10E
W189 2011198-5/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Riepl als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX (BF1),
2.) XXXX (BF2), geb. XXXX , 3.) XXXX (BF3), geb. XXXX , 4.) XXXX (BF4), geb. XXXX , 5.) XXXX (BF5), geb. XXXX und 6.) XXXX (BF6), geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2018, Zlen. 1.) 800637110-151900908, 2.) 800637208-15190916, 3.) 800637306-151900945, 4.) 800637404-151900932, 5.) 811359604-151900991, 6.) 1027014000-151901135, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Den Beschwerden wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005, iVm § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, auf Dauer unzulässig ist.
II. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2, § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 9 und § 10 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017, werden XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" sowie XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung " in der Dauer von einem Jahr erteilt.
III. Die Spruchpunkte III. und IV. werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1. Die BF (im Folgenden BF), Staatsangehörige der Russischen Föderation, Ehemann (im Folgenden BF1) und Ehefrau (im Folgenden BF2) reisten gemeinsam mit ihren zwei minderjährigen Kindern (im Folgenden BF3 und BF4) illegal in das Bundesgebiet ein und stellten für sich und als gesetzlicher Vertreter für BF3 und BF4 am 20.07.2010 Anträge auf internationalen Schutz.
BF5 und BF6 sind ihre in Österreich geborenen Kinder, für welche BF1 und BF2 als ihre gesetzlichen Vertreter am 10.11.2011 sowie am 30.07.2014 Anträge auf internationalen Schutz stellten.
2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheiden vom 08.10.2010 und 28.11.2011, Zlen. 1.) 10 06.371-BAG, 2.) 10 06.372-BAG, 3.) 10 06.373-BAG, 4.) 10 06.374-BFAG und 5.) 11 13.596-BAG sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 05.08.2014, Zl. 14-1027014000-14837229, die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Unter einem wurden BF1 bis BF5 gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
BF6 wurde kein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 gewährt und gemäß 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen.
3. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 25.03.2015, Zlen. 1.) W129 1416084-1/8E, 2.) W129 1416085-1/8E, 3.) W129 1416087-1/4E, 4.) W129 1416086-1/4E, 5.) W129 1422963-1/6E und
6.) W129 2011198-1/6E wurden die Beschwerden gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.10.2014 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren von BF1 bis BF5 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Das Verfahren von BF6 hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
4. Die BF stellten am 30.11.2015 Folgeanträge auf internationalen Schutz, zu denen sie durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag befragt wurden.
Mit mündlich verkündeten Bescheiden des BFA vom 14.01.2016, Zlen.
1.) 800637110/151900908, 2.) 800637208/ 1519009016, 3.) 800637306/151900945, 4.) 800637404/151900932, 5.) 811359604/151900991 und 6.) 1027014000/151901135 wurde im gegenständlichen Verfahren der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.01.2016, Zlen. 1.) W215 1416084-3/4E, 2.) W215 1416085-3/4E, 3.) W215 1416087-3/4E, 4.) W215 1416086-3/4E, 5.) W215 1416086-3/4E und W215 2011198-3/4E wurden diese Entscheidungen des BFA bestätigt.
Die BF stellten am 20.04.2016 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005.
5. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2017 wies das BFA die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.).
6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.10.2017, Zlen. 1.) W189 1416084-4/8E, 2.) W189 1416085-4/8E, 3.) W189 1416087-4/8E, 4.) W189 1416086-4/8E, 5.) W189 1422963-4/8E und 6.) W189 2011198-5/8E wurden die Beschwerden gegen Spruchpunkt I gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen und die Spruchpunkte II und III gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen.
7. Mit den nun angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2018 wurden Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I), Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt IV).
8. Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 25.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
8.1. In Ergänzung der Beschwerde legten die BF mit Eingabe vom 28.01.2019 ein Jahreszeugnis Schuljahr 2017/18 der NMS Semriach des BF3 in Kopie, eine Schulnachricht, Schuljahr 2017/2018 der NMS Semriach für den BF4 in Kopie, Dienstvertrag vom 27.09.2018 betreffend BF1 hinsichtlich Arbeitsplatzzusage in einem Kleintransportunternehmen, Bestätigung des Bürgermeisters der Gemeinde Semriach vom 24.09.2018 betreffend der zufriedenstellenden Verrichtung von Remunerantentätigkeiten des BF1 für die Gemeinde, mehrere Begleitschreiben von im Akt näher genannten Gemeindebewohnern und der Katholischen Pfarre hinsichtlich der Integration der BF, Schreiben des Fußballclubs XXXX hinsichtlich der spielerischen Leistungen des BF3 als Mannschaftskapitän und des BF4 sowie hinsichtlich der Mitarbeit des BF1 bei Vereinstätigkeiten vor.
Prüfungszeugnis des ÖIF über die am 28.03.2015 bestandene Deutschprüfung auf der Niveaustufe A2 vor, hinsichtlich der BF2 wurde das Prüfungsergebnis des ÖIF über die nicht bestandene Deutschprüfung, Niveaustufe A2, vorgelegt. (OZ 3)
8.2. Am 29.01.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Russisch durch, an welcher die BF als Parteien teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ebenfalls erschienen. Die BF legten folgende Dokumente im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor:
* Jahreszeugnis Schuljahr 2017/18 des BF4 im Original sowie schriftliche Rückmeldung der NMS Semriach zu den schulischen Leistungen des BF4
* Bestätigung einer Deutschkursleiterin ( XXXX ) betreffend Teilnahme der BF2 Niveau A2 (in Kopie als Beilage 1 zum Akt genommen).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wird Folgendes festgestellt:
Die BF sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe sowie dem muslimischen Glauben an und tragen die im Spruch angeführten Namen. Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und Eltern der jeweils minderjährigen BF3 bis BF6.
Die BF1 bis BF4 stellten am 20.07.2010 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz und halten sich seit diesem Zeitpunkt durchgehend im Bundesgebiet auf. BF5 und BF6 wurden in Österreich geboren.
Die BF leben in einem gemeinsamen Haushalt und befinden sich derzeit in der Grundversorgung des Bundes. Die BF bilden eine Kernfamilie und es liegt ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 vor.
Der BF1 hat sich während seines knapp neunjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestrebt gezeigt, die deutsche Sprache zu erlernen, er verfügt über ein Sprachzertifikat der Stufe A2 und ist ihm eine spontane und grundlegende Verständigung auf Deutsch möglich. Für den Fall der vorherigen Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung plant der BF1 ehestmöglich die Aufnahme einer Arbeit. Aus den vorgelegten Referenzschreiben ergibt sich zudem, dass die BF auch in sozialer Hinsicht in die Gesellschaft integriert sind und sich durch die freiwillige Verrichtung von Hilfsarbeiten in ihrem sozialen Umfeld engagieren. Auch die BF2 zeigt sich um eine Integration bestrebt, hat Deutschkurse besucht, kann sich ausreichend auf Deutsch verständigen und beabsichtigt eine Ausbildung zur Altenpflegerin zu machen und in weiterer Folge dies beruflich auszuüben. Sie ist grundsätzlich bemüht zum Familieneinkommen noch zusätzlich eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen. Die BF3 und BF4, deren Deutschkenntnisse auf muttersprachlichem Niveau sind, reisten im Alter von sechs bzw. vier Jahren in Österreich ein, BF5 und BF6 wurden in Österreich geboren.
Aufgrund der seitens der BF gesetzten Integrationsschritte sowie des aufrechten Familienlebens zwischen den BF, würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, Einvernahme der BF1 bis BF4, Einvernahme der Zeugin XXXX und den Vertretern der belangten Behörde ADir. XXXX und Ref. XXXX im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsicht der im Laufe des Verfahrens in Vorlage gebrachten bzw. vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Beweismittel.
