TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/5 W134 2180923-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W134 2180923-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, Zahl 1117660201-160784958, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: "BF" genannt) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 05.06.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016.

2. Am 06.06.2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Der BF brachte vor, dass er Usbeke sei. Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der BF vor, dass in seinem Heimatort die Taliban geherrscht hätten. Es sei sehr unsicher gewesen. Sein Vater sei ein Ex-Kommandant bei der afghanischen Armee, deshalb sei er in Afghanistan nicht sicher gewesen.

3. Am 17.11.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zunächst an, in der Provinz Faryab geboren und aufgewachsen zu sein. Er habe keine Schule besucht. Sein Vater habe landwirtschaftliche Grundstücke besessen und er sei dort als Landwirt tätig gewesen. Seine Familie lebe nun im Iran und werde vom Ehemann seiner Schwester, der Angestellter bei der Regierung sei, versorgt. Der BF habe einen Sohn der ebenfalle im Iran lebe. Die Ehefrau des BF sei bei einer Explosion vor 4 Jahren ums Leben gekommen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der BF vor, dass die Taliban in ihrem Dorf aktiv gewesen seien und die Bewohner gezwungen hätten in die Koranschule zu gehen und keinen Alkohol zu trinken. 2 Jahre nach dem Tod seiner Frau sei er von den Taliban mit 250 Hieben bestraft worden, weil er zwei Tage nicht die Koranschule besucht habe. Sein Kopf habe genäht werden müssen und sein Arm sei gebrochen gewesen. Sein Vater sei früher Kommandant in der Provinz Faryab gewesen. Nach dem Regierungswechsel habe er Feinde gehabt u.a die Taliban. Er sei 25 Tage durch seine Feinde in Gewahrsam genommen worden. Er habe auch eine Immobilie verkaufen müssen. Deshalb habe sein Vater beschlossen in den Iran zu ziehen. 3 Jahre nach dem Tod seiner Frau sei er ein Monat nach seinem Vater auch in den Iran geflüchtet. Er habe keine wirtschaftlichen Gründe gehabt Afghanistan zu verlassen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde in Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF erst auf Nachfrage von der Folterung durch die Taliban erzählt habe. Nach dem Vorfall habe der noch ein Jahr unbehelligt in Afghanistan leben können. Der BF habe aufgrund des Wunsches nach einer besseren Zukunftsperspektive Afghanistan verlassen.

5. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, (in der Folge: AVG) vom 21.11.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die im Wege seiner Rechtsvertretung am 18.12.2017 erhobene Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird u.a. ausgeführt, dass die Lage in Kabul schlecht sei und der BF kein familiäres oder soziales Netz in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat habe. Die Lage für Rückkehrer sei besonders prekär.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 20.12.2017 vom BFA vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 08.10.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung persönlich teilnahm.

9. Dem BF wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018 (zuletzt aktualisiert durch die Kurzinformationen vom 23.11.2018, im Folgenden kurz "LIB" genannt), die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (im Folgenden kurz "UNHCR-RL" genannt) sowie der Bericht von ACCORD: Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018 vom 07.12.2018 (im Folgenden "ACCORD-Bericht" genannt) im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1 Zur Person des BF:

Der BF wurde am XXXX geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, schiitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Uzbeken an. Die Muttersprache des BF ist Dari. Der BF stammt aus Fayab. Der BF hat keine Schule besucht. Sein Vater besaß landwirtschaftliche Grundstücke und der BF war auf diesen Grundstücken als Landwirt tätig. Seine Familie lebt nun im Iran und wird vom Ehemann seiner Schwester, der Angestellter bei der Regierung ist, unterstützt. Zusätzlich wird die Familie noch von dem Bruder des BF der ebenfalls im Iran lebt und von seinem jüngeren Bruder der in Istanbul lebt finanziell unterstützt. Der BF hat einen Sohn der ebenfalle im Iran lebt. Die Ehefrau des BF kam bei einer Explosion vor 4 Jahren ums Leben. Der BF hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie im Iran. Die Familie besitzt in Afghanistan ein Haus, einen Obstgarten und 20 ha Land.

