TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/16 G303 2182082-1

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Veröffentlicht am 16.01.2019
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Entscheidungsdatum

16.01.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2182082-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva Wendler und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 06.12.2017, Zl. OB:

XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte 13.10.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Mit dem Antrag wurden medizinische Beweismittel und eine Kopie des Reisepasses der BF in Vorlage gebracht.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 16.11.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung der BF am selben Tag, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Hypertonie Vorgegebener Rahmensatz entsprechend der kombinierten antihypertensiven Therapie

05.01.02

20

2

Durchschlafstörung, gedrückte Stimmung, eine Medikation wurde heute erst eingeleitet Mittlerer Rahmenwert des unteren Rahmensatzes, unter Medikation stabil, soziale Integration gegeben

03.06.01

20

3

Karpaltunnelsyndrom links, Tendovaginitis stenosans am rechten Mittelfinger, Zustand nach operativer Sanierung zweier Tendovaginitiden und des Karpaltunnelsyndromes rechts. Unterer Rahmenwert des unteren Rahmensatzes bei guter Beweglichkeit und nicht wesentlich eingeschränkter Greiffunktion, berücksichtigt ist die gestörte Sensibilität

04.05.06

10

4

Zustand nach Strumektomie mit erforderlicher Hormonsubstitution Unterer Rahmensatzwert bei euthyreoter Funktionslage unter entsprechender Medikation

09.01.01

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

20 vH

Führend sei die Gesundheitsschädigung (GS) 1, weil sie eine langfristige Dauermedikation erfordere. Die anderen Gesundheitsschädigungen würden wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht weiter steigern.

3. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 06.12.2017 wurde der Antrag der BF vom 13.10.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Danach betrage der Grad der Behinderung der BF 20 %. Das genannte Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. Als rechtliche Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) angeführt.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 15.12.2017 fristgerecht Beschwerde. Begründend führte die BF aus, dass sie Beschwerden habe, die sich - entgegen dem Sachverständigengutachten - gegenseitig negativ beeinflussen würden. Sie ersuche daher um eine höhere Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung, zumindest um Erhöhung um eine Stufe auf 30 %.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 08.01.2018 vorgelegt.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes eine medizinische Sachverständige mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

6.1. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 09.07.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am selben Tag, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Hypertonie Fixer Rahmensatz bei Einnahme eines blutdrucksenkenden Medikamentes

05.01.01

10

2

Durchschlafstörung, Dysthymie Mittlerer Rahmensatz bei gutem Ansprechen auf Medikation, gegebener sozialer Integration

03.06.01

20

3

Karpaltunnelsyndrom links, Tendovaginitis stenosans am rechten Mittelfinger, Zustand nach operativer Sanierung zweier Tendovaginitiden und Karpaltunnelsyndrom rechts Unterer Rahmensatz bei guter Beweglichkeit, derzeit keinem Schnappphänomen des rechten Mittelfingers, guter Greiffunktion

04.05.06

10

4

Zustand nach Entfernung der Schilddrüse Unterer Rahmensatz bei stabilem Zustand unter Hormonersatztherapie

09.01.01

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

20 vH

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass die GS 2 führe und die GS 1, GS 3 und GS 4 bei einerseits gutem Ansprechen auf Medikation und anderseits bei geringer Funktionseinschränkung nicht weiter steigern würden.

Im Vergleich zum Vorgutachten werde die GS 1 aufgrund der Verringerung der Medikation um eine Stufe herabgesetzt. Die GS 2 werde somit zur führenden Gesundheitsschädigung. Die GS 3 scheine bei nun nicht mehr vorliegenden Gefühlsstörungen sich tendenziell gebessert zu haben, es würden jedoch keine aktuellen Befunde vorliegen. Die GS 4 sei unverändert.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 25.07.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

7.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Hypertonie (Grad der Behinderung: 10 %)

-

Durchschlafstörung und Dysthymie (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Karpaltunnelsyndrom links und Tendovaginitis stenosans am rechten Mittelfinger sowie Zustand nach operativer Sanierung zweier Tendovaginitiden und Karpaltunnelsyndrom rechts (Grad der Behinderung: 10 %)

-

Zustand nach Entfernung der Schilddrüse (Grad der Behinderung: 10 %)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 von Hundert (vH). Dieser wird vom führenden Leiden, nämlich der Durchschlafstörung und der Dysthymie, mit einem Grad der Behinderung von 20 vH, gebildet. Die weiteren vorliegenden, festgestellten Gesundheitsschädigungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung, da diese Gesundheitsschädigungen geringfügig sind und zudem die Hypertonie und auch der Zustand nach Entfernung der Schilddrüse gut medikamentös behandelt werden können.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 09.07.2018 objektiviert.

Dieses Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Wechselwirkungen zueinander ergeben sich daraus.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen darauf.

Im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. XXXX wurde die Hypertonie (GS1) aufgrund der Verringerung der Medikation um eine Stufe geringer eingeschätzt. Ansonsten wurden keine gutachterlichen Änderungen festgehalten.

Insgesamt war aus dem Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass weitere - von der Sachverständigen nicht berücksichtigte - behinderungsrelevante Gesundheitsschädigungen bei der BF vorliegen.

Der Inhalt des Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 09.07.2018 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder von der BF noch von der belangten Behörde erstattet. Das eingeholte Sachverständigengutachten blieb damit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs in keiner Weise beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idgF) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist gemäß § § 3 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG im Beschwerdeverfahren unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 20 vH objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097) ist.

Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 09.07.2018 wurde auch seitens der Verfahrensparteien im Beschwerdeverfahren nicht bestritten.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie spruchgemäß abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2182082.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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