Die Feststellung zu Identität und die Staatsangehörigkeit der BF gründen sich auf die vorgelegten russischen Lichtbildausweise sowie auf die vorgelegten Geburtsurkunden der BF5 und BF6.
Der gemeinsame Wohnsitz der BF ergibt sich aus den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung sowie einer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell eingeholten ZMR-Auskunft. Dass die BF derzeit von der Grundversorgung des Bundes unterstützt werden, ergibt sich aus einem aktuell eingeholten GVS-Auszug und den eigenen Angaben der BF.
Die Feststellung, dass die BF in Österreich strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus den aktuell eingeholten Strafregisterauszügen.
Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben der BF ergeben sich aus den vorgelegten Bestätigungen und Schreiben sowie aus dem im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck.
Der BF1 absolvierte bereits Deutschprüfungen auf der Niveaustufe A2 und war es ihm auch möglich dem unübersetzten Vorbringen im Zuge der Beschwerdeverhandlung zu folgen, wovon sich das erkennende Gericht im Zuge der Verhandlung auch überzeugen konnte. Obzwar die BF2 noch über kein Zeugnis eines abgeschlossenen Deutschkurses verfügt, hat auch sie im Rahmen der Verhandlung gezeigt, dass sie mit den vorhandenen Deutschkenntnissen in der Lage ist den Alltag bewältigen zu können. Hinsichtlich der Deutschkenntnisse des BF3, konnte vielmehr festgestellt werden, dass sich diese auf muttersprachlichem Niveau bewegen, was auch auf seinen jüngeren Bruder, den BF4, zutrifft.
Die Beschwerdeführer leben von den Leistungen der Grundversorgung. BF1 verfügt über eine Bestätigung eines potentiellen Arbeitgebers, wonach er im Falle einer Arbeitserlaubnis für einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von mindestens € 1430,71 in einem Kleintransportunternehmen arbeiten könnte. Weiters verfügt er über die Möglichkeit zusätzlich als Gärtner und Hausmeister beschäftigt zu werden. Der BF1 ist äußerst bestrebt, seine Familie selbst zu erhalten. Auch die BF2 hat konkrete Pläne in Österreich beruflich Fuß zu fassen, wobei auch das angestrebte Berufsziel einer Altenpflegerin dazu beitragen kann, Lücken in der Sozialversorgung und am Arbeitsmarkt zu füllen.
Die BF bemüh(t)en sich, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren und zeigten sich im Zuge der Beschwerdeverhandlung offen und willig, sich in die Gesellschaft einzuleben, was auch die Angaben der einvernommenen Zeugin bestätigen.
Aufgrund der seitens der BF gesetzten Integrationsschritte sowie des aufrechten Familienlebens zwischen den BF, würde eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.
§ 55 AsylG 2005 lautet:
"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ,Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."
§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, lautet auszugsweise:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
[...]"
3.2. Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG idgF normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:
Die BF1 bis BF4 reisten im Juli 2010 illegal in Österreich ein und stellten ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Die BF sind seit diesen Antragstellungen aufgrund von Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz durchgehend legal im Bundesgebiet aufhältig.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermochte sich das Bundesverwaltungsgericht davon zu überzeugen, dass die BF über gute Deutschkenntnisse verfügen, deren Selbsterhaltungsfähigkeit infolge ihrer aufenthaltsrechtlichen Stellung bislang scheiterte und die BF infolge der Dauer des Asylverfahrens Bindungen zum Bundesgebiet aufgebaut haben, wobei auch insbesondere im Hinblick auf BF3 und BF4 eine Rückkehrentscheidung einen Eingriff in die in Art.8 EMRK geschützten Rechte darstellt.