Der BF besucht aktuell keine Deutschkurse. Er wurde vom Landesgericht für Strafsachen Graz nach den §§ 27 (2a) 1. Fall, 27

(1) 2. Fall, 27 (2), 27 (1) Z 1 8.Fall, 27 (2a) 2. Fall und 27 (1) Z 1 2. Fall SMG unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt verurteilt. Der BF ist jung, gesund und arbeitsfähig.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht, vor den Taliban oder einer anderen konkreten individuellen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Auszug aus dem aktuellen LIB:

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

[...]

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

[...]

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

Gewalt gegen Einzelpersonen

30

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

81

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

26

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

70

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

18

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

226

Im Zeitraum 1.1. -

31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff:

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

Faryab

Faryab ist eine Provinz im Norden Afghanistans und teilt sich ihre nördliche Grenze mit Turkmenistan. Die Provinz grenzt im Südosten an Sar-e Pul, im Nordosten an Jawzjan, im Süden an die Provinz Ghor und im Westen an die Provinz Badghis. Die Hauptstadt ist Maimana/Maymana City. Faryab hat folgende Distrikte: Pashtun Kot/Pashtunkot, Almar, Qaysar, Khawaja Sahib Posh/Khwajasabzposh, ShirinTagab/Shirintagab, Dawlat Abad/Dawlatabad, Bilchiragh/Bilcheragh, Gorzaiwan/Garziwan, Kohistan/Kohestan (Pajwhok o.D.; vgl. UN OCHA 4.2014), Khan-e-Char Bagh, Maimana/Maymana, Qaramqol, Qorghan, Andkhoy (UN OCHA 4.2014) und seit dem Jahr 2017 auch Ghormach (UNODC 11.2017; vgl. AAN 12.3.2018). Die Mehrheit der Bevölkerung besteht aus Uzbeken (AAN 12.3.2018). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.032.765 geschätzt (CSO 4.2017).

Faryab zählte 2017 zu den Provinzen mit der höchsten Opium-Produktion (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Faryab spielt für Aufständische eine wichtige Rolle, da sie durch diese Provinz Zugang zu anderen Provinzen in Nordafghanistan erhalten (Pajhwok 14.1.2018). Gemäß Khaama Press zählte Faryab im März 2018 zu den relativ volatilen Provinzen in den nördlichen Regionen des Landes, in der bewaffnete regierungsfeindliche Gruppen in einer Anzahl von Distrikten aktiv waren (Khaama Press 7.3.2018; vgl. Khaama Press 25.1.2018, Khaama Press 13.1.2018, Khaama Press 26.7.2017).

Die meisten im Jahr 2017 registrierten Anschläge fanden - in absteigender Reihenfolge - in den Provinzen Nangarhar, Faryab, Helmand, Kandahar, Farah, Ghazni, Uruzgan, Logar, Jawzjan, Paktika und Kabul statt (Pajhwok 14.1.2018). In Faryab waren die sicherheitsrelevanten Vorfälle signifikanter als in anderen Provinzen. So gelten 3,16% der Bevölkerung Faryabs als Binnenvertriebene (SIGAR 30.1.2018). Auch zählt Faryab zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam (UNAMA 2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 159 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

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Im gesamten Jahr 2017 wurden 639 zivile Opfer in der Provinz Faryab (182 getötete Zivilisten und 457 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 7% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Faryab

