TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/11 W201 2205390-1

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Veröffentlicht am 11.02.2019
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Entscheidungsdatum

11.02.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W201 2205390-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX.1942, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX, OB: XXXX, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

1. Der Beschwerde wird stattgegeben.

2. Dem Beschwerdeführer ist die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass einzutragen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte einlangend am 06.03.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.04.2018 eingeholt. Die Sachverständige gelangte zum Ergebnis, dass ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln für den BF gewährleistet sei.

3. Mit Bescheid vom XXXX hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der beantragten Zusatzeintragung abgelehnt. Begründet wurde die Abweisung mit dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung und dem daraus resultierenden Sachverständigengutachten, in welchem festgestellt worden sei, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.

4. Gegen den Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht einlangend am 01.06.2018 Beschwerde erhoben und gleichzeitig ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vorgelegt.

5. Die belangte Behörde holte aufgrund des vorgelegten Gutachtens ein Gutachten bei einer Fachärztin für Innere Medizin ein. Dieses lautet wie folgt:

" ....Die Peronaeusparese klinisch bei der Erstbegutachtung nicht eindeutig erhebbar gewesen, es liegt kein Nervengeschwindigkeitstest vor. Eine fachlich zuständige weitere Begutachtung daher zu empfehlen."

6. Am 11.09.2018 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich Allgemeinmedizin eingeholt.

8. Das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten vom 19.10.2018 lautet wie folgt:

"Vorgeschichte und Sachverhalt:

Gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 18.Mai 2018, wonach die

Voraussetzungen für den Zusatzeintrag "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem erstinstanzlichen Verfahren nicht gegeben waren, wurde fristgerecht Beschwerde (Abl. 27, datiert vom 30.Mai 2018) eingebracht.

Beigefügt wurde der Beschwerdeschrift ein zwischenzeitlich erhobenes fachärztliches Attest Dr. Aram Scherafati, FA f. Unfallchirurgie vom 14. Mai 2018

Abl. 26

Angaben bei der Untersuchung: "Ich benötige für die Fortbewegung ständig einen Gehstock. Ich bin nicht in der Lage eine Wegstrecke von 300-400 m in einer entsprechenden Zeit zurückzulegen. Ich muss mehrmals bei der Bewältigung einer solchen Gehstrecke stehen bleiben. Ich komme bei mäßigen Anstrengungen bereits außer Atem, da meine Herzleistung erheblich eingeschränkt ist. Zudem leide ich an einer Peronaeusschwäche beidseits. Zuletzt habe ich schon seit Monaten ein Unterschenkelgeschwür rechts.

Behandlungen/Medikamente/Hilfsmittel:

Standige Betreuung durch FA f. Innere Medizin, FA f. Orthopädie - Unfallchirurgie,

Schrittmacherambulanz KH Hietzing 4.Med. Abt., PA

Medikamente: Marcoumar lt. Pass, Valsan 160 mg Carvedilol 50 mg

Spiriva comp., bei Bedarf Berodual, Simvastatin 20 mg, Lasix bedarfsweise,

Sedacoron.

Hilfsmittel: Für die Fortbewegung ständig ein Gehstock.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Unfallchirurgischer Befund Dr. Aram Scherafati vom 14.Mai 2018 mit den Diagnosen.

Idiopathische Polyneuropathie, Cardiomyopathie, Zustand nach mehrfachen Myokardinfarktgeschehen, chronische Stauungen (Lymphödem untere Extremität beidseits), Peronaeusschwäche links, Zustand nach cerebralem Insult.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: Mäßig reduziert

Größe: 183 cm Gewicht: 89 kg

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

Habitus: Groß Knochenbau: Normal. Ernährungszustand: Normalgewichtig Hautfarbe. Blass. Schleimhäute. Normal

Atmunq: Mäßige bis höhergradige Anstrengungsdyspnoe

Gering bis mäßige Sprechdyspnoe nach mehreren Sätzen

Drüsen: Keine suspekten LKN

Augen: Keine sichtbaren Auffälligkeiten.