Die Beschwerdeführer halten sich seit bald neun Jahren in Österreich aufgrund vorübergehender Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die lange Dauer ihres ersten Asylverfahrens von fast fünf Jahren und des zweiten Asylverfahrens von zwei Jahren ist ihnen dabei nicht zuzurechnen; insbesondere setzten die Beschwerdeführer keine verfahrensobstruierenden Handlungen, sodass ihnen die Dauer des Verfahrens nicht angelastet werden kann (vgl. VfGH 03.10.2013, U 477/2013; VfGH vom 21.02.2014, U 2552/2013; VfGH 06.06.2014, U 145/2014).
Die BF sind strafrechtlich unbescholten. In dieser Zeit entwickelten die BF ein schützenswertes Privatleben in Österreich, von welchem sich das erkennende Gericht insbesondere im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu überzeugen vermochte.
BF1 und BF2 bemühten sich im Zuge ihres bisherigen Aufenthaltes sichtlich um die Erlernung der deutschen Sprache. Der BF1 legte ein Sprachzeugnis des ÖIF hinsichtlich der bestandenen Prüfung/Niveau A2 vor und beabsichtigt einen weiteren Sprachkurs zu absolvieren, wobei BF1 im Rahmen der Verhandlung in einem ansprechend guten Deutsch kommunizieren konnte. Obzwar die BF2 noch über kein Deutschprüfungszeugnis verfügt, hat auch sie im Rahmen der Verhandlung gezeigt, dass sie mit den vorhandenen Deutschkenntnissen in der Lage ist den Alltag bewältigen zu können. Hinsichtlich der Deutschkenntnisse des BF3, konnte vielmehr festgestellt werden, dass sich diese auf muttersprachlichem Niveau bewegen, was auch auf seinen jüngeren Bruder, den BF4, zutrifft. Zwar beziehen die Beschwerdeführer nach wie vor Leistungen aus der Grundversorgung, doch konnte BF1 durch Vorlage einer Einstellungszusage belegen bzw. durch seine Angaben im Rahmen der Beschwerdeverhandlung glaubhaft vorbringen, dass er für den Fall einer Beschäftigungsbewilligung bzw. eines Aufenthaltsrechtes in der Lage wäre sich selbst und die Familie zu erhalten.
Der BF1 hat gemeinnützige Tätigkeiten in seiner Wohnsitzgemeinde verrichtet und hilft ehrenamtlich in der Flüchtlingspension aus. Auch war er drei Jahre lang, nach Absolvierung eines Erste Hilfe Kurses, beim Roten Kreuz ehrenamtlich beschäftigt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermochten BF1 und BF2 glaubhaft zu machen, dass sie gewillt sind zu versuchen, aus eigenen Kräften für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und sich so in die österreichische Gesellschaft und insbesondere auch am österreichischen Arbeitsmarkt integrieren werden. Für den Fall, dass BF1 in Österreich ein Aufenthaltsrecht erhält, hat er eine Einstellungszusage, was auch sein Bestreben nach Selbsterhaltungsfähigkeit belegt.
Während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet waren die BF bemüht, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren und verfügen über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Die BF versuch(t)en sich auch ehrenamtlich beim Roten Kreuz und in der Schule der Kinder sowie im Fußballverein mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu engagieren.
Obzwar die bisher aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF ihre gesamte nahezu neunjährige Aufenthaltsdauer in Österreich auf zwei Anträge auf internationalen Schutz stützen, ist eine inhaltliche Entscheidung über ihren ersten Antrag im Beschwerdeweg dann mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2015 rechtskräftig ergangen, wobei den BF auch nicht vorgeworfen werden könnte, dass sie dieses Verfahren durch ihr Verhalten mutwillig verzögert hätten; vielmehr ist festzustellen, dass die erhebliche Verfahrensdauer hinsichtlich der ersten Anträge, durch welche auch die lange Aufenthaltsdauer entstanden ist, von den BF durch keinerlei verfahrensverzögernde Handlungen oder dergleichen (mit)verursacht wurde. Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfSlg. 19.203/2010). Es ist daher im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der während des Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet erfolgten Integration der BF dem Kriterium des "unsicheren" Aufenthaltsstatus in Österreich kein wesentliches Gewicht beizumessen.
