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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des B F in G, vertreten durch Mag. Hubertus Rohracher und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Achenweg 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 8. Oktober 2018, Zl. LVwG- 2014/44/0738-17, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 2016, Ro 2014/10/0044, wurde der Berufungsbescheid der Tiroler Landesregierung, mit dem im Instanzenzug der Antrag des Revisionswerbers auf naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Wirtschaftsweges "R.-Alm Hochleger" abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die Tiroler Landesregierung habe das Gesetz verkannt, weil sie der Versagung der naturschutzrechtlichen Bewilligung zu Unrecht eine Interessenabwägung nach § 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 TNSchG 2005 - statt richtigerweise nach Abs. 1 lit b leg. cit. - zugrunde gelegt habe.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde - im Beschwerdeverfahren - der erwähnte Antrag neuerlich abgewiesen
(1.) und die Revision für zulässig erklärt (2.).
3 Das Verwaltungsgericht stellte - gestützt auf ein (ergänzend) eingeholtes Gutachten des naturkundlichen Amtssachverständigen vom 19. Juli 2017 sowie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - fest, dass bei Errichtung des Weges insgesamt acht näher erwähnte, in den Anlagen 2 bis 4 zur Tiroler Naturschutzverordnung 2006 (TNSchVO 2006) genannte Pflanzenarten im Bereich der Wegtrasse und in deren Umfeld irreversibel beseitigt würden, weshalb für das beantragte Projekt eine Ausnahmebewilligung gemäß § 23 Abs. 5 TNSchG 2005 erforderlich sei. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne der lit. c) leg. cit., nach denen die Bewilligung erteilt werden könnte, lägen nicht vor.
4 Die Zulässigkeit der Revision wurde damit begründet, dass es "an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den artenschutzrechtlichen Bestimmungen des TNSchG 2005 und der TNSchVO 2006" fehle. Insbesondere fehle eine Rechtsprechung zum Tatbestandsmerkmal der Absichtlichkeit iSd § 2 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 lit. a und b TNSchVO 2006, zur Auslegung des Standortschutzes gemäß § 2 Abs. 2 lit b, Abs. 4 lit c und § 3 TNSchVO 2006 sowie zur Auslegung der "zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c TNSchG 2005.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der von der Tiroler Landesregierung gemäß § 30a Abs. 5 VwGG erstatteten Revisionsbeantwortung und der Verfahrensakten vorgelegt wurde.
6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG).
8 Mit dem bloßen Hinweis des Verwaltungsgerichts auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu näher bezeichneten Verwaltungsvorschriften wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre, ist doch Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 erster
Satz zweite Variante B-VG ("weil ... eine solche Rechtsprechung
fehlt") das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage (vgl. VwGH 23.9.2014, Ro 2014/01/0033; vgl. weiters VwGH 22.2.2017, Ra 2017/10/0014, und 28.2.2018, Ra 2018/10/0036). Die vorliegende Zulassungsbegründung ist zu allgemein gehalten; sie wirft keine konkreten Rechtsfragen auf (vgl. VwGH 30.1.2019, Ro 2017/10/0019).
9 Nach der hg. Rechtsprechung hat der Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 24.10.2018, Ro 2018/10/0037, mwN).
10 Diesem Erfordernis wird die vorliegende Revision, die im Zulässigkeitsvorbringen lediglich die erwähnte Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts wiedergibt, nicht gerecht.
11 Weder in der Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses noch in der Revision werden somit Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019100006.J00Im RIS seit
28.03.2019Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019