Entscheidungsdatum
22.01.2019Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W208 2210772-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 12.10.2018, Zl. 452774/20/ZD/1018, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 15 Abs 2 Z 3 ZDG stattgegeben und der Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Zuweisungsbescheid vom 02.10.2017 der Einrichtung "Rettungsdienst" zur Ableistung des Zivildienstes von 01.02.2018 bis 31.10.2018 zugewiesen.
2. Vom 12.09.2017 bis 01.10.2018 war der BF krankheitsbedingt aufgrund eines Arbeitsunfalles (Schulterverletzung) vom Dienst abwesend.
3. Am 12.09.2018 legte der BF seine Arbeitsunfähigkeitsmeldung (Ausstellungsdatum 12.09.2018) vor, aus der hervorgeht, dass er von 12.09.2018 an arbeitsunfähig und am 17.09.2018 wiederbestellt ist. In der Folge war er - wie aus einer Meldung der Gebietskrankenkasse hervorgeht - bis 01.10.2018 aufgrund dieses Unfalles arbeitsunfähig.
4. Am 02.10.2018 informierte die Einrichtung die Zivildienstserviceagentur (ZISA) und ersuchte um Einleitung eines Nichteinrechnungsverfahrens, da der BF seine Krankenstandsbestätigung nicht spätestens am 7. Kalendertag (gerechnet ab dem 18.09.2018) vorgelegt habe.
5. Mit Schreiben der ZISA vom 08.10.2018 wurde der BF unter Anführung des Sachverhaltes (Fernbleiben vom Dienst zwischen 18.09.2018 und 01.10.2018 ohne dafür Bestätigungen vorzulegen oder Gründe anzugeben) und des § 15 Abs 2 Z 2 [sic!] ZDG zur Stellungnahme binnen einer Woche aufgefordert.
6. In einer E-Mail vom 10.10.2018 führte der BF im Wesentlichen aus, dass er nach der ursprünglichen Krankmeldung (gemeint jene vom 12.09.2018) gemeint habe, er hätte auch die Gesundmeldung an die Einrichtung geschickt, diese sei aber in seinen E-Mail-Entwürfen festgesteckt und sei nicht gesendet worden.
7. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde von der ZISA (belangte Behörde) festgestellt, dass der Zeitraum von 18.09.2018 bis 01.10.2018 (14 Tage) gemäß § 15 Abs 2 Z 3 ZDG nicht in den ordentlichen Zivildienst eingerechnet werde. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des unstrittigen Verfahrensganges angeführt, dass
feststehe, dass der BF " ... die Krankmeldung für den Zeitraum von
18.09.2018 bis 01.10.2018 bis dato noch [sic!] an die Einrichtung übermittelt [habe]." Die GKK habe den Krankenstand in dem oa. Zeitraum bestätigt. Das tatsächliche Einlangen der Bestätigung erfolge auf Gefahr des BF.
Dem BF sei die Übermittlung der ärztlichen Bestätigung innnerhalb von 7 Tagen möglich und zumutbar gewesen.
8. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 17.10.2018) richtete sich die vorliegende Beschwerde, die der belangen Behörde am 06.11.2018 per E-Mail übermittelt wurde.
Der BF führte darin zusammengefasst an, er habe am 12.09.2018 die Krankenbestätigung der Dienststelle übermittelt. Die Dienststelle sei informiert gewesen, dass er von 12.09.2018 bis 01.10.2018 wegen des Arbeitsunfalles im Krankenstand gewesen sei und sei er in diesem Zeitraum auch zu keinem Dienst eingeteilt gewesen. Mit 01.10.2018 sei er gesundgeschrieben worden. Von 01.10. - 04.10.2018 sei er auf Urlaub gewesen und habe am 05.10.2018 wieder seinen Dienst angetreten. Er habe die Dienststelle nach der Gesundschreibung vom Krankenstand-Ende informiert.
9. Die belangte Behörde leitete die Beschwerde und den Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - mit Schreiben vom 05.12.2018 an das BVwG weiter, wo sie am 06.12.2018 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund des oa. Verfahrensganges und der vorgelegten Verwaltungsakten steht fest, dass der BF vom 12.09.2018 bis 01.10.2018 krankheitsbedingt vom Zivildienst aufgrund eines Arbeitsunfalles (Schulterverletzung) abwesend war. Er hat am 12.09.2018 eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsmeldung der Einrichtung vorgelegt, der zwar das Wiederbestellungsdatum 17.09.2018, aber nicht das Ende der Arbeitsunfähigkeit zu entnehmen ist.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden, sind unbestritten und werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 2a Abs 4 ZDG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur.
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung im ZDG eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958 noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010, Seite 389 entgegen.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetz (ZDG), lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
§ 15. (1) Beginn und Dauer des ordentlichen Zivildienstes richten sich nach den im Zuweisungsbescheid festgelegten Zeiten (§ 11).