Kämpfe zwischen den Taliban und Regierungsstreitkräften fanden im Februar und März 2018 in Bilchiragh (Xinhua 10.5.2018) Shirintagab (Xinhua 7.3.2018), Khwajasabzposh, Dawlatabad, Qorghan, Qaysar (Tolonews 15.2.2018) und auf der Maimana-Andkhoi-Route statt (AAN 12.3.2018). In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Tolonews 9.5.2018; vgl. Tolonews 15.3.2018, Xinhua 14.3.2018, Xinhua 7.3.2018, Khaama Press 3.3.2018, Tolonews 15.2.2018, Khaama Press 4.2.2018, Khaama Press 26.7.2017); unter anderem in Form von Luftangriffen (AAN 13.3.2018; vgl. Khaama Press 13.1.2018, Pajhwok 11.1.2018, Khaama Press 4.1.2018, Khaama Press 30.12.2017). Talibanaufständische werden dabei getötet (Xinhua 15.3.2018; vgl. Xinhua 14.3.2018, Khaama Press 7.3.2018; vgl. Khaama Press 13.1.2018, Khaama Press 4.1.2018, Khaama Press 30.12.2017), in manchen Fällen sogar ihre Anführer (Khaama Press 7.3.2018; vgl. Khaama Press 4.2.2018, ST 1.2.2018) und Kommandanten des IS (AAN 15.5.2018). Es kommt zu Zusammenstößen zwischen afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban (AAN 12.3.2018; vgl. Xinhua 7.3.2018, RFE/RL 6.3.2017); dabei wurden Taliban-Kämpfer getötet (Pajhwok 11.1.2018, Pajhwok 3.2.2017) - in manchen Fällen auch ihre Anführer (Khaama Press 25.1.2018). Hinkünftig sollen 300 amerikanische Soldaten in der Provinz stationiert werden, um den nationalen Regierungsstreitkräften beizustehen (NYT 12.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Faryab

Die Taliban sind in Teilen der Provinz Faryab aktiv (Xinhua 7.3.2018); und zwar in den Distrikthauptstädten und in der Umgebung dieser Städte gelegenen Dörfern der Distrikte Shirintagab, Khwajasabzposh, Dawlatabad, Pashtunkot, Almar, Qaysar, Bilcheragh, Kohestan und Garziwan. Mit Stand März 2018 war der in den letzten Jahren umkämpfte Distrikt Ghormach seit Oktober 2017 unter voller Kontrolle der Taliban (AAN 12.3.2018; vgl. Khaama 13.8.2017). Die übriggebliebenen Distrikte Andkhoy, Khan-e Char Bagh, Qurghan und Qaramqol werden als relativ ruhig eingeschätzt; Talibankämpfer sind hier in abgelegenen Gebieten aktiv, während die Provinzhauptstadt umkämpft ist (AAN 12.3.2018). Die höchste Anzahl an Talibankämpfern befindet sich im Distrikt Pashtunkot, wo sich ein hydroelektrischer Staudamm befindet, der u.a. die Hauptstadt Maymana mit Trinkwasser versorgt (AAN 12.3.2018; vgl. Tolonews 19.2.2018).

Im November 2017 wurde vom afghanischen Geheimdienst die Vermutung geäußert, der Islamische Staat wäre in neun Provinzen, unter anderem Faryab, aktiv (Reuters 23.10.2017; vgl. WT 28.11.2017). So behauptete der IS im April 2017, Anhänger in der Provinz Faryab zu haben (VOA 29.4.2017). Des Weiteren wurden für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 IS-bezogene Sicherheitsvorfälle in der Provinz Faryab gemeldet (ACLED 23.2.2018).

[...]

Erreichbarkeit

Verkehrswesen

Das Verkehrswesen in Afghanistan ist eigentlich recht gut. Es gibt einige angemessene Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte. Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit. Busverbindungen existieren auf der Kabul/Herat Straße nach Kandahar; Ausländern ist es nicht erlaubt, in den Bus einzusteigen. Es gibt aber Ausnahmen - in der Verbindung Mazar-e Sharif nach Kabul, war es erlaubt, ohne dass Fragen gestellt wurden (Uncharted Backpacker 3.2016).