Im vorliegenden Fall überwiegen die privaten Interessen der BF an einem Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung. So haben sich die BF in der österreichischen Gesellschaft nachhaltig integriert, verfügen über ausgeprägte soziale Bindungen und es ist davon auszugehen, dass sie weiterhin bestrebt sind, diese Verfestigung auszubauen. Im gegenständlichen Fall sind wie festgestellt zahlreiche Anhaltspunkte für eine tiefer gehende Integration der BF in Zusammenschau mit der Kernfamilie und der nunmehrigen Lebenssituation gegeben.
Hinsichtlich des langjährigen Aufenthaltes der mj. BF ist schließlich die Rechtssprechung des EGMR vom 26.01.1999, 43.279/98, Sarumi vs. Vereinigtes Königreich zu beachten: In dieser Zulässigkeitsentscheidung attestierte der Europäische Gerichtshof Kindern im Alter von 7 Jahren und 11 Jahren eine Anpassungsfähigkeit, die eine Rückkehr mit ihren Eltern aus England, wo sie geboren wurden, nach Nigeria als keine unbillige Härte erschienen ließ; vgl. auch VwGH 25.03.2010, Zl. 2009/21/0216; 31.03.2008, Zl. 2008/21/0081; 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216)
Auch der VfGH hat in seiner Entscheidung vom 07.10.2014, zZl. U 2459/2012 im Einklang mit der o.zit. Rspr. des EGMR explizit ausgesprochen, dass bei Kindern auch bei einem mehr als sechs Jahren dauernden Aufenthalt in einem Alter zwischen sieben und elf Jahren von einer grundsätzlichen Anpassungsfähigkeit im Fall der Rückkehr ins Heimatland ausgegangen wird.
Insbesondere ist hinsichtlich BF3 und BF4 vor allem auf den jahrelangen Schulbesuch in Österreich und der im Zusammenhang damit erreichten Integration hinzuweisen. Im Hinblick auf die Minderjährigkeit der BF3 und BF4 und den daraus resultierenden Umstand, dass ihnen die unberechtigte Folgeantragstellung subjektiv nicht im gleichen Ausmaß wie einem Erwachsenen zugerechnet werden kann, sowie auf deren überdurchschnittliche Integration, die sich in Form von Deutschkenntnissen auf muttersprachlichem Niveau manifestiert, ist von einem Überwiegen der privaten Interessen an einem Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen. Wenngleich die Dritt- und Viertbeschwerdeführer schulisch bislang durchschnittliche Leistungen erbrachten, haben sie die Möglichkeit des Schulbesuchs auch über die Erbringung schulischer Leistungen hinaus insbesondere zu einer starken sozialen Integration genutzt, wobei sie auch darin Unterstützung von BF1 und BF2 durch deren Teilnahme an sportlichen und schulischen Aktivitäten erfuhren und ihnen sicherlich auch das ländlich - gesellschaftliche Gefüge bei ihrer Integration entgegenkam und sich dadurch auch verfestigte.
Die BF3 haben im Alter von sechs Jahren, BF4 im Alter von 4 Jahren ihr Heimatland verlassen und hat sich auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung ergeben, dass der BF3 wie auch BF4 kaum mehr eigene Erinnerungen an ihr Heimatland mehr haben. Vielmehr gewann das erkennende Gericht im Rahmen der Beschwerdeverhandlung den Eindruck, dass die beiden mj. Brüder sich nicht von anderen, in Österreich geborenen und aufgewachsenen Jugendlichen in ihren Interessen und Lebensgewohnheiten unterscheiden, dies obwohl die Eltern auch bestrebt sind ihre Tradition und den Glauben weiterhin zu pflegen. Der nunmehr bald 15-jährige BF3 und 13-jährige BF4 befindet sich nach den nahezu neun Jahren ihres Aufenthalts in Österreich nicht mehr im Alter zwischen sieben und elf Jahren, in dem der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte von einer grundsätzlichen Anpassungsfähigkeit im Fall der Rückkehr ins Heimatland ausgeht (vgl. VfSlg. 19.357/2010).
Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in diesem vorliegenden Beschwerdefall die privaten Interessen der BF angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen die BF würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die BF unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer unzulässig ist.
3.3. § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 idgF, mit der Überschrift "Modul 1 Integrationsvereinbarung" lautet:
"(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1."
§ 10 Abs. 2 IntG mit der Überschrift "Modul 2 der Integrationsvereinbarung" lautet:
"Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,
4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,
5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,
6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,
7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder
8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt."
§ 12 Abs. 2 und Abs. 3 IntG mit der Überschrift "Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2" lauten:
(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte Kenntnisse der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Sprachniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über vertiefte Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.
(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 2 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen."
§ 11 IntG lautet:
Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1
§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.
(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.
(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.
(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.
(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.
(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig.
Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.
Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:
Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,
2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,
[...]
Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG).
Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl II Nr. 449/2005 bestimmt Folgendes:
§ 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.
(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.
Der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" unterscheidet sich von der "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 nur in Bezug auf die Berechtigung zur Ausübung von Erwerbstätigkeiten, und zwar dahin, dass die "Aufenthaltsberechtigung" insoweit weniger Rechte einräumt. Statt wie bei der "Aufenthaltsberechtigung plus", die einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt iSd § 17 AuslBG vermittelt, besteht nämlich für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das Erfordernis einer Berechtigung nach dem AuslBG.
In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.
3.4. Im gegenständlichen Fall verfügt der BF1 über ein Zeugnis "ÖSD Zertifikat A2" vom 23.03.2016, welches bestätigt, dass die in dieser Kursstufe erworbenen Kenntnisse dem Niveau A2 des Referenzniveaus des Europarates entsprechen, weshalb er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat.
Gemäß der zitierten Übergangsbestimmung ist die mangelnde Absolvierung eines Wertekurses gemäß § 11 Abs. 2 IntG als Nachweis, dass der BF mit den Werten der Republik Österreich in Kenntnis und verbunden ist, nicht maßgeblich für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, soweit sie die Voraussetzungen des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG idF vor dem BGBl. I Nr. 68/2017, vor dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens erfüllt hat. Der BF1 erfüllt somit auch ohne Vorlage eines Nachweises über die Absolvierung eines Wertekurses über die Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich bzw. nur mittels Vorlage seines Zeugnisses die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 AsylG.
Die minderjährigen BF3 und BF4 besuchen im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht die Sekundarschule (neue Mittelschule) und haben eine positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis für das Schuljahr 2017/2018 nachgewiesen. Ebenso verhält es sich bei dem minderjährigen BF5, der eine Volksschule (Primarschule) besucht, weshalb auch sie die Voraussetzung für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" erfüllen.
Da die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG im Falle der BF in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzuständigkeit von sie betreffenden Rückkehrentscheidungen gegeben sind war sämtlichen BF eine "Aufenthaltsberechtigung" bzw. eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen. Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karten fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Da mit der Zuerkennung der Aufenthaltsberechtigung die rechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Spruchpunkte III. und IV. der angefochtenen Bescheide wegfallen, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Aufgrund der vorhandenen Deutschkenntnisse der Beschwerdeführer kann von einer Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung in eine andere, den Beschwerdeführern verständliche Sprache abgesehen werden.
Zu B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung, Integration, Rückkehrentscheidung auf DauerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W189.1416085.5.00Zuletzt aktualisiert am
28.03.2019