TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/7 G307 2196552-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.01.2019
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Entscheidungsdatum

07.01.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67

Spruch

G307 2196552-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX,

StA: Spanien, vertreten durch RA Dr. Astrid WAGNER in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.04.2018, Zahl XXXX nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu

Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.02.2018 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA) die BF auf, zur in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, ihren persönlichen Verhältnissen und gesetzten Integrationsschritten binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen. Mit undatiertem Schreiben, beim BFA eingelangt am 07.08.2018, bezog die BF hiezu Stellung.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 25.04.2018, der BF persönlich zugestellt am 27.04.2018, wurde gegen diese gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 70 Abs. 3 kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Am XXXX.2018 teilte das Stadtpolizeikommando XXXX (SPK XXXX) dem BFA mit, dass die BF am selben Tag auf dem Luftweg nach Spanien abgeschoben worden sei.

4. Mit Schreiben vom 22.05.2018, beim BFA eingebracht am 25.05.2018, erhob die BF durch die im Spruch erstgenannte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid. Darin wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpfen Bescheid aufzuheben, der Beschwerde Folge zu geben, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, in eventu der Beschwerde Folge zu geben, den bekämpfen Bescheid aufzuheben, eine Verhandlung anzuberaumen und in der Sache selbst zu entscheiden, ferner der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 25.05.2018 vorgelegt und langten dort am selben Tag ein.

6. Am 18.09.2018 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die BF teilnahm sowie deren Eltern, ihr Bruder und ihr Lebensgefährte (LG) als Zeugen einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist spanische Staatsbürgerin, frei von Obsorgepflichten und ledig. Sie ist in XXXX geboren und besuchte dort bis zum Jahr 2009 die Pflichtschule. In Österreich setzte sie ihre Schulausbildung fort und brach nach der 7. Klasse Gymnasium in der XXXX die Schule ab. Anschließend begann sie die Lehre zur zahnärztlichen Fachassistentin, die sie ebenso nicht zu Ende brachte. Die BF hält sich seit 16.10.2009 - bis zu ihrer Abschiebung - durchgehend in Österreich auf.

In Österreich leben die Eltern der BF sowie deren Bruder, welche im gemeinsamen Haushalt wohnen. Der Lebensmittelpunkt der BF liegt in Österreich. In Spanien hat sie sich bisher noch nie aufgehalten.

1.2. Die BF befindet sich seit Mitte März 2015 in einer Beziehung mit dem österreichischen Staatsbürger XXXX. Die BF ist zwar mit Hauptwohnsitz seit 19.08.2016 bei ihren Eltern gemeldet, verbrachte jedoch vor ihrer Abschiebung etwa 80 % in der Wohnung ihres Freundes.

1.3. Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Sie spricht fließend Deutsch. Kenntnisse eines bestimmten Niveaus konnten jedoch nicht festgestellt werden.

1.4. Die BF war bis dato vom 08.03.2012 bis 23.02.2018 in 14 Arbeitsverhältnissen bei insgesamt 13 Arbeitgebern tätig. Zuletzt war sie vom 29.01.2018 bis 23.02.2018 bei der XXXX als Assistentin der Geschäftsführung tätig.

1.5. Die BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu

XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2017 wegen betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs gemäß §§ 148a Abs. 1, 148a Abs. 2. 1. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Darin wurde sie für schuldig befunden, in XXXX sich im Zeitraum XXXX.2015 bis XXXX.2016 in insgesamt 8 Angriffen gewerbsmäßig (§ 70 Abs. 1 Z 3 StGB) mit dem Vorsatz sich dadurch unrechtmäßig bereichert zu haben, dass sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe von Daten beeinflusst hat, indem sich unter Verwendung falscher Namen und erfundenen E-Mailadressen über mehrere Versandhäuser diverse Waren bestellt hat, liefern lassen, aber die Rechnungen nicht bezahlt und diese damit am Vermögen geschädigt zu haben.

Als mildernd wurden dabei der bisher ordentliche Lebenswandel sowie das jugendliche Alter, als erschwerend die Vielzahl der Angriffe auf im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit, gewertet.