In den Provinzen Balkh, Samangan und Panjshir konnte ein Taxi gemietet werden. Die Taximietung ist eine gute Option, da man sein Fahrziel frei wählen kann und die Fahrer wissen, wie man es sicher erreichen kann. Gleichzeitig ist es auch relativ kostengünstig (Uncharted Backpacker 3.2016).

Beispiele für Taxiverbindungen

Kabul

In Kabul gibt es mehr als 40.000 Taxis. Der Fahrpreis wird noch vor dem Einsteigen mit dem Fahrer ausverhandelt (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.). Bis zu 80% der Taxis in Kabul sind Toyota Corolla (Khaama Press 29.11.2013).

Mazar-e Sharif & Herat

Private Taxis stehen hier so wie in der Hauptstadt Kabul ebenso zur Verfügung, aber zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

[...]

Beispiele für Busverbindungen

Kabul

In Kabul stehen viele Busse für Fahrten innerhalb Kabuls und die angrenzenden Außenbezirke zur Verfügung (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.; vgl. auch: Tolonews 26.7.2015). Der sogenannten "Afghan Milli Bus Enterprise", dem staatlich betriebenen Busunternehmen, wurden in den vergangenen 14 Jahren bereits 900 Busse zur Verfügung gestellt. Im Juli 2015 wurde verlautbart, dass weitere 1.000 Busse von Indien gespendet werden würden (Tolonews 26.7.2015).

Mazar-e Sharif & Herat

Öffentliche Busse verkehren für AFA 2 - 5 bis an den Stadtrand. Private Busse stehen ebenso zur Verfügung, allerdings zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

[...]

Flugverbindungen

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

[...]

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

[...]

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016)

Rückkehr

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).

[...]

Auszug aus dem ACCORD-Bericht (die jeweilige Seitenzahl steht am Ende kursiv in Klammer):

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) veröffentlicht im Juni 2018 einen auf verfügbaren Herkunftsländerinformationen basierenden Leitfaden zu Afghanistan ("Country Guidance"). Zur Ernährungssicherheit in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif wird angeführt, dass es generell keine Nahrungsmittelknappheit gebe. Die wichtigste Variable bezüglich des Zugangs zu Nahrungsmitteln seien die zur Verfügung stehenden Mittel, was im Fall von Vertriebenen ein Problem darstellen könne. Bezogen auf den Zugang zu Wasser schreibt das EASO, dass der Zugang zu Trinkwasser in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif oft eine Herausforderung sei. In Mazar-e Sharif und Herat hätten die meisten Menschen jedoch Zugang zu verbesserten Wasserquellen und sanitären Einrichtungen.

Im Rahmen der Erhebung zu den Lebensbedingungen in Afghanistan (Afghan Living Conditions Survey, ALCS) würden Wasserquellen, die vor äußeren Verunreinigungen geschützt seien, wie zum Beispiel eine Handpumpe (privat oder öffentlich), gebohrte Brunnen oder geschütztes Quell- und Leitungswasser (privat oder öffentlich) als verbesserte Trinkwasserquellen definiert. Laut der ALCS-Erhebung, die von der afghanischen Statistikbehörde (CSO) 2013/14 durchgeführt wurde, habe sich der Zugang zu verbesserten Trinkwasserquellen im Vergleich zu einer Evaluierung (National Risk and Vulnerability Assessment) 2011/12 deutlich von 46 auf fast 65 Prozent und im Vergleich zu einer Evaluierung 2007/08 von 27 auf 65 Prozent erhöht. (Seite 30)

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) veröffentlicht im Juni 2018 einen auf verfügbaren Herkunftsländerinformationen basierenden Leitfaden zu Afghanistan ("Country Guidance"). Bezugnehmend auf das Wohnungswesen und Unterbringungen in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif konstatiert EASO, dass Wohnraum und Unterkünfte zur Verfügung stehen würden.