Zunge: Normal. Zähne: Saniert. Rachen: Bland. Hirnnerven: HNA frei. Hals. Normal lang

Arterien: Pulse tastbar. Venen: Nicht gestaut

Schilddrüse. Normgroß, schluckverschieblich.

Thorax: Links infraklaviculär ICD- Implantation, Narben nach operativen Eingriffen

(Bypass-Operationen 1987 und 2003). Z.T. ausgeprägte Gynäkomastie beidseits

Lunge: Perkussion: Basen verschieblich, vereinzelt Rasselgeräusche, keine Stauungszeichen. Auskultation: Abgeschwächtes Vesikuläratmen.

Herz: Rhythmisch, reine HT

RR 90/60

Abdomen: Bauchdecken: Keine pathologischen Resistenzen

Leber Nicht palpabel. Milz. Nicht palpabel. Rectal: Nicht durchgeführt

Nierenlager: Frei.

Wirbelsäule. Frei beweglich, keine Klopfdolenz, keine Funktionseinschränkungen

Extremitäten

Obere Extremitäten: Keine articulären Behinderungen

Schultergelenke: Hinterhaupt- und Schürzengriff beidseits gut ausführbar.

Ellbogengelenke frei, Handgelenke frei.

Fingergelenke unauffallig, mäßig kraftvoller Faustschluss, Eudiadochokinese.

Untere Extremitäten: Geringe Schwäche im Bereiche der Gliedmaßen bei gering atropher distaler Oberschenkelmuskulatur und Unterschenkelmuskulatur beidseits. Im Bereiche der Vorfüße beidseits und der distalen Unterschenkel Stauungsödeme, kleines Ulcus Im Bereiche der distalen rechten Unterschenkelvorderseite.

Fußheberschwäche beidseits, links mehr als rechts.

Es werden ausgeschnittene Crocs-Schuhe verwendet.

Fußpulse: Beidseits abgeschwächt tastbar

Gesamtmobilität -- Gangbild: Hr. XXXX wird im Rollstuhl sitzend von seinem

Freund in das Untersuchungszimmer geschoben (Rollstuhl wegen vorübergehender

Schwäche, vom Sozialministeriumservice zur Verfügung gestellt). Nach mehreren

Anläufen gelingt ein Erheben aus dem Rollstuhl, unter Anhalten an der Tischkante

Freies Stehen nur für kurze Zeit möglich, Schwankneigung. Es kann kleinschrittweise eine Fortbewegung ohne Gehstock entlang des Mobiliars des

Untersuchungszimmers demonstriert werden: jedoch Tendenz zum Anhalten an diesem.

Zum Aus- und ankleiden wird z.T. die Hilfe des anwesenden Freundes benötigt

Status psychicus: Zeitliche und räumliche Orientierung vorhanden, kein Hinweis auf mentale oder kognitive Beeinträchtigung, situativ angepasstes Verhalten. Gute Kooperation.

Stellunqnahme zu den einzelnen Anfraqen lt. Beschluss vom 18. Sept.2018:

Ad 1.1

Infolge seiner Gesundheitsschädigungen betreffend die krankhaften Veränderungen im kardialen Bereiche ist Hr. XXXX nicht mehr in der Lage eine Wegstrecke von 300400 m Länge, wenn auch unter Zuhilfenahme eines Gehstockes, in einer entsprechenden Zeit zurückzulegen.

Infolge der eher häufig notwendigen Entwässerungsmedikation, welche aufgrund der bestehenden Herzinsuffizienz eingenommen werden muss, leidet der

Beschwerdeführer nachvollziehbar an erheblichen Blutdruckschwankungen, welche zu Schwindelattacken und Gleichgewichtsstörungen vorübergehender Natur führen können.

Aus diesem Grunde ist ihm ein Fahren in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar, da erhebliche Schwierigkeiten bei Sitzplatzsuche bzw. bei Beschleunigung und Abbremsung bei Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel wahrscheinlich sind

Ad 1.2

Folgende Diagnosen können anlässlich der Untersuchung am 19 Okt 2018 erhoben werden.

Koronare Herzkrankheit, ischämische Kardiomyopathie.