Ferner wurde die BF vom Bezirksgericht XXXX (BG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2017 wegen Betruges verurteilt, wobei gemäß §§ 31 und 40 StGB keine Zusatzstrafe verhängt wurde.

Der BF wurde darin angelastet, am XXXX.2015 und XXXX.2016, in XXXX in insgesamt zwei Angriffen mit dem Vorsatz sich Dritten durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet hat, die diesem am Vermögen schädigte, indem sie unter Vortäuschung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, eine Behandlung der Lippen durch Aufspritzen mit Hyaloronsäure in Anspruch genommen und in der Folge den Preis nicht bezahlt hat, sowie Bestellungen bei einer Firma auf einen anderen Namen getätigt und in Folge der Warenlieferung den Preis nicht bezahlt hat, wodurch den Opfern insgesamt EUR 515,- an Vermögensschäden entstanden sind.

Als mildernd wurden dabei die geständige Verantwortung sowie die formelle Unbescholtenheit, als erschwerend die Deliktswiederholung gewertet.

Schließlich wurde die BF vom LG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2018 (neuerlich) wegen betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs gemäß §§ 148a Abs. 1, 148a Abs. 2, 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wovon 8 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Monaten ausgesprochen wurden.

Im Zuge der zuletzt genannten Verurteilung wurde die BF für schuldig befunden, sie habe in Wien gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, dadurch, dass sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe von Daten beeinflusst habe, indem sie unter Verwendung verschiedener Namen über den Onlineshop mehrerer Versandhäuser diverse Waren bestellt und sich liefern lassen, aber Rechnungen nicht bezahlt habe, diese am Vermögen geschädigt, wobei sie in insgesamt 7 Fällen durch die erwähnten Bestellungen ein Gesamtschaden in der Höhe von € 2.726,30 entstanden ist.

Als mildernd wurden hiebei das Tatsachengeständnis, als erschwerend die Tatwiederholung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit, die Tatbegehung während offener Probezeit und der eher rasche Rückfall gewertet.

Es wird festgestellt, dass die BF die angeführten Tathandlungen begangen und das beschriebene Verhalten gesetzt hat. Die BF wurde am XXXX.2018 festgenommen und befand sich bis zum XXXX.2018 in der Justizanstalt XXXX in Haft. Am XXXX.2018 wurde die BF auf dem Luftweg nach Spanien abgeschoben. Derzeit hält sie sich in der Slowakei auf.

1.7. Die BF verfügt derzeit über kein Vermögen und kein regelmäßiges Einkommen. Sie wird aktuell sowohl von ihren Eltern als auch von ihrem LG mit einem Betrag von insgesamt rund € 300,00 bis 400,00 monatlich finanziell unterstützt.

1.8. Die BF pflegt zu XXXX, welche sie als ihre beste Freundin bezeichnet und die in Baden wohnt, XXXX, XXXX, XXXX sowie XXXX und XXXX jeweils ein sehr enges amikales Verhältnis.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Bestand von Verwandten im Inland, der jüngsten gemeinsamen Haushaltsführung mit dem LG, dem Freisein von Obsorgepflichten, dem Zeitpunkt der Einreise und des bis zur Abschiebung durchgehenden Aufenthalts in Österreich und dem Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet getroffen wurden, beruhen diese auf den Ausführungen in der Stellungnahme vor dem BFA, den im angefochtenen Bescheid getätigten Feststellungen, den Ausführungen in der Beschwerde, den Angaben von Eltern, Freund und der BF in der mündlichen Verhandlung wie dem Inhalt des auf die BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR).

Die BF legte einen auf ihren Namen lautenden spanischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind. Ferner findet dieser auch im Inhalt des auf die BF lautenden Auszugs aus dem Zentralen Melderegister Niederschlag, aus dem sich auch der durchgehende Aufenthalt im Bundesgebiet seit November 2009 ergibt.

In Ermangelung der Vorlage eines Sprachzertifikats und wegen fehlender Reifeprüfung konnten bei der BF keine Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus festgestellt werden. In der mündlichen Verhandlung war die BF jedenfalls in der Lage, allen an sie gestellten Fragen zu folgen und auf diese problemlos zu antworten.