Die Städte würden auch günstige Unterbringungsmöglichkeiten in sogenannten "Teehäusern" bieten. Obwohl die Situation im Zusammenhang mit der Ansiedlung in den drei Städten mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sei, könne dennoch davon ausgegangen werden, dass alleinstehende erwachsene Männer und verheiratete Paare ohne Kinder in der Lage seien, sich eine Unterkunft zu sichern. (Seite 54)

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) schreibt in seinem auf Herkunftsländerinformationen basierenden Leitfaden zu Afghanistan ("Country Guidance") im Juni 2018, dass in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif Gesundheitseinrichtungen verfügbar seien. (Seite 96)

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) schreibt in seinem auf Herkunftsländerinformationen basierenden Leitfaden zu Afghanistan ("Country Guidance") im Juni 2018, dass es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif aufgrund der derzeitigen Wirtschafts- und Sicherheitslage hohe Arbeitslosenquoten und Unterbeschäftigung, insbesondere für Jugendliche in den Städten, gebe. Dieser Trend habe sich in den letzten Jahren verschärft. (Seite 126)

Das EASO verweist in seinem Bericht auf eine 2015 veröffentlichte Studie, wonach insbesondere Rückkehrende aus Europa und dem Iran keine Arbeit finden würden, wenn sie keine soliden sozialen Kontakte hätten. (Seite 127)

In den im August 2018 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Afghanistan hält das Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) unter Berufung auf verschiedene Quellen fest, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor volatil sei, wobei Zivilisten weiterhin die Hauptlast des Konfliktes zu tragen hätten. UNHCR führt weiter aus, dass in den Jahren nach dem Rückzug der internationalen Truppen im Jahr 2014 eine anhaltende Verschlechterung der Sicherheitslage sowie eine Intensivierung des bewaffneten Konfliktes in Afghanistan zu beobachten gewesen sei, und beruft sich dabei auf die von der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) angegeben Opferzahlen für die Jahre 2009 bis 2017 (siehe Grafik weiter unten), sowie auf die folgende Stellungnahme des Afghanistanexperten Thomas Ruttig. (UNHCR, 30. August 2018, S. 17-18) (Seite 189)

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(Seite 191)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des BF, zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seinem Gesundheitszustand, sowie zu seiner familiären Situation in Afghanistan und im Iran ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen und vorgelegten Unterlagen des BF im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ("BFA") und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ("BVwG").

Dass der BF strafgerichtlich verurteilt wurde, Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt, und in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgeht, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister und ins Grundversorgungssystem und den Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 08.10.2018.

Die Länderfeststellungen gründen sich auf das aktuelle LIB, den ACCORD-Bericht und die UNHCR-Richtlinien. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten.

Dass der BF nicht aus einem asylrelevanten Grund verfolgt wird ergibt sich aus seinem Vorbringen vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 08.10.2018. Der BF brachte vor, dass die Taliban in seinem Heimatdorf regiert hätten. Sie hätten ihn gezwungen in die Koranschule zu gehen und 5 Mal am Tag zu beten. Außerdem seien die Taliban dagegen gewesen, dass er Cricket spielt. Er sei geschlagen worden, als er sich den Taliban wiedersetzt habe. Er sein in den Iran geflüchtet, weil er nicht mehr zum Lernen gezwungen werden wollte. Der BF macht keine individuell konkret auf ihn bezogene Verfolgungshandlung der Taliban geltend. Dass die Taliban ihre Regeln mit Zwang und auch mit Gewalt durchsetzen, ist eine Gefahr, die den Großteil der Bevölkerung in Afghanistan und nicht nur den BF konkret betrifft. Der BF macht keinen asylrelevanten Fluchtgrund gelten. Es wäre dem BF auch möglich gewesen, sich durch einen Umzug in eine Großstadt wie etwa Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat, dem Einflussbereich der Taliban zu entziehen. Der BF hat auch nicht vorgebracht, dass er aus den Gründen seines Vaters, der Mujaheddin-Kommandant gewesen sei, geflüchtet sei. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass mittlerweile deswegen von einer aktuellen Verfolgung auszugehen ist, da der Vater des BF nicht mehr berufstätig ist und schon ein langer Zeitraum dazwischen liegt.

Dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich aus einer Zusammenschau der wiedergegebenen Länderberichte zu Kabul, Mazar-e Sharif und Herat und den festgestellten persönlichen Umständen und familiären (finanziellen) Verhältnissen des BF. In einer Gesamtschau der angeführten Länderberichte wird zwar deutlich, dass die Versorgungslage in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat angespannt ist, eine Versorgung mit Nahrung und Wasser, in einem lebensnotwenigen Ausmaß, jedoch möglich ist. Auch Wohnraum, Unterkünfte und Gesundheitseinrichtungen stehen, wenn auch nur begrenzt, den Länderberichten zu Folge, zur Verfügung. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil, wobei, wie der oben abgebildeten Grafik entnommen werden kann, die Opferzahlen in den Jahren 2014 bis 2018 im Wesentlichen gleich geblieben sind, sodass die Sicherheitslage seit 2014 in etwa gleich geblieben ist.

Die Städte Kabul, Mazar-e Sharif und Herat sind auch über die jeweiligen Flughäfen sicher erreichbar. Es ist zudem notorisch, dass der Beschwerdeführer bei einer freiwilligen Rückkehr nach negativem Verfahrensausgang Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen kann, wodurch er Rückkehrhilfe bzw. zusätzlich die Aufnahme in ein Reintegrationsprojekt beantragen kann: In Österreich stehen für afghanische Staatsangehörige zwei spezielle Reintegrationsprojekte zur Verfügung (ERIN oder RESTART II). Beide Angebote zielen effektiv auf die Wiedereingliederung im Heimatland ab und können erst nach Ankunft im Herkunftsland bezogen werden. Ziel ist es, den Rückkehrer vor allem durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, sowie Start Ups den Neustart im Heimatland zu erleichtern. Die Sachleistung beträgt bei ERIN 3.000 EUR; in bar erhalten die Personen 500,- EUR; beim IOM-Projekt (RESTART II) besteht die Sachleistung aus 2.800,- EUR und der Barwert aus 500,- EUR. Je nach Bedarf stellt hier IOM auch Leistungen, wie Family Assessment, temporäre Unterkunft nach der Ankunft und die Weiterreise zum Zielort, zur Verfügung (sämtliche Informationen dazu können auch jederzeit aktuell auf www.voluntaryreturn.at in diversen Sprachen abgerufen werden).

Bei einer zwangsweisen Außerlandesbringung stellt Österreich die sogenannte "Post Arrival Assistance" zur Verfügung. Die International Organization for Migration (IOM) führt dieses EU-finanzierte Unterstützungsprogramm im Auftrag der Europäischen Kommission (Directorate General for International Cooperation and Development) aus. Im Detail umfasst die Post-Arrival-Assistance die vorübergehende Unterkunftnahme, Hilfestellung beim weiteren Transport sowie ggf. medizinische und psychosoziale Betreuung. Der Fremde erhält im Rahmen des Kontaktgespräches im Zuge der Abschiebevorbereitung eine Information über die Möglichkeiten der "Post Arrival Assistance" und ein Informationsblatt mit den Kontaktdaten von IOM in Kabul. IOM Afghanistan wird vom Bundesamt über die jeweiligen Ankünfte vorab informiert. Bei nicht vorhandenen Eigenmitteln erhält der zwangsweise Rückzuführende zusätzlich seitens des Bundesamtes 50,00 EUR als sogenanntes Zehrgeld zur Sicherung des Fortkommens in den ersten Tagen nach seiner Rückführung. Eine Betragserhöhung ist im Einzelfall möglich. Dem BF wäre es daher auch möglich die Rück- bzw. Weiterreise zu finanzieren.

