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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des XY in Z, vertreten durch Mag.rer.soc.oec. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2018, Zl. W133 2188065- 2/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus Afghanistan stammende Revisionswerber stellte am 11. November 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Als Fluchtgrund gab er an, dass die Lage in Afghanistan sehr schlecht sei und es keine Sicherheit gebe. Die Taliban und der IS würden die Jugendlichen rekrutieren. Er habe keine Schule besuchen und wegen der Taliban das Haus nicht verlassen können.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag mit Bescheid vom 13. September 2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten ab, sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise festgesetzt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters sprach die Behörde aus, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 8. August 2018 verloren habe.
3 Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis ohne Durchführung einer Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Die Erhebung einer Revision erklärte das Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Mit Beschluss vom 11. Dezember 2018, E 4786/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis eingebrachten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.
5 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nehme eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat sowie Mazar-e Sharif an und lasse dabei unberücksichtigt, dass der Revisionswerber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ein unbegleiteter Minderjähriger gewesen sei, der in keiner der beiden Städte über ein soziales Netzwerk verfüge. Das BVwG habe die Minderjährigkeit ignoriert und sei aktenwidrig davon ausgegangen, dass es sich beim Revisionswerber um einen alleinstehenden, gesunden und leistungsfähigen Mann mit Berufserfahrung handle, der nicht besonders schutzbedürftig sei. Dass der Revisionswerber weder eine Schulbildung genossen habe noch über Berufserfahrung verfüge, habe das Gericht nicht berücksichtigt. Die UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018, wonach eine innerstaatliche Fluchtalternative ohne soziales Netzwerk in den Städten Herat und Mazar-e Sharif nicht vorliege, sei nicht berücksichtigt worden.
6 Es fehle zudem Rechtsprechung dazu, auf welchen Zeitpunkt bei Beurteilung der Minderjährigkeit abzustellen sei, sowie zur Frage, wie eine Prüfung der Wahrung des Kindeswohls bei Entscheidungen über die Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger nach Afghanistan vorzunehmen sei.
7 Abschließend macht die Revision in der Zulässigkeitsbegründung eine Abweichung vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/18/0533, geltend, wonach die Verfügbarkeit einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative für andere Städte als Kabul einer sorgfältigen Prüfung für den jeweiligen Antragsteller sowie der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedürfe. Gegenständlich habe das BVwG weder eine sorgfältige Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den Zulässigkeitsgründen konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (VwGH 26.9.2018, Ra 2018/14/0084).
12 Mit der allgemein gehaltenen Zulässigkeitsbegründung der Revision hinsichtlich der Minderjährigkeit des Revisionswerbers und dessen nicht vorhandenen sozialen Netzwerks in den Städten Herat und Mazar-e Sharif wird nicht dargetan, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Bundesverwaltungsgericht abgewichen sei. Soweit mit dem Vorbringen die Beweiswürdigung beanstandet wird, ist darauf zu verweisen, dass diese grundsätzlich nicht revisibel ist und es dem Revisionswerber in diesem Zusammenhang auch nicht gelingt aufzuzeigen, dass diese in einer krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 23.2.2016, Ra 2016/01/0013, mwN).
13 Die weiteren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision, wonach keine Rechtsprechung dazu vorliege, auf welchen Zeitpunkt die Beurteilung der Minderjährigkeit zu erfolgen habe, verkennt die ständige Rechtsprechung zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt des BVwG (vgl etwa VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, mwN). Mit den Ausführungen in der Revision wird aber auch eine Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt, wen das BVwG in seinen Erwägungen auch berücksichtigt hat, dass der Revisionswerber zwei Wochen nach Erlassung des Erkenntnisses volljährig wurde.
14 Mit der Zulässigkeitsbegründung, es fehle Rechtsprechung zur Wahrung des Kindeswohls bei Entscheidungen über die Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger nach Afghanistan, legt die Revision nicht dar, welche konkreten, für das Kindeswohl maßgeblichen Umstände das BVwG zu berücksichtigen gehabt hätte und weshalb - im Falle der Berücksichtigung dieser Umstände - das Verwaltungsgericht zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können.
15 Werden Verfahrensmängel - wie hier auch Ermittlungs- und Begründungsmängel hinsichtlich der Aktualität der Länderberichte - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225, mwN).
16 Insoweit die Revision auf das Erkenntnis des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/18/0533, verweist, gelingt es ihr nicht darzulegen, dass das BVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre. Im Gegensatz zur Behauptung in der Zulässigkeitsbegründung hat sich das BVwG umfassend mit dem Vorliegen der Voraussetzungen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber in Mazar-e Sharif auseinandergesetzt und ist vertretbar zur Auffassung gelangt, dass seine Rückkehr in diese Stadt möglich und zumutbar ist.
17 Sofern die Revision den Entfall der mündlichen Verhandlung rügt, stellt sie nicht dar, weshalb die Kriterien für die Abstandnahme von der Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018) nicht gegeben gewesen wären.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140049.L00Im RIS seit
28.03.2019Zuletzt aktualisiert am
01.04.2019