Die BF hat in der Verhandlung vorgebracht, gesund zu sein. Ihre Arbeitsfähigkeit folgt dem Umstand der zuletzt ausgeübten geringfügigen Beschäftigung wie dem Willen, wieder eine Beschäftigung ausüben zu wollen.

Die bisherigen Erwerbstätigkeiten ergeben sich aus dem Inhalt des auf den Namen der BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Die begonnene Ausbildung als zahnärztliche Fachassistentin ergibt sich ferner aus den in der Beschwerde vorgelegten, diesbezüglichen Berufsschulzeugnissen.

Die Beziehung mit XXXX, dessen finanzielle Unterstützung und die gemeinsame Haushaltsführung mit diesem sind den Daten des auf die beiden lautenden ZMR-Auszuges wie deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen, die einander decken. Ferner wurde diese Feststellung durch die Eltern der BF bestätigt. Den aktuellen Aufenthalt in der Slowakei hat die BF selbst ins Treffen geführt.

Die finanzielle Unterstützung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ergibt sich aus den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung wie den Zeugenaussagen ihrer Eltern und ihres LG.

Die 3 Verurteilungen sind aus dem Strafregister der Republik Österreich sowie den im Akt einliegenden Urteilen des LG XXXX und BG XXXX ersichtlich. Der Zeitpunkt der Festnahme und jener der Entlassung folgen der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom XXXX.2018 und dem ZMR-Auszug der BF. Die Abschiebung der BF nach Spanien ist dem im Akt einliegenden Abschiebeauftrag des Stadtpolizeikommandos XXXX vom XXXX.2018 zu entnehmen.

Der fehlende Bezug zu Spanien ist den Ausführungen der BF in der Stellungnahme vor dem BFA, der Beschwerde wie jenen in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen und hat sie darin - in Übereinstimmung mit den Aussagen der anderen Zeugen - hervorgehoben, nie in Spanien gelebt zu haben, sondern in Argentinien aufgewachsen zu sein. Da die BF im Alter von 16 Jahren, also noch im Jugendalter, nach Österreich kam und hier rund 9 Jahre verbrachte, kann davon ausgegangen werden, dass ihr Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet liegt.

Dass die BF derzeit über kein Vermögen und kein regelmäßiges Einkommen verfügt, hat sie in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert und widerspräche es der Lebenserfahrung, Barmittel oder sonstiges Eigentum zu verschweigen.

Der Bestand enger freundschaftlicher Beziehungen zu den unter II.1.8. erwähnten Personen ergeben sich aus dem dahingehenden Vorbringen der BF in der Verhandlung vor dem BVwG und deren - durch das ZMR - erwiesene Existenz unter deren Namen und Anschrift.

Wenn in der Beschwerde behauptet wird, die belangte Behörde sei in ihrem Bescheid nicht auf das Familienleben der BF und ihre sozialen Bindungen eingegangen, wurde diese Lücke nunmehr durch Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht geschlossen. Weitere substantiierte, gegen die Beweiswürdigung gerichtete Argumente fanden sich darin nicht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:

Für die BF, die aufgrund ihrer spanischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil sie sich noch nicht 10 Jahre in Österreich aufgehalten hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der für die BF zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen die 3 Verurteilungen, insbesondere die jüngste wegen Datenverarbeitungsmissbrauchs im Fokus der Betrachtung. Die BF wurde zuletzt wegen dieses Tatbestands zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wobei sie 4 Monate in Haft verbrachte.

Dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Eigentumskriminalität kommt ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 22.02.2011, Zahl 2010/18/0417). Dem jüngsten Gerichtsurteil ist überdies entnehmen, dass die Erschwerungsgründe den Milderungsgrund überwiegen. So stehen dem Tatsachengeständnis die Tatwiederholung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit, die Tatbegehung während der Probezeit sowie der eher rasche Rückfall gegenüber.

Es fällt ferner auf, dass die BF ihr strafbares Verhalten im Rahmen der jüngsten Verurteilung gesteigert hat, in dem die nunmehrige Freiheitsstrafe 12 Monate (teilbedingt), die erste 5 Monate (bedingt) betrug.