Es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass es dem BF möglich sein wird eine Unterkunft und Arbeit zu finden und sich ernähren zu können. Dies aus folgenden Erwägungen:

Bei dem BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF hat, wie der BF in dem Verfahren vor dem BFA und dem BVwG vorbrachte seinem Vater auf der eigenen Landwirtschaft geholfen. Mit dieser Berufserfahrung ist es dem BF den Länderberichten zufolge durchaus möglich, zumindest Hilfstätigkeiten in Städten, wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat, zu verrichten. Der BF beherrscht Dari, eine der Landessprachen und ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Zudem leben die Eltern des BF, zu welchen der BF in regelmäßigem Kontakt steht, unter finanziell guten Verhältnissen im Iran. Sein Bruder aus dem Iran und sein jüngerer Bruder aus Istanbul verdienen nach Angaben des BF beide gut und unterstützen die Familie. Zudem hat der Vater des BF selbst einiges an Geld. Der Vater besitzt ein Haus, einen Obstgarten und 20 ha Land in Afghanistan. Der BF könnte daher zumindest finanzielle Unterstützung durch seine beiden Brüder und seinen Vater erhalten. Es ist nicht ersichtlich warum eine räumliche Trennung es der Familie unmöglich machen sollte den BF zu unterstützen. Zumal es dem jüngeren Bruder in Istanbul auch möglich ist die Familie im Iran finanziell zu unterstützen. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb es dem BF nach etwaigen anfänglichen Schwierigkeiten bzw. einer Eingewöhnungsphase nicht möglich sein sollte, bei seiner Rückkehr nach Afghanistan, ein im Vergleich zu seinen Landsleuten "relativ normales" Leben zu führen. Zudem gehört der BF keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Auch in sonstiger Hinsicht ist der BF nicht schlechter gestellt ist als seine Landsleute, daher ist nicht davon auszugehen, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan unbilligen Härten treffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 82/2015, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 25/2016).

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Aus dem aktuellen LIB ist abzuleiten, dass die Lage in Afghanistan generell nach wie vor weder sicher noch stabil ist, dass jedoch hinsichtlich der Sicherheitslage zwischen den verschiedenen Provinzen und innerhalb der Provinzen zwischen den einzelnen Distrikten differenziert werden muss. Auch in der Hauptstadt Kabul sind hauptsächlich Bezirke, in denen sich Einrichtungen mit Symbolcharakter befinden, von der vermehrten Anschlagstätigkeit regierungsfeindlicher Gruppierungen betroffen, während in reinen Wohngebieten für die Allgemeinbevölkerung eine drastisch erhöhte Anschlagsgefahr aus dem vorliegenden Berichtsmaterial nicht abgeleitet werden kann.

Auch aus den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen ereigneten und sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen richteten, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren.

Bei der nunmehr in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 vertretenen Ansicht, dass in der Hauptstadt Kabul generell keine zumutbare Fluchtalternative zur Verfügung stehe, handelt es sich nicht um eine Tatsache, sondern um eine rechtliche Beurteilung, die dem Gericht obliegt.

In einer Gesamtschau der vorliegenden Länderinformationen (aktuelles LIB, UNHCR, EASO, ACCORD-Bericht) ist die Sicherheitslage in reinen Wohngebieten der Städte Kabul, Mazar-e Sharif und Herat insgesamt als noch ausreichend sicher zu bewerten.

Die Inanspruchnahme innerstaatlicher Fluchtalternative in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat ist dem BF auch zumutbar, da es ihm, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt wurde, möglich ist, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten dort Fuß zu fassen und ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Aufgrund dieser Feststellungen kommt das BVwG zu dem Schluss, dass Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat als zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative angenommen werden kann.

Zu A):

1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2011/95/EU] verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewö

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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