Mitralinsuffizienz Grad III.

Fußheberschwäche und gering bis mäßige Muskelatrophie im Bereiche der unteren Gliedmaßen aufgrund einer beidseitigen Polyneuropathie.

Zustand nach Insult 2005

Ulcusbildung im Bereiche des rechten Unterschenkels.

Ad 1.3

Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten liegen nicht vor.

Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten liegen gleichfalls nicht vor.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegt infolge

kardialer Funktionseinschränkung bei einer deutlich herabgesetzten systolischen

Funktion,

EF unter 30 0/0

Mitralinsuffizienz III. Grad vor.

Hr. XXXX ist auf Einhalten einer kardialen und einer diuretischen Medikation angewiesen.

Infolge der bestehenden krankhaften kardialen Veränderungen besteht eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, welche noch durch die lebensnotwendige Entwässerungsmedikation phasenweise verstärkt wird.

Auch wenn die Notwendigkeit einer exogenen Sauerstoffzufuhr nicht belegt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer überwiegend nicht in der

Lage ist, öffentliche Verkehrsmittel zumutbar zu benützen.

Ad 1.4

Den Einwendungen des Beschwerdeführers (Abl. 26/27, 7-9) wird insofern Recht gegeben, als er aufgrund seines Herzleidens nicht in der Lage ist öffentliche

Verkehrsmittel zu benützen.

Die Polyneuropathie und die Peronaeusparese haben am Zustandekommen der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel jedoch keinen Anteil.

Ad 1.5

Im Gegensatz zu der Begutachtung aus l. Instanz vom 12.April 2018 kommt die

Begutachtung der Il. Instanz zu der Ansicht, dass infolge der ungünstigen

Kombination der bestehenden koronaren Herzkrankheit bei ischämischer

Kardiomyopathie und der Mitralinsuffizienz III.Grades sehr wohl überwiegend eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit besteht und die

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer nicht gegeben ist.

Auch im echokardiographischen Befund Dr. Paul Repitz, FA f. Innere Medizin, vom

13 Sept.2017, Abl. 7 wird eine global hochgradig herabgesetzte systolische Funktion mit einem EF um 30 % angeführt, zusätzlich besteht eine Mitralklappeninsuffizienz III Grades und eine milde pulmonale Hypertension.

Aus diesem Befund ist eine überwiegend bestehende erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit abzuleiten.

Ad 1 .6

Nachuntersuchung nicht erforderlich, da Dauerzustand."

9. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 28.11.2018 über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und es wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer hat keine Stellungnahme eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses.

1.2. Er stellte einen Antrag auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".

1.3. Mit Gutachten dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten und dem darauf basierenden Bescheid wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

1.4. Das im Beschwerdeverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten vom 19.19.2018 eines Arztes für Allgemeinmedizin hat ergeben, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist.

1.5. Im Behindertenpass des Beschwerdeführers ist die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen.

2. Beweiswürdigung:

Das im Beschwerdeverfahren vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachten vom 19.10.2018 ist hinsichtlich der beschriebenen Leidenszustände schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

Zu Spruchpunkt A)

1. Stattgebung der Beschwerde:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

(§ 1 Abs. 1 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. - 2. (...)

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(§ 1 Abs. 2 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in

§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Wie oben ausgeführt, wurde in dem vom BVwG eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 19.10.2018 nachvollziehbar festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen, da der Beschwerdeführer aufgrund der krankhaften Veränderungen im kardialen Bereich nicht mehr in der Lage ist, eine Wegstrecke von 300-400 m , wenn auch unter Zuhilfenahme einer Gehhilfe , in angemessener Zeit zurückzulegen. Infolge der aufgrund der erforderlichen Medikation auftretenden erheblichen Blutdruckschwankungen, welche zu Schwindelattacken und Gleichgewichtsstörungen führen können, ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar, da erhebliche Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche sowie bei der Beschleunigung und beim Abbremsen der Fahrt wahrscheinlich sind.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Sachverhalt erscheint ausreichend geklärt, daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W201.2205390.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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