(2) In die Zeit des ordentlichen Zivildienstes werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit einer Haft oder sonstigen behördlichen Anhaltung;
2. die Zeit, während der der Zivildienstpflichtige aus sonstigen Gründen, die er selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat, keinen Zivildienst geleistet hat;
3. die Zeit einer unfall- oder krankheitsbedingten Abwesenheit, wenn die ärztliche Bestätigung nach § 23c Abs. 2 Z 2 dem Vorgesetzen nicht spätestens am siebten Kalendertag nach Beginn der unfall- oder krankheitsbedingten Abwesenheit übermittelt worden ist, obwohl dies dem Zivildienstpflichtigen zumutbar gewesen wäre;
4. die Zeit, in der der Zivildienstpflichtige sich in den Fällen der §§ 19 Abs. 2 und 23c Abs. 3 nicht einer Untersuchung durch einen Amts- oder Vertrauensarzt der Einrichtung unterzogen hat, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre, bis er der Aufforderung nachkommt oder seinen Dienst wieder in dienstfähiger Verfassung antritt.
(3) Die Zivildienstserviceagentur hat die nach Abs. 2 nicht einrechenbaren Zeiten festzustellen.
[...]
§ 23c. (1) Ist ein Zivildienstleistender verhindert, seinen Dienst zu versehen, so hat er die hiefür maßgebenden Gründe unverzüglich seinem Vorgesetzten (§ 38 Abs. 5) oder einer hiefür von der Einrichtung beauftragten Person anzuzeigen und den Grund der Verhinderung in entsprechender Weise glaubhaft zu machen.
(2) Im Falle der Dienstverhinderung durch Krankheit ist der Zivildienstleistende verpflichtet,
1. seinem Vorgesetzten den Ort seines Aufenthaltes während der Dienstverhinderung bekanntzugeben und
2. sich spätestens am nächstfolgenden Werktag der Untersuchung durch einen Arzt zu unterziehen und die von ihm ausgestellte Bescheinigung über Art und voraussichtliche Dauer der Erkrankung spätestens am siebten Kalendertag nach Beginn der Dienstverhinderung der Einrichtung zu übermitteln sowie
3. sich im Falle einer Dienstverhinderung über Auftrag des Vorgesetzten einer Untersuchung durch einen Vertrauensarzt der Einrichtung zu unterziehen.
(3) Hat der Vorgesetzte begründete Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Zivildienstleistenden, so kann er diesem auftragen, sich unverzüglich einer Untersuchung durch einen Vertrauensarzt der Einrichtung zu unterziehen."
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Im vorliegenden Fall ist § 15 Abs 2 Z 3 ZDG einschlägig, wonach eine Einrechnung einer unfall- oder krankheitsbedingten Abwesenheit dann nicht zu erfolgen hat, wenn die ärztliche Bescheinigung nicht spätestens am siebenten Kalendertag nach Beginn der Abwesenheit übermittelt worden ist und dem Zivildienstleistenden die Rechtzeitigkeit der Vorlage zumutbar war.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass der belangten Behörde bei ihrem Parteiengehör ein Irrtum unterlaufen ist, weil sie § 15 Abs 2 Z 2 ZDG statt richtig Z 3 als Rechtsgrundlage angeführt hat. Zum Zeitpunkt des Parteiengehörs, wusste die belangte Behörde - aufgrund der Bestätigung der Gebietskrankenkasse bereits, dass der Krankenstand auf eine Arbeitsunfall zurückzuführen war und von 12.09. - 01.10.2018 dauerte.
Aber auch dem BF bzw. seinem Arzt ist ein Fehler unterlaufen, weil der am 12.09.2018 ausgestellten Bestätigung zwar der Beginn der Arbeitsunfähigkeit und als Grund "Arbeitsunfall" zu entnehmen ist, aber nicht der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit.
Diesbezüglich war die Vorlage der Arbeitsbestätigung durch den BF zwar rechtzeitig aber mangelhaft und hätte die belangte Behörde einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zu erteilen gehabt. Stattdessen hat sie aus dem Datum der Wiederbestellung (12.09.2018) geschlossen, dass der BF nur bis zu diesem Datum arbeitsunfähig sei und die 7-Tage-Frist von diesem Datum an gerechnet. Da sie keinen Verbesserungsauftrag erteilt hat, hätte sie von der Gültigkeit der rechtzeitig vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbestätigung auf vorerst unbestimmte Zeit auszugehen gehabt und nicht von sich aus aufgrund des Wiederbestellungsdatums auf ein Ende der Arbeitsunfähigkeit schließen dürfen, welche tatsächlich auch nicht vorlag.
§ 15 Abs 2 Z 2 ZDG ist - vor dem Hintergrund des Zwecks der Bestimmung, Missbrauch vorzubeugen und der Einrichtung eine Planung der zugeteilten Zivildiener zu ermöglichen - nicht zu unterstellen, dass ein Mangel in einer innerhalb von 7 Tagen und damit rechtzeitig vorgelegten Bestätigung zu Nachteil des Zivildieners ausschlagen kann, wenn er nicht zur Beseitigung dieses Mangels aufgefordert wurde und daher von der Gültigkeit und Rechtzeitigkeit der vorgelegten Bestätigung ausgehen durfte.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Einrichtung und die ZISA gewusst haben, dass ein Arbeitsunfall vorlag und der BF jederzeit auch einer Untersuchung durch einen Amts- oder Vertrauensarzt der Einrichtung unterzogen hätte werden können.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt derzeit - soweit vom BVwG überblickbar - an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auswirkung einer in diesem Punkt mangelhaften ärztlichen Bestätigung.
Schlagworte
Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsunfall, ärztliche Bestätigung, ärztlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2210772.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.03.2019