Abgesehen davon, dass die BF innerhalb einer Zeitspanne von rund 15 Monaten 3 Mal verurteilt wurde, gab sie in der mündlichen Verhandlung an, sich ihres Fehlverhaltens nicht bewusst gewesen zu sein und andere Personen nicht finanziell habe belasten wollen. Diesen Aussagen ist nicht nur ein gewisser Grad an Naivität zu entnehmen, sondern hätte die BF vor dem Hintergrund ihrer wohlbehüteten Kindheit und der immer wieder kehrenden Beschäftigungen keinen Grund gehabt, immer wieder straffällig zu werden. Im Ergebnis ist ihrem Handeln eine fehlende Einsicht und auch Ignoranz gegenüber der Einhaltung von Rechtvorschriften, insbesondere jener des Strafrechts zu entnehmen. Auch was ihr schulisches wie berufliches Fortkommen betrifft, zeigte sich die BF immer wieder nachlässig.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich somit vorliegend als verhältnismäßig.

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Die BF wurde innerhalb kürzester Zeit 3 Mal straffällig. Sie beging diese Delikte, obwohl ihre Vermögens- und persönlich Situation nicht derartig bedrohlich war, dass dieses Handeln irgendwie nachvollziehbar gewesen wäre. Sie zeigte auch ein zu geringes Maß an Einsicht in die Einhaltung von Normen und setzte ihr Aufenthaltsrecht wissentlich aufs Spiel. Im Übrigen zeigte sich die BF auch gegenüber ihren sehr bemühten Eltern und dem LG resistent. All diese Umstände lassen im Zusammenhalt mit der Deliktsbegehung erst in jüngster Vergangenheit den Schluss zu, dass die von der BF ausgehende Gefahr gegenwärtig, erheblich und tatsächlich ist. Dieses Verhalten berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes, an der Hintanhaltung von Eigentumsdelikten.

Ferner erweist sich die bis dato seit der letzten Verurteilung verstrichene Zeitspanne - wie bereits erwähnt - als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

In seinem Erkenntnis vom 26.04.2018, Zahl Ra 2018/21/0027 hat der VwGH erwogen, dass - auch wenn der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat - für den Wegfall der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit, in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich ist und dieser Zeitraum umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat.

Daran anknüpfend ist die vom BF-Verhalten ausgehende Gefahr als gravierend anzusehen. Zwei Mal fiel sie - trotz bereits einmal erfahrener strafrechtlicher Sanktion - wieder in ihr angestammtes Verhalten zurück und zog daraus offenbar keine Lehren.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen. Die BF hat zwar einen LG und eine sehr enge Beziehung zu ihren Eltern wie zahlreichen Freunden. Die mit einem Aufenthaltsverbot einhergehenden gegenständlichen Auswirkungen auf die Lebenssituation der BF sind im öffentlichen Interesse hier aber in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 03.10.2013, Zl. 2013/22/0083). Zu beachten ist ferner, dass die BF derzeit in der Slowakei lebt, keine Sorgepflichten hat und von LG wie auch den Eltern finanziell ausreichend unterstützt wird.

Nach dem besagten und in seiner Gesamtheit zu missbilligenden Fehlverhalten der BF ist davon auszugehen, dass das gegen sie erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Verkehrssicherheit) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes erscheint als angemessen. Die BF wurde 3 Mal wegen Betrugsdelikten innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne verurteilt und hielt sich seit rund 9 Jahren im Bundesgebiet auf. Im Übrigen wich sie immer wieder vom Abschluss von Schul- und Berufsausbildungen ab. Selbst die 9jährige Dauer erlaubt es vor dem Hintergrund der Straffälligkeit der BF nicht, die Aufenthaltsverbotsdauer zu reduzieren. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in der angegebenen Dauer erweist sich daher als rechtens.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Der Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung):

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen, wobei § 38 VwGG gilt.

Einem BF (hier der BF) kommt auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP)

-

kein Antragsrecht zu, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr

-

amtswegig - die Wiederzuerkennung einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwH auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

In Ermangelung eines diesbezüglichen Antragsrechtes der BF war der konkrete Antrag der BF auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, öffentliche
Sicherheit, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2196552.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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