TE Vwgh Beschluss 2019/2/27 Ro 2017/15/0039

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/08 Sonstiges Steuerrecht

Norm

BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
B-VG Art133 Abs4
UmgrStG 1991 §12 Abs1 idF 2005/I/161
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des H E in W, vertreten durch die Dkfm. Martin Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellscha ft mbH in 4320 Perg, Linzer Straße 36, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 23. Juni 2017, Zl. RV/5100284/2011, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2004, Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2005 und Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2004 und 2005, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber brachte mit Sacheinlagevertrag vom 29. September 2004 sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen (Gasthof, Tankstelle) unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Artikels III Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) rückwirkend zum 31. Dezember 2003 in die neu errichtete X GmbH ein, wobei er den Teilbetrieb "Holzhandel" zurückbehielt.

2 Im Rahmen einer Außenprüfung stellte die Prüferin u. a. fest, dass der Verkehrswert des eingebrachten Vermögens am 31. Dezember 2003 bzw. am 29. September 2004 negativ gewesen sei. Mangels Vorliegens eines positiven Verkehrswertes seien die Anwendungsvoraussetzungen gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG nicht gegeben. Es sei daher nicht von einer begünstigten Einbringung nach Art. III UmgrStG, sondern von einem Tauschvorgang gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 auszugehen.

3 Das Finanzamt folgte der Prüferin und erließ - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren - der Ansicht der Prüferin entsprechende Umsatz-, Einkommen- und Kapitalertragsteuerbescheide.

4 Einer Berufung gegen die Bescheide, die im Anschluss an die Außenprüfung ergangen sind, gab das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge.

5 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass sich aus dem Jahresabschluss des Einzelunternehmens ein negatives Eigenkapital von 9.499,58 EUR ergebe. In der (unternehmensrechtlichen) Einbringungsbilanz werde unter dem Anlagevermögen ein Firmenwert von 125.000 EUR ausgewiesen. Der Firmenwert sei vom steuerlichen Vertreter des Revisionswerbers unter Zuhilfenahme der "Praktikerformel" in der Weise ermittelt worden, dass das arithmetische Mittel des "Cash-Flow" (der eingebrachten Teilbetriebe) der Jahre 2001 bis 2003 den zukünftig zu erwartenden "Cash-Flow" darstelle. In der Einbringungsbilanz scheine unter den Rechnungsabgrenzungsposten zudem eine Aktivpost gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG in Höhe von 500.000 EUR auf, welche die in Grund und Gebäude enthaltenen stillen Reserven darstellen solle. Auf der Passivseite der Bilanz scheine unter den sonstigen Verbindlichkeiten eine Entnahme gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG in Höhe von 515.000 EUR auf.

6 Am 29. September 2005 habe der Revisionswerber die Anteile an der X GmbH verkauft.

7 In einem Zivilprozess zwischen den Käufern der Anteile als klagende Parteien und dem Revisionswerber als beklagter Partei habe ein gerichtlich beeideter Sachverständiger in einem Gutachten den Wert des Einzelunternehmens zum Stichtag 31. Dezember 2003 nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen mit 305.000 EUR (Liquidationswert) bzw. 330.000 EUR (Fortführungswert) geschätzt. (Anm: Vom Gutachter im Zivilverfahren - auf dessen Gutachten das Bundesfinanzgericht die Feststellung eines negativen Verkehrswertes stützt - wird u.a. beanstandet, dass bei der vom steuerlichen Vertreter des Revisionswerbers nach der "Praktikerformel" vorgenommenen Berechnung vergessen worden sei, einen Unternehmerlohn (bzw. Geschäftsführerbezug) in Abzug zu bringen (Seite 21 des Gutachtens). Der Gutachter führt schließlich aus, würde man die Entnahmeverbindlichkeit in Höhe von 515.000 EUR (§ 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG) berücksichtigen, ergäben sich zum Bewertungsstichtag des Gutachtens (31. Dezember 2003) eine reale Überschuldung und ein negativer Liquidationswert (Seite 30 des Gutachtens)).

8 Hingegen sei die Berechnung, welche vom Revisionswerber zum Nachweis eines positiven Verkehrswertes vorgelegt worden sei, in sich nicht schlüssig und glaubhaft (Anm: z.B. Fehlen eines Abzuges für Unternehmerlohn). Es entspreche auch nicht den im Fachgutachten "KFS BW1" des Fachsenates für Betriebswirtschaft und Organisation des Instituts für Betriebswirtschaft, Steuerrecht und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Unternehmensbewertung aufgestellten Anforderungen. Der Unternehmenswert werde mit 125.000 EUR berechnet und in der Einbringungsbilanz als Firmenwert dargestellt. Zur Höhe der stillen Reserven würden keine Aussagen getroffen. Die Unterlagen, die der Revisionswerber im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegt habe, würden sich auf das Jahr 2005 und spätere Zeiträume beziehen und könnten nicht zur Beschreibung der Verhältnisse zum Bewertungsstichtag 31. Dezember 2003 bzw. 28. September 2004 herangezogen werden.

9 Der Revisionswerber habe im Jahr 2004 einen Bankkredit aufgenommen und die daraus resultierende Verbindlichkeit dem Einzelunternehmen zugeordnet. Mit Einbringungsvertrag vom 28. September 2004 habe er das Einzelunternehmen mit steuerlicher Wirkung auf den 31. Dezember 2003 in die X GmbH eingebracht. Im Rückwirkungszeitraum (am 27. September 2004) habe er aus der X GmbH eine Barentnahme in Höhe von 515.000 EUR getätigt. Die in der unternehmensrechtlichen Einbringungsbilanz erfolgte Aktivierung eines Unternehmenswerts von 125.000 EUR und der Ansatz eines weiteren Aktivpostens in Höhe von 500.000 EUR seien - so das Bundesfinanzgericht - nur erfolgt, um dem Revisionswerber eine bare Entnahme iSd § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG im Ausmaß von 515.000 EUR zu ermöglichen. Ein positiver Verkehrswert zum 28. September 2004 (Abschluss des Einbringungsvertrages) sei jedenfalls nicht vorgelegen.

10 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht mit der Begründung für zulässig, dass im vorliegenden Fall die Frage einer Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen des Art. III UmgrStG (Vorliegen eines positiven Verkehrswertes) strittig sei und zu dieser Frage bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere.

11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der u. a. ausgeführt wird, ein Fall, in welchem Zweifel über den positiven Verfahrenswert des eingebrachten Vermögens bestünden, liege gegenständlich nicht vor, "weil bereits vor Errichtung des Einbringungsvertrages mit den späteren Erwerbern der Preis für das Gesamtunternehmen festgelegt worden war, insofern war und ist dies der ‚positive Verkehrswert'. Auch nachträgliche Gutachten können an diesem vereinbarten und bezahlten Preis (=Verkehrswert) nichts mehr ändern."

12 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet. 13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

16 § 12 Abs. 1 UmgrstG in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 161/2005 lautet:

"Eine Einbringung im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Vermögen (Abs. 2) auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) und einer Einbringungsbilanz (§ 15) nach Maßgabe des § 19 einer übernehmenden Körperschaft (Abs. 3) tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages, für sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Einbringende hat im Zweifel die Höhe des positiven Verkehrswertes durch ein begründetes Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen."

17 Bei der Frage, ob der Verkehrswert des in eine Kapitalgesellschaft eingebrachten Vermögens positiv ist, handelt es sich um eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof insofern zugänglich ist, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. VwGH vom 24. Mai 2012, 2009/15/0075). Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG stellen sich in diesem Zusammenhang in der Regel nicht.

18 Soweit in der Revision die Auffassung vertreten wird, der Verkehrswert des eingebrachten Vermögens sei am Einbringungsstichtag bzw. am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages jedenfalls positiv gewesen, "weil bereits vor Errichtung des Einbringungsvertrages mit den späteren Erwerbern der Preis für das Gesamtunternehmen festgelegt worden war", ist ihr zu entgegnen, dass der in § 12 Abs. 1 UmgrStG angesprochene Verkehrswert ein objektivierter Unternehmenswert ist, der sich der Parteiendisposition entzieht. Bei der Sachverhaltsfeststellung, ob (im Zeitpunkt des Einbringungsvertrages) ein positiver Verkehrswert der eingebrachten Teilbetriebe vorlag, durfte sich das Bundesfinanzgericht somit auf das Gutachten des im Zivilprozess zwischen den Käufern der Anteile an der X GmbH als klagende Parteien und dem Revisionswerber als beklagter Partei bestellten gerichtlich beeideten Sachverständigen stützen. Es war nicht an den im Beteiligungsverkauf vereinbarten Verkaufspreis gebunden.

19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

20 Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

21 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Februar 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017150039.J00

Im RIS seit

25.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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